Urteil des LG Duisburg vom 02.10.2003
LG Duisburg: hauptsache, leistungsanspruch, feststellungsklage, rechtskraft, abschlag, form, rechtfertigung, kritik, leistungsklage, datum
Landgericht Duisburg, 11 T 199/03
Datum:
02.10.2003
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
11. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 T 199/03
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 35 II 131/02 WEG
Tenor:
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin
wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren unter Abänderung
des Beschlusses des Amtsgerichts Duisburg vom 18.06.2003 (35 II
131/02.WEG) uneingeschränkt auf 3.070,35 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten
werden nicht erstattet.
Gründe
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Die gemäß §§ 31 Abs. 3 Satz 1 KostO zulässige Streitwertbeschwerde ist begründet.
Aufgrund der teilweisen einseitigen Erledigungserklärung reduziert sich der Streit nicht
auf den verbleibenden Zahlungsantrag, auch nicht unter Addition des Kosteninteresses
für den in der Hauptsache erledigten Teil.
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Die Kammer hält an ihrer Auffassung fest, dass sich bei einseitig gebliebener
Hauptsacheerledigterklärung der Streitwert nach dem vollen Wert der (ursprünglichen)
Klageforderung bzw. des Zahlungsantrages bemißt, weil weiterhin über die gesamte
Hauptsache und nicht nur über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden ist (so auch
OLG Brandenburg, NJW-RR 1996, 1472; OLG München NJW-RR 1996, 956; OLG
Düsseldorf JurBüro 1994, 114; Zöller - Herget § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort: Einseitige
Erldigungserklärung).
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Die von zahlreichen Gerichten (z.B. BGH FamRZ 1990, 1225; OLG Koblenz, NJW-RR
2000, 71; OLG Hamm MDR 2000, 175) vertretene Gegenauffassung vermag nicht zu
überzeugen. Diese Ansicht stellt entscheidend darauf ab, dass beim Übergang von der
Leistungsklage zur Feststellungsklage - mag dies eine Änderung des
Streitgegenstandes zur Folge haben oder nicht - sowohl formal als auch wirtschaftlich
eine erhebliche Änderung eingetreten sei.
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Rein formal werde nämlich nur noch begehrt, dass die Erledigung des Rechtsstreits
festgestellt werde, nicht jedoch die Feststellung, dass in der Vergangenheit ein
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Leistungsanspruch bestanden habe. Dieses Argument ist bereits formal gesehen nicht
zutreffend, weil der (ggfs. auszulegende) Antrag und die Entscheidung des Gerichts
wesentlich weiter geht. Es ist nämlich nicht nur festzustellen, dass ein Rechtsstreit
erledigt ist, sondern es ist - entgegen der Kritik - auch festzustellen, dass ein
Leistungsanspruch bestanden hatte und dieser Anspruch gegenstandslos geworden ist,
und es ist sogar darüber hinaus festzustellen, dass eine zulässige und begründete
Klage bzw. ein solcher Antrag auf Verurteilung zu dieser Leistung erhoben worden ist,
die nachträglich gegenstandslos geworden ist.
Die Ansicht der Gegenmeinung, auch wirtschaftlich habe sich Erhebliches geändert,
wird damit begründet, dass der Kläger kein Interesse mehr an der Leistung habe, ihn in
den meisten Fällen nicht einmal die Feststellung interessiere, dass ihm die Leistung
einmal zugestanden habe, weshalb er auch nicht die Feststellung beantrage, wem der
Anspruch zugestanden habe, sondern nur die Feststellung begehre, dass der
Rechtsstreit erledigt ist. Dies trifft ebenfalls so nicht zu. Zum einen begehrt der Kläger
sehr wohl die Feststellung, dass ihm und nur ihm der Anspruch zugestanden habe, da
ansonsten sein ursprünglicher Leistungsantrag unbegründet gewesen wäre mit der
Folge, dass sein nunmehriger Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit in der
Hauptsache erledigt ist, abzuweisen ist. Zum anderen interessiert ihn in Fällen der
Erledigung durch Leistung die Feststellung, dass ihm die Leistung zugestanden habe
und er sie behalten darf. Denn wenn ein Feststellungsantrag auf Erledigung des
Rechtsstreits in der Hauptsache abgewiesen würde, weil im streitigen Verfahren
festgestellt wird, dass nie ein Leistungsanspruch bestanden habe, sähe sich der Kläger
bzw. Antragsteller der ganz erheblichen Gefahr ausgesetzt, dass die Gegenseite seine
Leistung zurückfordert. Umgekehrt kommt dem Kläger bzw. Antragsteller gegen etwaige
Rückforderungsansprüche der Gegenseite auf alle Fälle die Rechtskraft des Urteils bzw.
Beschlusses zugute, in dem die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache bejaht
wird, weil damit zugleich in Rechtskraft die Feststellung erwachsen ist, dass der
Leistungsanspruch bestanden hatte und ohne das erledigende Ereignis noch bestehen
würde.
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Daneben ist bei der Bewertung des Interesses in der Hauptsache im Gegensatz zu der
positiven Feststellungsklage streitwertmäßig auch kein Abschlag vorzunehmen (a.A.
OLG Köln OLGR 1994, 114; OLG Frankfurt MDR 1995, 207). Denn der Abschlag bei der
positiven Feststellungsklage hat seine Rechtfertigung darin, dass lediglich festgestellt
wird, dass ein Anspruch besteht, wobei jedoch diese Feststellung noch nicht die
Leistung beinhaltet. Dagegen wird bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache
festgestellt, dass der geltend gemachte Anspruch bestanden hat und ohne das
erledigende Ereignis zugesprochen worden wäre, was auch Wirkungen für die Frage
hat, ob der Kläger die erhaltene Leistung behalten darf bzw. ob ein
Rückforderungsverlangen des Beklagten erfolgversprechend ist. Damit ist hier weiterhin
das Leistungsinteresse, wenn auch in anderer Form, Gegenstand des Verfahrens und
damit in voller Höhe zu berücksichtigen.
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Diese Grundsätze gelten nicht nur bei einer einseitigen Erledigung des gesamten
Rechtsstreits, sondern auch - wie hier - im Falle der teilweisen Erledigung in der
Hauptsache, so dass der amtsgerichtliche Beschluss abzuändern war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 31 Abs. 4 KostO.
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