Urteil des LG Duisburg vom 05.01.2010

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Landgericht Duisburg, 1 O 160/09
Datum:
05.01.2010
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 O 160/09
Tenor:
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg
auf die mündliche Verhandlung vom 12.11.2009
durch den Richter am Landgericht
als Einzelrichter
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen. Unter anderem war die Klägerin
Halterin eines Anhängers im Güterverkehr, Aufbauart offener Kasten, mit dem amtlichen
Kennzeichen und der Fahrzeugnummer, erstmals zugelassen am 05.03.2007. Dieses
Fahrzeug war aufgrund eines am 02.01.2008 abgeschlossenen Vertrages mit der
Versicherungsschein-Nr. bei der Beklagten haftpflicht- und kaskoversichert. Es war eine
Selbstbeteiligung der Klägerin von 500,00 € bei Vollkaskoschäden vereinbart. Diesem
Versicherungsvertrag lagen die allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung von
Nutz- und Flottenfahrzeugen zugrunde. Dort heißt es unter A.2.1.3.b., dass im Rahmen
der Vollkaskoversicherung Unfälle des Fahrzeugs versichert seien, jedoch Schäden am
Fahrzeug durch rutschende Ladung nicht als Unfallschäden gelten würden. Dieser
Versicherungsvertrag mit der Beklagten kam über die Generalvertretung zustande.
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Am 19.11.2008 erlitt ein bei der Klägerin angestellter Fahrer, der Zeuge, auf der
Duisburger Straße in Duisburg-Hamborn einen Verkehrsunfall. Bei einem
Abbiegemanöver nach links hoben sich die beiden linken Räder des Fahrzeugs vom
Boden ab. Durch das dadurch bedingte Kippen des Anhängers löste sich die Ladung
und rutschte seitlich im Anhänger umher, wodurch das gesamte Fahrzeug umstürzte.
Laut Gutachten vom 03.12.2008 entstand hierdurch ein Schaden an dem Anhänger in
Höhe von 11.174,45 € netto. Hinzu kamen Bergungsarbeiten in Höhe von 484,75 €.
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Die Klägerin meldete der Beklagten den Schaden mit Schreiben vom 06.01.2009,
woraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 22.01.2009 unter Hinweis auf ihre AKB eine
Regulierung ablehnte. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom
10.03.2009 wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 24.03.2009 erneut zur
Schadensregulierung aufgefordert, was die Prozessbevollmächtigen der Beklagten mit
Schreiben vom 23.03.2009 ablehnten.
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Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich um einen Unfall im Sinne der
Versicherungsbedingungen handele. Außerdem hafte die Beklagte unter dem
Gesichtspunkt einer Beratungspflichtverletzung seitens der Generalvertretung bzw. des
für diese tätig gewordenen Zeugen. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen habe der
Geschäftsführer der Klägerin darauf hingewiesen, dass er einen umfassenden Schutz
seiner Fahrzeuge wünsche. Dies hätte Veranlassung für den Zeugen sein müssen, die
Klägerin auf das nicht versicherte Risiko der rutschenden Ladung hinzuweisen und ihr
entsprechend einen erweiterten Versicherungsschutz anzubieten, der auch dieses
Risiko umfasst hätte. Für diese Beratungspflichtverletzung müsse die Beklagte
einstehen.
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Die Klägerin beantragt,
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1. an die Klägerin 11.159,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-
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punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.03.2009 zu zahlen,
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2. an die Klägerin weitere 837,52 € außergerichtliche Rechtsanwalts-
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kosten zu zahlen, hilfeweise die Klägerin von der Gebührenrechnung
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ihrer Prozessbevollmächtigten für deren vorgerichtliche Tätigkeit in
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Höhe von 837,52 € freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, dass wegen des Verrutschens der Ladung der
Haftungsausschluss im Rahmen der AKB eingreife.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Regulierung
des Schadens im Rahmen der Vollkaskoversicherung zu, noch ein
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Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vorvertraglicher Beratungspflichten.
Ein Anspruch auf Erstattung des bei der Klägerin eingetretenen Schadens am Anhänger
im Rahmen der bei der Beklagten abgeschlossenen Vollkaskoversicherung besteht
nicht. Es liegt kein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vor mit der Folge,
dass der vertraglich vereinbarte Haftungsausschluss wegen rutschender Ladung
eingreift. Bei einem Unfall als unmittelbar und plötzlich mit mechanischer Gewalt
einwirkendes Ereignis werden nur solche Vorfälle von der Vollkaskoversicherung
erfasst, bei denen von Außen eine Kraft auf das Fahrzeug einwirkt mit der Folge, dass
Schäden an dem versicherten Fahrzeug entstehen. Davon abzugrenzen sind Schäden,
die auf ein Brems- oder sonstiges Betriebsmanöver des Fahrzeugs selbst
zurückzuführen sind, durch die erst die Ladung des Fahrzeugs ins Rutschen gerät und
anschließend ein Schaden am Fahrzeug oder an der Ladung entsteht. Einem solchen
Bremsmanöver steht daher auch jedes sonstige Fahrmanöver gleich, durch die eine
physikalisch wirkende Kraft auf die Ladung einwirkt und deren Rutschen veranlasst und
damit einen Schaden am Fahrzeug und an der Ladung bewirkt. Entgegen der
Auffassung der Klägerin kann daher die von ihr beschriebene Zentripetalkraft nicht als
unabhängige, von außen kommende Einwirkung auf das Fahrzeug verstanden werden,
vielmehr ist sie unmittelbare Folge eines Betriebsvorgangs, den der Fahrer des
versicherten Fahrzeugs zu verantworten hatte und der erst das Verrutschen der Ladung
herbeigeführt hat. Derartige Schäden sind aber, wie sich auch aus der von der
Beklagten zitierten Rechtsprechung ergibt, nicht im Rahmen der Vollkaskoversicherung
abgedeckt.
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Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Verstoß gegen Beratungspflichten im
Rahmen der vorvertraglichen Verhandlungen berufen. Es kann offen bleiben, ob dem
Zeugen ein entsprechender Verstoß gegen Beratungspflichten vorgeworfen werden
kann. Aus dem klägerischen Vorbringen ergibt sich, dass es sich bei der
Generalvertretung und damit auch bei dem für diesen Generalvertreter handelnden
Zeugen um einen Versicherungsmakler gehandelt haben soll, der für die Klägerin an
dem Abschluss des Versicherungsvertrages mit der Beklagten mitgewirkt hat. Wie sich
aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Urteil ergibt, handelt es sich bei den dort
beschriebenen Beratungspflichten um die Voraussetzungen einer Sachwalterhaftung,
die einen direkten Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen den
Versicherungsmakler begründen. Keineswegs kann aus dieser Rechtsprechung aber
ein Eintretenmüssen der Versicherung für eine eventuelle Fehlberatung des
Versicherungsmaklers hergeleitet werden. Vielmehr handelt es sich bei dem
Versicherungsmakler um einen treuhänderischen Sachwalter, der für den
Versicherungsinteressenten bzw. späteren Versicherungsnehmer tätig wird, nicht aber
als Erfüllungsgehilfe des Versicherers. Hieraus folgt, dass die Versicherung auch nicht
ohne weiteres für Verstöße gegen die Auskunfts- und Beratungspflicht des
Versicherungsmaklers einzustehen hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und 2.
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Streitwert: 11.159,20 €.
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