Urteil des LG Duisburg vom 23.06.2005

LG Duisburg: hotel, bauarbeiten, reiseveranstalter, rüge, mangel, unterlassen, form, vollstreckbarkeit, minderungsrecht, baustelle

Landgericht Duisburg, 12 S 9/05
Datum:
23.06.2005
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
12. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 S 9/05
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 70 C 2421/04
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 08.12.2004 verkündete Urteil
des Amtsgerichts Duisburg - 70 C 2421/04 - wird auf seine Kosten zu-
rückgewiesen.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
1
I.
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Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das
angefochtene Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 08.12.2004 (Bl. 38 ff. d. A.). Das
Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass, sofern
die Reise Mängel aufgewiesen haben sollte, der Kläger gemäß § 651 d Abs. 2 BGB mit
seinem Minderungsrecht ausgeschlossen wäre. Unstreitig habe der Kläger Mängel
gegenüber der örtlichen Reiseleitung nicht gerügt. Der Kläger habe nicht behauptet,
versucht zu haben, die Gebietsagentur der Reiseleitung, deren konkrete Anschrift und
Telefonnummer sich unstreitig aus dem Flugticket ergebe, telefonisch zu erreichen.
Darüber hinaus habe der Kläger auch eingeräumt, keinen Versuch unternommen zu
haben, die Beklagte in Deutschland zu erreichen. Eine Mängelanzeige sei auch nicht
entbehrlich gewesen, weil etwa Abhilfe nicht möglich gewesen wäre. Auch wenn der
Beklagten die Bauarbeiten tatsächlich bekannt gewesen sein sollten, sei eine Rüge
wegen der Bauarbeiten nicht entbehrlich gewesen, da Lärm von verschiedenen
Personen unterschiedlich empfunden werde.
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Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er behauptet, er und seine Ehefrau
hätten versucht, sich mit der örtlichen Reiseleitung in Verbindung zu setzen, was nicht
gelungen sei. Er meint, ein Anruf bei der Beklagten in Deutschland sei nicht zumutbar
gewesen. Im Übrigen solle die Mängelanzeige dem Reiseveranstalter die Möglichkeit
der Kenntnisnahme und Abhilfe verschaffen. Bei Kenntnis der Beklagten von der
Baustelle stelle die Mängelanzeige eine bloße Förmelei dar. Der Umstand, dass der
Kläger und seine Ehefrau in dem lärmgeschädigten Hotel untergebracht worden seien,
sei als Beweis des ersten Anscheins dafür zu werten, dass die Beklagte weder bereit
noch in der Lage gewesen sei, Abhilfe zu schaffen.
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Der Kläger beantragt,
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unter teilweiser Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Duisburg vom
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08.12.2004, Aktenzeichen 70 C 2421/04, die Beklagte zu verurteilen, an
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ihn 494,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
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jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 06.09.2003 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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II.
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Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
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Minderungsansprüche des Klägers gemäß § 651 d Abs. 1 BGB sind zu verneinen. Die
Minderung tritt gemäß § 651 d Abs. 2 BGB nicht ein, weil es der Kläger schuldhaft
unterlassen hat, die Mängel anzuzeigen.
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Eine Mängelanzeige ist unstreitig nicht erfolgt, obwohl sie möglich gewesen wäre.
Unstreitig befand sich auf dem Flugticket des Klägers die Telefonnummer der
Gebietsagentur der Beklagten, die der Kläger hätte anrufen können. Es kann daher offen
bleiben, ob von dem Reisenden ein Anruf bei der Beklagten in Deutschland verlangt
werden kann. Soweit der Kläger mit der Berufung behauptet, er hätte erfolglos versucht,
sich mit der örtlichen Reiseleitung in Verbindung zu setzen, lässt sich dem bereits nicht
entnehmen, ob er überhaupt versucht hat, die auf seinem Flugticket abzulesende
Telefonnummer der Gebietsagentur anzurufen und des Weiteren nicht, wann er dies
getan haben will.
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Eine Mängelanzeige war auch nicht entbehrlich. Dass eine Rüge auch dann nicht
entbehrlich ist, wenn ein Mangel bekannt ist, beruht auf folgenden Erwägungen: Der
Wortlaut des § 651 d Abs. 2 BGB beschränkt die Anzeigeobliegenheit nicht auf dem
Reiseveranstalter unbekannte Mängel. Eine solche Einschränkung ergibt sich auch
nicht aus dem Sinn und Zweck der Anzeigeobliegenheit. Das Anzeigeerfordernis dient
neben dem Eröffnen der Abhilfemöglichkeit dazu, den Reisenden schon vor Ort zu einer
Erklärung seiner Beanstandungen zu veranlassen. Nur so lässt sich vermeiden, dass
Umstände, die während der Reise überhaupt nicht als Beeinträchtigung empfunden
werden, erst nachträglich thematisiert und zur Grundlage von Geldforderungen gemacht
werden. Dass ein bestimmter Mangel objektiv vorhanden ist, bedeutet noch nicht, dass
auch jeder Reisende ihn als Beeinträchtigung empfindet (LG Düsseldorf, RRa 2005,
64). Es gibt Reisende, die Bauarbeiten nicht als störend empfinden, weil sie sich den
ganzen Tag über am Strand aufhalten oder die Urlaubsregion erkunden.
Demgegenüber gibt es Reisende, die sich beispielsweise den ganzen Tag nur am
Hotelpool aufhalten. Daher obliegt es dem Reisenden, dem Reiseveranstalter
mitzuteilen, dass er sich beeinträchtigt fühlt.
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Der Umstand, dass der Kläger und seine Ehefrau in dem oben genannten Hotel
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untergebracht wurden, begründet daher auch keinen Beweis des ersten Anscheins
dafür, dass eine Abhilfe der Beklagten nicht möglich gewesen wäre.
Mangels Mangelanzeige durch den Kläger konnte sich die Beklagte nicht um eine
Abhilfemöglichkeit, hier in Form des Umzugs in ein anderes oder gleichwertiges Hotel,
kümmern. Aus diesem Grunde kann auch offen bleiben, in welche Anlagen der Kläger
und seine Ehefrau bei einer erfolgten Mängelanzeige hätten umziehen können.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
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