Urteil des LG Duisburg vom 03.05.1996
LG Duisburg (mutter, 1995, höhe, grundstück, einsatz, miteigentumsanteil, berechnung, zpo, ehemann, sicherung)
Landgericht Duisburg, 24 (4) S 285/95
Datum:
03.05.1996
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
24. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
24 (4) S 285/95
Vorinstanz:
Amtsgericht Oberhausen, 34 C 56/95
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts
Oberhausen
vom 04.07.1995 unter Zurückweisung des weitergehenden
Rechtsmittels
teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
1.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte zur Zahlung eines ihrer Mutter
geschuldeten und nach dem Bundessozialhilfegesetz auf die Klägerin
über-
geleiteten Unterhaltsbetrages in Höhe von 123.306,88 DM verpflichtet
ist.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, das von der Klägerin angebotene zinslose
Dar-
lehen in Höhe des vorgenannten Betrages, fällig mit Ablauf von 3
Monaten
nach dem Tode der Beklagten, anzunehmen und zur Sicherung des Dar-
lehens eine zinslose Grundschuld in Höhe von 123.000,00 DM auf ihrem
Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück -straße in Ober-
hausen auf ihre Kosten zu bewilligen und zu beantragen.
3.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
4.
Die Kosten des ersten Rechtszuges hat die Beklagte zu tragen. Die
Kosten
der Berufung werden der Klägerin auferlegt.
Streitwert für den Berufungsrechtszug:
Bis zum 07.03.1996 (31.691,40 DM + 104.921,25 DM) = 136.612,65 DM
(§§ 17 Abs. 1 u. 4 GKG).
Ab 08.03.1996: 125.527,92 DM.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klägerin hat der pflegebedürftigen, in einem Alten- und Pflegeheim untergebrachten
Mutter der Beklagten, Frau , in der Zeit vom 01.07.1991 bis zu deren Tod am 16.09.1995
laufende monatliche Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG zu Lasten des geleistet. Mit
Bescheid vom 24.07.1991 hat die Klägerin den der Mutter der Beklagten gegen ihre
Tochter nach den §§ 1601 ff. BGB zustehenden Unterhaltsanspruch nach den §§ 90, 91
BSHG auf sich übergeleitet. Zugleich hat sie der Beklagten an demselben Tage eine
rechtswahrende Mitteilung gemäß § 91 Abs. 2 BSHG zugestellt.
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Die Klägerin gesteht der Beklagten zu, daß diese weder in der Vergangenheit noch in
der Zukunft bis zur ihrem Tode verpflichtet ist, die Unterhaltsbeträge aus ihrem
laufenden Einkommen aufzubringen, vertritt jedoch im Gegensatz zur Beklagten die
Auffassung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr Vermögen, nämlich ihren halben
Miteigentumsanteil an einem mit einem Mietshaus mit 4 Wohnungen bebauten
Grundstück, dessen Verkehrswert insgesamt ca. 660.000,00 DM beträgt, einzusetzen.
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Während die Klägerin im ersten Rechtszug Zahlung des Unterhaltsrückstands und der
damals - zu Lebzeiten der Mutter - noch laufenden monatlichen Unterhaltsbeträge
verlangt hat, begehrt sie nunmehr nur noch, daß die Beklagte in entsprechender
Anwendung des § 89 BSHG ein zinsloses und erst nach dem Tode der Beklagten zur
Rückzahlung fälliges Darlehen in Höhe des Unterhaltsrückstands annimmt und zur
Sicherung des Darlehens die Eintragung einer Grundschuld auf ihrem
Miteigentumsanteil bewilligt und beantragt. Die Beklagte macht demgegenüber geltend,
daß es für den nunmehr gestellten Klageantrag keine Rechtsgrundlage gebe und daß
sie wegen ihrer unzureichenden Einkommensverhältnisse, der zu erwartenden geringen
Rente und der mit dem Hausgrundstück verbundenen Belastungen darauf angewiesen
sei, daß ihr und ihrem getrenntlebenden Ehemann gehörende Hausgrundstück für ihre
Altersversorgung einzusetzen.
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Die zulässige Berufung hat im wesentlichen Erfolg. Die Beklagte ist ohne Gefährdung
ihres eigenen laufenden Unterhalts und ohne Gefährdung ihrer Altersversorgung in der
Lage, ihren Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück in der Weise für den ihrer
Mutter geschuldeten Unterhaltsrückstand einzusetzen, daß sie das von der Klägerin
angebotene zinslose und erst nach ihrem Tode fällige Vereinbarungsdarlehen annimmt
und durch Eintragung einer Grundschuld sichert.
5
I.
6
Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es nicht an einer Rechtsgrundlage für den
von der Klägerin im Berufungsrechtszuge geltend gemachten Klageantrag.
Anspruchsgrundlage für den auf die Klägerin übergegangenen Unterhaltsanspruch sind
die §§ 1601 ff. BGB, wonach Verwandte im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit einander
unterhaltspflichtig sind. Zwar wird diese Verpflichtung in der Regel durch Zahlung erfüllt
werden müssen, wenn der Gläubiger dies verlangt und sein Anspruch fällig ist. Die
Leistungsverpflichtung des Schuldners entfällt jedoch - schon nach allgemeinen
Rechtsgrundsätzen - nicht deshalb weil der Gläubiger freiwillig bereit oder rechtlich
verpflichtet ist, eine Forderung nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt
geltend zu machen. So liegt der Fall hier: Wie der Träger der Sozialhilfe dem
Hilfsbedürftigen, der nach § 88 BSHG sein Vermögen einzusetzen hat, die Sozialhilfe
gemäß § 89 BSHG als Darlehen gewähren soll, wenn die sofortige Verwertung de
Vermögens nicht möglich ist oder für den Hilfebedürftigen eine Härte bedeuten wür- de,
so kann auch die Klägerin, auf welche der Unterhaltsanspruch der Mutter der Beklagten
übergegangen ist, dem Unterhaltsschuldner die zur Erfüllung seiner Schuld
erforderlichen Mittel als Vereinbarungsdarlehen zur Verfügung stellen, wenn er selbst
einräumt, daß die sofortige Durchsetzung der übergegangenen Forderung für den
Schuldner eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Zu dem selben Ergebnis würde die
Klägerin gelangen, wenn sie die auf sie übergegangene Unterhaltsforderung der von ihr
unterstützten Mutter der Beklagten bis zum Tode der Beklagten stunden und zur
Sicherung der gestundeten Forderung eine Grundschuld verlangen würde. Daraus folgt,
daß das jetzige Klagebegehren nicht ohne Rechtsgrundlage ist, sondern daß die
Klägerin einen ihr zustehenden Anspruch zur Vermeidung einer für die Beklagte
unzumutbaren Härte nicht sofort, sondern erst nach dem Tode der Beklagten gegen
deren Erben geltend machen will.
7
II.
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Anders wäre die Rechtslage zugunsten der Beklagten lediglich dann, wenn sie mit
Erfolg geltend machten könnte, daß sie nach den von der Rechtsprechung entwickelten
Grundsätzen zu § 1603 BGB nicht in der Lage ist, ohne Beeinträchtigung ihres eigenen
angemessenen Unterhalts das aus ihrem Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück
bestehende Vermögen einzusetzen. Das hat die dafür darlegungs- und beweispflichtige
Beklagte (vgl. BGH NJW - RR 1990, 323, 327 = FamRZ 1990, 283, 287; Staudinger-
Wolfgang Kappe, 12. Aufl., § 1603 BGB, Rnr. 241; Palandt-Diederichsen, 55. Aufl.,
Einführung vor § 1601 BGB, Rnr. 34 m.w.H.) jedoch nicht schlüssig vorgetragen.
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Es entspricht der gefestigten Rechtssprechung und der allgemeinen Auffassung in der
Rechtsliteratur, daß ein Unterhaltspflichtiger, wenn er aus anderen Mitteln,
insbesondere aus seinem laufenden Einkommen, zur Unterhaltsleistung nicht in der
Lage ist, auch den Stamm seines Vermögens angreifen muß. Bei der Unterhaltspflicht
zwischen Verwandten gibt es - anders als zwischen geschiedenen Ehegatten gemäß §
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1581 S. 2 BGB - auch keine allgemeine Billigkeitsgrenze für die Verwertung des
Vermögensstammes. Wer über ausreichendes verwertbares Vermögen verfügt, ist nicht
außerstande, einem anderen Unterhalt zu gewähren (vgl. BGHZ 75, 272, 278 = NJW
1980, 340 = FamRZ 1980, 43; NJW - RR 1986, 66 = FamRZ 1986, 48, 50; NJW 1989,
524 = FamRZ 1989, 170; Staudinger-Wolfgang Kappe a.a.O., § 1603 BGB, Rnr. 146 mit
zahlreichen weiteren Hinweisen). Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß die
Beklagte erst recht zum Einsatz ihres Vermögens verpflichtet ist, wenn die Klägerin nicht
die sofortige Substanzverwertung des Vermögens durch Veräußerung ihres
Miteigentumanteils, sondern lediglich dessen Belastung mit einer Grundschuld zur
Sicherung der erst nach ihrem Tode fälligen Unterhaltsschuld verlangt.
Der Verpflichtung der Beklagten zum Einsatz ihres Vermögens ist allerdings - auch für
das vorliegende Klagebegehren - dadurch eingeschränkt, daß der eigene angemessene
Unterhalt der Beklagten nicht gefährdet werden darf. Dabei muß der angemessene
Unterhalt für ihre gesamte voraussichtliche Lebensdauer gesichert bleiben (vgl. BGH
NJW 1989, 524 = FamRZ 1989, 170; Staudinger-Wolfgang Kappe a.a.O., Rnr. 147).
Nicht erforderlich ist es jedoch, daß die Altersversorgung des Unterhaltspflichtigen aus
dem Vermögen sichergestellt wird und der Stamm des Vermögens letztlich den Erben
erhalten bleibt. Der Unterhaltsschuldner muß vielmehr sein Vermögen so einsetzen,
daß es bis zu seinem voraussichtlichen Lebensende verbraucht ist (vgl. Staudinger -
Wolfgang Kappe a.a.O., Rnr. 148).
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Daß die Beklagte nach diesen Maßstäben nicht in der Lage ist, ohne Beeinträchtigung
ihres eigenen Unterhalts, insbesondere ihrer gesamten Altersversorgung, die Belastung
ihres halben Miteigentumsanteils mit einer Grundschuld von 123.000,00 DM
hinzunehmen, hat sie weder vor der mündlichen Verhandlung noch - trotz ausführlicher
Erörterung in der mündlichen Verhandlung - in ihrem nachträglichen schriftsätzlichen
Vorbringen hinreichend schlüssig vorgetragen. Zwar ist nicht zu verkennen, daß das zur
Zeit noch laufende monatliche Einkommen und dementsprechend auch die zu
erwartende Altersrente der Beklagten unstreitig begrenzt ist. Ihre Nettovergütung im
Frühjahr 1995 betrug nach der Verdienstbescheinigung ihres Arbeitgebers vom
02.03.1995 nur 1.145,62 DM monatlich. Ihre monatliche Rentenanwartschaft betrug
nach dem von ihr vorgelegten Bescheid der
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vom 07.08.1989 monatlich 830,80 DM. Andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, daß
die Beklagte eine der Wohnungen in dem ihr und ihrem Ehemann gehörenden Haus
mietfrei bewohnt und daß sie und ihr Ehemann aus 3 vermieteten Wohnungen des
Hauses laufende Miteinnahmen beziehen. Zwar war das Hausgrundstück nach den
Angaben der Beklagten nach dem Stand vom 31.07.1991 noch in Höhe von ca.
168.200,00 DM belastet, es ist jedoch davon auszugehen, daß diese Belastung sich
inzwischen nicht unerheblich reduziert hat.
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Bei dieser Sachlage kann ohne nähere Darlegung des in den nächsten Jahrzehnten
nach dem neuesten Stand zu erwartenden Renteneinkommens der jetzt 56 Jahre alten
Beklagten und ohne nähere Darlegung der derzeitigen Mieteinnahmen einerseits und
der in nächsten Zeit noch zu erbringenden Zins- und Tilgungsleistungen auf die auf dem
Hausgrundstück eingetragenen Belastungen andererseits nicht davon ausgegangen
werden, daß die Beklagte ohne Gefährdung ihres eigenen angemessenen Unterhalts
außerstande ist, die Belastung ihres Miteigentumsanteils mit einer Grundschuld
hinzunehmen, welche den Verkehrswert des gesamten Grundstück von ca. 660.000,00
DM und des entsprechenden Wertes des halben Anteils bei weitem nicht ausschöpft.
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Dadurch bleibt die Beklagte insbesondere weiterhin in der Lage, einen dinglich
gesicherten Kredit aufzunehmen, wenn dies für notwendige Aufwendungen auf das
Hausgrundstück erforderlich wird. Das Berufungsgericht verkennt in Übereinstimmung
mit dem Amtsgericht nicht, daß bei der Veräußerung des der Beklagten gehörenden
halben Miteigentumsanteils erfahrungsgemäß nicht der dem Immobilienmarktwert
entsprechende Erlös erzielt werden könnte. Durch die Verurteilung zur Annahme eines
zinslosen Darlehens und zur Eintragung einer Grundschuld wird die Beklagte jedoch
nicht gezwungen, den Grundstücksanteil zu veräußern. Andererseits wird sie aber auch
nicht gehindert, das Grundstück zu veräußern, wenn ihr dies wirtschaftlich vernünftig
erscheint. Würde sie z.B. im Einvernehmen mit ihrem Ehemann das gemeinsame
Grundstück veräußern - was naheliegen könnte, weil die Eheleute keine Kinder haben -,
um den Substanzerlös für eine bessere Altersversorgung zur Verfügung zu haben, so
vermindert sich lediglich der Anteil am Erlös um den Grundschuldbetrag, der aber den
Gesamtwert ihres Anteils bei weitem nicht erreicht. Daß die Grundschuld erst nach dem
Tode der Beklagten geltend gemacht werden kann, hätte für den Erwerber sogar den
Vorteil, daß er einen wesentlichen Teil der durch Übernahme der Grundschuld zu
erfüllenden Kaufpreisschuld nicht sofort zu finanzieren, sondern je nach der
Lebenserwartung der Beklagten erst erheblich später zu realisieren hätten. Denn nach
dem von der Klägerin angebotenen und von der Beklagten anzunehmen
Vereinbarungsdarlehen dürfte die Klägerin das Darlehen auch dann nicht zu Lebzeiten
der Beklagten fällig stellen, wenn diese das Grundstück veräußern und den Erlös zur
Verfügung haben sollte. Auch diese Überlegungen zeigen, daß der Einsatz des
Vermögens bei der von der Klägerin begehrten Vertragsgestaltung der Beklagten
zuzumuten und daß dabei auch die zugunsten des Unterhaltsschuldners zu
berücksichtigende Kapitalreserve für Krankheitsfälle oder einen sonst plötzlich
auftretenden Sonderbedarf (Notgroschen) gesichert ist (vgl. OLG Düsseldorf, Fam RZ
1990, 1137; Staudinger-Wolfgang Kappe, a.a.O., Rnr. 150).
III.
15
Auch die Höhe des geltend gemachten Anspruch ist im wesentlichen gerechtfertigt. Daß
die Klägerin der Mutter der Beklagten Hilfe zur Pflege in Höhe von insgesamt
104.921,25 DM geleistet hat, hat die Klägerin für die Zeit vom 01.07.1991 bis
31.01.1995 Monat für Monat genau berechnet; diese Berechnung ist auch in Tatbestand
des amtsgerichtlichen Urteils zugrundegelegt worden (§ 314 ZPO). Soweit die Beklagte
im Berufungsrechtszuge Zweifel an der richtigen Berechnung des Altersruhegeldes
geltend gemacht hat, hat die Klägerin im Schriftsatz vom 28.02.1996 nachvollziehbar
und unwidersprochen dargelegt, daß der aus dem Kontoauszug 1991 sich ergebende
um 155,50 DM monatlich höhere Betrag auf Kindererziehungsleistungen entfällt, welche
der Mutter der Beklagten ausgezahlt worden sind und deshalb die Sozialhilfeleistungen
der Klägerin nicht vermindert haben. Für die restliche Zeit vom 01.02.1995 bis zum Tode
der Mutter der Beklagten am 16.09.1995 hat die Klägerin insgesamt weitere (125.527,92
DM - 104.921,25 DM)= 20.606,67 DM geltend gemacht, ohne diesen Betrag im
einzelnen aufzuschlüsseln. Die Klägerin hat die genaue Berechnung auch nicht
nachgeholt, nachdem die Beklagte dies mit Schriftsatz vom 06.03.1996 ausdrücklich
beanstandet hatte. Der Klägerin können deshalb für den genannten Zeitraum nur
diejenigen Leistungen zugesprochen werden, die sich ergeben, wenn man unterstellt,
daß die Hilfe zur Pflege sich gegenüber dem Monat Januar 1995 nicht weiter erhöht hat.
Denn daß Pflegekosten sich in den letzten Monaten vor dem Tode der Mutter der
Beklagten verringert haben könnten, kann nach der Lebenserfahrung als
ausgeschlossen gelten.
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Daraus folgt für den Zeitraum vom 01.02. bis 16.09.1995 folgende Berechnung:
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228 Tage à 133,36 DM = 30.406,08 DM
18
abzüglich 7 Monate Renten-
19
einnahmen à 1.195,63 DM = 11.169,41 DM
20
und abzüglich 16/30 von
21
1.195,63 DM für den Monat
22
September 1995 851,04 DM
23
insgesamt 18.385, 63 DM
24
zuzüglich 104.921,25 DM
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Gesamtanspruch der Klägerin 123.306,88 DM.
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Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gehindert, den
gesamten Rückstand für die Zeit seit Juli 1991 mit Erfolg geltend zu machen. Durch die
Rechtswahrungsanzeige gemäß § 91 Abs. 2 BSHG vom 24.07.1991 hat die Klägerin
die Beklagte wirksam darauf hingewiesen, daß sie diese von dem Zeitpunkt an wegen
der auf sie übergeleiteten Unterhaltsansprüche in Anspruch nehmen werde. Das gilt
auch dann, wenn die Beklagte die Höhe der Inanspruchnahme aus der Anzeige noch
nicht entnehmen konnte (vgl. BGH, FamRZ 1983, 895, 896). Darüber hinaus brauchte
die Klägerin die Beklagte nicht zusätzlich gemäß § 1613 Abs. 1 BGB in Verzug zu
setzen.
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Ebensowenig ist der Anspruch der Kläger verwirkt. Denn die Beklagte hat keine
Tatsachen dafür vorgetragen, daß sie davon ausgehen durfte, die Klägerin werde
wegen des langen Zeitablaufs keine Forderungen mehr gegen sie geltend machen. Die
Klägerin hat vielmehr unwidersprochen vorgetragen, daß sie der Beklagten in der Zeit
zwischen der Rechtswahrungsanzeige vom 24.07.1991 und der Klageerhebung im
Februar 1995 zweimal, nämlich am 12.03.1992 und am 04.06.1993 schriftlich mitgeteilt
habe, daß die Entscheidung des zuständigen Landschaftsverbandes darüber, ob die
Beklagte zur Unterhaltszahlung aus dem Vermögen herangezogen werden solle, noch
ausstehe. Bei dieser Sachlage mußte die Beklagte damit rechnen, daß sie noch zur
Unterhaltszahlung durch Einsatz ihres Vermögens in Anspruch genommen werden
würde.
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Nach alledem ist die Beklagte in dem aus dem Urteilsausspruch hervorgehenden
Umfang zur Unterhaltsleistung durch Einsatz ihres Vermögens verpflichtet. Die
Feststellung in Ziffer 1. des Urteilstenors entspricht als Zwischenfeststellung § 256 Abs.
2 ZPO, ohne daß es eines besonderen Feststellungsinteresses bedarf.
29
IV.
30
Die Kostenentscheidung ergibt sich für die Kosten des ersten Rechtszuges aus den §§
31
91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 2
ZPO zu tragen, weil sie schon im ersten Rechtszug in der Lage gewesen wäre, die im
Berufungsrechtszug erfolgreichen Anträge zu stellen.