Urteil des LG Duisburg vom 05.07.2006

LG Duisburg: fahrzeug, haftpflichtversicherung, zapfsäule, versicherungsschutz, tanksäule, versicherungsvertrag, begriff, ausschluss, sicherheitsleistung, toilette

Landgericht Duisburg, 11 O 105/05
Datum:
05.07.2006
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
11. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 O 105/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem
Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages
abzuwenden , wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit
in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Privathaftpflichtversicherung.
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Am 18.11.2004 unternahm der Kläger zusammen mit dem Zeugen eine Fahrt in dessen
Mercedes Benz ML. An der Autobahntankstelle fuhr der Zeuge von der Autobahn ab, um
sich einerseits zur Toilette zu begeben und andererseits auch das Fahrzeug zu
betanken. Nachdem der Zeuge zur Toilette gegangen war, entschloss sich der Kläger
zur Zeiteinsparung bereits den Fahrzeugtank zu füllen. Dazu fuhr er das Fahrzeug näher
an die Zapfsäule heran und füllte den Treibstoff ein. Bei dem Fahrzeug handelte es sich
um ein Dieselfahrzeug, was dem Kläger nicht bekannt war, so dass er Otto Kraftstoff
einfüllte. Dies führte in der Folge bei der Weiterfahrt durch den Zeugen zu einem
Motorschaden.
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Der Kläger behauptet, der Zeuge habe das Fahrzeug praktisch direkt neben der
Zapfsäule abgestellt, er habe dieses lediglich, obwohl dies nicht unbedingt nötig war ein
paar Schritte näher an die Zapfsäule gesetzt. Auch zu dem ursprünglichen Standort des
Wagens hätte die Länge des Kraftstoffschlauches ausgereicht. Nach dem Tanken habe
er bezahlt und sei dann etwa gleichzeitig mit dem Zeugen zum Fahrzeug zurückgekehrt,
worauf dieser dann die Fahrt fortgesetzt hätte. Die Instandsetzung des Motors habe
Kosten in Höhe von 7.150,20 € verursacht, die er dem Zeugen erstattet habe. Da es sich
um einen erst kurz zuvor ausgetauschten Motor gehandelt habe, sei ein Abzug Neu
gegen Alt nicht möglich. Außerdem macht er die ihm entstandenen vorgerichtlichen
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Anwaltskosten in Höhe von 333,85 € geltend.
Er ist der Ansicht, der Schaden stehe nicht im Zusammenhang mit der Benutzung eines
Kraftfahrzeuges, sondern beruhe allein auf ein voreiliges Verhalten des Klägers. Der
Fall sei wie Schäden beim Beladen eines Fahrzeuges zu beurteilen.
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Die Beklagte sei daher verpflichtet, Versicherungsschutz zu gewähren.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.484,05 € nebst Zinsen in Höhe von
5%Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2005 zu zahlen
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
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Sie behauptet, das Fahrzeug sei zunächst im Bereich der Toiletten abgestellt worden,
von dort aus habe der Kläger dieses zum Tanken an die Zapfsäule und nach dem
Tankvorgang wieder zurück zu den Toiletten gefahren. So habe es der Kläger
zumindest – insoweit unbestritten- den Sachbearbeitern der Beklagten geschildert.
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Sie ist der Ansicht, ein Anspruch des Klägers sei auf Grund der dem Ziff. III. Abs. 1 der
dem Versicherungsvertrag zu Grunde liegenden Besonderen Bedingungen und
Risikobeschreibung zur Privat- und Sport-Haftpflichtversicherung ( BBR)und den
allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) § 2 Abs. 3 lit.c
ausgeschlossen. Dieser Ausschluss betreffe alle schadensstiftenden Handlungen des
Fahrzeugsführers, die im Zusammenhang mit dem Gebrauch des Fahrzeuges erfolgten.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
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Endscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch
auf die Zahlung des von ihm dem Zeugen erstatteten Schadens auf Grund der
abgeschlossenen Privathaftpflichtversicherung zu.
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Im vorliegenden Fall ist nämlich der Anspruch auf Versicherungsschutz nach den
Versicherungsbedingungen gem. Ziff III Abs. 1 BBR i. V. § 2 IIIc AHB, die unstreitig dem
Versicherungsvertrag zu Grunde liegen, ausgeschlossen, denn danach erstreckt sich
der Versicherungsschutz nicht auf die Gefahren, welche mit dem Führen oder Halten
von Kraftfahrzeugen verbunden sind.
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Sinn und Zeck diese sog. Benzinklausel ist es, Überschneidungen zwischen von § 10
AKB gedeckten Versicherungsfällen und solchen, für die die Privathaftpflicht eintritt zu
vermeiden. Für die Frage des Deckungsschutzes ist allein entscheidend, ob sich der Art
nach ein Risiko der Privat- oder der Kfz-Haftpflichtversicherung verwirklicht hat. Um das
verfolgte Ziel der Klausel einen Deckungsanschluss der Privathaftpflichtversicherung an
die Kfz-Haftpflichtversicherung zu erreichen, zieht die Rechtsprechung bei der Frage, ob
ein "Gebrauch" des Fahrzeuges im Sinne der Benzinklausel vorliegt, den
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Bedeutungsgehalt des in § 10 AKB verwendeten Begriffes heran ( BGH VersR 1989,
243). Auch der Begriff des Führers ist in diesem Zusammenhang auf der Grundlage des
§ 10 Abs. 2 AKB durch den Begriff des Gebrauchs mitbestimmt. Fahrer ist daher jeder,
der im Zusammenhang mit einer von ihm als Lenker des Fahrzeuges durchzuführenden
oder durchgeführten Fahrt eine Tätigkeit vornimmt, die nach der Verkehrsauffassung in
seinen Aufgabenkreis als Kraftfahrer hineinfällt ( OLG Stuttgart VersR 1988, 707).
Es bestehen in Hinblick auf diese Definition für das Gericht keinerlei Zweifel daran, dass
der Schaden durch den Kläger als Führers eines Kraftfahrzeuges bei dessen Gebrauch
entstanden ist.
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Es kann in diesem Zusammenhang dahin gestellt bleiben, ob der Kläger vor dem
Tankvorgang zunächst vom Toilettenbereich zur Zapfsäule gefahren ist, oder den
Wagen lediglich ein paar Schritte näher an die Tanksäule herangefahren hat. In jedem
Fall hat er das Fahrzeug seines Bekannten, auch wenn dies nicht unbedingt notwendig
gewesen sein mag, zielgerichtet durch eine auf Willensakt beruhende Tätigkeit in Gang
gesetzt, also nicht etwa versehentlich, gerade um das Fahrzeug zu betanken. Für den
Ausschluss genügt es aber bereits das Fahrzeug nur wenige Meter zu lenken (OLG
Hamm, NJW 1988, 859ff) oder das Bedienen des Anlassers in der Absicht zu fahren
(Prölss/ Martin VVG, Nr. 3 Privathaftpfl.Rn. 7).Damit ist bereits die Führereigenschaft
verwirklicht.
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Zum Gebrauch eines Kraftfahrzeuges gehören außerdem auch Tätigkeiten einer
Person, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeuges
stehen, wie z.B. beim Be-und Entladen, Tanken oder Durchführung von Wartungs- und
Reparaturarbeiten ( Prölss/Martin VVG, Nr. 3 Privathaftpfl. Rn 9, OLGR Celle 2005, 231
ff). Die Versorgung eines Kraftfahrzeuges mit den notwendigen Betriebsmitteln gehört zu
den Bedienungsvorgängen ( BGH VersR 2003, 1031ff) und damit zu den Tätigkeiten,
die zum Kreis der Verrichtungen eines Fahrers zu rechnen sind. Dies gilt zumindest
dann, wenn das Fahrzeug im Zusammenhang mit der schadensstiftenden Verrichtung,
hier Betanken mit dem falschen Kraftstoff aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe
eingesetzt wird
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(OLGR Karlsruhe 2005, 370ff). Dies ist jedoch, wie bereits ausgeführt, in dem
vorliegenden Fall gegeben. Der Kläger hat gerade, um dass Fahrzeug zu betanken,
dieses näher an die Tanksäule gefahren, so dass der Umstand des Betankens in
unmittelbaren Zusammenhang zu seiner durchgeführten Fahrt steht. Der Kläger ist
daher in dem Zeitraum, ab dem er eigenmächtigt das Fahrzeug zum Tanken versetzt
hat, bis zu dem Zeitpunkt, an dem er nach dem Bezahlen das Steuer wieder dem
Zeugen überließ, als Führer des Kraftfahrzeuges anzusehen.
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Die Anwendung der "Benzinklausel" scheitert auch nicht daran, dass im vorliegenden
Fall der Schaden nicht an Rechtsgütern Dritter, sondern an dem versicherten Fahrzeug
selbst eingetreten ist, da von dem Anwendungsbereich auch diejenigen Schäden, die
Gegenstand einer besonderen Mitversicherung sein können erfasst werden (OLGR
Karlsruhe2005, 370ff). Auch eine mögliche Versagung des Versicherungsschutzes
innerhalb der Kfz-Haftpflichtversicherung führt nicht dazu, dass zur Vermeidung einer
Deckungslücke der Schaden deswegen in den Bereich der Privathaftpflichtversicherung
fällt. Der Gedanke der Lückenlosigkeit des Versicherungsschutzes ist missverstanden,
wenn ein der Kfz-Versicherung zuzuordnendes, dort aber ausgeschlossenes Risiko
deshalb als von der Privathaftpflichtversicherung gedeckt angesehen würde, weil nach
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der Kfz-Haftpflichtversicherung Deckungsschutz nicht zu erreichen ist (BGH NJW 1992,
315 ff). Ausschüsse sind daher für die Eröffnung des Anwendungsbereiches der
"Benzinklausel" ohne Belang.
Die Klage war daher zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziffer 11, 711, 108 ZPO
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