Urteil des LG Düsseldorf vom 13.01.2005

LG Düsseldorf: stand der technik, treu und glauben, widerstand, vergütung, zustand, auskunftserteilung, schwellenwert, sicherheitsleistung, schalter, schiedsstelle

Landgericht Düsseldorf, 4a O 524/03
Datum:
13.01.2005
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 524/03
Tenor:
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
dem Kläger Auskunft zu erteilen,
in welchem Umfang die Beklagte in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis 31.
Dezember 1994 und in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 21. November
2002
Treppenlichtzeitschalter mit einer Wechselspannungsnetzspeisung,
einer Sieb- und Gleichrichterschaltung, die einen Zeitgeberschaltkreis
speist, deren Zeitgebersignal ein Schaltrelais schaltzeitbestimmend
ansteuert, dessen Arbeitskontakt eine der Netzspannungsleitungen mit
einer Treppenlichtspeiseleitung, die extern eine oder mehrere
Treppenleuchten speist, brückt, und mit einer Tastersignalleitung, die
extern mit einer oder mehreren Tastschaltern, jeweils betätigt, zu einer
ersten der Netzspannungsleitungen hin verbindbar ist, denen jeweils
eine Reihenschaltung aus einer Glimmlampe und einem zugehörigen
Vorwiderstand parallel geschaltet ist, und wobei von der
Tastschalterbetätigung ein Startsignal dem Zeitgeberschaltkreis
zugeführt ist, und zwischen der Tastersignalleitung und der jeweils
zweiten der Netzspannungslei-tungen eine Speiseschaltung der
Glimmlampen zugeordnet ist,
in Verkehr gebracht hat,
bei denen die Speiseschaltung aus einer Brückengleichrichterschaltung
besteht, deren Gleichspannungsausgang mit einer elektronischen
bistabilen Schaltung beschaltet ist, die immer dann in einen sehr
hochohmigen Zustand geschaltet ist, wenn der über die
Tastersignalleitung fließende Strom einen vorgegebenen Schwellenwert
überschreitet, und die ansonsten bis auf Durchlaßwiderstände von in
diesem Stromweg befindlichen Halbleitern und
Strombegrenzungswiderständen einen niederohmigen Stromweg bildet,
und bei denen die Zeitgeberschaltung retriggerbar ist und über einen
Optokoppler angesteuert ist, der eingangsseitig von dem
Gleichspannungsausgang angesteuert ist,
und zwar auch für solche Treppenlichtzeitschalter, bei denen anstelle
eines Opto-kopplers eine Zenerdiode oder ein hochohmiger Widerstand
vorgesehen ist,
und zwar unter Angabe der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach
Liefermengen, Lieferzeiten und Typenbezeichnungen.
II.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,- € vorläufig
vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte,
unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der
Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten
Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
1
Die Beklagte befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von elektrotechnischen
Erzeugnissen. Der Kläger war in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember
1997 bei der Beklagten als Entwicklungsingenieur beschäftigt. Zuvor war der Kläger auf
dem Gebiet der Computertechnik tätig. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in den
Betrieb der Beklagten gehörten zu deren Vertriebsprogramm mechanische und ein
elektronisch arbeitender Treppenlichtzeitschalter. Der Kläger wurde damit beauftragt,
einen verbesserten elektronischen Schalter zu entwickeln, um einen solchen Schalter
auf den Markt zu bringen. Da dem Kläger die ihm vorgegebenen Lösungsansätze als
nicht zielführend erschienen, verfolgte er privat in seiner Freizeit an den Wochenenden
einen eigenständigen Lösungsweg, dessen Ergebnis er bereits im April 1993 der
Beklagten präsentieren konnte. Nachdem der Vorgesetzte xx den Kläger von der
Absicht der Beklagten unterrichtet hatte, die von dem Kläger gefundene Lösung zum
Patent anzumelden, teilte dieser Herrn xx mit Schreiben vom 5. August 1993 (Anlage 2)
mit, dass er der alleinige Erfinder sei und er der Beklagten entsprechend der Regelung
des Arbeitsvertrages die Erfindung anbiete. Daraufhin reichte die Beklagte am 17.
Dezember 1993 eine deutsche Patentanmeldung ein, die zur Erteilung des deutschen
Patentes xxxxxxxx (Anlage 3, Streitpatent I) führte. Die Veröffentlichung der
Patenterteilung erfolgte am 15. Dezember 1994. Ferner erfolgte unter Inanspruchnahme
der deutschen Priorität eine europäische Patentanmeldung, die am 21. Juni 1996
veröffentlicht wurde. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 8. Juli 1998 bekannt
gemacht. Das europäische Patent trägt die Registernummer xxxxxxxxx (Anlage 4,
Streitpatent II).
2
Die Streitpatente, welche sich inhaltlich entsprechen, betreffen einen
(kurzschlusssicheren) Treppenlichtzeitschalter. Der Patentanspruch 1 des Streitpatentes
I, welcher mit dem Streitpatent II übereinstimmt, hat folgenden Wortlaut:
3
Treppenlichtzeitschalter mit einer Wechselspannungsnetzspeisung, einer Sieb- und
Gleichrichterschaltung (GL1), die einen Zeitgeberschaltkreis (Z1) speist, deren
Zeitgebersignal (TS) ein Schaltrelais (SR) schaltzeitbestimmend ansteuert, dessen
Arbeitskontakt (AK) eine der Netzspannungsleitungen (N, L) mit einer
Treppenlichtspeiseleitung (LL), die extern eine oder mehrere Treppenleuchten (L1, L2)
speist, brückt, und mit einer Tastersignalleitung (TL), die extern mit einer oder mehreren
Tastschaltern (T1, T2), jeweils betätigt, zu einer ersten der Netzspannungsleitungen (N,
L) hin verbindbar ist, denen jeweils eine Reihenschaltung aus einer Glimmlampe (G1,
G2) und einem zugehörigen Vorwiderstand (W1, W2) parallelgeschaltet ist, und wobei
von der Tastersignalleitung (TL) jeweils bei einer Tastschalterbetätigung ein Startsignal
(SS) dem Zeitgeberschaltkreis (Z1) zugeführt ist, und zwischen der Tastersignalleitung
(TL) und der jeweils zweiten der Netzspannungsleitungen (L, N) eine Speiseschaltung
(SG) der Glimmlampe(n) (G1, G2) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die
Speiseschaltung (SG) aus einer Brückengleichrichterschaltung (B) besteht, deren
Gleichspannungsausgang (GA) mit einer elektronischen bistabilen Schaltung (BS)
beschaltet ist, die immer dann in einen sehr hochohmigen Zustand geschaltet ist, wenn
der über die Tastersignalleitung (TL) fließende Strom einen vorgegebenen
Schwellenwert überschreitet, und die ansonsten bis auf Durchlasswiderstände von in
diesem Stromweg befindlichen Halbleitern und Strombegrenzungswiderständen (R15,
R16) einen niederohmigen Widerstand bildet, und dass der Zeitgeberschaltkreis (Z1)
retriggerbar ist und über einen Optokoppler (ISO) angesteuert ist, der eingangsseitig von
dem Gleichspannungsausgang (GA) angesteuert ist.
4
Nachfolgend abgebildet ist eine vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung.
5
Nachdem die Beklagte die Fertigung des erfindungsgemäßen Schalters aufgenommen
hatte, wobei am 5. Oktober 1995 der Optokoppler durch eine Zenerdiode ersetzt und am
15. Februar 1999 wiederum die Zenerdiode durch einen hochohmigen Widerstand
ausgetauscht wurde, bat der Kläger mit Schreiben vom 19. August 1996 die Beklagte
seine Erfindervergütung festzusetzen (Anlage 5). Mit Schreiben vom 9. Dezember 1996
setzte die Beklagte die Vergütung in Höhe von 6.636,- DM fest (Anlage 6). Dieser Betrag
wurde dem Kläger überwiesen. Der Kläger widersprach der Festsetzung mit Schreiben
vom 10. Januar 1997 (Anlage 7). Hieran schloss sich eine anwaltliche Korrespondenz
an, die sich bis zum Jahre 1998 hinzog (vgl. Anlagenkonvolut 8). Mit Schreiben vom 16.
Februar 1998 teilte der patentanwaltliche Vertreter der Beklagten mit, dass dem Kläger
für 1994 keine Vergütung zustehe, da das Schutzrecht erst Ende 1994 zur Erteilung und
zur Veröffentlichung gekommen sei. In dem Schreiben wurden auch Umsätze
angegeben. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.
6
Mit Eingabe vom 18. Dezember 1998 (Anlage 9) wandte der Kläger sich an die
Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes mit dem Antrag, nach näherer
Maßgabe seiner Eingabe einen Einigungsvorschlag herbeizuführen. Die Beklagte
erwiderte mit der Eingabe vom 3. Februar 1999 (Anlage 10), wozu der Kläger am 15.
Februar 2001 (Anlage 11) Stellung nahm. Der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle
vom 26. November 2001 (Anlage 11a) sah vor, dass dem Kläger für die Jahre 1995 bis
1997 insgesamt eine Erfindervergütung in Höhe von DM 25.331,85 DM zustehe und die
Beklagte ferner für die Jahre 1994 und 1998 bis 2001 Auskunft über den gesamten
Nettoumsatz zu erteilen habe. Diesem Vorschlag hat die Beklagte widersprochen.
7
Danach wandte sich der patentanwaltliche Vertreter der Beklagte mit dem als Anlage 12
8
überreichten Schreiben vom 9. Juli 2002 an den Kläger mit dem Hinweis auf die
Möglichkeit, auf einer reellen Basis einen Vergleich zu erarbeiten. Auf den Inhalt des
Schreibens wird Bezug genommen. Mit Schreiben des Klägers vom 24. Oktober 2002
(Anlage 14) wurde die Beklagte zur Auskunftserteilung im Umfang des
Einigungsvorschlages aufgefordert. Ferner wurde mit Schreiben vom 21. November
2002 das Angebot der Beklagten, die aus dem europäischen Patent entstandenen
nationalen Patente zu übernehmen, für Deutschland und Frankreich angenommen.
Weitere Forderungen wies die Beklagte mit der Begründung zurück, dass durch die am
5. Oktober 1995 bzw. 15. Februar 1999 vorgenommenen Änderungen der Schaltung
eine Benutzung der Patente nicht mehr erfolge.
Der Kläger macht nunmehr im Wege der Stufenklage Auskunftsansprüche für die Jahre
1994 sowie 1998 bis 2002 sowie die Festsetzung der Vergütung nach
Auskunftserteilung geltend. Im Übrigen begehrt er die Verurteilung zur Zahlung in Höhe
von 9.559,04 € nebst Zinsen für die Benutzung der Erfindung in den Jahren 1995 bis
1997 entsprechend des von der Schiedsstelle festgesetzten Betrages. In der
mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2004 erklärte der Prozessbevollmächtigte
der Beklagten, dass die in der Klageerwiderung gemachten Angaben zu den
Stückzahlen zur Erfüllung des Auskunftsbegehrens gemacht worden seien.
9
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass auch nach Änderung der Schaltung die
Erfindung weiterhin benützt werde und zwar mit äquivalenten Mitteln. Sowohl die
Zenerdiode als auch der hochohmige Widerstand seien ein zu dem Optokoppler
gleichwirkendes Mittel, welches für den Fachmann auch ohne weiteres auffindbar sei.
10
Der Kläger beantragt auf der ersten Stufe,
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zu erkennen, wie geschehen.
12
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
14
sowie hilfsweise, im Falle der Verurteilung zur Rechnungslegung der Beklagten nach
ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und
Angebotsempfänger nur einem von dem Kläger zu bezeichnenden, zur
Verschwiegenheit gegenüber dem Kläger verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer
mitzuteilen, sofern die Beklagte diesen ermächtigt, dem Kläger Auskunft zu geben, ob
ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten
ist;
15
das Urteil wegen der Kosten – gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistung
(Bankbürgschaft) – für vorläufig vollstreckbar zu erklären;
16
notfalls der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen
Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden.
17
Sie vertritt die Auffassung, dass die abgeänderten Schalter von der Lehre der Erfindung
keinen Gebrauch mehr machen würden, da keine technische Gleichwirkung vorliege. Im
Übrigen hätten die Parteien vorgerichtlich eine Vergleichsvereinbarung getroffen.
18
Der Kläger tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.
19
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
21
Die zulässige Klage ist – soweit über sie zu entscheiden war, § 301 ZPO - begründet.
22
Dem Kläger steht der im Wege der Stufenklage geltend gemachte Anspruch auf
Auskunftserteilung zu, da die Ausführungsformen auch in ihren Abwandlungen von der
von dem Kläger getätigten Erfindung Gebrauch machen.
23
Anhaltspunkte für den Abschluss eines vorprozessualen Vergleiches, der einer
Klageerhebung im Wege stehen könnte, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat als
Nachweis ihrer Behauptung die Schreiben gemäß Anlage B 4 und B 5 vorgelegt, aus
denen sich ergeben soll, dass der Kläger einen Vergleichsvorschlag, unterbreitet mit
Schreiben vom 9. Juli 2002 (Anlage B 4) angenommen haben soll, wie sich aus dem
Schreiben vom 21. November 2002 (Anlage B 5) ergebe. Dieses Vorbringen ist jedoch
nicht nachvollziehbar. Denn ersichtlich nimmt das Schreiben des Klägers vom 21.
November 2002 Bezug auf ein Schreiben der Beklagten vom 15. November 2002,
welches der Kläger als Anlage 23 vorgelegt hat, steht mithin in keinem Zusammenhang
zu dem Schreiben gemäß Anlage B 4. In dem Schreiben vom 15. November 2002 bot
die Beklagte dem Kläger die Übernahme der streitgegenständlichen Patente an. Auf
dieses Angebot bezieht sich das Annahmeschreiben nach Anlage B 5.
24
I. Der von dem Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch ist begründet. Gemäß
ständiger Rechtsprechung besteht nach Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch,
wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass
der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und den Umfangs seines
Rechts auf angemessene Vergütung im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung
und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Ansprüche nicht auf zumutbare
Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie unschwer, d.h. ohne unbillig
belastet zu sein, zu geben vermag (vgl. Reimer/Schade/Schippel, Das Recht der
Arbeitnehmererfindung, 7. Aufl. § 12 Rdnr. 59 m.w.N.). Der Auskunftsanspruch ist ein
Hilfsanspruch zum Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers (Bartenbach/Volz,
Arbeitnehmererfindergesetz, 4. Aufl. § 12 Rdnr. 162).
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Vorliegend steht dem Kläger trotz der bisher von der Beklagten geleisteten Zahlung in
Höhe von 6.636,- DM ein weiterer Vergütungsanspruch zu, mithin als Hilfsanspruch
auch der entsprechende Auskunftsanspruch. Denn auch die im Jahre 1995 und 1999
abgeänderten Ausführungsformen der Treppenlichtzeitschalter benutzen die Erfindung
nach den Streitpatenten.
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1. Das Streitpatent I, welches gleichlautend zu dem Streitpatent II ist und stellvertretend
für dieses erörtert wird, betrifft einen Treppenlichtzeitschalter mit einer
Wechselspannungsnetzspeisung, einer Sieb- und Gleichrichterschaltung, die einen
Zeitgeberschaltkreis speist, deren Zeitgebersignal ein Schaltrelais
schaltzeitbestimmend ansteuert, dessen Arbeitskontakt eine der
Netzspannungsleitungen mit einer Treppenlichtspeiseleitung, die extern eine oder
27
mehrere Treppenleuchten speist, brückt, und mit einer Tastersignalleitung, die extern mit
einer oder mehreren Tastschaltern, jeweils betätigt, zu einer ersten der
Netzspannungsleitungen hin verbindbar ist, denen jeweils eine Reihenschaltung aus
einer Glimmlampe und einem zugehörigen Vorwiderstand parallelgeschaltet ist, und
wobei von der Tastersignalleitung jeweils bei einer Tastschalterbetätigung ein
Startsignal dem Zeitgeberschaltkreis zugeführt ist, und zwischen der Tastersignalleitung
und der jeweils zweiten Netzspannungsleitungen eine Speiseschaltung der
Glimmlampe(n) angeordnet ist.
Nach den einleitenden Ausführungen der Streitpatentschrift I war eine derartige
Schaltung im Stand der Technik aus der xxxxxxxxx vorbekannt. Dieser
Treppenlichtautomat ist für die Installation von sogenannten Drei- und Vierleiter-
Treppenhausinstallationen vorgesehen und erbringt durch ein spezielles
selbsthaltendes Impulsrelais eine Begrenzung der Strombelastung bei langdauernder
Betätigung einer Treppenhaustaste oder bei einer Überlastung der Schaltung mit einer
überhöhten Anzahl von Glimmlampen, welche gewöhnlich parallel zu den
Treppenhaustastern geschaltet sind. Die Impulsschaltung, welche das Relais steuert,
weist eine gewisse Totzeit auf, die ein Nachtasten innerhalb eines bestimmten
Zeitraumes nach dem Erlöschen des Treppenhauslichts verhindert, was das Streitpatent
I als nachteilig ansieht.
28
Weiterhin ist es aus der xxxxxxxx bekannt, Treppenlichtzeitschalter während der (für
Warnzwecke reduzierten Beleuchtungsintensität) nachzutasten.
29
Hiervon ausgehend liegt dem Streitpatent I das technische Problem (die Aufgabe)
zugrunde, einen Treppenlichtzeitschalter zu schaffen, der einfacher ist und ein
beliebiges Nachtasten auch während der Brennzeit der Treppenhausbeleuchtung
ermöglicht. Zur Lösung des Problems schlägt das Streitpatent I in dem Patentanspruch 1
eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor, entsprechend der von dem Kläger als
Anlage 17 überreichten Merkmalsgliederung:
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1. Treppenhauslichtzeitschalter mit
31
1.1 einer Wechselspannungsnetzeinspeisung
32
1.2 einer Sieb- und Gleichrichterschaltung (GL 1)
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1.3 und einer Tastersignalleitung (TL);
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2. die Sieb- und Gleichrichterschaltung (GL 1) speist einen Zeitgeberschaltkreis (Z 1)
35
2.1 dessen Zeitgebersignal (TS) ein Schaltrelais (SR) schaltzeitbestimmend ansteuert,
36
2.2 dessen Arbeitskontakt (AK) eine der Netzspannungsleitungen (N, L) mit einer
Treppenlichtspeiseleitung (LL) brückt, die extern eine oder mehrere Treppenleuchten
(L1, L2) speist;
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3. die Tastensignalleitung (TL) ist, extern mit einer oder mehreren Tastschaltern (T1, T2)
jeweils bestätigt, zu einer ersten der Netzspannungsleitungen (N, L) hin verbindbar;
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4. den Netzspannungsleitungen (N, L) ist jeweils gegebenenfalls eine Reihenschaltung
39
parallel-geschaltet, die aus einer Glimmlampe (G1, G2) und einem zugehörigen
Vorwiderstand (W1, W2) gebildet ist;
5. jeweils bei einer Tastschalterbetätigung ist ein Startsignal (SS) dem
Zeitgeberschaltkreis (Z1) zugeführt;
40
6. zwischen der Tastersignalleitung (TL) und der jeweils zweiten der
Netzspannungsleitungen (L, N) ist eine Speiseschaltung (SG) der Glimmlampen (G1,
G2) angeordnet;
41
7. die Speiseschaltung (SG) besteht aus einer Brückengleichrichterschaltung (B);
42
8. der Gleichspannungsausgang (GA) der Brückengleichrichterschaltung (B) ist mit einer
elektronischen bistabilen Schaltung (BS) beschaltet;
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9. die elektronische bistabile Schaltung (BS)
44
9.1 ist immer dann in einen sehr hochohmigen Zustand geschaltet, wenn der über die
Tastersignalleitung (TL) fließende Strom einen vorgegebenen Schwellenwert
überschreitet,
45
9.2 und bildet ansonsten bis auf Durchlasswiderstände von in diesem Stromweg
befindlichen Halbleitern und Strombegrenzungswiderständen (R 15, R 16) einen
niederohmigen Stromweg;
46
10. die Zeitgeberschaltung (Z1) ist
47
10.1 retriggerbar
48
10.2 und über einen Optokoppler (ISO) angesteuert;
49
11. der Optokoppler (ISO) ist eingangsseitig von dem Gleichspannungsausgang (GA)
angesteuert.
50
Die Lösung der technischen Aufgabe besteht mithin darin, dass die Speiseschaltung
aus einer Brückengleichrichterschaltung besteht, deren Gleichspannungsausgang mit
einer elektronischen bistabilen Schaltung beschaltet ist, die immer dann in einen sehr
hochohmigen Zustand geschaltet ist, wenn der über die Tastersignalleitung fließende
Strom einen vorgegebenen Schwellenwert überschreitet, und die ansonsten bis auf
Durchlasswiderstände von in diesem Stromweg befindlichen Halbleitern und
Strombegrenzungswiderständen einen niederohmigen Stromweg bildet, und dass die
Zeitgeberschaltung retriggerbar ist und über einen Optokoppler angesteuert ist, der
eingangsseitig von dem Gleichspannungsausgang angesteuert ist (vgl. Streitpatent I,
Anlage 3 Spalte 1 Zeilen 39 ff.).
51
2. Zwischen den Parteien unstreitig macht die Ausführungsform I von der Lehre nach
den Streitpatenten wortsinngemäßen Gebrauch, so dass sich hierzu Ausführungen
erübrigen. Entgegen der Auffassung der Beklagten benutzen hingegen auch die
Ausführungsformen II und III die Lehre nach den Streitpatenten mit äquivalenten Mitteln.
52
Zwischen den Parteien im Streit stehen die Merkmale 10.2 und 11, wonach die
53
Zeitgeberschaltung (Z1) über einen Optokoppler (ISO) angesteuert ist und der
Optokoppler (ISO) eingangsseitig von dem Gleichspannungsausgang (GA) angesteuert
ist.
Der Optokoppler (ISO) ist Bestandteil der Signalentstör- und Übertragungsschaltung.
Dieses Bauteil hat primär die Aufgabe, das durch die Treppenhaustaster indizierte
Tastsignal zu entstören, so dass kein ungewollter Impuls, beispielsweise durch
statische Aufladung o.a., an die Zeitgeberschaltung erfolgt, wodurch ein Einschalten der
Treppenhausbeleuchtung durch den Leistungsschalter ausgelöst würde. Die Entstörung
erfolgt durch ein RC-Glied (R20/C1). Darüber hinaus hat die Baugruppe die Aufgabe,
die angrenzende Niederspannungsbaugruppe (bistabile Schaltung) der Glimmlampen-
Speiseschaltung vor Überspannung zu schützen, die durch Fehlschaltungen beim
Installieren von Treppenhausleuchten oder –taster hervorgerufen werden können, wie
sich anhand der Beschreibung der Streitpatente (Anlage 3 Spalte 4 Zeilen 17 ff. und
Anlage 4 Spalte 4 Zeilen 44 ff.) ergibt. Es wird ausgeführt:
54
"In den Zuleitungen der Brückengleichrichterschaltung (B) sind jeweils
spitzenstrombegrenzende Schutzwiderstände (R15, R16) eingeschaltet, die
zweckmäßig als Drahtwiderstände ausgebildet sind und dadurch eine
Sicherungsfunktion übernehmen, falls die bistabile Schaltung oder die
Brückenschaltung (B) durch einen Kurzschluß ausfallen sollten, und eine
Überstromschutzfunktion haben, wenn Hochspannungsstörspitzen netzseitig auftreten."
55
Der Spannungsschutz wird durch den erfindungsgemäßen Optokoppler erreicht, wie
zwischen den Parteien unstreitig ist, da er elektrisch isoliert von der Eingangsschaltung
mit seiner Ausgangsschaltung über einen Verstärker das Zeitglied ansteuert, welches
das Schaltrelais entsprechend seiner Schaltzeit betätigt (vgl. Streitpatent I Anlage 3
Spalte 2 Zeilen 11 bis 14 und Streitpatent II Anlage 4 Spalte 2 Zeilen 17 bis 20). Im
Übrigen lässt sich dies auch aus der nachfolgenden Textstelle, wo es im Rahmen der
Beschreibung der Erfindung heißt:
56
"Diese gesamte Schaltung ist durch den Optokoppler (ISO) von der bistabilen Schaltung
(BS) elektrisch vollständig isoliert, so dass irgendwelche Fehlschaltungen beim
Installieren von den Treppenhausleuchten oder –tastern zu keinen Schäden an der
Schaltungen führen können." (Anlage 3 Spalte 4 Zeilen 7 bis 13 bzw. Anlage 4 Spalte 4
Zeilen 34 bis 39)
57
Der Optokoppler besteht, wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, im Wesentlichen
aus einem Lichtemitter (Sender) und einem Photodetektor (Empfänger) und die
Schutzwirkung des Bauteils basiert auf dem Prinzip der galvanischen Trennung.
58
Die Ausführungsform I weist keinen Optokoppler auf, sondern eine Zenerdiode D 10,
wie sich gemäß dem Schaltplan 6 (Anlage 19) ergibt. Der Kläger hat hinsichtlich der
Verwirklichung der Merkmale 10.2 und 11 vorgetragen, dass durch den Austausch des
Optokopplers durch die Zenerdiode eine äquivalente Verletzung vorliege. Die
Zenerdiode nehme die gleiche Funktion wie der Optokoppler war. Der Optokoppler
bewirke einen Überspannungsschutz, diene somit der Schaltungssicherung. Diese
Funktion könne auch durch eine Zenerdiode (Z-Diode) wahrgenommen werden. Z-
Dioden seien Silicium Dioden mit einem scharf ausgeprägten Kennlinienknick und
steilem Verlauf der Durchbruchkennlinie. Sie würden vorzugsweise im
Durchbruchbereich für Spannungsbegrenzer und Spannungsstabilisierungsschaltungen
59
verwendet. Eine Gleichwirkung liege mithin vor.
Konkrete Einwendungen hiergegen hat die Beklagte nicht erhoben. Die Beklagte hat
insbesondere nicht konkret bestritten, dass der Zenerdiode die gleiche Wirkung
zukommt wie einem Optokoppler, was sich im Übrigen auch aus dem von dem Kläger
als Anlage 25 vorgelegten Auszug aus "Elektronik und Mikroelektronik, 2. Auflage,
1993, Seite 1139" ergibt, wo beschrieben ist, dass die Zenerdiode der
Spannungsbegrenzung dient.
60
Die Beklagte hat eingewandt, dass es auch die Funktion des Optokopplers sei
elektrisch isolierend zu sein. Dies ergibt sich jedoch nicht anhand der Lehre nach den
Streitpatenten. Die elektrische Isolierung bewirkt die erfindungsgemäße Funktion des
Optokopplers, den Schaltungsschutz. Dies erfolgt nach dem Prinzip der galvanischen
Trennung. Diese technische Wirkung – elektrische Isolation – hat jedoch nicht zur
Folge, dass ein Austausch des Bauteils Optokoppler nur durch ein Bauteil erfolgen
kann, welches auch elektrisch isolierend ist. Von Bedeutung ist für die Verwirklichung
der Lehre nach den Streitpatentes lediglich, dass ein Spannungsschutz erreicht wird.
Wie dies erreicht wird, ist im Rahmen der äquivalenten Verletzung nicht von Relevanz.
61
Die Beklagte hat weiterhin eingewandt, dass die bei der angegriffenen Ausführungsform
II getroffenen Abwandlungen bei Einsatz einer Optokopplerschaltung nicht
funktionsfähig wären. Dies steht einer Gleichwirkung jedoch nicht entgegen, da es das
Wesen des Ersatzmittels ist anstelle des patentgemäßen Mittels wirksam zu sein. Auf
die Frage der Beibehaltung der ursprünglichen Maßnahme kommt es mithin nicht an. Im
Übrigen betreffen die von der Beklagten vorgenommenen Abwandlungen keine
Merkmale des Patentanspruches 1 und bleiben somit für die Frage der Benutzung des
Klagepatentes außer Betracht.
62
Soweit die Beklagte weiterhin Messungen (Anlage B 10, 10a, 10b und 10d) vorgelegt
hat, aus denen sich ergeben soll, dass eine Gleichwirkung nicht vorliege, ist dies nicht
nachvollziehbar. Der Kläger hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Messungen an
unterschiedlichen Messpunkten durchgeführt wurden. Im Übrigen wird dadurch nicht in
Abrede gestellt, dass das Austauschmittel Zenerdiode die gleiche Funktion wie ein
Optokoppler wahrnimmt, mithin die Zeitgeberschaltung, die eine
Niederdruckvoltspannung aufweist, vor der Netzspannung – bei Tasterbetätigung – zu
schützen.
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Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für die Ausführungsform III (Schaltplan 7
Anlage 20), bei welcher der Optokoppler durch einen hochohmigen Widerstand R8,
bestehend aus dem Widerstand R7 und dem diesen parallel geschalteten Kondensator
C6 als Spannungsteiler ersetzt wurde. Auch diesbezüglich hat der Kläger konkret
dargetan, dass eine Gleichwirkung vorliege, da auch der hochohmige Widerstand einen
Spannungsschutz bewirke, was von der Beklagten nicht mit patentrechtlich relevanten
Argumenten bestritten wurde.
64
Die Austauschmittel Zenerdiode und hochohmiger Widerstand waren auch für einen
Fachmann anhand von Überlegungen ausgerichtet am Sinngehalt der in den
Schutzansprüchen beschriebenen Lehre, mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die
Lösung des der Erfindung zu Grunde liegenden Problems gleichwirkend auffindbar
konnte (vgl. BGH, GRUR 2002, 515, 517 – Schneidmesser I m.w.N. aus der Rspr.). Der
Kläger hat vorgetragen, dass dem Fachmann zum Prioritäts- bzw. Anmeldezeitpunkt
65
bekannt war, dass sowohl eine Zenerdiode als auch ein hochohmiger Widerstand einen
Spannungsschutz bewirken, wie sich für die Zenerdiode aus dem als Anlage 25
vorgelegten Auszug aus "Elektronik und Mikroelektronik" ergibt. Dass die Funktion für
die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre dem Optokoppler zukommt, ergibt
sich für einen Fachmann anhand der vorstehend angeführten Beschreibungsstellen.
Hiervon ausgehend war es für einen Fachmann ohne Weiteres möglich, das Bauteil des
Optokopplers durch Bauteile zu ersetzen, welche die gleiche Funktion wahrnehmen.
Konkrete Einwendungen hiergegen hat die Beklagte nicht erhoben. Sie hat lediglich
dargetan, dass der Fachmann als Alternative zu einem Optokoppler einen Transformator
oder einen Kondensator wählen würde. Damit hat sie hingegen nicht konkret in Abrede
gestellt, dass er auch eine Zenerdiode oder einen hochohmigen Widerstand in Betracht
ziehen würde.
66
3. Der Auskunftsanspruch ist in dem geltend gemachten Umfang vom 1.1.1994 bis
31.12.1994 sowie 1.1.1998 bis 21.11.2002 gemäß Klageantrag I. begründet.
Hinsichtlich der Begründung zur Auskunftserteilung für das Jahr 1994 ist anzuführen,
dass eine Vergütungspflicht bereits dann entsteht, wenn der Arbeitnehmer die Erfindung
ordnungsgemäß meldet, eine Inanspruchnahmeerklärung durch den Arbeitgeber erfolgt
und eine Aufnahme der Benutzung erfolgt. Eine solche Benutzung hat die Beklagte
unstreitig auch schon im Jahre 1994 getätigt. Eine Erfüllung der Auskunftsverpflichtung
durch die in der Klageerwiderung vom 7. Juli 2004 gemachten Angaben zu Stückzahlen
ist nicht eingetreten. Denn die Beklagte hat keine Angaben zu den Liefermengen,
Lieferzeiten, Lieferpreisen und Typenbezeichnungen gemacht. Entsprechend ist es dem
Kläger nicht möglich die Richtigkeit der erteilten Auskünfte zu überprüfen.
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II. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 108, 709 Satz 1
ZPO.
68
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
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Der Antrag der Beklagten, ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung abzuwenden, ist nicht begründet, weil die tatbestandlichen
Voraussetzungen des § 712 ZPO weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden sind.
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Streitwert 1. Stufe: 2.000,- €
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