Urteil des LG Düsseldorf vom 08.07.2004
LG Düsseldorf: ohne aussicht auf erfolg, stand der technik, angemessene entschädigung, abhängigkeit, verspätung, ausdehnung, verzicht, rechnungslegung, gewinnung, sicherheitsleistung
Landgericht Düsseldorf, 4a O 303/03
Datum:
08.07.2004
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 303/03
Tenor:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
zwangsweise durchzusetzenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und
selbstschuldneri-sche Bürgschaft einer in der Europäischen Union
ansässigen, als Zoll- und Steuer-bürgin zugelassenen Bank oder
Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 21. Januar 1988 angemeldeten
deutschen Patents xxxxxxxxx (Anlage D-K 1, nachfolgend: Klagepatent), dessen
Anmeldung am 3. August 1989 offengelegt und dessen Erteilung am 11. Oktober 1990
veröffentlicht worden ist.
2
Das Klagepatent steht in Kraft.
3
Es betrifft eine Folgesteuerung für hydraulischen Schreitausbau.
4
Wegen Verletzung des Klagepatents nimmt die Klägerin die Beklagten auf
Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der
Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht in Anspruch.
5
Der Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
6
Folgesteuerung für hydraulischen Schreitausbau in einem Hochleistungsstreb mit
elektrohydraulischen Steuervorrichtungen für den selbsttätigen Ablauf von Rauben,
Schreiten, Setzen bei den Ausbaueinheiten, die dem Standort der
Gewinnungsmaschine folgend durch jeweils eine Taste betätigt werden, wobei das
Hangende während des Ablaufs von mindestens jeder zweiten Ausbaueinheit
unterstützt ist, dadurch gekennzeichnet, dass hinter der Gewinnungsmaschine eine in
ihrer Ausdehnung von der Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine
beeinflussbare Ablaufzone gebildet wird, in der einzelne Ausbauarbeiten in
kontinuierlicher Folge und wechselseitiger Abhängigkeit voneinander den Ablauf
gleichzeitig ausführen.
7
Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung stammt aus der Klagepatentschrift und
dient zur Erläuterung der Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels. Sie zeigt in
einem Ablaufschema zwölf aufeinanderfolgende Betriebszustände in einem
Hochleistungsstreb.
8
Über das Klagepatent und andere Schutzrechte der Klägerin kam es in der
Vergangenheit zwischen den Parteien zum Streit. Zur Beseitigung dieser
Auseinandersetzungen heißt es in einem an die Beklagte zu 1. gerichteten Schreiben
der Klägerin vom 5. Dezember 2000 (Anlage B2):
9
...
10
bezüglich nachfolgender DBT-Schutzrechte gab es zwischen unseren Häusern
Meinungsverschiedenheiten, die in folgender Form mehr oder weniger ausgeräumt sind:
11
...
12
xxxxxxxxxx83 "Ablauffolge"
13
Hier hatten Sie glaubhaft eine interne Vorbenutzung geltend gemacht und DBT wird auf
Klageerhebung verzichten.
14
...
15
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, ist auf eine Anfrage
vom 29. Januar 2003 (Anlage D-K 10) von der xxx AG mit der Lieferung von
elektrohydraulischen Steuerungen für den Steinkohleabbau in dem Bergwerk Auguste
Viktoria, Schacht 3/7 in Marl beauftragt worden. Zu den elektrohydraulischen
Steuerungen hat die Klägerin neben einem Anforderungskatalog (Anlage D-K 10), ein
Lastenheft (Anlage D-K 11) und ein Pflichtenheft (Anlage D-K 12) vorgelegt, auf die
Bezug genommen wird.
16
Die Klägerin sieht in dieser von ihr angegriffenen Ausführungsform eine mittelbare
wortlautgemäße Verletzung des Klagepatents.
17
Die Klägerin hat von den Beklagten ursprünglich unter anderem Unterlassung mit der
Maßgabe verlangt, dass diese nur dann dazu berechtigt sind, die angegriffene
Ausführungsform zu liefern, wenn sie ihre Abnehmer dazu verpflichten, für den Fall einer
ungenehmigten Benutzung des Klagepatents eine Vertragsstrafe an die Klägerin zu
18
zahlen.
In der Sitzung vom 3. Juni 2003 hat die Klägerin die Maßgabe unter Zustimmung durch
die Beklagten zurückgenommen.
19
Die Klägerin beantragt nunmehr,
20
die Beklagten zu verurteilen,
21
1.
22
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu
insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
23
elektrohydraulische Steuervorrichtungen, die für Folgesteuerungen für hydraulischen
Schreitausbau in einem Hochleistungsstreb für den selbsttätigen Ablauf von Rauben,
Schreiten, Setzen bei den Ausbaueinheiten geeignet und bestimmt sind, die dem
Standort der Gewinnungsmaschine folgend durch jeweils eine Taste betätigt werden,
wobei das Hangende während des Ablaufs von mindestens jeder zweiten
Ausbaueinheit unterstützt ist,
24
anzubieten und/oder zu liefern,
25
bei denen hinter der Gewinnungsmaschine eine in ihrer Ausdehnung von der
Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine beeinflussbare Ablaufzone gebildet
wird, in der einzelne Ausbaueinheiten in kontinuierlicher Folge und wechselseitiger
Abhängigkeit voneinander den Ablauf gleichzeitig ausführen,
26
ohne im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass
die elektrohydraulische Steuerung nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin
des deutschen Patents xxxxxxxxx für eine oben beschriebene Folgesteuerung
verwendet werden darf;
27
2.
28
ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I.1. bezeichneten
Handlungen seit dem 3. September 1989 begangen haben, und zwar unter Angabe
29
a) der Herstellungsmengen und -zeiten und/ oder der Menge der erhaltenen oder
bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten
und anderer Vorbesitzer,
30
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen
unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der
Abnehmer,
31
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen
unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger,
32
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe,
Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
33
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und
des erzielten Gewinns,
34
wobei
35
- sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf
Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober
1990 bestehenden Grenzen beschränkt;
36
- vom Beklagten zu 2. sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die Angaben zu e)
nur für die Zeit seit dem 11. November 1990 zu machen sind;
37
- die Angaben zu a) nur für die Zeit seit dem 1. Juli 1990 zu erteilen sind;
38
II.
39
festzustellen,
40
1.
41
dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, ihr für die zu I.1 bezeichneten, in der Zeit vom 3.
September 1989 bis zum 10. November 1990 begangenen Handlungen eine
angemessene Entschädigung zu zahlen;
42
2.
43
dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu
ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 11. November 1990
begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
44
Die Beklagten beantragen,
45
die Klage abzuweisen;
46
hilfsweise,
47
ihnen für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl
vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Empfänger von
Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur
Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer
mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen, der Klägerin darüber
Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein
bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfängerin der Rechnung
enthalten ist;
48
weiter hilfsweise,
49
ihnen zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch durch
Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine
Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.
50
Sie wenden ein, die Klage sei mit Rücksicht auf den von der Klägerin mit Schreiben
vom 5. Dezember 2000 erklärten Verzicht unzulässig.
51
Zur Verletzungsfrage machen sie geltend, entgegen der Lehre des Klagepatents sei die
angegriffene Ausführungsform nicht darauf festgelegt, dass innerhalb der Ablaufzone
jeweils genau jedes erste, dritte, fünfte, etc. Ausbaugestell den Ablauf beginnt. Es sei
nicht zwingend, dass an dem innerhalb der Ablaufzone walzennächsten Ausbaugestell
der Ablauf zuletzt in Gang gesetzt werde.
52
Hilfsweise berufen sie sich unter Hinweis auf 173 an die xx GmbH gelieferte und unter
dem 26. Juni 1987 abgerechnete (Anlagen B3 bis B8) Einzelsteuergeräte vom Typ pm2
auf ein Vorbenutzungsrecht.
53
Schließlich berufen sie sich auf die Einrede der Verjährung.
54
Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.
55
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug
genommen.
56
Entscheidungsgründe:
57
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
58
I.
59
Gegen die Zulässigkeit der vorliegenden Klage wenden die Beklagten ohne Erfolg das
Schreiben vom 5. Dezember 2000 (Anlage B2) ein, in dem ihnen von der Klägerin durch
den Leiter von deren Patentabteilung mitgeteilt worden ist, sie hätten gegenüber dem
Klagepatent ein internes Vorbenutzungsrecht glaubhaft gemacht, so dass die Klägerin
auf eine Klageerhebung verzichten werde.
60
Entgegen dem durch die Beklagten geltend gemachten Verständnis enthält das
Schreiben keine prozessrechtlich relevante Stillhaltezusage im Sinne eines pactum de
non petendo.
61
Eine solche Zusage setzt den rechtsgeschäftlichen Willen voraus, auf den bezeichneten
Gegenstand verzichten zu wollen. An die Feststellung eines solchen Willens sind
strenge Anforderungen zu stellen. Nach dem Erfahrungssatz ist ein Erlass nicht zu
vermuten und im Zweifelsfall eng auszulegen (BGH, NJW 1984, 1346, BGH, NJW 1996,
588; BGH, NJW-RR 2000, 130). In entsprechender Weise gilt für die Übertragung von
Schutzrechten, dass der Veräußernde im Zweifel nur so viel veräußern will, wie es für
den mit dem Vertrag verfolgten Zweck erforderlich ist (sog. Zweckübertragungstheorie,
vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 15 PatG, Rz. 19).
62
Ähnliches gilt für das Schreiben der Klägerin vom 5. Dezember 2000.
63
Für die Klägerin hat es zum damaligen Zeitpunkt keinen Grund gegeben, ihr Klagerecht
aus dem Klagepatent dauerhaft gegenüber den Beklagten aufzugeben. In der Erklärung
vom 5. Dezember 2000 findet sich lediglich die damalige Einschätzung durch den Leiter
der Patentabteilung der Klägerin wieder, dass ein klageweises Vorgehen gegen die
Beklagte ohne Aussicht auf Erfolg sei, weil die Beklagte glaubhaft eine interne
Vorbenutzung geltend gemacht habe. Für die Klägerin bestand kein Anlass, über diese
Einschätzung hinausgehend auf die Möglichkeit einer Klageerhebung rechtsverbindlich
zu verzichten. Ein solcher Verzicht mag nahegelegen haben bei einer allumfassenden
Regelung der zwischen den Parteien bestehenden Streitigkeiten. Zu einer solchen
Übereinkunft ist es nicht gekommen. So zeigt denn auch das weitere Verhalten der
Beklagten, die mit Schreiben vom 10. und 26. November 2002 (Anlagen D-K 15 und D-
K 20) die kontrovers geführte Diskussion zur Frage einer Verletzung u.a. des
Klagepatents fortgesetzt haben, dass sie selbst von dem Zustandekommen eines
Stillhalteabkommens nicht ausgegangen sind. Dieses spätere Verhalten kann für die
Auslegung einer möglichen Verzichtserklärung von Bedeutung sein (BGH, NJW 1988,
2878; BGH, NJW-RR 1989, 199; BGH, NJW-RR 1998, 256).
64
Selbst wenn die vorstehend bezeichnete Erklärung einen rechtsverbindlichen Verzicht
enthalten hätte, würde dies der vorliegenden Klage nicht entgegenstehen, weil nicht zu
ersehen ist, dass der Verzicht von der Klägerin im Hinblick auf die angegriffene
Ausführungsform erklärt worden ist. Bei verständiger Würdigung lässt sich der Inhalt des
Schreibens vom 5. Dezember 2000 allein auf die gerichtliche Klärung von zum
damaligen Zeitpunkt zwischen den Parteien bereits bestehenden Streitigkeiten
beziehen. Ihre vorliegend geltend gemachten Ansprüche indes leitet die Klägerin nicht
aus solchen Tatbeständen, sondern aus dem den Beklagten erst 2003 und somit lange
nach dem Schreiben vom 5. Dezember 2000 durch die xxx AG zuteil gewordenen
Zuschlag für die elektrohydraulischen Steuerungen in dem Bergwerg Auguste Viktoria
in Marl her.
65
II.
66
In der Sache hat die Klage allerdings keinen Erfolg.
67
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung,
Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- und
Schadensersatzpflicht nach den §§ 10 Abs. 1, 14, 33 Abs. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140b
Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259, 421, 840 BGB nicht zu. Denn die angegriffene
Ausführungsform ist nicht dazu geeignet und dazu bestimmt, von der Lehre des
Klagepatents Gebrauch zu machen.
68
1.
69
Das Klagepatent betrifft eine Folgesteuerung für hydraulischen Schreitausbau in einem
Hochleistungsstreb mit elektrohydraulischen Steuervorrichtungen für den selbsttätigen
Ablauf von Rauben, Schreiten und Setzen bei den Ausbaueinheiten, die dem Standort
der Gewinnungsmaschine folgend jeweils durch eine Taste betätigt werden, wobei das
Hangende während des Ablaufs von mindestens jeder zweiten Ausbaueinheit
unterstützt ist.
70
Wie das Klagepatent in seinem allgemeinen Beschreibungsteil einleitend ausführt, ist
71
es für eine optimale Hangendabstützung bei einem Schrämbetrieb in einem
Hochleistungsstreb erwünscht, dass der Ausbau ohne Verspätung unmittelbar nach der
Gewinnungsmaschine vorschreitet. Dies wird ermöglicht, wenn der Ausbau nach dem
Schritt-Zurück-System zu Beginn des Gewinnungsschnittes um einen Schritt hinter dem
Förderer zurücksteht. In der Vorzone vor der Gewinnungsmaschine sind dann ebenso
wie in der nachfolgenden Maschinenzone die am Förderer angeschlagenen
Schreitzylinder der Ausbaueinheiten drucklos. Hinter der Gewinnungsmaschine läuft
nacheinander das Schreiten der Ausbaueinheiten ab. Es folgt eine sog.
Sicherheitszone, in der die Schreitzylinder der Ausbaueinheiten ebenfalls nicht auf
Förderer-Rücken gestellt werden, um die Gewinnungsarbeit nicht zu behindern. Als
letzte folgt die Zone Förderer-Rücken, in der die Schreitzylinder der vorgezogenen
Ausbaueinheiten ausfahren und den Förderer um das freigelegte Feld an den
Abbaustoß heranrücken.
Bei den bekannten Ausbausteuerungen erfolgt der selbsttätige Ablauf von Rauben
(Entlasten des Ausbaus auf der Versatzseite, um ihn nach dem Schreiten neu zu
setzen), Schreiten und Setzen nacheinander in jeder Ausbaueinheit, wobei immer nur
eine Ausbaueinheit den Ablauf durchführt.
72
Hierzu nimmt das Klagepatent auf den Beitrag von Dr. Ing. xxx "Automatisierung des
Strebausbaus zur besseren Pflege des Hangenden" in der Zeitschrift Glückauf 101,
Seiten 860-867 (Anlage D-K 16) Bezug, der eine elektrohydraulische Ausbausteuerung
beschreibt, bei der der Ausbau in mehrere Gruppen eingeteilt ist, die auf breiter Front
unabhängig voneinander gleichzeitig vorschreiten. Innerhalb einer Gruppe wird jedoch
stets nur eine Ausbaueinheit bewegt. Um Ausbauverspätungen zu vermeiden, werden
kurze Schritte in relativ schneller Zeitfolge ausgeführt, was allerdings den Zustand des
Hangenden auf die Dauer wesentlich verschlechtert. Da vor dem Schreiten zunächst ein
Feld auf breiter Front freigelegt ist, kann der Ausbau der Gewinnungsmaschine nicht
unmittelbar, sondern nur mit Verspätung folgen.
73
Das Klagepatent erwähnt sodann die elektrohydraulische Ausbausteuerung für
untertägige Gewinnungsbetriebe nach dem deutschen Patent xxxxxxxxxx (Anlage D-K
7), bei der der Ablauf der Steuervorgänge Rauben, Schreiten, Setzen innerhalb einer
Gruppe über einen Wahlschalter am Steuergerät jeder beliebigen Ausbaueinheit im
Streb ausgelöst werden kann. Eine Gruppe umfasst eine vorbestimmte Anzahl von
Ausbaueinheiten ohne feste Gruppenzuordnung, die an beliebigen Ausbaueinheiten
durch Betätigung des Wahlschalters gebildet und in Gang gesetzt werden kann,
nachdem der Ablauf in der vorausgehenden Gruppe abgeschlossen ist. Der Ablauf der
Steuervorgänge vollzieht sich innerhalb der Gruppe in der vorgegebenen Reihenfolge
der nebeneinander angeordneten Ausbaueinheiten, ohne dass eine Beeinflussung
durch die Gewinnungsmaschine erfolgt.
74
Aus dem deutschen Patent xxxxxxxxxxx (Anlage D-K 8) ist eine Steuerung für einzeln
oder gruppenweise gesteuerte Ausbaueinheiten bekannt, dessen Rechnerprogramm es
ermöglicht, dass ganze Gestellgruppen zur gleichen Zeit gleiche Steuerbewegungen
ausführen, wobei die Kohlestoßspreizen oder die Rückzylinder einer Gruppe
gleichzeitig betätigt sowie mehrere Ausbaueinheiten gleichzeitig entspannt und danach
wieder gesetzt werden. Die Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine nimmt
keinen Einfluss auf die Ausbausteuerung.
75
Wie das Klagepatent in seinem allgemeinen Beschreibungsteil weiter ausführt, ist die
76
Schnittgeschwindigkeit moderner Gewinnungsmaschinen zwischenzeitlich so hoch,
dass der Ausbau kaum mehr folgen kann und daher hinter der Maschine zurückbleibt.
Verschiedene hydraulisch bedingte Faktoren, insbesondere die Nenngrößen der Ventile
begrenzen den Zeitablauf des Schreitvorganges im Ausbau. Die Zeit von 10 Sekunden
für den Ablauf in einer 1,5 m breiten Ausbaueinheit reicht schon nicht mehr aus, um
einer Schrämmaschine mit einer Schnittgeschwindigkeit von 10 m / Minute zu folgen.
Höhere Schnittgeschwindigkeiten führen zwangsläufig zu einer Vergrößerung der
freigelegten, unverbauten Hangendfläche. Die Gewinnungsmaschine ist anzuhalten, um
die durch Ausbauverspätung entstehenden Nachteile für den gesamten Strebbereich zu
vermeiden.
Hiervon ausgehend liegt dem Klagepatent das technische Problem (die Aufgabe)
zugrunde, bei einer elektrohydraulischen Folgesteuerung die Schrittfolge der
Ausbaueinheiten an die Gewinnung in der Weise anzupassen, dass der Ausbau ohne
Verspätung und ohne die notwendige Sicherung des Hangenden zu beeinträchtigen der
Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine folgen kann.
77
Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 eine
Steuerung mit folgenden Merkmalen vor:
78
1.
79
Es handelt sich um eine Folgesteuerung für hydraulischen Schreitausbau in einem
Hochleistungsstreb mit elektrohydraulischen Steuervorrichtungen für den selbsttätigen
Ablauf von Rauben, Schreiten, Setzen bei den Ausbaueinheiten;
80
2.
81
die Ausbaueinheiten werden dem Standort der Gewinnungsmaschine folgend durch
jeweils eine Taste
82
betätigt;
83
3.
84
das Hangende ist während des Ablaufs von mindestens jeder zweiten Ausbaueinheit
unterstützt;
85
4.
86
hinter der Gewinnungsmaschine wird eine in ihrer Ausdehnung von der
Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine beeinflussbare Ablaufzone gebildet;
87
5.
88
in der Ablaufzone führen einzelne Ausbaueinheiten in kontinuierlicher Folge und
wechselseitiger Abhängigkeit voneinander den Ablauf gleichzeitig aus.
89
Bei der erfindungsgemäßen Steuerung - so das Klagepatent in seiner allgemeinen
Beschreibung weiter - erfolgt der Ablauf des Schreitens in einer sich an die
Maschinenzone anschließenden Ablaufzone, in der einzelne Ausbaueinheiten auch
90
gleichzeitig vorschreiten können, wenn dies die Schnittgeschwindigkeit der
vorauseilenden Gewinnungsmaschine erforderlich werden lässt. Die Ausdehnung der
Ablaufzone richtet sich nach dem Standort der Gewinnungsmaschine, der mit der Taste
eingegeben wird. Sie erstreckt sich bis zu der nachfolgenden Sicherheitszone, in der die
Ausbaueinheiten vorgezogen und gesetzt, die Schreitzylinder jedoch noch nicht auf
Förderer-Rücken gestellt sind.
Die Ausbaueinheiten schreiten zunächst solange einzeln nacheinander vor, wie der
Ablauf mit der Gewinnungsmaschine Schritt hält. Eine mehrere Ausbaueinheiten
umfassende Ablaufzone wird erst dann gebildet, wenn der Abstand zwischen der
Gewinnungsmaschine und dem zurückstehenden Ausbau zunehmend größer wird und
der Ausbau hinter der Gewinnungsmaschine zurückzubleiben droht. Mit dem
gleichzeitigen Ablauf von mehreren Ausbaueinheiten wird das während der Gewinnung
freigelegte Feld ohne Verspätung zugebaut. Während des gleichzeitigen Ablaufs ist
sichergestellt, dass das Hangende durch mindestens jede zweite Ausbaueinheit
unterstützt und gesichert ist.
91
Mit der Betätigung der Taste wird der Ablauf bei jeder zweiten Ausbaueinheit innerhalb
der Ablaufzone ausgelöst, sofern beide benachbarten Ausbaueinheiten gesetzt sind.
92
2.
93
Die angegriffene Ausführungsform ist nicht dazu geeignet und auch nicht dazu
bestimmt, von dem Merkmal 5 des Klagepatents Gebrauch zu machen.
94
Das Merkmal 5 schreibt vor, wie die Ausbaueinheiten den Ablauf innerhalb der in dem
Merkmal 4 näher bezeichneten Ablaufzone auszuführen haben:
95
Der Ablauf soll durch einzelne in der Ablaufzone befindliche Ausbaueinheiten in
kontinuierlicher Folge, wechselseitiger Abhängigkeit voneinander und gleichzeitig
erfolgen.
96
Durch die Vorgabe, einzelne der in der Ablaufzone befindlichen Ausbaueinheiten den
Ablauf gleichzeitig ausführen zu lassen, grenzt sich das Klagepatent von dem aus der
Veröffentlichung "Automatisierung des Strebbaus zur besseren Pflege des Hangenden",
Glückauf 101, S. 860 (Anlage D-K 16) ab. Bei der dort beschriebenen Ausbausteuerung
ist der Ausbau in mehrere Gruppen eingeteilt, die auf breiter Front unabhängig
voneinander vorschreiten. Innerhalb einer Gruppe wird jedoch stets nur eine
Ausbaueinheit bewegt. Um Ausbauverspätungen zu vermeiden, werden kurze Schritte
in relativ schneller Zeitfolge ausgeführt, was den Nachteil hat, dass sich der Zustand
des Hangenden auf die Dauer wesentlich verschlechtert (Anlage D-K 1, Spalte 1, Zeilen
42 bis 50).
97
Wie das Klagepatent in seinem allgemeinen Beschreibungsteil zum Stand der Technik
weiter ausführt, ist die Schnittgeschwindigkeit moderner Gewinnungsmaschinen
zwischenzeitlich so hoch, dass der Ausbau kaum mehr folgen kann und hinter der
Maschine zurückbleibt. Höhere Schnittgeschwindigkeiten führen zu einer Vergrößerung
der freigelegten unverbauten Hangendfläche, mit der Folge, dass die
Gewinnungsmaschine anzuhalten ist, um die durch die Ausbauverspätung
entstehenden Nachteile für den gesamten Strebbereich zu vermeiden (Anlage D-K 1,
Spalte 2, Zeilen 20 bis 34).
98
Einer Vergrößerung der freigelegten unverbauten Hangendfläche will das Klagepatent
durch die Bildung einer von der Schnittgeschwindigkeit der Gewinnungsmaschine
beeinflussbaren Ablaufzone vorbeugen, innerhalb der einzelne Ausbaueinheiten den
Ablauf gleichzeitig ausführen. Hierzu hebt das Klagepatent in seinen Vorteilsangaben
hervor, der Ablauf des Schreitens erfolge in einer sich an die Maschinenzone
anschließenden Ablaufzone, in der einzelne Ausbaueinheiten auch gleichzeitig
vorschreiten können, wenn dies die Schnittgeschwindigkeit der vorauseilenden
Gewinnungsmaschine erforderlich werden lässt. Die Ausbauarbeiten schreiten zunächst
einzeln nacheinander vor, wie der Ablauf mit der Gewinnung Schritt hält. Eine mehrere
Ausbaueinheiten umfassende Ablaufzone wird erst dann gebildet, wenn der Abstand
zwischen der Gewinnungsmaschine und dem zurückstehenden Ausbau zunehmend
größer wird und der Ausbau hinter der Gewinnungsmaschine zurückzubleiben droht. Mit
dem gleichzeitigen Ablauf von mehreren Ausbaueinheiten wird das während der
Gewinnung freigelegte Feld ohne Verspätung zugebaut (Anlage D-K1, Spalte 2, Zeilen
46 bis 51 und Zeilen 58 bis 67).
99
Indem das Merkmal 5 weiter anordnet, dass die Ausbaueinheiten den Ablauf in
wechselseitiger Abhängigkeit voneinander durchführen, trägt das Klagepatent einer in
seinem Merkmal 3 gesondert hervorgehobenen allgemeinen bergbautechnischen Regel
Rechnung, nach der benachbarte Ausbaueinheiten den Schreitvorgang nicht zeitgleich
ausführen sollen. Aus Gründen der Einsturzsicherung soll das Hangende zumindest von
jeder zweiten Ausbaueinheit unterstützt und gesichert werden (Anlage D-K1, Spalte 2,
Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 2).
100
Die technische Bedeutung der in dem Merkmal 5 schließlich erhaltenen Vorgabe, nach
der einzelne der Ausbaueinheiten den Ablauf in kontinuierlicher Folge ausführen sollen,
wird in den Vorteilsangaben zu der beanspruchten Lehre erläutert, in denen es heißt,
dass mit der Betätigung der Taste der Ablauf bei jeder zweiten Ausbaueinheit innerhalb
der Ablaufzone ausgelöst wird, sofern beide benachbarten Ausbaueinheiten gesetzt
sind (Anlage D-K1, Spalte 3, Zeilen 3 bis 6).
101
Mit diesem Beschreibungsteil stellt das Klagepatent zum Merkmal des von den
Ausbaueinheiten in kontinuierlicher Folge auszuführenden Ablaufs klar, dass der
beanspruchten Lehre ein streng arithmetisches Verständnis zugrunde liegt, nach dem
die erste, dritte, fünfte, etc. in der Ablaufzone befindliche Ausbaueinheit gemeinsam mit
dem Ablauf beginnen können, wenn die beiden jeweils benachbarten Einheiten gesetzt
sind.
102
Eine andere Betrachtungsweise erschließt sich dem Fachmann nicht aus dem in der
Klagepatentschrift enthaltenen Ausführungsbeispiel. Zwar ist in der Figur 8 des
Ausführungsbeispiels ein Betriebszustand in einem Hochleistungsstreb dargestellt, bei
dem der Ablauf durch die von rechts gesehen neunte und zwölfte Ausbaueinheit
ausgeführt wird, wobei die zehnte Ausbaueinheit gesetzt ist und sich zudem die neunte
Ausbaueinheit auf Förderer-Rücken befindet, mit der Folge, dass auch für sie der Ablauf
gesperrt ist. Zur Lehre des Klagepatents geben die Zeichnungen keinen sicheren
Aufschluss, weil hierin Betriebszustände wiedergegeben sind, die aus technischer Sicht
mit der erfindungsgemäßen Lehre unvereinbar sind. So soll nach der Figur 5 die von
rechts gesehen sechste Ausbaueinheit einen Ablauf durchführen, während sie sich in
dem darauffolgenden durch die Figur 6 dargestellten Betriebszustand erst in einer
Warteposition vor Ausführung des Ablaufs befindet. Warum in der Figur 8 entgegen
103
allen anderen zeichnerischen Darstellungen kein Betriebszustand mit einen streng
arithmetisch ausgeführten Ablauf dargestellt ist, wird durch das Klagepatent nicht
erläutert. Dies vermochte auch die Klägerin nicht sinnvoll zu erklären.
Mit der angegriffenen Ausführungsform wird das Rauben, Schreiten und Setzen der in
der Ablaufzone befindlichen Ausbaueinheiten so gesteuert, dass einzelne
Ausbaueinheiten den Ablauf gleichzeitig und unter Beachtung der bergbautechnischen
Regel, nach der das Hangende von zumindest jeder zweiten Ausbaueinheit gesichert
wird, ausführen. Unter den einzelnen Ausbaueinheiten findet der Ablauf nicht nach
streng arithmetischen Grundsätzen in der Weise statt, dass die erste, dritte, fünfte, etc.
Ausbaueinheit den Ablauf durchzuführen vermögen, während die beiden zu ihnen
benachbarten Einheiten jeweils gesetzt sind. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist
es auch möglich, dass die zweite und fünfte Ausbaueinheit einen Ablauf durchführen,
während das Hangende von der ersten, dritten, vierten und sechsten Ausbaueinheit
gestützt wird.
104
Die in der Ablaufzone befindlichen Ausbaueinheiten führen den Ablauf nicht in
kontinuierlicher Folge aus, so dass die angegriffene Ausführungsform nicht dazu
geeignet und dazu bestimmt ist, von dem Merkmal 5 des Klagepatents Gebrauch zu
machen.
105
III.
106
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.
107
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 198 ZPO.
108
IV.
109
Der Streitwert wird auf 500.000,00 Euro festgesetzt.
110