Urteil des LG Düsseldorf vom 11.01.2007

LG Düsseldorf: dvd, video, beherrschende stellung, unternehmen, lizenznehmer, lizenzgebühr, comfort letter, vergleich, produktion, lizenzvertrag

Landgericht Düsseldorf, 4a O 343/05
Datum:
11.01.2007
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 343/05
Tenor:
I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen
Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im
Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, im deutschen
territorialen Geltungsbereich des X zu unterlassen,
DVD-ROMs anzubieten und/oder zu liefern, die für Verfahren zum
Übertragen von Fernsehbildsequenzen mittels eines Datenstroms über
einen Übertragungskanal mit begrenzter Übertragungskapazität sowie
zum Wiedergeben der Fernsehbildsequenzen geeignet und bestimmt
sind, wobei senderseitig vorhandene Fernsehbildsequenzen teilweise
beim Übertragen ausgelassen werden und wobei empfängerseitig eine
Rekonstruktion einer beim Übertragen ausgelassenen
Fernsehbildsequenz derart vorgenommen wird, dass die
empfängerseitige Rekonstruktion einer ausgelassenen
Fernsehbildsequenz aus einer zuvor übertragenen Fernsehbildsequenz
und einem übertragenen Signal erfolgt, das eine Information über die
Verschiebung eines Teilbildbereiches zwischen einer übertragenen und
einer ausgelassenen Fernsehbildsequenz enthält, dass bei
Teilbildbereichen, für die der senderseitige Vergleich zwischen
ausgelassener Fernsehbildsequenz und aufgrund der Information über
die Verschiebung gebildeter Fernsehbildsequenz keine
Übereinstimmung ergibt, kein Signal mit der Information über eine
Verschiebung eines Teilbildbereichs übertragen wird, sondern jeweils
bildpunktabhängige Informationen für diesen Teilbildbereich in den
übertragenen Datenstrom eingefügt werden;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die
Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 10. Mai 1991
begangen haben, und zwar unter Angabe,
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der
Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer
Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -
zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie
der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -
zeiten und –preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie
der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagen-höhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den
Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei
denn, diese könnten den unter I. 1. bezeichneten Gegenständen
unmittelbar zugeordnet werden,
wobei
- sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai
1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in
den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt,
- den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht
gewerbli-chen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin
einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur
Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer
mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn
ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage
mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in
der Aufstellung enthalten ist.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin als
Gesamt-schuldner allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die
vorstehend zu I. 1. bezeich-neten, seit dem 10. Mai 1991 begangenen
Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als
Gesamtschuldnern zu 90 % und der Klägerin zu 10 % auferlegt.
IV.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
2.500.000,-- Euro und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, Sicherheit auch durch die unbedingte
und selbst-schuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik
Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder
Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand
1
Die Klägerin, ein Unternehmen auf dem Gebiet der Automobilelektronik, ist
eingetragene Inhaberin des europäischen Patents X (Klagepatent), welches ein
Verfahren zum Übertragen und zum Wiedergeben von Fernsehbildsequenzen betrifft.
Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom
16.2.1987 am 11.12.1987 angemeldet. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am
24.08.1988. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 10.4.1991 bekannt gemacht.
2
Anspruch 1 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, hat folgenden
Wortlaut:
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"Verfahren zum Übertragen von Fernsehbildsequenzen mittels eines Datenstromes über
einen Übertragungskanal mit begrenzer Übertragungskapazität sowie zum
Wiedergeben der Fernsehbildsequenzen, wobei senderseitig vorhandene
Fernsehbildsequenzen teilweise beim Übertragen ausgelassen werden, und wobei
empfängerseitig eine Rekonstruktion einer beim Übertragen ausgelassenen
Fernsehbildsequenz vorgenommen wird, dadurch gekennzeichnet, dass die
empfängerseitige Rekonstruktion einer ausgelassenen Fernsehbildsequenz aus einer
zuvor übertragenen Fernsehbildsequenz und einem übertragenen Signal erfolgt, das
eine Information über die Verschiebung eines Teilbildbereiches zwischen einer
übertragenen und einer ausgelassenen Fernsehbildsequenz enthält, dass bei
Teilbildbereichen, für die der senderseitige Vergleich zwischen ausgelassener
Fernsehbildsequenz und aufgrund der Information über die Verschiebung gebildeter
Fernsehbildsequenz keine Übereinstimmung ergibt, kein Signal mit der Information über
eine Verschiebung eines Teilbildbereiches übertragen wird, sondern jeweils
bildpunktabängige Informationen für diesen Teilbildbereich in den übertragenen
Datenstrom eingefügt werden. "
4
Die Beklagte zu 1) hat gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage vor dem
Bundespatentgericht erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist.
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Die Klägerin hat das Klagepatent in einen Patentpool eingebracht, der von der X,
U.S.A., verwaltet wird (nachfolgend X). Der Patentpool beruht auf einer Vereinbarung
aus dem Jahre 1997 betreffend die Erteilung von Lizenzen für Patente, die für die
Einführung einer ISO-Norm mit der Bezeichnung M-2 zur Übertragung und Speicherung
von Videosignalen notwendig sind. Die Vereinbarung wurde zwischen Inhabern von
Patenten, die für die Einführung der M-2-Norm (nach deren Ansicht) als notwendig
angesehen wurden, also Patenten für die Herstellung von Geräten oder
Aufnahmetechniken, die dieser Norm entsprechen, sowie der X und einer weiteren
Gesellschaft geschlossen. Um u.a. die Einführung der Norm zu beschleunigen, haben
die Parteien der X eine weltweite einfache Patentlizenz erteilt. X verpflichtete sich
ihrerseits, jedem Unternehmen, das die M-2-Norm einführen möchte, einfache Lizenzen
zu Standardbedingungen zu erteilen. Der Kommission wurde die
Patentlizenzvereinbarung am 5.1.1998 nach Art. 6 der Verordnung Nr. 17/62 des Rates
6
vom 6.2.1962 gemeldet. Die Klägerin trat der Vereinbarung später als Inhaber (ihrer
Ansicht nach) notwendiger Patente, insbesondere auch des Klagepatents, bei. Bis
September 2005 sind 713 Patente in 57 Ländern zugehörig zu ca. 134 Patentfamilien,
die von 24 Lizenzgebern gehalten werden, Gegenstand des M-2-Patent-Pools.
Insgesamt gibt es etwa 900 Lizenznehmer weltweit; davon sind 114 DVD-Presswerke.
In der Europäischen Union haben 44 DVD-Presswerke eine Lizenz genommen.
Die X bietet Unternehmen, die den M-2-Standard nutzen wollen, den Abschluss eines
Vertrages nach Maßgabe des als Anlage B KartR 1 vorgelegten Standard-
Lizenzvertrages an. Danach beträgt die Lizenzgebühr gegenwärtig nicht mehr als 0,03
US$ je DVD, die nach dem M-2-Standard codiert ist. Wegen der Einzelheiten wird auf
den Vertragstext, insbesondere unter Nr. 3.1.8. verwiesen.
7
Die zum M-2-Standard (vgl. Definition unter Ziffer 1.26 des Standard Lizenzvertrages)
gehörende ISO/IEC Norm 13818-2 ist als Anlage B-K 10b in der englischen
Originalsprache und als Anlage B-K 10a in teilweiser Übersetzung vorgelegt worden.
Die ISO/IEC Norm 13818-1/-2 wurde 1994 verabschiedet.
8
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, ist ein
europa- und weltweit tätiges Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Sie hatte im Jahre
2004 einen Jahresumsatz von ca. 125 Millionen Euro und befasst sich vor allem auch
mit der Herstellung (Pressung) und dem Vertrieb von DVD-ROMs.
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Der Beklagte zu 2) ist außerdem Aufsichtsratsvorsitzender der X in L, an der die
Beklagte zu 1) einen Geschäftsanteil von 51 % hält. Die X befasst sich unter anderem
als sogenanntes Authoring Studio mit der Digitalisierung von Videodaten und der
Herstellung sogenannter Master (Pressvorlagen), die auch als DLT oder DVD-R
bezeichnet werden. Die Master dienen als Vorlage für sogenannte Glasmaster, aus
denen wiederum Stamper (Stempel) hergestellt werden, die dann für die DVD-
Produktion verwendet werden. Die Beklagte zu 1) generiert nach den ihr zur Verfügung
gestellten Mastern die entsprechenden Glasmaster sowie die Stamper. Mit den
Stampern erfolgt sodann die Produktion (Replikation) der DVD-ROMs.
10
Die X beschäftigt sich neben ihrer Tätigkeit als Authoring Studio auch mit der
Vermittlung von Aufträgen für die Pressung optischer Speichermedien. Die X ist bei der
X eingetragene Inhaberin der Domains "X" und "X". Die Beklagte zu 1) ist eingetragene
Inhaberin der Domain "X". Nachfolgend werden Ausschnitte von den Websites der
vorgenannten Internet-Domains wiedergegeben. Wegen des weiteren Inhalts wird auf
die Anlagen B-K-4, B-K-8, B-K-18 und B-K-19 verwiesen.
11
Mit Email vom 19.7.2005 gerichtet an die Adresse" bat das Unternehmen X um die
Abgabe eines Angebots über die Herstellung von einer DVD5 bzw. DVD9 in einer
Stückzahl von 500 mit durchsichtiger Amaray-Box und 20 Seiten Booklet einschließlich
der Lieferung des Glasmasters. Die X antwortete per Email vom 22.7.2005 mit einem
entsprechenden Angebot. Dieses wurde von X angenommen und der Auftrag
durchgeführt. Wegen der Einzelheiten der Auftragserteilung und –abwicklung wird auf
die Anlage B-K-9 verwiesen. Mit Lieferschein der Beklagten zu 1) vom 31.8.2005
erfolgte die Rücksendung der für die Produktion benötigten "Werkzeuge".
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Neben der Klägerin haben 10 weitere Mitglieder des M-2-Patentpools Klage wegen
Verletzung von insgesamt 15 ihrer Ansicht nach notwendiger Patente nach dem M-2-
13
Standard vor dem Landgericht Düsseldorf erhoben.
Die Klägerin sieht in dem Anbieten und dem Vertrieb der Beklagten zu 1) von DVD-
ROMs eine mittelbare Verletzung des Verfahrens, das durch Anspruch 1 des
Klagepatents geschützt ist. Von der Beklagten zu 1) vertriebene DVD-ROMs seien mit
Videodaten hergestellt worden, die nach dem M-2-Standard codiert worden seien. Das
gelte nicht nur für DVD-ROM-Videos, sondern auch für DVD-ROM-Audios oder Daten-
DVD-ROMs, wenn diese auch Videodaten enthielten. Das klagepatentgemäße
Verfahren sei zwingender Bestandteil des M-2-Standards. Bei einer nach dem M-2-
Standard hergestellten DVD-ROM handele es sich um ein erfindungswesentliches
Mittel, das objektiv zur Benutzung des klagepatentgemäßen Verfahrens geeignet und
bestimmt sei. Die Beklagten wüssten auch, dass die von ihnen hergestellten DVD-
ROMs auf erfindungsgemäß M-2-kompatiblen Abspielgeräten abgespielt würden. Selbst
wenn, was bestritten werde, die Authoring Studios lizenzierte Codiererkarten zur
Herstellung von Mastern verwendeten, so sei nach dem Inhalt des M-2-Patent-Portfolio-
Lizenzvertrages eine Erschöpfung der Rechte an dem Klagepatent hinsichtlich der
danach hergestellten DVDs ausgeschlossen.
14
Nachdem sie den ursprünglich gestellten Antrag auf Vernichtung der
streitgegenständlichen DVDs mit Zustimmung der Beklagten im letzten
Verhandlungstermin zurückgenommen hat, beantragt Klägerin,
15
wie zuerkannt.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen,
18
hilfsweise,
19
die Verhandlung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über
die das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1) auszusetzen.
20
Zur Begründung führen die Beklagten aus, dass das Klagepatent kein zwingender
Bestandteil des M-2-Standards sei. Merkmal 6 (vgl. Merkmalsanalyse unter
Entscheidungsgründe, Abschnitt I) sei nicht notwendig für eine Codierung nach dem M-
2-Standard. Es fehle am objektiven Tatbestand der Lieferung. Die auf den DVDs
gespeicherten Daten seien keine körperlichen Gegenstände und könnten daher auch
nicht als Mittel im Sinne von § 10 PatG angesehen werden. Die Beklagte zu 1) liefere
auch nicht zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich des Patentgesetzes; sie
habe weder Kenntnis noch eine Kontrollmöglichkeit darüber, an welche Käufer die
DVDs gelangten. Zudem wisse die Beklagte zu 1) nicht, wann eine von ihr gepresste
DVD geeignet sei, für das Übertragungsverfahren nach Patentanspruch 1 benutzt zu
werden. Aus der Eignung einer DVD zum Abspielen in einem M-2-kompatiblen
Abspielgerät ergebe sich nicht die Eignung von DVDs zur klagepatentgemäßen
Verwendung. Die Beklagte zu 1) könne auch nicht auf andere Weise im Rahmen ihres
Geschäftsbetriebes erkennen, ob die ihr zur Herstellung von DVDs übergebenen Daten
nach dem M-2-Standard hergestellt worden seien.
21
Die Beklagten sind darüber hinaus der Meinung, dass die Klage abzuweisen sei, weil
darin der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und ein Verstoß gegen das
22
Diskriminierungsverbot nach Art. 82 EG-Vertrag (EGV) und §§ 19, 20 GWB liege. Die
Klägerin, wie auch die Kläger in den zehn Parallelverfahren, missbrauche ihre
beherrschende Stellung auf dem Markt für die Lizenzierung von M-2-Technologie. Die
Klägerin, die Kläger der Parallelverfahren und die anderen Pool-Mitglieder verlangten
von der Beklagten zu 1) Lizenzgebühren, die von denjenigen abwichen, die sich bei
einem wirksamen Wettbewerb unter mehreren potentiellen Lizenzgebern mit hoher
Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Die angemessene Lizenzgebühr betrage Null, weil
der M-2-Patentpool kartellrechtlich unzulässig begründet worden und deshalb nichtig
sei, Art. 81 Abs. 1 und 2 EGV, § 1 GWB, § 134 BGB. Die Klägerin könne auf der
Grundlage der vom M-2-Pool angebotenen Bedingungen des
Patentportfoliolizenzvertrages nicht die Entrichtung von Lizenzgebühren für die
Benutzung der zum Industriestandard erhobenen und durch das Klagepatent
geschützten technischen Lehre verlangen. Die kartellrechtliche Unzulässigkeit folge aus
der Tatsache, dass der Pool erwiesenermaßen zahlreiche nichtige und/oder nicht
essentielle oder zum Teil nicht zwingend erforderliche Patente enthalte. Darüber hinaus
würden diese Patente überwiegend von Unternehmen gehalten, die bereits an den
Arbeitsgruppen zur Begründung des Standards beteiligt gewesen seien und sich
anschließend im Rahmen des M-2-Pools über die Lizenzierung ihrer Patente
abgestimmt hätten. Schließlich ergebe sich die kartellrechtliche Unzulässigkeit aus der
fehlenden Bereitschaft der Mitglieder, die im Pool enthaltenen Patente zu
angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zu lizenzieren. Der Pool sei
auch nicht durch die Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der Kommission über die
Anwendung von Art. 81 EGV auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen
vom 27.4.2004 (Gruppenfreistellungsverordnung) freigestellt. Außerdem sei die Pool-
Vereinbarung geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen
und bezwecke oder bewirke eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des
Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes, Art. 81 Abs. 1 EGV. Auf den
Comfort-Letter der Europäischen Kommission vom 18.12.1998 könne sich die Klägerin
nicht berufen, weil dieser lediglich eine unverbindliche schriftliche Äußerung der
Kommission sei.
Selbst wenn die dem Pool zugrundeliegenden Vereinbarungen nicht als
kartellrechtswidrig anzusehen seien, wäre in einem vorgelagerten Markt für die
Lizenzierung patentierter Technologien jedenfalls nur eine Lizenzgebühr vereinbart
worden, die sich am Prozentsatz der Netto-Verkaufserlöse bemesse, welche die
Lizenznehmer mit ihren auf der Grundlage der lizenzierten Technologie hergestellten
Produkten auf dem nachgelagerten Markt erzielen. Das ergebe sich aus der
allgemeinen Preisentwicklung auf dem DVD-Markt. Seit Einführung der DVDs im Jahre
1997 sei die Nachfrage zwar exponentiell gestiegen. Dieser Anstieg der Nachfrage sei
jedoch mit einem ganz erheblichen Verfall der Preise einhergegangenen. Wie aus
Ermittlungen der britischen U- Ltd., einem anerkannten Rechercheunternehmen,
hervorgehe, sei der durchschnittliche Fabrikabgabepreis sogenannter DVD5 in Europa
von 2,65 US$ im Jahre 1997 auf 0,51 US$ im Jahre 2005 gefallen, was einem
Rückgang von 80,7 % entspreche. Bei sogenannten DVD9 sei der Preis von 4,50 US$
im Jahre 1997 auf 0,70 US$ im Jahre 2005 gefallen, was einen Rückgang von 84,4 %
bedeute. Niedriger seien die Fabrikabgabepreise allerdings gewesen, wenn die
Presswerke in Zeiten geringer Auslastung Aufträge für kurzfristige Pressungen
einzuwerben versucht hätten. Hier hätten die Preise im Jahre 2004 für die DVD5
zwischen 0,26 US$ und 0,43 US$ und für die DVD9 zwischen 0,46 US$ und 0,62 US$
gelegen. Besonders niedrig seien die Preise für sog. Covermounts gewesen (also
DVDs, die als Beilage/Zugabe zu Zeitungen und Zeitschriften hergestellt werden). Bei
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diesen habe sich der Preis im Jahre 2004 bei DVD5 auf 0,25 US$ und bei DVD9 auf
0,31 US$ belaufen. Der Beklagten zu 1) würden ganz überwiegend Aufträge für die
einmalige oder regelmäßige Herstellung großer DVD-Auflagen, das heißt Auflagen von
im Einzelfall bis zu 5 Millionen DVDs pro Auftrag und Titel oder 35 Millionen DVDs pro
Jahr und Kunde erteilt. Dabei gehe es vielfach um die Pressung von kostenlosen
Zeitschriftenbeilagen (Covermounts), kostenlosen Promotions-DVDs für Konsumgüter
oder sonstigen DVDs aus dem Entertainment-Bereich. Bei solchen Pressaufträgen
seien die erzielbaren Netto-Fabrikabgabepreise schon 2004 sehr niedrig gewesen.
Inzwischen habe sich der Fabrikabgabepreis bei der DVD5 weiter auf 0,24 US$ (= 0,19
Euro) und bei der DVD9 weiter auf 0,25 US$ (= 0,20 Euro) reduziert. Danach habe sich
der Preisverfall 2006 weiter verschärft und im Vergleich zum Jahr 1997 bei der DVD5
90,9 % und bei der DVD9 sogar 94,4 % erreicht. Die Herstellungskosten der Beklagten
zu 1) für eine DVD5 hätten auf Basis letzter Kalkulationen vom September 2005
insgesamt 0,1985 US$ (0,1654 Euro) betragen, wovon 0,10 US$ auf reine
Materialkosten, 0,0726 US$ auf Produktionskosten und 0,0259 US$ auf Gemeinkosten
entfallen seien. Die Herstellungskosten für die DVD9 seien etwas höher gewesen; sie
hätten sich auf 0,2016 US$ belaufen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass 2004 für die
Herstellung einer DVD mit Videoinhalten neben der M Lizenzgebühr von 0,03 US$
Lizenzgebühren von anderen Patentpools, nämlich dem sogenannten 4C-Pool in Höhe
von 0,0375 US$, den sog. 6C-Pool in Höhe von 0,045 US$ und die AC-3 Technologie
in Höhe von 0,003 US$ gefordert würden. Im Jahre 2004 habe die Summe der
Lizenzgebühren der vorgenannten Patentpools einschließlich der Gebühr des M-Pools
für eine DVD mit Videoinhalten also 0,1155 US$ betragen.
Darüber hinaus habe die Konkurrenz von Presswerken zugenommen, die DVDs zu
Fabrikpreisen knapp über den Herstellungskosten anböten. So habe die S-AG
beispielsweise am 10.10.2005 der A- AG schriftlich angeboten, ein Gesamtvolumen von
30 Millionen Video-DVDs, deren Pressung gleichmäßig planbar auf das Jahr verteilt sei,
zu Preisen von effektiv 0,19 Euro pro DVD5 und 0,20 Euro pro DVD9 bei einem
Zahlungsziel von 30 Tagen herzustellen. Entsprechend günstige Angebote für die
Pressung von DVDs erhielten deutsche Kunden auch von polnischen Presswerken.
Gegenüber der X hätten diese beiden Unternehmen im Februar 2006 Angebote für die
Herstellung und Lieferung von DVD5 zum Preis von 0,20 Euro und DVD9 zum Preis von
0,25 Euro je Einheit bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen, abzüglich 2 % Rabatt bei
Zahlung innerhalb von 8 bis 14 Tagen abgegeben. Takt und G-G verfügten über keine
Lizenzen der DVD-Patentpools 4C, 6C und MPEC, seien aber bisher von keinem der
Patentpools im Hinblick auf etwaige Patentverletzungen angegriffen worden. Derartige
Niedrigpreisangebote hätten den Marktpreis soweit nach unten gezogen, dass die von
U- für das Jahr 2005 ermittelten Durchschnittspreise heute nicht mehr erzielbar seien.
Nach einer für den europäischen Markt durchgeführten Erhebung der Y, vom Februar
2006 gebe es auf dem europäischen Markt keine Angebote von DVD-Presswerken für
die Herstellung von DVD5 oder DVD9 zu Preisen über 0,30 Euro pro Einheit mehr. In
Anbetracht der kumulierten Lizenzgebühren der Patentpools 4C, 6C und M errechne
sich bei einem Fabrikabgabepreis von 0,19 Euro für eine DVD5 und von 0,20 Euro für
eine DVD9 eine Lizenzgebührenquote von 61 % pro DVD5 und von 48 % pro DVD9.
24
Die Beklagten meinen, dass die Klägerin und die anderen Mitglieder des M-Patentpools
ihre marktbeherrschende Stellung gegenüber der Beklagten zu 1) auch deshalb
missbrauchen, weil sie von dieser höhere Lizenzgebühren als von gleichartigen
Lizenznehmern fordern, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gebe, § 19 Abs. 2, Abs.
4 Nr. 3 GWB. Eine solche Diskriminierung liege im Vergleich zu dem Presswerk T vor,
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dem die Klägerin eine Begrenzung der insgesamt zu zahlenden Patentlizenzgebühren
auf maximal 2.000.000,-- US$ pro Kalenderjahr eingeräumt hätten. Der Klägerin und
den anderen Mitgliedern des M-Patentpools sei zudem vorzuwerfen, dass sie die
Rechte aus ihren Patenten nicht einheitlich und diskriminierungsfrei durchsetzen. Nach
Angaben der Klägerin hätten in der Europäischen Union lediglich 44 DVD-Presswerke
eine M-Patentlizenz abgeschlossen, obgleich es dort mehr als 100 Unternehmen gebe,
die DVD-Presswerke betrieben. Zudem behaupten die Beklagten, dass es
lizenzgebührenfreie Kreuzlizenzierungen der Klägerin mit anderen Poolmitgliedern
gebe. Der Umstand, dass die Mitglieder des M-Patentpools als Lizenznehmer aufgeführt
würden, sage nichts darüber aus, dass die dort gelisteten Unternehmen tatsächlich den
Standard-Lizenzvertrag unterzeichnet hätten oder gar die standardisierten Gebühren
bezahlen würden.
Die Beklagten halten eine Lizenzgebühr von 1/134 x 0,10 x Netto-Fabrikabgabepreis
der DVD, höchstens jedoch diejenige Lizenzgebühr, die andere, vergleichbare Betreiber
von DVD-Presswerken pro M-2-Video-DVD effektiv (ggf. anteilig) für die Benutzung des
Klagepatents bei Herstellung und Vertrieb der DVD zahlen, sofern im Verhältnis
zwischen der Klägerin und dem anderen Betreiber kein sachlicher Grund dafür besteht,
eine niedrigere effektive Lizenzgebühr als nach der vorstehenden Formel anzusetzen,
für gerechtfertigt. Die Beklagte zu 1) hat der Klägerin ein entsprechendes bis 12.5.2006
befristetes Angebot unterbreitet, das von der Klägerin nicht angenommen wurde.
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Die Beklagte zu 1) hat der Klägerin zudem folgendes bis zum 22.9.2006 befristetes
Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrages unterbreitet:
27
Die Klägerin erteilt der Beklagten zu 1) eine Lizenz, DVDs unter Benutzung des
Klagepatents herzustellen, herstellen zu lassen, zu verkaufen und/oder anderweitig in
Verkehr zu bringen, wobei die Lizenz sich auf den gesamten in der Klageerwiderung
vom 19. Januar 2006 beschriebenen Produktionsvorgang erstreckt, d.h. ausgehend vom
sogenannten Master (beispielsweise DLT-Tape oder DVD-R) über die Herstellung der
Stamper bis hin zur Fertigung der DVD, wie sie an Kunden ausgeliefert wird.
28
Die Beklagte zu 1) zahlt der Klägerin für jede DVD, die die Beklagte zu 1) im
vorstehenden Sinne unter Benutzung des Klagepatents hergestellt hat, herstellen
lassen hat, verkauft und/oder anderweitig in Verkehr gebracht hat, eine laufende
Lizenzgebühr, die sich wie folgt bemisst:
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1/134 x US$ 0,04 x prozentualer Verfall der DVD-Fabrikabgabepreise seit 1997; dabei
ist als prozentualer Verfall der Fabrikabgabepreise der höhere der beiden Quotienten
anzusetzen, der sich – jeweils für die DVD5 und für die DVD9 – ergibt, wenn man den
durchschnittlichen Netto-Fabrikabgabepreis einer DVD5 bzw. DVD9 (gemäß den
jährlichen Untersuchungen der U- Limited) im Kalenderjahr vor dem tatsächlichen
Produktionsjahr einer DVD, die die Beklagte zu 1) unter Benutzung des Klagepatents
hergestellt hat, herstellen lassen hat, verkauft und/oder anderweitig in den Verkehr
gebracht hat, teilt durch den durchschnittlichen Netto-Fabrikabgabepreis einer DVD5
bzw. DVD9 im Jahr 1997 (€ 2,65 für die DVD5 und € 4,50 für die DVD9 gemäß
Erhebungen der U- Limited);
30
höchstens jedoch diejenige Lizenzgebühr, die andere, vergleichbare Betreiber von
DVD-Preßwerken pro M-2-Video-DVD effektiv (gegebenenfalls anteilig) zu bezahlen
haben für die Benutzung des Klagepatents bei Herstellung und Vertrieb der DVD, sofern
31
im Verhältnis zwischen der Klägerin und den anderen Betreibern kein sachlicher Grund
dafür besteht, eine niedrigere effektive Lizenzgebühr als nach der vorstehenden Formel
anzusetzen.
Die Klägerin hat dieses Angebot der Beklagten zu 1) nicht angenommen.
32
Nach dem weiteren Vorbringen der Beklagten liegt auch ein Missbrauch der
marktbeherrschenden Stellung der Klägerin und der anderen M-Poolmitglieder nach Art.
82 Abs. 1, Abs. 2 a, b und c EGV vor, weil durch die Weigerung der Klägerin, der
Beklagten zu 1) eine Lizenz mit angemessener Lizenzgebühr zu erteilen, der Handel
zwischen den EU-Mitgliedstaaten dadurch beeinträchtigt werde, dass die Beklagte zu 1)
gehindert sei, ihre zahlreichen im europäischen Ausland ansässigen Abnehmer zu
beliefern.
33
Die Klägerin und die zehn Kläger der Parallelverfahren missbrauchen nach Ansicht der
Beklagten ihre marktbeherrschende Stellung auch dadurch, dass sie mit der
konzentrierten, zeitgleichen Einreichung von 11 Patentverletzungsklagen beim
Landgericht Düsseldorf sowie bestimmten Begleitmaßnahmen versuchen, die Beklagte
zu 1) zum Abschluss des Standard-Lizenzvertrages zu zwingen, § 19 Abs. 1, Abs. 2,
Abs. 4 Nr. 2 GWB, Art. 82 Abs. 1, Abs. 2a EGV. Die Beklagten meinen, dass es der
Klägerin nicht um die Klärung der behaupteten Patentverletzungen gehe, sondern allein
darum, die Beklagten mit Hilfe des die Existenz der Beklagten bedrohenden
Kostendrucks, der durch die künstliche Vervielfachung der Gerichtsverfahren erzeugt
werde, zum Abschluss der M-Poollizenz zu zwingen. Dies ergebe sich auch aus
Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin X, der in einem Telefonat am
28.7.2005 eingeräumt habe, dass die X die Zahl der Patente, deren Verletzung
gegenüber einem DVD-Presswerk geltend gemacht würden und die Zahl der
einzureichenden Patentverletzungsklagen individuell nach dem Prozessgegner
bestimmt würden. Je größer das Unternehmen des Prozessgegners und je mehr
Widerstand zu befürchten sei, desto mehr Patente würden ins Feld geführt. Durch eine
einheitliche Pressemitteilung vom 2.8.2005 habe die X der Beklagten zu 1) die geballte
Macht ihrer Mitglieder vor Augen führen und zum Ausdruck bringen wollen, dass die
Beklagte zum Abschluss einer M-Standard-Lizenz gezwungen werden könne. Zudem
habe Herr X, Vice President Licensing & Business Development bei der X, Ende Januar
2005 in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der X, Herrn X, angedroht, dass die X
den Druck auf die Beklagte zu 1) noch weiter erhöhen werde, wenn diese die X
Poollizenz nicht unterzeichne.
34
Den Einwand des Rechtsmissbrauchs erheben die Beklagten auch unter dem
Gesichtspunkt der missbräuchlichen Mehrfachverfolgung, der unzulässigen
Druckausübung sowie der gezielten Behinderung nach § 8 Abs. 4 UWG n.F. analog, §§
3, 4 Nr. 1 und Nr. 10 UWG n.F.
35
Die Beklagten begründen ihren Antrag auf Aussetzung der Verhandlung mit der
fehlenden Neuheit des Anspruchs 1 des Klagepatents gegenüber dem
Offenbarungsgehalt des prioritätsälteren Artikels von N et al. (Anlage NK 5; deutsche
Übersetzung Anlage NK 5a).
36
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagten nicht die vermeintliche
Kartellrechtswidrigkeit des M-2-Standards gegenüber den auf Verletzung des
Klagepatents gestützten Klageanträgen einwenden können. Gegenstand der Klage
37
könne allein sein, ob der Klage wegen Patentverletzung der dolo petit-Einwand unter
dem Aspekt eines kartellrechtlichen Anspruchs auf Einräumung einer Lizenz gemäß §§
19, 20 GWB bzw. Art. 82 EGV entgegenstehe. Die der Beklagten zu 1) auf der
Grundlage des Standard-Vertrages angebotene Lizenz in Höhe von 0,03 US$ sei weder
unangemessen noch diskriminierend. Für den Fabrikpreis einer DVD5 sei von einem
Durchschnittspreis von 0,51 US$ = 0,41 € auszugehen. Dieser Durchschnittspreis finde
sich in den von den Beklagten vorgelegten Unterlagen der Agentur U- Ltd. Der als
Anlage BKartR 9 vorgelegten Aufstellung sei zu entnehmen, dass dieser Preis für
Pressaufträge für die großen Filmgesellschaften gelte, die nahezu 70 % des DVD-
Marktes beanspruchten. Demgegenüber liege der Anteil der im Niedrigpreissegment
angeordneten Covermounts bei nur 5 % des Gesamtmarktes. Der Lizenzanteil für alle
Lizenzpools betrage nach dem Vorbringen der Beklagten 2004/2005 insgesamt 0,1155
US$ = 0,0963 €. Auch wenn man die mit Nichtwissen bestrittenen Herstellungskosten
der Beklagten für DVD5 von 0,1654 € hinnehme, ergebe dies Gestehungskosten von
0,2617 €. Bei einem Fabrikabgabepreis von 0,51 US$ = 0,41 € belaufe sich der
Kostenanteil auf 51 % (rechnerisch zutreffend: 63,83 %).
Die Beklagten könnten auch nicht mit dem Vorbringen gehört werden, dass andere
Presswerke die DVDs zu Fabrikpreisen knapp über den Herstellungskosten anböten.
Die Angebotshandlungen der S-AG würden mit Nichtwissen bestritten und bezögen sich
im Übrigen auf Covermounts für Presseverlage. Es stehe im Ermessen eines jeden
Presswerkes, wie es seinen Gewinn erziele und ob es gegebenenfalls bestimmte
Produkte mit Verlust anbiete, während es andere mit erheblichen Gewinnspannen auf
den Markt bringe. Im Übrigen sei S-AG ausweislich der Lizenznehmerliste Nr. 870
Lizenznehmerin des M-2-Patent-Portfolio-Standard-Lizenzvertrages. In die M-2-
Lizenznehmerliste würden ausschließlich Lizenznehmer aufgenommen, welche die in
dem M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrag festgelegten Lizenzsätze entrichten. Auch das
polnische Presswerk Takt sei unter der Nummer 911 der Liste geführt. Es werde mit
Nichtwissen bestritten, dass es keine DVD-Angebote mehr zu Fabrikpreisen von über
0,30 € pro Einheit gebe. Die Lizenznehmerliste der M-2-Patent-Portfolio-Standard-
Vertragslizenznehmer belege eindrücklich, dass namhafte Presswerke in der Lage und
gewillt seien, M-2-Lizenzgebühren abzuführen, ohne dass dadurch deren
Wettbewerbsposition gefährdet sei.
38
Es werde auch mit Nichtwissen bestritten, dass es in der Europäischen Union mehr als
100 DVD-Presswerke gebe. Die von den Beklagten angeführten, angeblich
begünstigten Presswerke seien allesamt Lizenznehmer und auf der bereits vorgelegten
Lizenznehmerliste aufgeführt. Näherungsweise lägen Erkenntnisse vor, wonach
sämtliche M-2-Patent-Portfolio-Lizenznehmer (DVD-Presswerke) weltweit einen
Marktanteil von 88 % beanspruchten. Eine 100 %ige Lizenzierung aller DVD-
Presswerke sei kaum zu realisieren, weil es auch kleinere, eher unbedeutende DVD-
Presswerke gebe, deren Existenz teilweise auch nur von kurzer Dauer sei. Alle zu
erfassen, sei allerdings erklärtes Ziel der M-2-Lizenzierungspolitik. Die großen, einen
bedeutenden Markanteil für sich beanspruchenden Presswerke für DVD seien
tatsächlich lizenziert. Privilegierte Presswerke sowie privilegierende
Sondervereinbarungen gebe es nicht, auch nicht für C, T und S-AG. Alle M-2-Patent-
Portfolio-Lizenznehmer erhielten eine Lizenz zu den gleichen Bedingungen. Es gebe
ebenfalls keine lizenzgebührenfreien Kreuzlizenzierungen zwischen den
Poolmitgliedern.
39
Die Lizenzangebote der Beklagten zu 1) seien für die Klägerin nicht zumutbar. Im
40
Ergebnis bedeute das erste Angebot der Beklagten zu 1) einen Lizenzsatz von 0,0099
% (1,333 % : 134). Dies widerspreche bereits dem Vortrag der Beklagten, wonach in
dem vorliegenden Industriezweig Lizenzsätze von 2,5 % bis 5 % pro Patent üblich
seien. Der M-2-Lizenzsatz von 0,03 US$ liege demgegenüber bezogen auf den DVD5-
Durchschnittsfabrikabgabepreis von 0,051 US$ (= 5,8 %) im üblichen Rahmen, wobei
sich diese Lizenz auf sämtliche, für den M-2 wesentliche Patente beziehe. Auch das
zweite Lizenzangebot der Beklagten zu 1) sei unakzeptabel. Die dabei angebotene
Stücklizenz betrage lediglich 0,00005761 US$. Das sei weniger als 0,2 % des aktuellen
M-2-Lizenzsatzes von 0,03 US$. Dies laufe im Ergebnis darauf hinaus, dass die
Beklagten gar nichts bezahlen möchten, wenn man dieses Angebot in das Verhältnis zu
den Lizenzsätzen setze, welche die übrigen lizenzierten Presswerke in Europa
entrichten müssten.
Schließlich sei es nicht rechtsmissbräuchlich, dass die Klägerin und die Kläger in den
Parallelverfahren gleichzeitig Klage wegen der Verletzung verschiedener Patente
gegen die Beklagten erhoben hätten.
41
Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag der Beklagten entgegen und nimmt zur
Begründung auf ihren Widerspruch im Nichtigkeitsverfahren Bezug.
42
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
43
Entscheidungsgründe
44
Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht wegen
mittelbarer Verletzung der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre gegen die
Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz zu,
Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 10, 139 Abs. 1 und 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB. Die von den
Beklagten vorgebrachten Einwände der Erschöpfung, des kartellrechtlichen
Missbrauchs einer markbeherrschenden Stellung und Verstoßes gegen das
Diskriminierungsverbot, Art. 82 EGV, §§ 19 und 20 GWB, der missbräuchlichen
Geltendmachung der Ansprüche, § 8 Abs. 4 UWG, und der Verjährung, § 141 PatG,
greifen nicht durch. Die Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf die
Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1) gegen das Klagepatent ist nicht veranlasst, § 148
ZPO.
45
I.
46
Das Klagepatent betrifft
47
1) ein Verfahren zum Übertragen von Fernsehbildsequenzen mittels eines Datenstroms
über einen Übertragungskanal mit begrenzter Übertragungskapazität sowie zum
Wiedergeben der Fernsehbildsequenzen,
48
2) wobei senderseitig vorhandene Fernsehbildsequenzen teilweise beim Übertragen
ausgelassen werden,
49
(3) wobei empfängerseitig eine Rekonstruktion einer beim Übertragen ausgelassenen
Fernsehbildsequenz vorgenommen wird.
50
In der Beschreibung des Klagepatents wird erwähnt, dass ein solches Verfahren aus der
X bekannt sei, und folgendes erläutert: Wenn Fernsehbildsequenzen, insbesondere
solche mit erhöhter Auflösequalität, über einen Übertragungskanal mit begrenzter
Übertragungskapazität übertragen werden sollen, sei es möglich, senderseitig
vorhandene Fernsehbildsequenzen bei der Übertragung auszulassen und die
ausgelassenen Bildsequenzen empfängerseitig aus zwei benachbarten übertragenen
zu interpolieren. Diese Methode führe zu einer unzulänglichen Rekonstruktion bewegter
Bildbereiche. Es trete eine Mehrfachdarstellung bewegter Bidlbereiche auf, was zu
ruckartigen Bewegungsabläufen bei der Wiedergabe führe.
51
In der älteren werde zur Vermeidung dieses Nachteils vorgeschlagen, mittels eines
Interpolationsfilters jedes Bildelement einer ausgelassenen Fernsehbildsequenz mittels
eines Verschiebungsvektors für jeden Bildpunkt und je einem Bildelement aus zwei
übertragenen Fernsehbildsequenzen zu interpolieren. Der Iterationsprozess zur
Ermittlung des Verschiebungsvektors sei dabei bewegungsabhängig gesteuert worden.
52
Dem Klagepatent liegt das Problem ("die Aufgabe" ) zugrunde, das einleitend genannte,
bekannte Verfahren so auszugestalten, dass der Verarbeitungsaufwand bei einer
Datenreduktion gering bleibt, ohne eine Qualitätsminderung insbesondere in schnell
bewegten Bildbereichen befürchten zu müssen. Dies soll durch die folgenden weiteren
Merkmale erreicht werden:
53
4) Die empfängerseitige Rekonstruktion einer ausgelassenen Fernsehbildsequenz
erfolgt aus einer zuvor übertragenen Fernsehbildsequenz und einem übertragenen
Signal.
54
5) Das Signal enthält eine Information über die Verschiebung eines Teilbildbereichs
zwischen einer übertragenen und einer ausgelassenen Fernsehbildsequenz.
55
6) Bei Teilbildbereichen, für die der senderseitige Vergleich zwischen ausgelassener
Fernsehbildsequenz und aufgrund der Information über die Verschiebung gebildeter
Fernsehbildsequenz keine Übereinstimmung ergibt, wird kein Signal mit der Information
über eine Verschiebung eines Teilbildbereichs übertragen, sondern werden jeweils
bildpunktabhängige Informationen für diesen Teilbildbereich in den übertragenen
Datenstrom eingefügt.
56
In der Beschreibung des Klagepatents wird weiter erläutert, dass das Klagepatent von
der Erkenntnis ausgehe, dass bisher der Verschiebungsvektor für jeden Bildpunkt einer
Fernsehbildsequenz (Halbbild bei Zeilensprungverfahren oder Vollbild bei progressiver
Abtastung) ermittelt worden sei. Abgesehen von dem sehr hohen Verarbeitungsaufwand
spare man damit keine Übertragungskapazität. Es sei durch statistische
Untersuchungen ermittelt worden, dass Verschiebungen (Displacements) benachbarter
Bildpunkte über einen großen Bereich die gleichen Werte hätten. Dies lasse sich
anschaulich mit der Tatsache belegen, dass Objekte eine bestimmte Ausdehnung
haben müssen, um im Bild erkannt zu werden. Ermittele man demnach eine
Verschiebung nicht für einen einzelnen Bildpunkt, sondern für einen Teilbildbereich
(Block), beispielsweise der Größe 9 x 7 Bildpunkte, so lasse sich der Aufwand
(Rechenleistung) bei der Ermittlung der Verschiebung um den Faktor 63 reduzieren.
57
Bisherige Verfahren hätten darauf beruht, eine bei der Übertragung ausgelassene
Fernsehbildsequenz aus mindestens zwei übertragenen Fernsehbildern und
58
gegebenenfalls einer Zusatzinformation zu rekonstruieren (interpolieren). Bei dem
erfindungsgemäßen Verfahren werde hingegen eine beim Übertragen ausgelassene
Fernsehbildsequenz aus einer zuvor übertragenen Fernsehbildsequenz und aus einer
übertragenen Information über die Verschiebung eines Teilbildbereichs einer beim
Übertragen ausgelassenen Fernsehbildsequenz bezogen auf eine übertragene
Fernsehbildsequenz rekonstruiert. Es erfolge somit keine Interpolation zwischen zwei
oder mehreren übertragenen Fernsehbildsequenzen, sondern eine Rekonstruktion aus
nur einer zuvor gesendeten Fernsehbildsequenz in Zusammenhang mit einer
Verschiebungsinformation (Forward displacement estimation). Durch diese Maßnahme
reduziere sich der Bildspeicherbedarf sender- und empfängerseitig erheblich.
II.
59
1.) Bei den von der Beklagten angebotenen und vertriebenen DVDs mit Videoinhalt, die
dem M-2-Standard unterliegen, handelt es sich um Mittel, die sich auf ein wesentliches
Element des in Patentanspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellten Verfahrens
beziehen, § 10 Abs. 1 PatG.
60
Ein solcher Bezug ist allgemein gegeben, wenn ein Mittel geeignet ist, mit einem oder
mehreren oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des
geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken, wobei ein für die
technische Erfindung völlig untergeordnetes Merkmal als nicht-wesentliches Element
der Erfindung unberücksichtigt bleiben kann (BGH, GRUR 2004, 758 –
Flügelradzähler).
61
Die Beklagten bestreiten, dass es sich bei den auf den DVDs gespeicherten Daten um
ein Mittel im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG handelt. Es würden von der Beklagten zu 1)
zwar DVDs als körperliche Gegenstände geliefert; die Beziehung zum Klagepatent
ergebe sich allerdings ausschließlich aus der Struktur der auf ihr neu gespeicherten
Daten. Von § 10 Abs. 1 PatG würden ausschließlich gegenständliche Mittel erfasst, weil
nur dann gewährleistet sei, dass der Fachmann ohne Schwierigkeiten mit regelmäßig
zumutbarem Aufwand feststellen könne, ob sich das Erzeugnis für eine geschützte
Verwendung eigne.
62
Der Argumentation der Beklagten kann bereits im Ausgangspunkt nicht gefolgt werden.
Das mit der Klage angegriffene Mittel sind keine abstrakten, nicht-gegenständlichen
Daten. Die Klage richtet sich vielmehr gegen DVDs mit Videoinhalt, die unstreitig von
der Beklagten zu 1) angeboten und geliefert werden. Bei solchen DVDs handelt es sich
um Erzeugnisse, in denen der zum Übertragen von Fernsehbildsequenzen eingesetzte
Datenstrom in einer Aufzeichnungsstruktur (sog. Pits and Lands) räumlich-körperlich
vorhanden ist. Gegenstand der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre ist ein
Verfahren, das unter bestimmten Voraussetzungen eine Codierung des Datenstroms
unter Auslassung eines Teils der Daten (Komprimierung) und eine Decodierung des
Datenstroms zum Zwecke der Rekonstruktion der Daten (Dekomprimierung) vorsieht.
Als Träger des komprimierten Datenstroms stellen DVDs eine wesentliche
Voraussetzung für die Ausübung des Verfahrens dar. Der notwendige Bezug auf ein
wesentliches Element der Erfindung ist damit gegeben.
63
2.) Die von der Beklagten zu 1) hergestellten und vertriebenen DVDs mit Videoinhalt,
die dem M-2-Standard unterliegen, sind geeignet, den in Patentanspruch 1 unter Schutz
gestellten Gegenstand wortsinngemäß zu verwirklichen.
64
Nach dem M-2-Standard hergestellte DVDs können ein Verfahren zum Übertragen von
Fernsehbildsequenzen mittels eines Datenstroms über einen Übertragungskanal mit
begrenzter Übertragungskapazität sowie zum Wiedergeben der Fernsehbildsequenzen
ausüben, Merkmal 1. Das ist zwischen den Parteien unstreitig und bedarf daher keiner
weiteren Erläuterungen.
65
Bei dem Verfahren nach dem M-2-Standard werden darüber hinaus die Merkmale 2 und
3 verwirklicht. Entgegen der von den Beklagten zunächst in der Klageerwiderung
vertretenen Ansicht werden auch bei der Verwendung einer DVD mit Videoinhalt
"senderseitig" vorhandene Fernsehbildsequenzen teilweise beim Übertragen
ausgelassen und wird "empfängerseitig" eine Rekonstruktion beim Übertragen
ausgelassener Fernsehbildsequenzen vorgenommen. Das Auslassen "senderseitig"
vorhandener Daten erfolgt bei der Codierung der Daten, während die
"empfängerseitige" Rekonstruktion der beim Übertragen ausgelassenen
Fernsehbildsequenzen bei der Decodierung von der DVD generierter Daten durch das
Abspielgerät vorgenommen wird (vgl. Anlage B-K 10b, Seiten 61 ff.; deutsche
Teilübersetzung, Anlage B-K-10a, Seiten 44 ff., Abschnitt 7; "Das Video-
Decodierungsverfahren" "Diese Klausel spezifiziert das Decodierungsverfahren, das ein
Decodierer ausführen muss, um Vollbilder aus dem codierten Bitstrom zu
rekonstruieren."). Das ist von den Beklagten in den letzten Schriftsätzen nicht mehr in
Abrede gestellt worden.
66
Auch das anfänglichen Bestreiten der Verwirklichung des Merkmals 4 greift nicht durch.
Das Merkmal verlangt, dass die empfängerseitige Rekonstruktion einer ausgelassenen
Fernsehbildsequenz aus einer zuvor übertragenen Fernsehbildsequenz und einem
übertragenen Signal erfolgt. Die Beklagten meinen, dass diese Anforderung bei dem M-
2-Standard nicht realisiert werde, weil die empfängerseitige Rekonstruktion von B-
Bildern anhand der Information von zwei Fernsehbildsequenzen erfolge.
67
Der Ansicht der Beklagten kann nicht beigetreten werden. Dass die empfängerseitige
Rekonstruktion der Fernsehbildsequenzen von P-Bildern nach dem M-2-Standard einer
ausgelassenen Fernsehbildsequenz aus einer zuvor übertragenen Fernsehbildsequenz
und einem übertragenen Signal generiert wird, kann den Abschnitten Intro 4.1.1 und
7.6.2.2 entnommen werden (Anlage B-K 10b, S. vii und 73). Aus Abschnitt Intro 4.1.3
des Standards ergibt sich, dass 16 x 16 Makroblöcke zur Bewegungskompensation
herangezogen werden (a.a.O., Seite viii). In Abschnitt 7.6.3 ist der dazugehörende
Bewegungsvektor beschrieben (a.a.O., Seite 73). Die Argumentation der Beklagten
würde also nur dann durchgreifen, wenn Merkmal 4 verlangen würde, dass jede
empfängerseitig ausgelassene Fernsehbildsequenz aus einer zuvor übertragenen
Fernsehbildsequenz und einem übertragenen Signal rekonstruiert werden muss. Das
entspricht jedoch nicht dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns. Dieses geht
vielmehr dahin, dass es erfindungsgemäß nicht ausgeschlossen ist, einige der
empfängerseitig ausgelassenen Fernsehbildsequenzen aus zwei zuvor übertragenen
Fernsehbildsequenzen und einem übertragenen Signal zu rekonstruieren, wenn nur die
Rekonstruktion anderer empfängerseitig ausgelassener Fernsehbildsequenzen aus nur
einer zuvor gesendeten Fernsehbildsequenz und einer übertragenen Information über
die Verschiebung eines Teilbildbereichs einer beim Übertragen ausgelassenen
Fernsehbildsequenz erfolgt. Denn dann ist insoweit eine Interpolation zwischen zwei
oder mehreren übertragenen Fernsehbildsequenzen nicht mehr erforderlich (vgl. S. 2, Z.
32 ff.). Dass eine solche Kombination möglich ist, ergibt sich auch aus einer weiteren
68
Stelle der Beschreibung, in der ausgeführt wird, dass die Fernsehbildsignalcodierung
mit bewegungskompensierter Vollbildinterpolation (Motion compensated frame
interpolation – MCFI) und Übertragung von Verschiebungsvektoren (Displacements) auf
mehrere Arten modifiziert und evtl. verbessert werden kann. Im Zusammenhang mit den
kombinierbaren Quellcodierungsverfahren wird ausdrücklich auch die interpolative
Codierung als eine Kombinationsmöglichkeit erwähnt (vgl. S. 8, Z. 19 ff.).
Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass ein Verfahren nach dem M-2-Standard das
Merkmal 5 des Anspruchs 1 des Klagepatents verwirklicht, so dass es insoweit keiner
weiteren Ausführungen bedarf.
69
Verwirklicht ist schließlich auch das Merkmal 6. Danach ist vorgesehen, dass bei
Teilbildbereichen, für die der senderseitige Vergleich zwischen ausgelassener
Fernsehbildsequenz und aufgrund der Information über die Verschiebung gebildeter
Fernsehbildsequenz keine Übereinstimmung ergibt, kein Signal mit der Information über
eine Verschiebung eines Teilbildbereichs übertragen wird, sondern jeweils
bildpunktabhängige Informationen für diesen Teilbildbereich in den übertragenen
Datenstrom eingefügt werden.
70
Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Merkmal 6 durch den M-2-Standard verwirklicht
wird, und verweist zur Begründung hinsichtlich der P-Bilder auf die Tabelle B.3 und
hinsichtlich der B-Bilder auf die Tabelle B.4 des Standards (Anlage B-K-10b, Seite 122
f.). Tabelle B.3 wird nachfolgend wiedergegeben:
71
Den Tabellen B.3 und B.4 kann entnommen werden, dass die macroblock_type
variablen Längencodes – VCL-Codes – "0001 1" und "0000 01" intracodierte Typen
beschreiben. Bei intracodierten Typen handelt es sich – wie zwischen den Parteien
unstreitig ist – um Typen, für die bildpunktabhängige Informationen für einen
Makroblock, also einen Teilbildbereich – in den übertragenen Datenstrom eingefügt
werden.
72
Der M-2-Standard erwähnt nicht ausdrücklich, dass der Verwendung der intracodierten
Längencodes senderseitig ein Vergleich zwischen ausgelassener Fernsehbildsequenz
und aufgrund der Information über die Verschiebung gebildeter Fernsehbildsequenz
vorausgeht, um festzustellen, ob beide übereinstimmen. Dies stellt jedoch die
Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens nicht in Frage, dass ein solcher Vergleich
vor Verwendung der intracodierten Längencodes zwingend vorgenommen wird. Denn
es wird von den insoweit darlegungsbelasteten Beklagten nicht aufgezeigt und ist auch
sonst nicht ersichtlich, nach welchem alternativen Kriterium die bei einem Verfahren
zum Übertragen von Fernsehbildsequenzen mittels eines Datenstroms über einen
Übertragungskanal mit begrenzten Übertragungskapazitäten notwendigerweise zu
treffende Entscheidung erfolgen soll, dass kein Signal mit der Information über eine
Verschiebung eines Teilbereichs übertragen wird, sondern statt dessen jeweils
bildpunktabhängige Informationen für diesen Teilbereich in den übertragenen
Datenstrom eingefügt werden, so wie dies bei den intracodierten Längencodes der Fall
ist.
73
Die Beklagten bringen weiterhin vor, dass es sich bei den Codierungen "Intra" und
"Intra, Quant" der Tabelle B.3 lediglich um zwei von sieben zulässige
Codierungsmöglichkeiten handele, die der M-2-Standard für P-Bilder zulasse. Bei B-
Bildern stellten diese sogar nur zwei von elf zulässigen Codierungsmöglichkeiten dar
74
(vgl. Anlage B-K-10b, Seite 122). Bereits daraus folge, dass eine bildpunktabhängige
Intra-Codierung nicht zwingend für den M-2-Standard sei. Selbst wenn ein Teilbereich
durch Verwendung eines Verschiebungs- bzw. Bewegungsvektors entsprechend den
Merkmalen 4 und 5 nicht mit ausreichender Qualität rekonstruiert werden könne, sei
eine bildpunktabhängige Intra-Codierung nicht notwendig. Eine Codierung unter
Verwendung eines Verschiebungs- und Bewegungsvektors bzw. Nicht-Codierung sei
auch im Hinblick auf die Makroblöcke der Typen "1", "001" und "0001 0" gegeben. Die
Kurzbezeichnung "Coded" bzw. "Not Coded" bedeute, das neben einer
Bewegungskompensation ("MC" = "Motion Compensation") auch ein codierter
Vorhersagefehler übertragen werde oder nicht. Wenn nun ein Teilbildbereich durch
Verwendung eines Verschiebungs- bzw. Bewegungsvektors – d.h. Makroblock-Typ
"001" für "MC, Not Coded" - nicht mit ausreichender Qualität rekonstruiert werden
könne, so sei es nach dem M-2-Standard vorgesehen, den Makroblock-Typ "1" für "MC,
Coded" zu verwenden. Durch die zusätzliche Verwendung des codierten
Vorhersagefehlers werde der Fehler (bzw. der Qualitätsverlust), der durch bloße
Verwendung einer Bewegungskompensation entstanden sein könnte, kompensiert.
Daraus folge, dass wenn beispielsweise nur die Makroblock-Typen "001" für "MC, Not
Coded" und "1" für "MC, Coded" benutzt würden, stets für jeden Makroblock – entgegen
Merkmal 6 – ein Signal mit der Information über eine Verschiebung eines Teilbereiches
- in Gestalt des Verschiebungs- bzw. Bewegungsvektors - übertragen würde.
Die Darlegungen der Beklagten stellen die Eignung der von der Beklagten zu 1)
hergestellten DVDs zur Verwirklichung des Merkmals 6 nicht in Frage. Zunächst ist
festzuhalten, dass die Lehre aus Patentanspruch 1 nicht ausschließt, dass neben dem
unter Schutz gestellten Verfahren auch andere Längencodierungsverfahren bei der
Übertragung der Fernsehbildsequenzen zur Anwendung kommen. Allein der Umstand,
dass nach dem M-2-Standard neben bildpunktabhängigen Intra-Codierungen auch
Codierungen mit codiertem Vorhersagefehler vorgesehen sind, bei denen auch ein
Signal mit der Information über eine Verschiebung eines Teilbereichs (Verschiebungs-
bzw. Bewegungsvektor) übertragen wird, steht also der Verwirklichung des Merkmals 6
nicht entgegen. In der Tabelle B.3 werden für P-Bilder verschiedene variable Längen-
Codierungen aufgelistet. Dabei handelt es sich jeweils um reversible Vorgänge zur
Codierung, die kürzere Codewörter häufigen Ereignissen und längere Codewörter
weniger häufigen Ereignissen zuordnen (vgl. Anlage B-K 10b, S. 7, 3.134; deutsche
Übersetzung, Anlage B-K 10a, S. 15, 3.134). Nach dem M-2-Standard handelt es sich
also bei den in Tabelle B.3 aufgeführten Längen-Codierungen nicht um alternative
Codierungen. Vielmehr ist die Benutzung aller in Tabelle B.3 genannter Längen-
Codierungen vorgesehen, wobei die Benutzungshäufigkeit der Codierungen
maßgebend für die Zuordnung der mehr oder weniger langen Codewörter gewesen ist.
Damit stellt Tabelle B.3 einen Katalog zur Verfügung, der es ermöglicht, jeweils die
Längen-Codierung zu wählen, die den wechselnden Eigenschaften des zu
übertragenden Datenstromes unter dem Gesichtspunkt optimaler Komprimierung am
besten entspricht. Es ist danach anzunehmen, dass bei der Benutzung des M-2-
Standards auch von den mit Codewörtern "0001 1" und "0000 01" bezeichneten Intra
bzw. Intra, Quant-Codierungen Gebrauch gemacht und damit Merkmal 6 bzw. die Lehre
aus Patentanspruch 1 verwirklicht wird. Dass dies bei den von der Beklagten zu 1)
hergestellten DVDs gerade nicht der Fall ist, haben diese nicht dargetan.
75
Die Beklagten können auch nicht damit gehört werden, dass sie mit Nichtwissen
bestreiten, dass die von ihnen angebotenen und gelieferten DVDs mit Videoinhalt nicht
dem M-2-Standard unterliegen.
76
Eine Erklärung mit Nichtwissen sieht § 138 Abs. 4 ZPO nur für solche Tatsachen vor,
die nicht eigene Handlungen der Partei betreffen oder Gegenstand ihrer eigenen
Wahrnehmung sind. Die Beklagten machen insoweit geltend, dass die Beklagte zu 1) im
Zuge ihrer DVD-Herstellung das patentgemäße Verfahren zur
Transformationscodierung nicht selbst anwendet. Auch wenn die Einzelheiten der
Verfahrensführung keine "eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen" der Beklagten
zu 1) sein mögen, scheidet eine Anwendung des § 138 Abs. 4 ZPO dennoch aus, wenn
die Unkenntnis der sich mit Nichtwissen erklärenden Partei darauf beruht, dass sie
bestehende Erkundigungspflichten verletzt hat. Solche Erkundigungspflichten werden in
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BB 2001, 2187; NJW 1999, 1965;
vgl. auch OLG Köln, NZG 2002, 870) angenommen, wenn es sich bei dem
entgegnungsbedürftigen Sachverhalt um Vorgänge im Bereich von Personen – nicht nur
der eigenen, sondern auch einer fremden Firma – handelt, die unter Anleitung, Aufsicht
oder Verantwortung derjenigen Partei tätig geworden sind, die sich im Prozess zu den
Behauptungen des Gegners zu erklären hat.
77
Von einer solchen Sachlage ist jedenfalls für den Zeitraum ab Mitte 2004 auszugehen.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1). seit dieser Zeit mit 51 %
des Aktienbestandes Mehrheitsgesellschafterin der im Bereich des Authoring tätigen X
ist. Gemäß §§ 17 Abs. 2, 16 Abs. 1 AktG hat dies zur Folge, dass kraft Gesetzes ein
Beherrschungsverhältnis vermutet wird, demzufolge die Beklagte zu 1) unmittelbar oder
mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die X ausübt (§ 17 Abs. 1 AktG). Die
Vermutung ist im Streitfall unwiderlegt. Die Widerlegung gelingt, wenn Tatsachen
behauptet und bewiesen werden, aus denen sich ergibt, dass ein beherrschender
Einfluss aus Rechtsgründen nicht ausgeübt werden kann. Dass vorhandener Einfluss
tatsächlich nicht ausgeübt wird, ist unerheblich, weil schon die Möglichkeit der
Einflussnahme eine Abhängigkeit begründet (Hüffer, AktG, 7. Aufl. § 17 Rdnr. 18).
Vorliegend machen die Beklagten pauschal geltend, dass die X den Weisungen der
Beklagten zu 1) nicht unterstehe. Hieraus ergibt sich nicht, dass ein beherrschender
Einfluss aus Rechtsgründen nicht ausgeübt werden kann. Steht infolgedessen für die
rechtliche Beurteilung fest, dass die X seit Mitte 2004 von der Beklagten zu 1)
beherrscht wird, so ergibt sich daraus die Feststellung, dass die X – die Kenntnis über
die Details der Datencodierung hat – im Sinne der besagten Rechtsprechung "unter der
Verantwortung" der Beklagten zu 1) ihre Geschäftstätigkeit ausgeübt hat. Unbeachtlich
ist die nicht näher substantiierte Behauptung der Beklagten, nur in geringem Umfang mit
der X als Authoring-Studio zusammengearbeitet zu haben. In Anbetracht der
verstrichenen Zeit von weit mehr als 2 Jahren und des erheblichen Ausmaßes der
Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) gibt das pauschale Vorbringen der Beklagten
keine Anhaltspunkte, dass etwa nur ganz vereinzelt auf DLT-Tapes, DVD-Rs" und
Master der X als Grundlage für die DVD-Pressung zurückgegriffen worden ist. Selbst
wenn dem jedoch so gewesen sein sollte, wäre den Beklagten immer noch vorzuwerfen,
dass sie sich zu den DLT-Tapes, DVD-Rs und Master der X nicht mit Nichtwissen
erklären durften, sondern unter Beachtung der Vollständigkeits- und Wahrheitspflicht
gemäß § 138 Abs. 1 ZPO konkret dazu hätten vortragen müssen, ob die von ihr
hergestellten DLT-Tapes, DVD-Rs und Master zur Anwendung der Verfahrenslehre des
Klagepatents objektiv geeignet sind.
78
Im Übrigen spricht gegen ein zulässiges Bestreiten mit Nichtwissen durch die
Beklagten, dass es sich bei der Authoring-Tätigkeit der X nicht lediglich um Vorgänge
im Bereich eines dritten – unbekannten – Unternehmens handelt. Die Tätigkeit der X
79
erfolgt vielmehr gemeinschaftlich mit der Beklagten zu 1), so dass insoweit von
Vorgängen im eigenen Geschäftsbereich gesprochen werden kann.
Zwischen den Parteien unstreitig wendet die X im Rahmen des Authoring den M-2-
Standard an, wie sich dies auch aus ihrem Internetauftritt (Anlage B-K 4 Seite 4) ergibt.
Dort wird damit geworben, dass Videomaterial der Kunden "direkt in das Format M-2
digitalisiert ....." wird (vgl. Anlagen B-K-4, S. 4; B-K-18, Seite 4). Dies ergibt sich im
Übrigen auch aus dem Internetauftritt der X, wo auf Seite 4 ausgeführt wird, dass seit
Oktober 2003 die X- über eine komplett ausgestattete 5.1-Version des DVD Creator von
T verfügt, ein Programm, welches zwischen den Parteien unstreitig die gelieferten
Videodaten in das M-2 Format umwandelt. Zu diesem Angebot der Herstellung des
Authoring, d.h. M-2-Digitalisierung von Videomaterial bietet die X in den Fällen, in
denen der Kunde bereits einen M-2 digitalisierten Master zur Verfügung stellt, auch eine
Kontrolle des Masters an, wie sich aus den werblichen Angaben der X (vgl. Anlage B-K
4, Seite 3) ergibt. Dort wird ausgeführt, dass X- jetzt ein Testsystem von Philips
aufgebaut hat, um speziell Video-DVD auf Qualität hinsichtlich Encoding, Authoring und
Mastering zu testen. Weiter heißt es:
80
"Seit Anfang Dezember 2003 werden alle DVD-Produktionen, die bei X- erstellt werden
mit diesem System getestet und protokolliert, bevor sie im Presswerk vervielfältigt
werden. Dieser Service steht auch allen Kunden zur Verfügung, die über X- reine CD-
oder DVD-Pressungen abwickeln."
81
Von diesen werblichen Angaben haben die Beklagten Kenntnis und machen sie sich im
Rahmen einer gemeinschaftlichen Tätigkeit zu eigen. So erfolgt auf der Website
www.
durch den Link "X" eine unmittelbare Weiterleitung zu dem Internetauftritt der X (vgl.
Anlage B-K 4 Seite 1). Zwar mag, wie die Beklagten ausführen, die X Eigentümerin der
Domain
www.
der Beklagten zu 1) vorangestellte Kürzel ist. Auch heißt es einleitend:
82
"Willkommen bei
83
X X
84
Aktuell: Ab dem 1. Juni 2005 wird der Vertrieb der X in Deutschland, Österreich und
Schweiz durch unsere Tochtergesellschaft X erfolgen.
85
Alle Pressaufträge werden weiterhin in Europas größtem Presswerk, der X in X,
gefertigt."
86
Bei der angeführten Rufnummer X handelt es sich um die Rufnummer der Beklagten zu
1), die ihren Unternehmenssitz in D hat, wie sich u.a. aus dem Internetauftritt der
Beklagten zu 1) unter der URL (Anlage B-K 4 Seite 2) ergibt. Auf der Homepage der
Beklagten zu 1) wird ebenso auf die oben genannte Rufnummer der Beklagten zu 1)
verwiesen, zitiert neben den Angaben der für den Verkauf, Einkauf und die Technik
verantwortlichen Personen sowie der gewerblichen Anschrift (Anlage B-K 4, Seite 2).
Die X gibt auf ihrer Homepage
www.
diese Angaben ohne Wissen und Wollen der Beklagten zu 1) und ohne ihr Zutun bzw.
ihre Zustimmung von der X erfolgt sind, ist nicht behauptet worden und erscheint vor
dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der Beklagten
zu 1) und der X auch der Erfahrung zu widersprechen. Die Beklagte zu 1) stellt auf der
87
zu 1) und der X auch der Erfahrung zu widersprechen. Die Beklagte zu 1) stellt auf der
Internetseite die weitere Dienstleistung der X vor, indem sie diese als ein auf den
Service rund um das Thema der optischen Datenträger spezialisiertes Unternehmen
sowie als eines der größten DVD-Authoring Studios in Deutschland mit umfangreicher
und langjähriger Erfahrung in der Programmierung von DVDs bezeichnet. Des weiteren
erfolgt auch eine Zusammenarbeit der Beklagten zu 1) mit der X als Authoring Studio
und Vertriebsgesellschaft bei Akquisition und Abwicklung von Aufträgen. Der von der
Klägerin durch die "X" durchgeführte Testauftrag macht dies deutlich. Die an die
Beklagte zu 1) gerichtete Auftragsanfrage, als eine solche stellt sich die Email unter der
Anschrift X dar, wurde ohne weitere Mitteilung an den Auftraggeber X an die X-
weitergeleitet und fortan von dieser bearbeitet (vgl. Anlage B-K 9). Als Email-Anschrift
ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen X . Die Auslieferung erfolgte dann wiederum
durch die Beklagte zu 1), wie sich aus dem Lieferschein Nr.: X (Anlage B-K 9, Seite 6)
ergibt. Dieser trägt die Firmenbezeichnung und Anschrift der Beklagten zu 1).
Da die Beklagte zu 1) und die X mithin ihre Tätigkeiten gemeinschaftlich wahrnehmen,
kann sich die Beklagte zu 1) nicht auf Nichtwissen berufen, weil es sich insoweit bei der
DVD-Pressung bzw. dem DVD-Authoring um Vorgänge im – nahezu – eigenen
Geschäftsbereich handelt.
88
3.) Die von der Beklagten zu 1) angebotenen und gelieferten DVDs mit Videoinhalt nach
dem M-2-Standard werden von den Verwendern auch zur Benutzung des
klagepatentgemäßen Verfahrens bestimmt, wenn diese die DVD abspielen.
89
4.) Für die Beklagte war es auf Grund der Umstände zumindest offensichtlich, dass die
von ihr gepressten DVDs mit Videoinhalt dazu geeignet und bestimmt sind, für die
Benutzung des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendet zu werden.
90
Die Beklagten führen zwar aus, dass allein der Umstand, dass die von ihr angebotenen
und vertriebenen DVDs mit Videoinhalt auf M-2-kompatiblen Geräten abgespielt werden
können, nicht belege, dass die DVDs auch tatsächlich nach dem M-2-Standard
hergestellt worden seien. Denn auch nach dem M-1-Standard hergestellte DVDs
könnten auf M-2-kompatiblen Geräten eingesetzt werden. Die Beklagte zu 1) könne
auch nicht auf andere Weise im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes erkennen, ob mit den
ihr übergebenen Daten DVDs mit Videoinhalt nach dem M-2-Standard hergestellt
worden seien. Der Datenträger enthalte lediglich das Ergebnis der einzelnen
Datenbearbeitungsschritte, ohne dass daraus entnommen werden könne, durch welche
Komprimierungsschritte das Ergebnis erzielt worden sei. Hinzu komme, dass nach dem
M-1-Standard codierte DVDs noch üblich seien.
91
Das Vorbringen der Beklagten greift jedoch nicht durch. Die Beklagten hatten Kenntnis
davon, dass zumindest ein Teil der von ihr hergestellten DVDs mit Videoinhalt nach
dem M-2-Standard codierte Daten aufweist. Die Beklagte zu 1) arbeitet – wie dargelegt -
mit der X als Authoring Studio zusammen. Der Beklagte zu 1) ist
Mehrheitsgesellschafterin mit 51 % an der X. Die X oder ein anderes Authoring Studio
fertigt die Master, mit denen die Beklagte zu 1) dann entsprechende Stamper respektive
die DVDs als Endprodukt herstellt. Die X wirbt im Internet damit, dass das Videomaterial
des Kunden beim DAV-Authoring direkt in das Format M-2 digitalisiert wird (vgl.
Anlagen B-K 4, S. 4, B-K 18, S. 4 und 5, B-K 19, S. 1). Zudem weist die X auf ihrer
Homepage darauf hin, dass sie seit Oktober 2003 über eine komplett ausgestattete 5.1
Version des DVD Creator von T verfüge (vgl. Anlage B-K 4, S. 4). Von diesem
Programm steht zwischen den Parteien unstreitig fest, dass es gelieferte Videodaten in
92
das M-2 Format umwandelt. Die Beklagten haben im Übrigen selbst vorgetragen, dass
die Beklagte zu 1) im Jahre 2005 672,6 Millionen Discs hergestellt habe, von denen
(neben 452,6 Millionen CDs) 220 Millionen DVDs gewesen seien, von denen nur ein
Teil auf Video-DVDs entfallen seien und von denen es wiederum DVDs mit M-1 und M-
2-codierten Videodaten gegeben habe. Damit steht nicht nur fest, dass die Beklagte zu
1) DVDs mit M-2-codierten Videodaten hergestellt bzw. angeboten und geliefert hat,
sondern auch, dass die Beklagte davon gewusst haben.
Die Beklagten können auch nicht damit gehört werden, dass die Beklagte zu 1) keine
Kenntnis davon gehabt habe, ob der einzelne Master, der ihr als Vorlage für die
Erstellung des Stampers bzw. der DVDs zur Verfügung gestellt worden sei, nach dem
M-2-Standard codierte Daten aufgewiesen habe. Zwar ist die auf Fahrlässigkeit
beruhende Unkenntnis des Anbieters oder Lieferanten von der Eignung des Mittels zur
Benutzung der Erfindung oder von der Bestimmung des Mittels zur Benutzung der
Erfindung durch den Angebotsempfänger oder den Belieferten nicht hinreichend, um die
subjektiven Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 PatG zu erfüllen. Es genügt jedoch
Eventualvorsatz (Benkard/Scharen, PatG, 10. Aufl., § 10, Rdn. 19). Wenn also der
Anbieter oder Lieferant sich der Eignung oder Bestimmung des Mittels zwar nicht sicher
ist, dessen Eignung und Bestimmung für eine patentverletzende Verwendung aber für
möglich hält und dies billigend in Kauf nimmt, ist Kenntnis anzunehmen (vgl. König,
Mitt., 2000, 10, 20). Genau dies ist hier der Fall. Denn die Beklagten haben gewusst,
dass der Beklagten zu 1) auch Master zur Herstellung von Stampern bzw. DVDs mit
nach dem M-2-Standard codierten Daten von den Authoring Studios bzw. den Kunden
zur Verfügung gestellt wurden, gleichwohl aber keine Maßnahmen ergriffen, welche die
Produktion derartiger DVDs ausgeschlossen hätten. Entsprechende Maßnahmen hätten
entweder darin liegen können, bei den Authoring Studios nachzufragen, ob die Master
M-2-kompatible Daten aufwiesen oder in einer entsprechenden Prüfung der Master mit
dafür geeigneter Software (insbesondere dem Programm XYZ). Die Beklagten konnten
sich also nicht sicher sein, dass sie keine DVDs mit nach dem M-2-Standard codierten
Daten hergestellt haben. Da sie gleichwohl die Herstellung der DVDs uneingeschränkt
durchgeführt haben, haben sie billigend die Herstellung DVDs nach dem M-2-Standard
in Kauf genommen.
93
Die Beklagten können auch nicht mit dem Argument durchdringen, dass diese keine
Kenntnis davon gehabt haben, dass DVDs, die nach dem M-2-Standard hergestellt
werden, geeignet sind, das in Patentanspruch 1 geschützte Verfahren zu verwirklichen.
Das Klagepatent ist als "essential patent" des M-2-Standards gelistet. Die Liste ist im
Internet unter "X" öffentlich zugänglich. Mit Schreiben der X vom 17.9.2002 wurde der
Beklagte zu 2) darauf aufmerksam gemacht, dass die in der Liste aufgeführten Patente
essentiell für die Nutzung des M-2-Standards sind. Die Beklagte zu 1) arbeitet – wie
dargelegt – eng mit der C- AG zusammen, die sich gegenüber Dritten anbietet,
Videomaterial in das Format M-2 zu digitalisieren oder M-2-digitalisierte Master auf
Qualität hinsichtlich Encoding, Authoring und Mastering zu überprüfen. Für die
Beklagten war es daher, wenn sie sich trotz dieser Umstände der Kenntnisnahme
verschlossen haben sollten, dass es sich bei DVDs nach dem M-2-Standard um Mittel
handelt, die zur Verwirklichung der Lehre des Klagepatents geeignet sind, zumindest
offensichtlich, dass dies der Fall ist.
94
5.) Die Beklagten wenden schließlich ein, dass sie weder Kenntnis noch eine
Kontrollmöglichkeit darüber hätten, an welche Käufer die DVDs gelangen. Diese
könnten berechtigt oder unberechtigt sein. Sie könnten sich im Inland oder im Ausland
95
befinden. Wirtschaftlich liege in der Tätigkeit der Beklagten zu 1) überhaupt kein
Vertrieb, weil diese lediglich an den Auftraggeber zurückliefere, von dem sie den Auftrag
zur Pressung der DVDs erhalten habe.
Auch diese Einwendungen führen nicht zum Erfolg. Zutreffend ist, dass der Tatbestand
der mittelbaren Patentverletzung nur das Anbieten oder das Liefern von Mitteln
innerhalb der Bundesrepublik Deutschland betrifft. Die Beklagten haben nicht in Abrede
gestellt, dass die Beklagte zu 1) die Pressung von DVDs zumindest auch in
Deutschland ansässigen Kunden anbietet bzw. die gepressten DVDs an diese liefert.
Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass sie rechtliche oder tatsächliche
Vorkehrungen, wie z.B. vertragliche Vereinbarungen mit ihren Auftraggebern getroffen
hat, die ausschließen, dass die DVDs an Endkunden in Deutschland verkauft werden.
Von daher gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die von der Beklagten hergestellten
DVDs mit nach dem M-2-Standard codierten Daten nicht in Deutschland abgespielt und
damit das in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Verfahren im Inland ausgeübt wird.
Genauso fehlt es an jeglichem Anhalt dafür, dass die Endverbraucher, welche die DVDs
abspielen, zur Benutzung des klagepatentgemäßen Verfahrens berechtigt sind. Der
Umstand, dass es sich dabei zumeist um Handlungen im privaten Bereich zu
nichtgewerblichen Zwecken handeln wird, steht der Verwirklichung einer mittelbaren
Patentverletzung nicht entgegen, vgl. § 10 Abs. 3 i.V.m. § 11 Nr. 1 PatG.
96
III.
97
Die Rechte aus dem Klagepatent sind nicht – wie die Beklagten meinen – dadurch
erschöpft, dass die angegriffenen DVD-ROM in einem Codierer unter Einsatz von
Codierkarten hergestellt worden sind, für die die Anbieter der entsprechenden Geräte
eine Lizenzvereinbarung mit getroffen haben.
98
1.) Erschöpfung meint den Verbrauch des Patentrechts. Der Einwand ist dann
begründet, wenn die Partei, die sich darauf beruft, schlüssig darlegen kann, dass der
Patentinhaber selbst oder ein mit dessen Zustimmung handelnder Dritter das patentierte
Erzeugnis oder das unmittelbare Erzeugnis eines patentierten Verfahrens in einem der
Vertragsstaaten der EU in Verkehr gebracht habe (BGH GRUR 1997, 116 –
Prospekthalter; 2001, 223 – Bodenwaschanlage; Benkard/Scharen, a.a.O. § 9 Rdnr. 16
m.w.N.). Besonderheiten gelten allerdings für Verfahrenspatente. Das Recht an einem
patentgeschützten Verfahren wird nicht dadurch verbraucht, dass die zur Durchführung
des Verfahrens erforderliche Vorrichtung mit Zustimmung des Patentinhabers in den
Handelsverkehr gelangt (BGH GRUR 1980, 38 – Fullplastverfahren; a.a.O. –
Bodenwaschanlage). Denn durch das Inverkehrbringen der zur Ausübung eines
Verfahrens erforderlichen Vorrichtung wird weder das Verfahren selbst in Verkehr
gebracht, noch wird eine unmittelbare Benutzungshandlung in Ausübung des
Verfahrenspatents vorgenommen (Benkard/Scharen, a.a.O.). Es ist daher allein zu
prüfen, ob derjenige, der vom Inhaber des Verfahrenspatents oder mit dessen
Zustimmung eine zur Ausübung des Verfahrens erforderliche Vorrichtung erworben hat,
diese bestimmungsgemäß benutzen darf. Dafür kommt es auf die getroffenen
Vereinbarung an.
99
2.) Das klagepatentgemäße Verfahren wird nicht mit Zustimmung der Klägerin
ausgeübt. Die Beklagten machen insoweit geltend, dass die Beklagte zu 1) bei der
DVD-Produktion stets von fertigen Pressvorlagen ausgehe, nämlich von DLTs oder
DVD-Rs (sogenannte Master), die der Beklagten zu 1) von ihren Auftraggebern zur
100
Verfügung gestellt werden und bereits identisch sämtliche Dateninhalte aufweisen
würden, die dann später auch die durch die Beklagte zu 1) zu pressenden DVDs, also
die Replikationen enthalten würden. Diese Dateninhalte wiesen ein spezielles DVD-
Format auf. Um die Pressvorlagen zu erzeugen, welche die Beklagte zu 1) und auch
andere Presswerke für die DVD-Replikation benötigen, würden sich die Auftraggeber
der Beklagten zu 1) sogenannter Authoring Studios bedienen, welche von den
Auftraggebern das Filmmaterial bzw. die Videodaten sowie außerdem sonstige Daten,
Designs und Software. Die Authoring Studios bereiten die Daten in einer für die DVD
geeigneten und erforderlichen Weise auf und stellen anschließend für die Auftraggeber
die Pressvorlagen (Master), namentlich DLTs oder DVD-Rs, her, die anschließend die
jeweiligen Presswerke für die DVD-Replikation benötigen und erhalten. Die Authoring
Studios verwenden, wie die Beklagten behaupten, die M-2-Codierer von N.V. bzw. die
M-2-Codierkarten DC-2000 von P Systems und SD-2000 von X. Diese Codierer bzw.
Codierkarten seien mit Zustimmung aller M-2-Patentpool-Mitglieder in der
Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebracht worden. X, X und X seien
Lizenznehmer der X in Bezug auf sämtliche Patente des M-2-Patentpools. Diese
Lizenzverträge würden, wie die Beklagten behaupten, zum Herstellen und zum
Vertreiben von Codierkarten bzw. Codierungssoftware, welche nach dem M-2-Standard
codieren, berechtigen. gebe auf ihrer Website öffentlich bekannt, dass die oben
genannten Hersteller einen Lizenzvertrag mit X in Bezug auf die M-2-Technologie
abgeschlossen hätten.
Ungeachtet dessen, dass die Beklagten keine näheren Umstände über die Art und den
Umfang der angeblich abgeschlossenen Lizenzverträge vorgetragen haben, spricht
gegen ihr Vorbringen, dass den Herstellern eine Lizenz zum Herstellen und Vertreiben
der Codierkarten bzw. Codierungssoftware erteilt worden und damit Erschöpfung auch
in Bezug auf das Inverkehrbringen den DVD-ROMs eingetreten ist, der als Anlage BKart
1 vorgelegte M-2-Patent-Portfolio-Lizenzvertrag. Insoweit ist davon auszugehen, dass
die Bedingungen der den Codiergeräteherstellern erteilten Lizenz mit dem überreichten
Lizenzvertrag übereinstimmen. Die Beklagten haben dies zwar bezweifelt und begehren
eine Vorlage der mit den Codiergeräteherstellern abgeschlossenen Lizenzverträge.
Eine Rechtsgrundlage ist hierfür jedoch nicht zu erkennen. Denn selbst wenn zugunsten
der Beklagten davon ausgegangen wird, dass eine Anordnung nach § 142 ZPO bereits
dann in Betracht kommt, wenn lediglich eine gewissen Wahrscheinlichkeit für die
behauptete und mittels der vorzulegenden Unterlage aufzuklärende Tatsache spricht
(vgl. BGH GRUR Mitt. 2006, 523 – Restschadstoffentfernung), verbietet sich eine
Vorlegungsanordnung vorliegend, da die Beklagten für einen von den von der
Beklagten vorgetragenen und behaupteten Vertragsinhalt keinerlei Anhaltspunkte
vorgetragen haben. Es würde sich insoweit um eine Ausforschung handeln, die auch im
Rahmen des § 142 ZPO unzulässig ist.
101
In Artikel 2.3 des genannten Vertrages ist geregelt:
102
"M-2 Encoding Products, M-2 Distribution Encoding Products, M-2 Encoding Software
and M-2 Bundled Encoding Software. Subject to Paragraph 7.16.2 hereof and to the
other terms and conditions of this Agreement, the Licensing Administrator hereby grants
the Licensee a royalty-bearing worldwide, nonexclusive, non-transferable sublicense
under all M-2 Essential Patent(s) in the M-2 Patent Portfolio to make, have made, use for
purposes other than encoding an M-2 Video Event for recording on an M-2 Packaged
Medium, and sell, offer for sale or otherwise distribute M-2 Encoding Products , M-2
Distribution Encoding Products, M-2 Encoding Software, and M-2 Bundled Encoding
103
Software. No License is granted herein, by implication or otherwise to customers of
licensee to use M-2 encoding products, M-2 distribution encoding products, M-2
encoding software, and/or M-2 bundled encoding software for encoding or having
encoded one or more M-2 video events for recording on an M-2 packaged medium for
any use or distribution other than personal use of licensee’s customer.”
Die deutsche Übersetzung lautet folgendermaßen:
104
"Der Lizenzverwalter gewährt dem Lizenznehmer hiermit eine lizenzgebührenpflichtige
weltweite, nicht-exR2ive, nicht übertragbare Unterlizenz an allen für M-2 wesentlichen
Patent(en) im M-2 Patentportfolio um M-2 Kodierungsprodukte, M-2
Übertragungskodierungsprodukte, M-2 Kodierungssoftware und gebündelte M-2
Kodierungssoftware herzustellen, herstellen zu lassen, zu anderen Zwecken als der
Kodierung eines M-2 Videoereignisses zur Aufzeichnung auf einem M-2 gepackten
Medium zu benutzen, zu verkaufen, zum Verkauf anzubieten oder anderweitig zu
vertreiben. Hiermit wird den Kunden des Lizenznehmers weder implizit noch auf andere
Art und Weise eine Lizenz zur Benutzung von M-2 Kodierungsprodukten, M-2
Übertragungskodierungsprodukten, M-2 Kodierungssoftware und/oder gebündelter M-2
Kodierungssoftware gewährt, um ein oder mehrere M-2 Videoereignisse zur Aufnahme
auf einem M-2 gepacktem Medium zu jedweder Benutzung oder jedwedem Vertrieb mit
Ausnahme des privaten Gebrauchs des Kunden des Lizenznehmers zu kodieren bzw.
kodieren zu lassen."
105
Was unter M-2 gepacktem Medium (M-2 packaged medium) und M-2 Videoereignis (M-2
video event) im Sinne des Vertrages zu verstehen ist, wird in den Artikeln 1.21 und 1.28
definiert, wo es heißt:
106
"1.21 M-2 Packaged Medium (Media) – shall mean any storage medium, including by
way of example and without any limitation magnetic tape, magnetic disk and optical disk,
storing one or more M-2 Video Events.
107
1.28 M-2 Video Event – shall mean video information having an normal playing time of
any length up to and including 133 minutes encoded into a format in compliance with the
M-2 Standard that comprises video programming, including by way of example and
without limitation, one or more movies, television shoes, video games, video
advertisements, music videos and short subject video clips, or any compilation of any of
the foregoing.”
108
Die deutsche Übersetzung lautet folgendermaßen:
109
"1.21 M-2 gepacktes Medium – soll bezeichnen jedes Speichermedium, lediglich
beispielsweise und ohne beschränkende Wirkung ein Magnetband, eine
Magnetscheibe und eine optische Scheibe, auf welcher ein oder mehrere M-2
Videoereignisse gespeichert sind.
110
1.28 Videoereignis – soll bezeichnen eine Videoinformation, die eine normale Spielzeit
von bis und einschließlich 133 Minuten aufweist, kodiert in einem Format in
Übereinstimmung mit dem M-2 Standard, welche eine Videoprogrammgestaltung
enthält, lediglich beispielsweise und ohne beschränkende Wirkung, ein oder mehrere
Kinofilme, Fernsehinhalte, Videospiele, Video-Werbung, Musikvideo und
Videokurzfilme, oder jede Zusammenstellung jeder der vorstehend genannten."
111
Die in Rede stehenden Codierkarten bzw. Codierungssoftware gehören nach dem
unwidersprochenen Vortrag der Klägerin zu den in Artikel 2.3 angesprochenen
"Encoding Products" oder "Kodierungsprodukten" bzw. der "Encoding Software" oder
"Kodierungssoftware", wie sich im Übringen aus den Definitionen in Artikel 1.17 und
1.18 ergibt. Nach Artikel 2.3 des Lizenzvertrages erstreckt sich die Lizenz mithin
lediglich auf die Herstellung der Codierkarten bzw. der Codiersoftware, nicht hingegen
auf die weitere Benutzung der Codierkarten bzw. der Codiersoftware zu Zwecken der
Kodierung eines M-2 Videoereignisses zur Aufzeichnung auf einem M-2 gepackten
Medium. Im Lizenzvertrag wurde ausdrücklich festgelegt, dass den Kunden des
Lizenznehmers weder implizit noch auf andere Art und Weise eine Lizenz zur
Benutzung der genannten Produkte gewährt wird, um ein oder mehrere M-2
Videoereignisse zur Aufnahme auf einem M-2 gepacktem Medium zu jedweder
Benutzung oder jedwedem Vertrieb mit Ausnahme des privaten Gebrauchs des Kunden
des Lizenznehmers zu kodieren bzw. kodieren zu lassen. Vor dem Hintergrund dieser
Beschränkungsregelung ist der Einwand der Beklagten unbehelflich, die den
Codiergeräteherstellern eingeräumte Lizenz umfasse auch den Gebrauch der
lizenzierten Geräte auf der Abnehmerstufe, weil der Verkauf eines Codiergerätes
wirtschaftlich nur Sinn mache, wenn die veräußerte Vorrichtung auch in Betrieb
genommen werden dürfe. Abgesehen davon, dass in dem genannten Lizenzvertrag
etwas anderes vereinbart wurde, kann sich die Benutzungserlaubnis auf der Stufe der
Codiergeräteabnehmer selbstverständlich aus einer eigenen Lizenznahme am
Klagepatent ergeben. Wie die Klägerin vorgetragen hat, entspricht es der Praxis, dass
Authoring-Studios an den Schutzrechten des M-2-Standards eine auf die Benutzung der
Codiergeräte begrenzte Lizenz erteilt wird.
112
Eine solche Beschränkung der Erlaubnis auf eine bestimmte Art der Benutzung ist
entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig und beschränkt sich nicht auf eine rein
schuldrechtliche Verpflichtung. Denn eine Lizenz kann auf einzelne der dem
Patentinhaber vorbehaltenen Benutzungsarten beschränkt werden (vgl. Krasser, a.a.O.,
Seite 820). Sie grenzt die Benutzungserlaubnis ab. Die Handlungen, die sie dem
Lizenznehmer und sonstigen Dritten verwehren, sind diesem schon auf Grund der
grundsätzlichen Ausschlusswirkung des Patentes untersagt. Wegen der fehlenden
Einräumung der Benutzungserlaubnis, muss er ihm nicht vorbehaltene Handlungen
unterlassen. Die Erschöpfung reicht nur so weit wie die von der Lizenzerteilung
erfassten Benutzungshandlungen (Benkard, a.a.O., § 15 Rdnr. 72).
113
Da es sich bei der lizenzvertraglichen Beschränkung der Nutzung der Codierkarten und
Codiersoftware um eine patentrechtlich zulässige Nutzungsbeschränkung handelt,
bestehen keine Anhaltspunkte für die von den Beklagten in diesem Zusammenhang
behauptete Kartellrechtswidrigkeit.
114
IV.
115
Der von den Beklagten erhobene Einwand kartellrechtlichen Missbrauchs und
Verstoßes gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot ist nicht begründet, Art. 82
EGV, §§ 19, 20 GWB.
116
1.) Die Klägerin ist allerdings Adressatin der Vorschriften aus Art. 82 EGV und §§ 19, 20
GWB, weil sie auf dem europäischen und dem deutschen Markt für DVDs mit
Videoinhalt eine beherrschende Stellung hat.
117
Nach der Rechtsprechung im europäischen wie im deutschen Recht ist ein relevanter
Angebotsmarkt nach dem Bedarfsmarktkonzept zu bestimmen. Der sachlich relevanten
Markt umfasst sämtliche Produkte, die sich aufgrund ihrer Eigenschaft, ihres
Verwendungszwecks und ihrer Preislage zur Befriedigung eines gleichbleibenden
Bedarfs besonders eignen und mit anderen Erzeugnissen, die einem anderen Markt
zuzurechnen sind, nur in geringem Maße ausgetauscht werden können (EuGH, Slg.
1979, 461, Rdn. 28 – Hoffmann-La Roche; BGHZ 131, 107 (110) – Pay-TV-
Durchleitung; GRUR 2004, 966, 967 – Standard-Spundfass). Einem solchen
Produktmarkt ist nach der Rechtsprechung zum deutschen Recht ein weiterer Markt
vorgelagert, wenn durch eine Industrienorm oder durch ein anderes, von den
Nachfragern wie eine Norm beachtetes Regelwerk eine standardisierte durch
Schutzrechte geschützte Gestaltung der marktrelevanten Produktes vorgegeben ist und
potenzielle Anbieter dieses Produktes erst durch die Vergabe von Benutzungsrechten in
die Lage versetzen, das Produkt auf den Markt zu bringen (BGH, a.a.O – Standard-
Spundfass). Entsprechend hat der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung
zu Lizenzverweigerungen für das europäische Recht darauf abgestellt, ob einem
vorgelagerten Markt für bestimmte Erzeugnisse oder Dienstleistungen ein weiterer Markt
nachgelagert ist, für den es unerlässlich ist, die jeweiligen Erzeugnisse oder
Dienstleistungen zu verwenden (EuGH, GRUR 2004, 524, Rdn. 42 ff. – IMS/Health,
m.w.N.).
118
Der in dem hier zu entscheidenden Fall relevante Markt betrifft DVDs mit Video-Inhalten.
Zwischen den Parteien ist nicht in Streit, dass es sich bei DVDs mit Video-Inhalten um
ein Produkt handelt, das im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung mit anderen
Datenträgern, die Video-Inhalte aufweisen, nicht oder nur in geringem Maße
austauschbar ist. Der Markt umfasst in räumlicher Hinsicht Deutschland und das Gebiet
der Gemeinschaft. Für den Zugang zum Markt für DVDs mit Video-Inhalten ist es
unerlässlich, von dem M-2-Standard Gebrauch zu machen, der die Komprimierung und
Dekomprimierung bei der Speicherung von Bilddaten auf Massenspeichern wie DVDs
regelt. Nach dem Vorbringen der Klägerin, das sich die Beklagten zur Stützung des von
ihnen erhobenen Einwandes kartellrechtlichen Missbrauchs zu eigen machen, sind alle
auf DVDs gespeicherten Bilddaten nach dem M-2-Datenkomprimierungsverfahren
komprimiert. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zudem, dass es sich bei
dem Klagepatent um ein für die Benutzung des M-2-Standards notwendiges Schutzrecht
handelt. Hersteller von DVDs mit Videoinhalten müssen also die in Anspruch 1 des
Klagepatent unter Schutz gestellte Lehre anwenden, wenn sie eine mit dem M-2-
Standard kompatible DVD herstellen wollen. Die Klägerin hat damit nach europäischem
wie nach deutschem Recht eine beherrschende Stellung auf dem Markt für DVDs mit
Videoinhalten.
119
2.) Die Beklagten vertreten die Ansicht, dass die den M-2-Pool begründenden
Vereinbarungen nach Art. 81 Abs. 1 und 2 EGV, § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB nichtig
seien. Daraus folge, dass die Klägerin von der Beklagten zu 1) nicht den Abschluss des
M-2-Portfoliopatentvertrages verlangen könne. Dieser sei vielmehr als
Ausführungsvertrag des Pool-Vertrages ebenfalls nichtig, weshalb sich die
angemessene Lizenzgebühr auf null Eurocent belaufe. Die kartellrechtliche
Unzulässigkeit des Pool-Vertrages ergebe sich aus der Tatsache, dass der Pool
erwiesenermaßen zahlreiche nichtige und/oder nicht essentielle oder zum Teil nicht
zwingend erforderliche Patente enthalte. Darüber hinaus würden diese Patente
überwiegend von Unternehmen gehalten, die bereits an den Arbeitsgruppen zur
120
Begründung des Standards beteiligt gewesen seien und sich anschließend im Rahmen
des M-2-Pools über die Lizenzierung ihrer Patente abgestimmt hätten. Schließlich folge
die kartellrechtliche Unzulässigkeit aus der fehlenden Bereitschaft der Mitglieder, die im
Pool enthaltenen Patente zu angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen
zu lizenzieren. Der Pool sei auch nicht durch die Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der
Kommission über die Anwendung von Art. 81 EGV auf Gruppen von
Technologietransfer-Vereinbarungen vom 27.4.2004 (Gruppenfreistellungsverordnung)
freigestellt. Außerdem sei die Pool-Vereinbarung geeignet, den Handel zwischen den
Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und bezwecke oder bewirke eine Verhinderung,
Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen
Marktes, Art. 81 Abs. 1 EGV. Auf den Comfort-Letter der Europäischen Kommission vom
18.12.1998 könne sich die Klägerin nicht berufen, weil dieser lediglich eine
unverbindliche schriftliche Äußerung der Kommission sei.
Der Argumentation der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Zutreffend ist, dass die
rechtliche Folge einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 1
EGV und § 1 GWB die Nichtigkeit der Vereinbarung ist, Art. 81 Abs. 1 EGV und § 1
GWB i.V.m. § 134 Abs. 1 BGB. Die Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden
Vereinbarung erstreckt sich jedoch nicht auf Folgeverträge, die Kartellmitglieder in Be-
und Verfolgung der Kartellabsprache mit unbeteiligten Dritten abschließen. Der EuGH
hat es abgelehnt, schädliche Auswirkungen von Kartellabsprachen auf die vertraglichen
Rechtsbeziehungen der Kartellmitglieder mit Dritten der Nichtigkeitsfolge des Art. 81
Abs. 1 EGV zu unterwerfen und insoweit auf das nationale Recht verwiesen (vgl. EuGH,
NJW 1984, 555, 556; Jaeger in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1,
Art. 81 Abs. 2 EGV, Rdn. 22). Nach deutschem Kartellrecht ist zwischen Ausführungs-
und Folgeverträgen zu unterscheiden. Unter Ausführungsverträgen sind Verträge zu
verstehen, die zwischen den Parteien der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung
oder zwischen diesen und Dritten geschlossen werden, wobei die Dritten allerdings in
die horizontale Abstimmung mit einbezogen worden sein müssen, also nicht
kartellfremd sein dürfen. Verträge mit kartellfremden Dritten, also etwa von Mitgliedern
des Kartells in Vollzug der Kartellvereinbarung mit unbeteiligten Dritten abgeschlossene
Verträge werden demgegenüber als Folgeverträge angesehen. Während
Ausführungsverträge im vorgenannten Sinne von der Nichtigkeitsfolge des § 1 GWB
i.V.m. § 134 BGB erfasst werden, ist dies bei Folgeverträgen nicht der Fall. Der Grund
für diese Differenzierung liegt darin, dass kartellfremde Dritte aus Gründen der
Rechtssicherheit nicht mit dem Risiko der Vertragsnichtigkeit des Folgevertrages und
damit auch mit dem Verlust ihrer Ansprüche belastet werden dürfen (vgl. BGH, NJW
1984, 2372, 2373; Nordemann in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht,
Bd. 2, § 1 GWB, Rdn. 255 f. m.w.N., Jaeger, a.a.O., Rdn. 23).
121
Danach kommt es in dem hier zu entscheidenden Fall nicht darauf an, ob in dem
zwischen den Mitgliedern des M-2-Pools geschlossenen Pool-Vertrag aus dem Jahre
1997, dem die Klägerin später beigetreten ist, eine wettbewerbsbeschränkende
Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 1 EGV bzw. § 1 GWB liegt. Selbst wenn dies zugunsten
der Beklagten als gegeben unterstellt wird, hätte dies jedenfalls nicht zur Folge, dass
damit ohne weiteres auch der der Beklagten zu 1) angebotene M-2-
Patentportfoliovertrag rechtsunwirksam wäre, weil es sich dabei unzweifelhaft um einen
Folge- und nicht einen Ausführungsvertrag des M-2-Poolvertrages handelt. Denn bei der
Beklagten zu 1) handelt es sich um einen kartellfremden Dritten, so dass nach
europäischem wie nach deutschem Recht ein Folgevertrag zustande käme, dessen
Rechtswirksamkeit unabhängig von der kartellrechtlichen Wirksamkeit des M-2-
122
Poolvertrages ist.
3.) Die Beklagten machen weiterhin geltend, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende
Stellung dadurch missbrauche, dass sie der Beklagten zu 1) lediglich den Abschluss
eines Lizenzvertrages anbiete, dessen Bedingungen unangemessen und
diskriminierend seien, Art. 82 EGV, § 19 Abs. 1 und 4 Nr. 2, § 20 Abs. 1 GWB. Dabei
beziehen sich die Beklagten vor allem auf die in dem M-2-Poollizenzvertrag
vorgesehene Höhe der Lizenzgebühr, aber auch darauf, dass mit dem M-2-
Poollizenzvertrag nichtige und/oder nicht wesentliche Patente lizenziert würden.
123
Der Ansicht der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Allerdings ist zugunsten der
Beklagten zu 1) davon auszugehen, dass dieser nach europäischem und deutschem
Kartellrecht gegenüber der Klägerin ein Anspruch auf die Gewährung einer nicht
unangemessenen und nicht diskriminierenden Lizenz an dem Klagepatent zusteht.
124
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum deutschen Recht sind bei der
Vergabe von Lizenzen an die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung dann
nicht zu geringe Anforderungen zu stellen, wenn sich die marktbeherrschende Stellung
eines Patentinhabers nicht (allein) aus der der Erfindung zu Grunde liegenden Leistung
ergibt, wie insbesondere daraus, dass sich auf Grund überragender technischer oder
wirtschaftlicher Vorteile der erfindungsgemäßen Lehre alternative Lösungen auf dem
Markt nicht absetzen lassen, sondern (zumindest auch) darauf beruht, dass der Zugang
zu einem nachgelagerten Produktmarkt auf Grund einer Norm oder auf Grund
normähnlicher einheitlicher Vorgaben der Produktnachfrager von der Befolgung der
patentgemäßen Lehre abhängig ist. Denn auch in einem solchen Fall – so der BGH –
erschwert die Norm, dass sich die patentgemäße Lösung, wie es Sinn und Zweck des
Patentschutzes entspricht, im Wettbewerb mit abweichenden technischen Lösungen
bewähren muss. Nutzt der Patentinhaber den Umstand, dass der Zugang zu einem
nachgelagerten Markt auf Grund einer Norm oder normähnlichen Rahmenbedingungen
von der Befolgung der patentgemäßen Lehre abhängig ist, um den Zutritt zu diesem
Markt nach Kriterien zu beschränken, die auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten
Zielsetzung des Gesetzes widersprechen, missbraucht er seine markbeherrschende
Stellung (BGH, GRUR 2004, 966, 968 – Standard-Spundfass). Dabei hebt der BGH
jedoch zugleich hervor, dass § 20 GWB zwar den Missbrauch verhindern will, jedoch
keine allgemeine Meistbegünstigungsklausel enthält, die marktbeherrschende
Unternehmen generell zwingen soll, allen die gleichen günstigen Preise einzuräumen.
Auch einem marktbeherrschenden Unternehmen soll insbesondere nicht verwehrt
werden, auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert reagieren zu können. Die
Zulässigkeit unterschiedlicher Behandlung richtet sich danach, ob die relative
Schlechterbehandlung der betroffenen Unternehmen als wettbewerbskonformer, durch
das jeweilige Angebot im Einzelfall bestimmter Interessenausgleich erscheint oder auf
Willkür oder Überlegungen und Absichten beruht, die wirtschaftlich oder
unternehmerisch vernünftigem Handeln fremd sind. Zudem ist zu beachten, dass die
durch die Ungleichbehandlung betroffenen Unternehmen nicht durch die Ausübung der
Macht des marktbeherrschenden Unternehmens in ihrer Wettbewerbsfähigkeit
untereinander beeinträchtigt werden sollen (BGH, a.a.O., 969 – Standard-Spundfass,
m.w.N.).
125
Der Bundesgerichtshof hat die vorgenannten kartellrechtlichen Erwägungen für den Fall
einer Lizenzierungsverweigerung aufgestellt. Die Grundsätze sind jedoch in aller Regel
auch auf Fälle übertragbar, in denen der Inhaber eines Patentes, dessen
126
marktbeherrschende Stellung nicht allein auf den technischen oder wirtschaftlichen
Vorteilen der Erfindung beruht, sondern zumindest auch darauf, dass der Zugang zu
einem nachgelagerten Produktmarkt infolge einer Norm oder aufgrund normähnlicher
Vorgaben der Produktnachfrager von der Befolgung der patentgemäßen Lehre
abhängig ist, zwar bereit ist, eine Lizenz zu erteilen, die Parteien jedoch darüber
streiten, ob die Bedingungen der angebotenen Lizenz nicht unangemessen und nicht
diskriminierend sind. Denn auch in einem solchen Fall besteht die Gefahr, dass die
Konditionen der von dem Patentinhaber angebotenen Lizenz auf Willkür oder Absichten
beruhen, die wirtschaftlich oder unternehmerisch vernünftigem Handeln fremd sind und
die betroffenen Unternehmen durch die Ausübung der Macht des marktbeherrschenden
Unternehmens in ihrer Wettbewerbsfähigkeit untereinander oder gegenüber dem
marktbeherrschenden Unternehmen beeinträchtigt werden sollen.
Nach deutschem Kartellrecht kann die Beklagte zu 1) daher von der Klägerin die
Erteilung einer nach den Bedingungen des freien Wettbewerbs im vorgenannten Sinne
nicht unangemessenen und nicht diskriminierenden Lizenz an dem Gegenstand des
Klagepatents verlangen, wobei allerdings auch zu berücksichtigen ist, dass dem
marktbeherrschenden Unternehmen nicht die Möglichkeit genommen werden soll, auf
unterschiedliche Marktbedingungen entsprechend differenziert zu reagieren. Denn – wie
bereits ausgeführt – beruht die marktbeherrschende Stellung der Klägerin an dem
Gegenstand des Klagepatents nicht allein auf dem Umstand, dass sie Inhaberin des
Schutzrechts ist, sondern ist vor allem auch darauf zurückzuführen, dass der
Gegenstand des Klagepatents Teil des M-2-Standards ist. Dieser Anspruch der
Beklagten, ist von der Klägerin auch im Wesentlichen nicht in Frage gestellt worden. Die
Parteien streiten vielmehr darüber, ob der M-2-Poollizenzvertrag, welcher der Beklagten
zu 1) angeboten worden ist, den genannten Anforderungen entspricht.
127
Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann in der Ausübung
eines ausschließlichen Rechts durch den Inhaber unter außergewöhnlichen Umständen
der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 82 EG liegen
(EuGH, GRUR 1990, 141, Rdn. 9 – Volvo; GRUR 1995, 490, Rdn. 50 – Magill). Ein
solches missbräuchliches Verhalten hat der EuGH in der Entscheidung IMS/Health für
den Fall angenommen, dass sich ein Unternehmens, das eine beherrschende Stellung
innehat und Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums an einer Bausteinstruktur ist,
die für die Präsentation von Daten über den regionalen Absatz von Arzneimitteln in
einem Mitgliedstaat unerlässlich ist, einem anderen Unternehmen, das ebenfalls
derartige Daten in dem Mitgliedstaat anbieten will, weigert eine Lizenz zur Verwendung
dieser Struktur zu erteilen, wenn das Unternehmen, das um die Lizenz ersucht hat,
beabsichtigt, auf dem Markt für die Lieferung der betreffenden Daten neue Erzeugnisse
oder Dienstleistungen anzubieten, die der Inhaber des Rechts des geistigen Eigentums
nicht anbietet und für die eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht, die
Weigerung nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist und die Weigerung geeignet
ist, dem Inhaber des Rechts des geistigen Eigentums den Markt für die Lieferung der
Daten in dem betreffenden Mitgliedstaat vorzubehalten, indem jeglicher Wettbewerb auf
diesem Markt ausgeschlossen wird (EuGH, GRUR 2004, 524, Rdn. 52– IMS/Health, vgl.
auch EuGH, GRUR Int. 1995, 490 - Magill). Der Fall unterscheidet sich von dem
Sachverhalt, der dem Standard-Spundfass-Urteil des Bundesgerichtshofs zugrunde lag,
dadurch, dass der Schutzrechtsinhaber eine durch das Schutzrecht geschützte
marktbeherrschende Stellung hinsichtlich eines ersten Produktes (Bausteinstruktur)
innehat und durch die Weigerung, einem anderen Unternehmen eine Lizenz an dem
das erste Produkt schützenden Schutzrechtes zu erteilen, dieses vom Wettbewerb
128
hinsichtlich eines zweiten Produktes (Daten über den regionalen Absatz von
Arzneimitteln) ausgeschlossen wird, weil die Benutzung des das erste Produkt
schützenden Schutzrechts für den Absatz des zweiten Produktes unerlässlich ist. In
dieser Konstellation hält der Europäische Gerichtshof an seiner bereits in dem Urteil "X"
getroffenen Entscheidung fest, dass die Lizenzverweigerung nur dann als
missbräuchlich angesehen werden kann, wenn das Unternehmen, das um die Lizenz
ersucht hat, beabsichtigt, auf dem Markt für das zweite Produkt (Daten über den
regionalen Absatz) neue Erzeugnisse oder Dienstleistungen anzubieten, die der
Inhaber des Schutzrechtes nicht anbietet und für die eine potenzielle Nachfrage der
Verbraucher besteht (vgl. EuGH, GRUR 2004, 524, Rdn. 37 f. – IMS/Health; EuGH,
GRUR Int. 1995, 490 – Magill). Von diesem Sachverhalt hebt sich der dem Urteil
Standard-Spundfass des Bundesgerichtshofs zugrunde liegende Tatbestand - wie auch
der hier zu entscheidende Fall - dadurch ab, dass die marktbeherrschende Stellung des
Schutzrechtsinhabers an dem durch das Schutzrechtrecht geschützten ersten Produkt
nicht nur auf den überragenden technischen oder wirtschaftlichen Vorteilen dieses
Produktes beruht, sondern zumindest auch darauf, dass der Zugang zu dem
Produktmarkt auf Grund einer Norm oder auf Grund normähnlicher einheitlicher
Vorgaben der Produktnachfrager von der Benutzung des Schutzrechtes abhängig ist.
Entsprechend benötigt das um eine Lizenz an dem Schutzrecht nachsuchende
Unternehmen die Lizenz nicht, um ein zweites Produkt auf den Markt zu bringen,
sondern bedarf der Lizenz, um das (einzige) Produkt entsprechend der auf dem
Produktmarkt eingeführten Norm oder der normähnlichen Vorgaben anbieten zu
können. In einem solchen Fall kann es für die Beurteilung des Missbrauchs einer
marktbeherrschenden Stellung durch Lizenzverweigerung oder Lizenzierung zu
unangemessenen und diskriminierenden Bedingungen nicht darauf ankommen, ob das
lizenznachsuchende Unternehmen beabsichtigt, ein neues Erzeugnis anzubieten, das
der Schutzrechtsinhaber nicht anbietet. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die Erteilung
einer Lizenz an dem Schutzrecht zu angemessenen und nicht diskriminierenden
Bedingungen unerlässlich für das um das Schutzrecht nachsuchende Unternehmen ist,
um Produkte herstellen und vertreiben zu können, welche die den Produktmarkt
bestimmende Norm oder die den Produktmarkt bestimmenden normähnlichen Vorgaben
einhalten (vgl. auch Conde Gallego, GRUR Int. 2006, 16, 28; Heinemann, GRUR 2006,
705, 710).
Im Ergebnis ist demnach festzuhalten, dass nach europäischem wie nach deutschem
Recht die Beklagte zu 1) von der Klägerin die Gewährung einer Lizenz an dem
Gegenstand des Klagepatents zu nicht unangemessenen und nicht diskriminierenden
Bedingungen verlangen kann, weil die Benutzung des Klagepatents unerlässlich für die
Herstellung und den Vertrieb von DVDs mit Videoinhalt nach dem den Markt für solche
DVDs bestimmenden M-2-Standard ist.
129
a) Die Bedingungen des M-2-Lizenzpoolvertrages, dessen Abschluss der Beklagten zu
1) angeboten worden ist und der auch das Klagepatent umfasst, sind nach den
Bedingungen des freien Marktes - jedenfalls derzeit - noch angemessen. Auf der
Grundlage des Vorbringens der Parteien ist nicht ersichtlich, dass die Bedingungen auf
Willkür oder Überlegungen und Absichten beruhen, die wirtschaftlich oder
unternehmerisch vernünftigem Handeln fremd und deshalb unangemessen sind.
130
Das gilt zunächst für die in dem M-2-Lizenzpoolvertrag vorgesehene Lizenzgebühr,
welche für die einzelne DVD nicht mehr als 0,03 US$ betragen soll.
131
Die Beklagten sehen die Lizenzgebühr als unangemessen an, weil darin eine starre
Stücklizenz angeboten werde. In einem vorgelagerten Markt für die Lizenzierung
patentierter Technologien wäre demgegenüber nur eine Lizenzgebühr vereinbart
worden, die sich am Prozentsatz der Netto-Verkaufserlöse bemesse, welche die
Lizenznehmer mit ihren auf der Grundlage der lizenzierten Technologie hergestellten
Produkten auf dem nachgelagerten Markt erzielen. Das ergebe sich aus der
allgemeinen Preisentwicklung auf dem DVD-Markt. Seit Einführung der DVDs im Jahre
1997 sei die Nachfrage zwar exponentiell gestiegen. Dieser Anstieg der Nachfrage sei
jedoch mit einem ganz erheblichen Verfall der Preise einhergegangenen. Die Beklagten
weisen in diesem Zusammenhang auf die als Anlage BKartR 8 und 9 vorgelegten
Statistiken der Agentur X- betreffend den durchschnittlichen Fabrikverkaufspreis für
DVD5 und DVD9 und die darauf bezogene prozentuale Entwicklung der
Lizenzgebühren.
132
Der Argumentation der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist es nicht von
vornherein als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung des Klägerin anzusehen,
dass der Beklagten zu 1) eine stück- und keine umsatzbezogene Herstellungs- und
Vertriebslizenz angeboten wird. Wie die Kammer aus einer Vielzahl von Fällen weiß,
sind im Wirtschaftsleben stück- und umsatzbezogene Herstellungs- und
Vertriebslizenzen gleichermaßen üblich. Bei Vereinbarung einer Umsatzlizenz ist das
Lizenzgebührenaufkommen neben den verkauften Stückzahlen auch an die
Entwicklung des Verkaufspreises des Lizenzgegenstandes gekoppelt, der entsprechend
der Marktsituation steigen oder fallen kann, während das Lizenzgebührenaufkommen
bei einer Stücklizenz allein von den Produktions- bzw. Vertriebszahlen abhängt, ohne
dass es auf die Entwicklung des Verkaufspreises ankommt. Bei einem Markt mit
fallenden Stückpreisen und gleichbleibenden Stückzahlen ist der Lizenznehmer bei
einer Stücklizenz im Nachteil, weil die Lizenzgebühr bei geringerem Umsatz abnimmt,
während der Nachteil bei einer umsatzbezogenen Lizenz bei Lizenzgeber und
Lizenznehmer liegt, weil der Umsatz zurückgeht. Steigen parallel zu fallenden
Stückpreisen die Stückzahlen, so wird bei einer Stücklizenz die aus den
zurückgehenden Stückpreisen resultierende höhere Belastung des Lizenznehmers
durch die höheren Stückzahlen tendenziell ausgeglichen, vorausgesetzt, dass der
Lizenznehmer mit seinem Umsatz einen Gewinn erzielt, während die Lizenzeinnahmen
für den Lizenzgeber weiter steigen. Bei einer umsatzbezogenen Lizenz profitieren
sowohl der Lizenznehmer als auch der Lizenzgeber von dem durch die höheren
Stückzahlen bedingten höheren Umsatz. Bei einem Markt mit fallenden Preisen ist also
eine Stücklizenz für den Lizenznehmer weniger vorteilhaft als eine Umsatzlizenz. Die
Stücklizenz entspricht hingegen dem Interesse des Lizenzgebers, die Lizenzierung von
der konkreten Preisgestaltung des Lizenznehmers, auf die der Lizenzgeber unmittelbar
keinen Einfluss hat, abzukoppeln. Das Angebot einer Stücklizenz bei einem Markt mit
tendenziell fallenden Preisen kann daher nicht von vornherein als unangemessen und
deshalb als Missbrauch der auf eine Industrienorm ganz oder teilweise zurückgehenden
marktbeherrschenden Stellung des Schutzrechtsinhabers angesehen werden. Vielmehr
ist entscheidend, ob die Stücklizenz infolge marktbedingten Preisverfalls einen so
hohen Anteil an den Gestehungskosten des Erzeugnisses erreicht, dass dem
Lizenznehmer eine Fortsetzung der Produktion bei wirtschaftlich vernünftigem Handeln
nicht mehr zugemutet werden kann und deshalb als nicht mehr angemessen anzusehen
ist. Erst wenn dieser Zustand erreicht ist, würde bei wirksamem Wettbewerb ein an der
Lizenzierung interessierter Schutzrechtsinhaber die Lizenzgebühren auf ein
angemessenes Niveau absenken, weil er sonst befürchten müsste, dass der
Lizenznehmer die Produktion und den Vertrieb des Erzeugnisses einstellt.
133
Aus den als Anlage BKartR 8 vorgelegten Erhebungen der Agentur X- ergibt sich, dass
die Werkverkaufspreise für eine DVD5 im Jahre 1997 bei 2,65 US$ und für eine DVD9
bei 4,50 US$ gelegen haben, während die Preise im Jahre 2005 für eine DVD5 0,51
US$ und für eine DVD9 0,70 US$ betragen haben. Parallel dazu stiegen die
Fabrikverkäufe von 55.000 DVDs im Jahre 1997 auf 2,5 Milliarden im Jahre 2005. Nach
den Angaben der Beklagten betrugen ihre reinen Herstellungskosten für eine DVD5
0,1985 US$ (0,1654 €) und für eine DVD9 0,2016 US$ (0,168 €). Außerdem sollen die
kumulierten Lizenzgebührenforderungen der DVD-Patentpools bei insgesamt 0,1155
US$ (0,0963 €) liegen, wobei sich dieser Betrag aus (mindestens) 0,0375 US$ für den
4CPool, aus (mindestens) 0,045 US$ für den 6CPool, aus 0,003 US$ für die AC-3-
Technologie und aus 0,03 US$ für den M-Pool zusammensetzt. Daraus folgen
Gestehungskosten in Höhe von insgesamt 0,314 US$ (0,2617 €) für eine DVD5 und von
0,3171 US$ (0,2643 €) für eine DVD9. Werden die von der Beklagten angegebenen
Gesamtgestehungskosten in ein Verhältnis zu den durchschnittlichen Preisen für DVD5
bzw. DVD9 im Jahre 2005 laut Erhebungen der Agentur Understanding & Solution
gesetzt, so beträgt der Kostenanteil bei einer DVD5 61,57 % und bei einer DVD9 45,30
%.
134
Die Beklagten tragen demgegenüber vor, dass der Beklagten zu 1) ganz überwiegend
Aufträge für die einmalige oder regelmäßige Herstellung großer DVD-Auflagen, das
heißt Auflagen von im Einzelfall bis zu 5 Millionen DVDs pro Auftrag und Titel oder 35
Millionen DVDs pro Jahr und Kunde erteilt würden. Dabei gehe es vielfach um die
Pressung von kostenlosen Zeitschriftenbeilagen (Covermounts), kostenlosen
Promotions-DVDs für Konsumgüter oder sonstigen DVDs aus dem Entertainment-
Bereich. Bei solchen Pressaufträgen seien die erzielbaren Netto-Fabrikabgabepreise
schon 2004 sehr niedrig gewesen.
135
Das Vorbringen der Beklagten greift nicht durch. Der von ihr selbst als Anlage BKartR9
vorgelegten Aufstellung der Agentur X- ist zu entnehmen, dass sich im Jahre 2004 der
Fabrikverkauf von DVD5 und DVD9 wie folgt aufschlüsselt:
136
Anteil am DVD5 DVD 9 Gesamtverkauf --------------------------------------------------------------------
------------------------------------------------------------ Low Volume Contract Pricing 15 % 0,82 US$
1,25 US$ Major Studio Contract Pricing 70 % 0,47 – 0,62 US$ 0,62 – 0,82 US$ Low
Season Spot Pricing 10 % 0,26 – 0,43 US$ 0,45 – 0,62 US$ Covermount Pricing 5 %
0,25 US$ 0,31 US$
137
Danach haben Covermounts im Jahre 2004 einen Marktanteil von lediglich 5 % gehabt.
Die durchschnittlichen Preise eines derart kleinen Marktsegements können nicht für die
Vereinbarung einer Stücklizenz für DVD5 und DVD9 insgesamt herangezogen werden.
Vielmehr ist für die Angemessenheit der Lizenzgebühren auf den durchschnittlichen
Verkaufspreis aller Marktsegmente für DVD5 und DVD9 entsprechend ihrer Gewichtung
im Markt abzustellen. Diese betrugen ausweislich der als Anlage BKartR 8 vorgelegten
Erhebungen von U- für DVD5 0,51 US$ und für DVD9 0,70 US$. Soweit die Beklagten
bestreiten, dass der Anteil der Covermounts am Gesamtmarkt bei lediglich 5 % liegt, ist
ihr Bestreiten nicht hinreichend substantiiert. Die Beklagten bringen keine tragfähigen
Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erhebungen der Agentur U-, die von ihnen selbst als
ein im Bereich der elektronischen Speichermedien international anerkanntes
Rechercheunternehmen bezeichnet wird, auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen
beruhen. Das Beklagtenvorbringen enthält auch keine Tatsachen, die auf eine
138
signifikante Änderung des Anteils der Covermounts in der Zeit seit 2004 hindeuten.
Die Beklagten können auch nicht damit gehört werden, dass sie abweichend vom
Gesamtmarkt verhältnismäßig mehr Covermounts produzieren und vertreiben würden.
Es ist den Lizenzgebern schon unter dem Gesichtspunkt der nichtdiskriminierenden
Behandlung einzelner Lizenznehmer verwehrt, unterschiedliche Stücklizenzen für die in
der Tabelle genannten unterschiedlichen Preissegmente festzusetzen, zumal die
Unterscheidung zwischen den einzelnen Preissegmenten fließend ist und deshalb
erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde. Im Übrigen haben die Beklagten auch nicht
substantiiert dargetan, in welchem Umfang sie Covermounts im Verhältnis zu den
anderen Preissegmenten herstellen und vertreiben. Letztendlich ist es ihre
unternehmerische Entscheidung, in welchem Umfang in welchen Preissegmenten sie
ihre DVDs herstellen und vertreiben. Für die Festsetzung einer nicht unangemessenen
Stücklizenz ist dies auch unter den Gegebenheiten eines freien Marktes irrelevant.
139
Die Beklagten wenden ferner ein, dass sich der marktübliche Fabrikabgabepreis
zwischenzeitlich weiter reduziert habe. Besonders dramatisch sei der Preisverfall bei
Aufträgen für die Pressung großer Auflagen von DVDs mit Videoinhalten. Hier lägen die
in Europa erzielbaren Fabrikabgabepreise mitunter nur noch bei 0,24 US$ (= 0,19 €) für
eine DVD5 und bei 0,25 US$ (= 0,20 €) für eine DVD9. So sei in der Branche der DVD-
Presswerke bekannt, dass beispielsweise die S-AG AG im Jahre 2005 Kunden in
Deutschland und anderen europäischen Ländern die regelmäßige Pressung von Video-
DVDs zu Preisen von effektiv 0,19 € pro DVD5 und von 0,20 € pro DVD9 angeboten
habe, wobei die Pressungen in Teilauflagen von jeweils einigen hunderttausend Video-
DVDs gleichmäßig und planbar auf das Jahr verteilt seien und insgesamt ein Volumen
von vielen Millionen DVDs p.a. erreichen sollten. Ein schriftliches Angebot zu den
genannten Preiskonditionen sei beispielsweise der X für ein Gesamtvolumen von 30
Millionen Video-DVDs gemacht worden. Entsprechend günstige Angebote für die
Pressung von DVDs erhielten deutsche Kunden auch von polnischen Presswerken, wie
den Presswerken X und X. Gegenüber der X hätten diese beiden Unternehmen im
Februar 2006 Angebote für die Herstellung und Lieferung von DVD5 zum Preis von 0,20
€ und DVD9 zum Preis von 0,25 € je Einheit bei einem Zahlungsziel von 30 Tagen,
abzüglich 2 % Rabatt bei Zahlung innerhalb von 8 bis 14 Tagen abgegeben. X und X
verfügten über keine Lizenzen der Patentpools 4C, 6C und MPEC, seien aber bisher
von keinem der Patentpools im Hinblick auf etwaige Patentverletzungen angegriffen
worden. Derartige Niedrigpreisangebote hätten den Marktpreis soweit nach unten
gezogen, dass die von X- für das Jahr 2005 ermittelten Durchschnittspreise heute nicht
mehr erzielbar seien. Nach einer für den europäischen Markt durchgeführten Erhebung
der X, X, Großbritannien, vom Februar 2006 gebe es auf dem europäischen Markt keine
Angebote von DVD-Presswerken für die Herstellung von DVD5 oder DVD9 zu Preisen
über 0,30 € pro Einheit mehr. Entsprechend gebe es auch keine Nachfrage mehr nach
DVDs zu Preisen von über 0,30 € pro Einheit. Im Gegenteil sei die Beklagte zu 1)
eingeladen worden, an einer Ausschreibung der gesamten DVD-Produktion für den
europäischen Markt von X, einer der großen US-Filmgesellschaften, teilzunehmen.
Gefordert und von allen an der Ausschreibung teilnehmenden DVD-Presswerken
geboten sei ein Fabrikabgabepreis von 0,195 € pro DVD5 und von 0,20 € pro DVD9.
Nicht nur die Pressverlage, sondern auch die großen Filmgesellschaften seien danach
nicht bereit, mehr als 0,195 € bzw. 0,20 € für die Herstellung von DVDs zu zahlen.
140
Dem Vorbringen der Beklagten hält die Klägerin entgegen, dass es sich bei den
Angebotshandlungen der X, die mit Nichtwissen bestritten würden, jedenfalls um
141
Covermounts für Presseverlage handele, mithin Billig-DVDs als Gratisbeilage zu
Zeitschriften (hier: "1"). Es stehe im Ermessen eines Presswerks, wie es seinen
Unternehmensgewinn erzielen wolle. Jedes Unternehmen werde bestimmte Produkte
mit Verlust und andere Produkte wiederum mit erheblichem Gewinnspannen anbieten,
um im Ergebnis einen Unternehmensgewinn zu generieren. So könne es auch bei der X
sein, die im Übrigen Lizenznehmerin des M-2-Patent-Portfolio-Standard-Lizenzvertrages
sei, wie sich aus der Lizenznehmerliste ergebe. Aus dieser gehe auch hervor, dass das
polnische Presswerk X Lizenznehmerin einer M-2-Lizenz sei. Die Klägerin bestreitet
den Vortrag der Beklagten, dass es keine DVD-Angebote mehr zu Fabrikabgabepreisen
von über 0,30 € pro Einheit gebe, mit Nichtwissen. Gleiches gelte für das
Beklagtenvorbringen zu einem vermeintlichen Ausschreibungsverfahren der Universal
Pictures International. Tatsache sei, dass die Lizenznehmerliste der M-2-Patent-
Portfolio-Standard-Vertragslizenznehmer eindrücklich belege, dass namhafte
Presswerke in der Lage und gewillt seien, M-2-Lizenzgebühren abzuführen, ohne dass
dadurch deren Wettbewerbsposition gefährdet werde.
Dem Vortrag der Beklagten kann nicht entnommen werden, dass sich die
durchschnittlichen Fabrikabgabepreise auf dem europäischen oder deutschen Markt für
DVDs mit Videoinhalten seit dem Jahre 2005 bis zum Schluss der mündlichen
Verhandlung, also innerhalb knapp einen Jahres, in einem Maße reduziert haben, dass
der Beklagten zu 1) die Herstellung und der Vertrieb von DVDs mit Videoinhalten unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr zugemutet werden kann, weil die in dem M-
2-Lizenzpoolvertrag geforderte Stücklizenz unangemessen hoch ist. Die allgemeine
Behauptung der Beklagten, die in Europa erzielbaren Fabrikabgabepreise für Aufträge
betreffend die Pressung großer Auflagen von DVDs mit Videoinhalten lägen mitunter
nur noch bei 0,24 US$ (= 0,19 €) für eine DVD5 und bei 0,25 (= 0,20 €) für eine DVD9 ist
nicht weiter belegt und stellt sich daher als rechtlich unbeachtliche Behauptung ins
Blaue hinein dar. Das weitere Vorbringen der Beklagten die S-AG AG habe im Jahre
2005 Kunden in Deutschland und anderen europäischen Ländern die regelmäßige
Pressung von Video-DVDs zu Preisen von effektiv 0,19 € pro DVD5 und von 0,20 € pro
DVD9 angeboten, haben die Beklagten zwar insoweit substantiiert, dass der X ein
schriftliches Angebot zu den genannten Preiskonditionen für ein Volumen von 30
Millionen Video-DVDs gemacht worden sei. Aus dem weiteren Vortrag der Beklagten
ergibt sich jedoch, dass es sich bei dem Angebot der X an die X offensichtlich um
Covermounts gehandelt hat. Denn das Angebot betraf 700.000 DVDs im zweiwöchigen
Rhythmus für die Zeitschrift "1", 750.000 DVDs im Monatsrythmus für die Zeitschrift "2"
gleichmäßig planbar über das Jahr. Wie bereits ausgeführt, kann jedoch im Hinblick auf
die Erhebung der Agentur X betreffend das Jahr 2004 nicht angenommen werden, dass
Covermounts repräsentativ für den Gesamtmarkt für DVDs mit Videoinhalten sind.
Vielmehr haben Covermounts im Jahre 2004 lediglich einen Anteil von 5 % am
Gesamtmarkt der DVD5 und DVD9 gehabt. Aus den Darlegungen der Beklagten ergibt
sich nicht, dass sich die Bedeutung von Covermounts bis heute dahin entwickelt hat,
dass diese einen bedeutsamen, den allgemeinen Marktpreis für Video-DVDs
entscheidend mitbestimmenden Anteil erreicht haben. Von daher kann dem Angebot der
X, selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass es tatsächlich gegenüber
der X abgegeben worden ist, kein Anhalt für den Durchschnittsverkaufspreis
entnommen werden, der gegenwärtig auf dem deutschen oder europäischen Markt von
Video-DVDs zu zahlen ist. Soweit die Beklagten auf Angebote der polnischen
Presswerke X und X an die X vom Februar 2006 Bezug nehmen, in denen gleichfalls
die Herstellung und Lieferung von DVD5 zum Preis von 0,20 € pro Stück und von DVD9
zum Preis von 0,25 € pro Stück angeboten werde, gilt das zu dem Angebot von X
142
Ausgeführte entsprechend. Auch hierbei handelt es sich offensichtlich um ein Angebot
betreffend Covermounts. Das ergibt sich daraus, dass die Angebote an die X gerichtet
sind und Beilagen zu Monatsheften betreffen, wie insbesondere aus dem Angebot der X
hervorgeht. Im Hinblick auf den geringen Marktanteil von Covermounts am Gesamtmarkt
für Video-DVDs fehlt damit auch im Hinblick auf die vorgelegten Angebote der
polnischen Presswerke ein Anhalt dafür, dass es sich bei den in den Angeboten der
beiden polnischen Unternehmen genannten Preisen um den gegenwärtig für den
Gesamtmarkt für Video-DVDs repräsentativen Marktpreis handelt.
Die Darlegungen der Beklagten, dass es nach einer für den europäischen Markt
durchgeführten Erhebung der X, X, Großbritannien, einer der größten europäischen
Verlagsgruppen für Spezialzeitschriften, vom Februar 2006 auf dem europäischen Markt
keine Angebote von DVD-Presswerken für die Herstellung von DVD5 und DVD6 zu
Preisen über 0,30 € pro Einheit mehr gebe, erweist sich als nicht tragfähig. Der insoweit
angebotene Sachverständigenbeweis ist nicht zu erheben, weil die Beklagten ihr
allgemeines Vorbringen nicht durch Vorlage der angeblich von der X durchgeführten
Erhebung substantiiert haben und der angebotene Beweis damit auf einen rechtlich
unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausliefe. Selbst wenn jedoch zugunsten der
Beklagten angenommen wird, dass der durchschnittliche Werksverkaufspreis für eine
DVD5 oder DVD9 bei 0,30 € liegt, was bei einem Wechselkurs gegenüber dem US$
von 1,31 (in Appendix zur Anlage BKartR 7 als Wechselkurs US$ zu € für das Jahr 2005
angegeben) 0,393 US$ entspricht, so beträgt der Kostenanteil bei Gestehungskosten in
Höhe von insgesamt 0,314 US$ (0,2617 €) für eine DVD5 und von 0,3171 US$ (0,2643
€) für eine DVD9 ca. 80 %. Auch bei einer solchen Preisgestaltung kann die von der
Klägerin geforderte Stücklizenz nicht als unangemessen im vorgenannten Sinne
angesehen werden.
143
Schließlich lässt auch das Vorbringen der Beklagten, die Beklagte zu 1) sei kürzlich
eingeladen worden, an einer Ausschreibung der gesamten DVD-Produktion für den
europäischen Markt von Universal Pictures International, einer der großen US-
Filmgesellschaften, teilzunehmen, wobei von allen an der Ausschreibung beteiligten
DVD-Presswerken ein Fabrikabgabepreis von 0,195 € pro DVD5 und von 0,20 € pro
DVD9 gefordert worden sei, nicht den Schluss zu, dass es sich dabei um das
gegenwärtige durchschnittliche Preisniveau auf dem Gesamtmarkt für Video-DVDs
handelt. Die Beklagten legen insoweit keine Ausschreibungsunterlagen vor, aus denen
die Gesamtbedingungen der Ausschreibung hervorgehen, was erst eine zuverlässige
Bewertung der Ausschreibung für den aktuellen Durchschnittspreis auf dem
Gesamtmarkt ermöglichen würde. Der von den Beklagten insoweit angebotenen
Zeugenbeweis (Zeugnis Frau X) ist nicht zu erheben, weil dies auf eine rechtlich
unzulässige Ausforschung hinausliefe.
144
Aus den Darlegungen der Beklagten geht auch nicht hervor, dass die Bedingungen des
der Beklagten zu 1) angebotenen M-2-Lizenzpoolvertrages im Übrigen nicht
angemessen sind. Die Einwendung der Beklagten, der M-2-Lizenzpoolvertrag umfasse
zahlreiche nichtige und/oder nicht essentielle oder zum Teil nicht zwingend
erforderliche Patente greift nicht durch. Die Einwendung ist rein spekulativ, weil die
Beklagte keine dem M-2-Lizenzpoolvertrag unterliegende Patente benennt, die nichtig
oder nicht essentiell sein sollen und folglich auch keine Begründung für deren
Nichtigkeit oder Unerheblichkeit für den M-2-Standard gibt. Lediglich im Hinblick auf das
Klagepatent und einzelne der Klagepatente aus den vor der erkennenden Kammer
anhängigen Parallelverfahren sind Nichtigkeitsklagen erhoben worden und hat die
145
Beklagte zu 1) im Rahmen der Nichtigkeitsklagen und auch in den Verletzungsklagen
im Rahmen zur Begründung des Antrags auf Aussetzung der Verhandlung zu den
Gründen der Nichtigkeit vorgetragen. Im Hinblick auf das Klagepatent kann den
Beklagten in ihrer Argumentation jedoch nicht gefolgt werden, wie nachfolgend bei der
Würdigung des Aussetzungsantrags auszuführen sein wird. Hinsichtlich der anderen vor
der Kammer anhängigen Verfahren, in denen die Beklagten die fehlende
Rechtsbeständigkeit des Klagepatents in einem parallel anhängigen
Nichtigkeitsverfahren geltend macht, ist insoweit auf die entsprechenden
Urteilsbegründungen zum Aussetzungsantrag zu verweisen. Im Übrigen hätte die
Nichtigkeit oder fehlende Erforderlichkeit einzelner von dem Poollizenzvertrag erfasster
Patente für die Benutzung des M-2-Standards nicht notwendigerweise die fehlende
Angemessenheit des Poollizenzvertrages zur Folge. Denn es bleibt eine Vielzahl
weiterer rechtsbeständiger und für die Benutzung des M-2-Standards essentieller
Patente, so dass die Angemessenheit der Bedingungen des M-2-Poolvertrages
insgesamt nicht in Frage gestellt ist.
Das gilt im Ergebnis auch für das weitere Argument der Beklagten, dass Lizenznehmer
alternativ zum Abschluss des M-2-Poollizenzvertrages die Möglichkeit haben müssten,
an den einzelnen Patenten Individuallizenzen zu angemessenen Bedingungen nehmen
zu können. Ist für den Zugang zu einem nachgelagerten Produktmarkt auf Grund einer
Norm oder auf Grund normähnlicher Vorgaben die Benutzung mehrerer technischer
Schutzrechte unerlässlich, kann es unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten regelmäßig
nicht als unangemessen angesehen werden, wenn der oder die Inhaber nur zu einer
gemeinsamen Lizenzierung aller insoweit unerlässlichen Schutzrechte bereit ist. Für
eine solche Bündelung sprechen vor allem Praktikabilitätsgründe (insbesondere
einfachere Lizenzierung und Verwaltung der Lizenzen). Demgegenüber ist ein
schützenswertes Interesse der Lizenznehmer daran, an den im vorgenannten Sinne
unerlässlichen Schutzrechte Einzellizenzen zu erhalten, nicht erkennbar, weil dies für
die Nutzung der Norm oder der normähnlichen Vorgaben nicht hinreichend ist.
146
b) Auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien kann auch nicht festgestellt werden,
dass die Bedingungen bzw. die Vergabepraxis des M-2-Lizenzpoolvertrages
diskriminierend sind.
147
Die Bedingungen des M-2-Lizenzpoolvertrages sehen hinsichtlich der Lizenzgebühr
vor, dass diese nicht mehr als 0,03 US$ pro Einheit betragen soll. Die Einzelheiten
ergeben sich aus Nr. 3.1.8 des M-2-Lizenzpoolvertrages. Die Beklagten beanstanden,
dass die Klägerin mit dieser Regelung von der Beklagten zu 1) höhere Lizenzgebühren
verlange als von anderen Lizenznehmern, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gebe.
Eine solche Diskriminierung liege im Vergleich zu dem Presswerk X vor, dem X eine
Begrenzung der insgesamt zu zahlenden Patentlizenzgebühren auf maximal
2.000.000,-- US$ pro Kalenderjahr eingeräumt hätten. Da sich die Standard-
Lizenzgebühr des M-2-Lizenzpools auf 0,03 US$ pro Video-DVD belaufe, decke ein
Lizenzgebührenbetrag von 2.000.000,-- US$ üblicherweise nur 66.666.666 Video-DVDs
ab. Für X bedeute dies kalkulatorisch jedes Jahr, dass sobald die genannte Anzahl an
Video-DVDs produziert sei, jede weitere Video-DVD patentgebührenfrei hergestellt
werde. Demgegenüber hat die Klägerin vorgetragen, dass die X keine unterschiedlichen
Lizenzen erteile und dies auch nicht gegenüber X getan habe. Die Lizenzbedingungen
unter Einschluss insbesondere auch der Lizenzsätze seien für alle Lizenznehmer
gleich. Dies sei ein ehernes Prinzip, von dem abzuweichen weder die Klägerin noch die
X willens seien.
148
Die Beklagten haben ihre Behauptung, X habe dem Presswerk X eine Begrenzung der
insgesamt zu zahlenden Patentlizenzgebühren auf maximal 2.000.000,-- US$ pro
Kalenderjahr eingeräumt, nicht nachgewiesen. Der von den Beklagten zum Nachweis
der Behauptung angebotene Beweis durch Vernehmung des Zeugen X braucht nicht
erhoben zu werden. Der Zeuge ist bereits in dem vor der 4b Zivilkammer des
Landgerichts Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 4 b O 508/05 geführten parallelen
Rechtsstreit als Zeuge zu eben dieser Behauptung vernommen worden und die
Parteien haben sich übereinstimmend mit einer Verwertung des Vernehmungsprotokolls
als Urkunde einverstanden erklärt. Die aus dem Vernehmungsprotokoll hervorgehende
Aussage des Zeugen X ist für den Nachweis der Behauptung der Beklagten unergiebig.
Der Zeuge berichtet zwar, dass er am 16.11.2004 als damaliger Geschäftsführer eines
Presswerkes in X, den Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft von X in deren
Geschäftsräumen in X besucht habe. Zudem ist der Aussage zu entnehmen, dass der
Zeuge X bei diesem Besuch in einem unbeobachteten Moment Gelegenheit gehabt
habe, eine Mitteilung an X mit dem Inhalt einzusehen, dass eine Vereinbarung getroffen
worden sei, wonach X für die europäische DVD-Produktion einen Gesamtbetrag von 2
Millionen US$ pro Jahr einzukalkulieren habe; dabei sei es um einen Betrag gegangen,
der an X zu zahlen gewesen sei. Wenn X oder X demnach 2 Millionen US$ als
insgesamt pro Jahr an X zu zahlenden Betrag einkalkuliert, heißt dies jedoch nicht
notwendigerweise, dass diese Summe zugleich auch die Obergrenze der von X bzw. X
an X zu zahlenden Lizenzgebühren ist. Es kann sich dabei gleichermaßen um eine
reine stückzahlbezogene Kalkulation handeln, ohne dass eine entsprechende
Limitierung der Lizenzgebühren zwischen X bzw. X und X vereinbart worden ist. In
seiner Aussage räumt der Zeuge auch ein, dass er den Wortlaut der am 16.11.2004
eingesehenen Mitteilung "nicht mehr ganz zusammen" bekomme. Wenn der Zeuge
danach ausführt, dass er die Mitteilung damals so verstanden habe, dass
Lizenzgebühren als Kostenfaktor bei der Produktion in Höhe von maximal 2 Millionen
US$ anfielen und nicht in größerer Höhe, lässt dies wiederum die entscheidende Frage
offen, ob es eine entsprechende Vereinbarung zwischen X bzw. X und X gab oder ob es
sich dabei um ausschließlich interne Kalkulationen bei X bzw. X handelte. Dies
bestätigt sich schließlich in der Vernehmung des Zeugen, wenn dieser bekundet, dass
er das Dokument damals so verstanden habe, dass an Lizenzgebühren an X zwei
Millionen US$ zu zahlen gewesen seien, er sich aber an den Begriff "maximal" nicht
erinnern könne. Die Aussage des Zeugen X ist damit für die Behauptung der Beklagten,
X habe dem Presswerk X eine Begrenzung der insgesamt zu zahlenden
Patentlizenzgebühren auf maximal 2.000.000,-- US$ pro Kalenderjahr eingeräumt,
unergiebig und bestätigt diese nicht.
149
Dem Vorbringen der Beklagten, die X sei offenbar ganz oder teilweise von der
Verpflichtung zur Lizenzgebührenzahlung an den M-Pool freigestellt, weil diese die
laufende Produktion großer Mengen DVDs nicht zu Preisen anbieten könnten, welche
die reinen Herstellungskosten der DVDs (ohne Lizenzgebühren) nur knapp überstiegen,
ist eine diskriminierende Lizenzierungspraxis gleichfalls nicht zu entnehmen. Die
Klägerin hat bestritten, dass der X gegenüber dem Standard-M-2-Lizenzpoolvertrag
Sonderkonditionen eingeräumt worden seien. Danach wäre es an den Beklagten
gewesen, im Einzelnen vorzutragen, welche günstigeren Vertragsbedingungen die X
erhalten hat, damit beurteilt werden kann, ob sich das Verlangen der Klägerin
gegenüber der Beklagten zu 1) den Standard-M-2-Lizenzpoolvertrag abzuschließen, als
diskriminierend darstellt. Selbst wenn zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt
wird, dass die X der X bei einem Volumen von 30 Millionen Einheiten Video-DVDs zu
150
Preisen von effektiv 0,19 € pro DVD5 und von 0,20 € pro DVD9 angeboten hat, folgt
daraus nicht ohne weiteres, dass der S-AG AG Sonderkonditionen oder sogar eine
Freilizenz an den von dem Standard-M-2-Lizenzpoolvertrag erfassten Patenten
eingeräumt worden sind. Denn es ist zum Einen zu berücksichtigen, dass es sich bei
dem Angebot um Covermounts handelt, wie bereits oben dargelegt worden ist. Zum
Anderen kann der günstige Preis auch auf eine entsprechende Mischkalkulation der X
handeln, bei der es sich unstreitig um eines der größten Presswerke in Europa handelt.
Von daher ist es spekulativ, aus dem günstigen Angebotspreis darauf zu schließen,
dass die X bessere Lizenzvertragsbedingungen erhalten hat, als sie der Beklagten zu 1)
angeboten worden sind.
Gleichermaßen spekulativ sind die weiteren Ausführungen der Beklagten, es habe
lizenzgebührenfreie Kreuzlizenzierungen der Klägerin mit anderen Poolmitgliedern
gegeben, und zwar neben der X namentlich X. Diese drei Unternehmen hätten bereits
im Jahre 2004 einen Marktanteil von 48 % auf dem europäischen Markt für die
Herstellung von DVDs gehabt und ihr Marktanteil sei 2005 weiter gestiegen.
Demgegenüber hat die Klägerin vorgetragen, dass es keine Sonderkonditionen für die
von den Beklagten angeführten Presswerke gebe und auch keine lizenzgebührenfreien
Kreuzlizenzierungen zwischen den Poolmitgliedern erteilt worden seien. Vielmehr seien
die Presswerke C, T und S AG allesamt M-2-Lizenznehmer und als solche in der
veröffentlichen Lizenznehmerliste aufgeführt. Nach diesem Bestreiten der Klägerin hätte
es den darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten oblegen, das ihnen günstige
Vorbringen eine Lizenzierung unter Sonderbedingungen oder einer gebührenfreien
Kreuzlizenzierung weiter zu substantiieren. Dies ist jedoch trotz eines entsprechenden
schriftsätzlichen Hinweises der Klägerin nicht erfolgt, so dass sich das Vorbringen der
Beklagten als Behauptung ins Blaue darstellt. Die Beklagten haben als Beweismittel für
ihre Behauptungen zudem allein Sachverständigenbeweis angeboten. Dabei handelt es
sich um ein ungeeignetes Beweismittel. Denn es ist nicht dargetan, auf welcher
tatsächlichen Grundlage ein zu ernennender gerichtlicher Sachverständiger in der Lage
sein soll, über die behauptete gebührenfreie Kreuzlizenzierung Beweis zu erbringen.
Auch dies zeigt den rein spekulativen und daher rechtlich unbeachtlichen Charakter der
Darlegungen der Beklagten.
151
Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass, dem Antrag der Beklagten zu
entsprechen, der Klägerin nach § 142 ZPO aufzugeben, in Kopie sämtliche
Lizenzvereinbarungen vorzulegen, welche die Klägerin selbst oder X mit DVD
Herstellern mit Sitz oder Produktionsstätten in der Europäischen Union über das
Klagepatent und andere angeblich zum M-2-Standard gehörende Patente geschlossen
hat, die Lizenzabrechnungen dieser Presswerke seit 2002 und eine Aufstellung, aus der
sich sämtliche Lizenzgebührenzahlungen dieser Presswerke in der Zeit seit 2002
ergeben.
152
Die Anordnung zur Urkundenvorlegung gegenüber einer Partei oder einem Dritten nach
§ 142 ZPO steht im pflichtgemäßen richterlichen Ermessen, wenn sich eine Partei – wie
hier die Beklagten – auf eine im Besitz der anderen Partei oder eines Dritten befindliche
Urkunde oder sonstigen Unterlage bezogen hat. Im Anschluss an die
Gesetzesbegründung wird § 142 ZPO in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein
dahin verstanden, dass die Vorschrift nicht der Ausforschung dient, sondern einen
schlüssigen Tatsachenvortrag der jeweils darlegungs- und beweisbelasteten Partei zum
wahrscheinlichen Inhalt der vorzulegenden Urkunde voraussetzt, (vgl. BT-Drucks.
14/6036, S. 120 f.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.12.2004 – 13 W 98/04, Volltext in juris;
153
LG Karlsruhe, Entsch. v. 24.1.2005 – 4 O 67/04, Volltext in juris; Musielak/Stadler, ZPO,
4. Aufl., § 142 Rdn. 1; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 64. Aufl., § 142, Rdn. 2, Einf i.V.m. §
284 Rdn. 27). Danach ist eine dem Antrag der Beklagten entsprechende
Vorlegungsanordnung nicht veranlasst. Wie ausgeführt, ist die Behauptung, die Klägerin
oder die X hätten mit anderen DVD-Herstellern günstigere Bedingungen vereinbart als
in dem als Anlage BKartR 1 vorgelegten M-2-Patentportfoliolizenzvertrag, rein
spekulativ. Den Ausführungen der Beklagten können keine Tatsachen entnommen
werden, aus denen sich zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorbringen
der Beklagten ergibt. Das gilt gerade auch im Hinblick auf den Umfang des
Vorlegungsbegehrens der Beklagten. Diese verlangen nicht nur die Vorlage bestimmter
Lizenzvereinbarungen, welche die Klägerin selbst oder X mit bestimmten europäischen
DVD-Herstellern über das Klagepatent abgeschlossen hat, sondern pauschal die
Vorlage sämtlicher Lizenzvereinbarungen sowie der Lizenzabrechnungen dieser
Presswerke seit 2002 sowie eine Aufstellung, aus der sich sämtliche
Lizenzgebührenzahlungen dieser Presswerke in der Zeit seit dem Jahre 2002 ergeben
sollen. Zum Inhalt der Lizenzvereinbarungen, -abrechnungen und –gebührenzahlungen
tragen die Beklagten hingegen nichts vor. Ihr Antrag bezweckt damit allein die
Ausforschung von Tatsachen, was allein eine Anordnung nach § 142 ZPO nicht
rechtfertigen kann.
In dem jüngst verkündeten Urteil "Restschadstoffentfernung" hat der Bundesgerichtshof
allerdings für technische Schutzrechte entschieden, dass eine Vorlegung von Urkunden
oder sonstigen Unterlagen nach § 142 ZPO angeordnet werden kann, wenn die
Vorlegung zur Aufklärung des Sachverhaltes geeignet und erforderlich, weiter
verhältnismäßig und angemessen, d.h. dem zur Vorlage Verpflichteten bei
Berücksichtigung seiner rechtlich geschützten Interessen nach Abwägung der
kollidierenden Interessen zumutbar ist. Als Anlass könne es ausreichen, dass eine
Benutzung des Gegenstandes des Schutzrechtes wahrscheinlich ist (BGH, Mitt. 2006,
523 – Restschadstoffentfernung).
154
Übertragen auf den hier zu entscheidenden Fall hätten die Beklagten also zumindest
Umstände vortragen müssen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass anderen
DVD-Herstellern bei der Lizenzierung günstigere Bedingungen eingeräumt wurden als
sie der Klägerin in dem M-2-Lizenzpoolvertrag angeboten wurden. Das ist jedoch – wie
dargelegt – nicht erfolgt. Im Übrigen bestehen erhebliche Zweifel, ob die vorgenannte
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Bereich des Kartellrechts überhaupt
übertragen werden kann. In der Gründen des Urteils "Restschadstoffentfernung" wird die
vom allgemeinen Verständnis abweichende Auslegung von § 142 ZPO vor allem mit
den völkerrechtlichen Vorgaben aus Art. 43 TRIPS-Übereinkommen sowie der
europarechtliche Bindung durch Art. 6 der bis zum 26.4.20006 in das nationale Recht
umzusetzenden Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (berichtigte
Fassung ABl. EG L 195/16 vom 2.6.2004) begründet. Die Regelungen im TRIPS-
Übereinkommen und in der Durchsetzungsrichtlinie zeigen nach Ansicht des
Bundesgerichtshofs, dass eine differenzierte Betrachtung und Anwendung von generell
formulierten Bestimmungen wie des § 809 BGB und des § 142 ZPO n.F. in
verschiedenen Rechtsgebieten, wie etwa im gewerblichen Rechtsschutz insgesamt und
insbesondere bei den technischen Schutzrechten nicht nur angebracht, sondern
jedenfalls insoweit auch geboten ist, als eine differenzierte Regelung nicht
spezialgesetzlich erfolgt ist (BGH, a.a.O., 526, l. Sp. – Restschadstoffentfernung). Im
Hinblick auf die kartellrechtlichen Vorschriften des Art. 82 EGV und der §§ 19, 20 GWB
155
gibt es jedoch weder völkerrechtliche noch europarechtliche Vorgaben, die eine weite
Auslegung des § 142 ZPO in dem Umfang erfordern, wie er vom Bundesgerichtshof für
den Bereich der gewerblichen, insbesondere technischen Schutzrechte befürwortet
wird.
Die Beklagten beziehen sich zur Begründung des Vorwurfes diskriminierender
Lizenzierungspraxis ferner auf einen Side Letter zum M-2-Standard-Lizenzvertrag, der
der Presswerkgruppe X mit Datum vom 15.11.2004 von der X angeboten wurde. Unter
Ziffer 7 des Side Letters heißt es – aus dem englischen Original in das Deutsche
übersetzt – wie folgt:
156
"Wir gehen davon aus, dass Discs, die an Ihre Kunden zurückgegeben werden, nicht als
lizenzierte Discs gelten und als solche nicht Gegenstand der Verpflichtung zur
Entrichtung von Lizenzgebühren sind. Wir werden von Zeit zu Zeit eine Mitteilung von
Ihnen über die Quote der Rückgaben solcher nicht lizenzierter Discs an Ihre Abnehmer
entgegennehmen."
157
Die Beklagten meinen, dass es sich bei diesem Auszug um eine Sonderregelung
handele, die eine klare Besserstellung der Presswerksgruppe X gegenüber den übrigen
Lizenznehmern der X darstelle, die den Standard-Lizenzvertrag unterschrieben hätten
oder dies beabsichtigten und denen eine vergleichbare Regelung nicht angeboten
worden sei. Namentlich der Beklagten zu 1) sei eine vergleichbare Vorzugsregelung
nicht angeboten worden. Diese Klausel habe insbesondere für die Beklagte zu 1) eine
große wirtschaftliche Bedeutung, weil diese in großem Umfang in der Produktion von
Covermounts tätig sei, die über Pressverlage als Beiwerk zu Presseerzeugnissen in
Verkehr gebracht würden. Die Verlage würden ihre Erzeugnisse nebst Covermounts an
den Groß- und Einzelhandel abgeben und später die nicht an Endkunden verkauften
Restauflagen nebst Covermounts wieder zurücknehmen. Solche Remissionen beliefen
sich typischerweise auf 40 % der Gesamtauflage.
158
Demgegenüber hat die Klägerin im letzten Verhandlungstermin vorgetragen, dass
jedem Lizenznehmer nach Abschluss des M-2-Poollizenzvertrages auf Wunsch auch
schon bei Abschluss des M-2-Poollizenzvertrages die unter Punkt 7 des Sideletters
genannte Bedingung eingeräumt würde.
159
Die für das Vorliegen der Voraussetzungen einer diskriminierenden Lizenzierungspraxis
darlegungsbelasteten Beklagten sind diesem Vorbringen nicht erheblich entgegen
getreten. Sie haben nicht dargetan, dass die Ausführungen der Klägerin tatsächlich
unzutreffend sind. Ihrem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass einzelnen
Lizenznehmern die in Punkt 7 genannte Bedingung eingeräumt wurde, während dies
anderen verweigert wurde. Sie haben auch nicht dargetan, dass die Beklagte zu 1)
während der letztlich erfolglosen Verhandlungen über den Abschluss des
Patentpoolvertrages bei um die Einräumung der in Punkt 7 des Side Letters genannten
Bedingung nachgesucht, M-LA dem aber nicht entsprochen hat. Es fehlt damit auch
insoweit an einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage, um ein diskriminierendes
Verhalten auf Seiten der Beklagten feststellen zu können.
160
Der Antrag, den Zeugen X dazu zu vernehmen, dass X Lizenznehmer wie
beispielsweise X und X Vorzugskonditionen, nämlich Lizenzgebührenerleichterungen
eingeräumt habe, zielt auf die prozessrechtlich unzulässige Ausforschung von
Tatsachen. Die Beklagten haben keine Anhaltspunkte vorgetragen, die ihr Vorbringen
161
als wahrscheinlich erscheinen lassen. Der Beweis ist daher nicht zu erheben.
Die Beklagten bringen schließlich vor, dass der Klägerin und den anderen Mitgliedern
des M-Patentpools vorzuwerfen sei, dass sie die Rechte aus ihren Patenten nicht
einheitlich und diskriminierungsfrei durchsetzen. Nach Angaben der Beklagten hätten in
der Europäischen Union lediglich 44 DVD-Presswerke eine M-2-Patentlizenz
abgeschlossen, obgleich es dort mehr als 100 Unternehmen gebe, die DVD-Presswerke
betrieben. Demgegenüber bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass es in Europa
mehr als 100 DVD-Presswerke gibt. Die von den Beklagten angeführten, vermeintlich
begünstigten Presswerke C, T und S seien allesamt Lizenznehmer. Näherungsweise
lägen Erkenntnisse vor, dass sämtliche M-2-Patent-Portofolio-Lizenznehmer (DVD-
Presswerke) weltweit einen Marktanteil von 88 % beanspruchten, was von den
Beklagten mit Nichtwissen bestritten wird. Eine 100%ige Lizenzierung aller DVD-
Presswerke ist nach den weiteren Ausführungen der Klägerin kaum realisierbar, weil es
auch kleinere, eher unbedeutende DVD-Presswerke gebe, deren Existenz teilweise
auch nur von kurzer Dauer sei. Alle zu erfassen sei jedoch erklärtes Ziel der M-2-
Lizenzierungspolitik.
162
Das Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten erlaubt nicht
die Feststellung, dass die Klägerin ihre Rechte an dem Klage- patent nicht einheitlich
und diskriminierungsfrei durchsetzt. Die Behauptung, dass es in Europa mehr als 100
DVD-Presswerke gebe, haben die Beklagten nicht nachgewiesen, auch nachdem dies
von der Klägerin bestritten wurde. Daher können die Beklagten auch nicht mit dem
Argument gehört werden, dass nur 44 DVD-Presswerke eine M-2-Patentlizenz erworben
hätten, obwohl es mehr als 100 DVD-Presswerke in Europa gibt. Auch im Übrigen kann
den tatsächlichen Darlegungen der Beklagten nicht entnommen werden, dass die
Klägerin ihre Rechte an dem Klagepatent nicht effektiv durchsetzt. Für die Behauptung,
dass die nach Angaben der Beklagten neben der Beklagten zu 1) größten DVD-
Presswerke in Europa, C, T und S-AG AG, keine Lizenzen zahlen, sind die Beklagten –
wie dargelegt – beweisfällig geblieben.
163
4.) Die Beklagten machen weiter geltend, dass die parallele Erhebung von 15
Verletzungsklagen ein missbräuchliches Verhalten im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG
darstelle. § 8 Abs. 4 UWG beinhalte den allgemeinen Rechtsgedanken des Schutzes
der Beklagten sowie der Gerichte vor missbräuchlicher Inanspruchnahme.
164
Dem kann nicht gefolgt werden. Nach dem Normzweck soll § 8 Abs. 4 UWG die von
einer Abmahnung oder Klage Betroffenen vor missbräuchlicher Inanspruchnahme bei
Wettbewerbsverstößen schützen. Um solche handelt es sich bei der vorliegenden
Geltendmachung von Ansprüchen wegen Verletzung technischer Schutzrechte nicht.
Die Vorschrift ist daher nicht unmittelbar anwendbar. Entgegen der Auffassung der
Beklagten bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Anwendung der
Norm auf Sachverhalte wie den vorliegenden. Denn die Voraussetzungen für eine
analoge Anwendung der Norm – vergleichbarer Sachverhalt und planwidrige
Regelungslücke – sind nicht gegeben. § 8 Abs. 4 UWG wurde geschaffen, um den
Anspruchsberechtigten vor Missbräuchen wegen vielfacher Verfolgung von
gleichartigen Wettbewerbsverstößen zu schützen, insbesondere den sich
anschließenden Forderungen von Abmahnkosten, mit denen der Verpflichtete bei
mehrfacher Verfolgung von jeweils gleichen Wettbewerbsverstößen konfrontiert wurde.
Eine vergleichbare Interessenlage liegt hier nicht vor. Mit den Klagen nehmen 11
Patentinhaber die Beklagten wegen Verletzung ihrer jeweiligen – unterschiedlichen –
165
technischen Schutzrechte in Anspruch. Dies ist der gesetzlich vorgesehene Weg zur
Durchsetzung ihrer Ansprüche aus den Klagepatenten. Als Patentinhaber sind die
Klägerin und die weiteren Kläger der Parallelverfahren zweifelsohne zur
Geltendmachung dieser Ansprüche berechtigt. Eine mehrfache Inanspruchnahme
wegen der Verletzung eines Patentes liegt nicht vor. Die Beklagten mögen sich zwar
wegen der Klagehäufungen unter Druck gesetzt fühlen, einen Lizenzvertrag wegen
Benutzung der Poolpatente abzuschließen. Darin unterscheiden sie sich jedoch nicht
von anderen Beklagten, die wegen Verletzung eines oder mehrerer technischer
Schutzrechten klageweise in Anspruch genommen werden und denen zuvor der
Abschluss eines Lizenzvertrages angeboten wurde. Die Klageverfahren dienen
vielmehr der Überprüfung und Klärung der von den Klägern erhobenen
Patentverletzungsvorwürfe. Darüber hinausgehende Umstände, welche die Erhebung
der Klagen wegen Patentverletzung ausnahmsweise als rechtsmissbräuchlich
erscheinen lassen könnte, sind von den Beklagten nicht dargetan worden und auch
sonst nicht ersichtlich.
Entsprechend bestehen auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der von den
Beklagten behaupteten wettbewerbsrechtlichen Tatbestände der unzulässigen
Druckausübung nach §§ 3, 4 Nr. 1 UWG sowie der gezielten Behinderung gemäß den
§§ 3, 4 Nr. 10 UWG. Denn für eine entsprechende Anwendung der genannten
Vorschriften bestehen mangels vergleichbarer Sachverhalte keine Anhaltspunkte. Im
Übrigen stellen die Klageerhebungen keine Wettbewerbshandlungen im Sinne des § 2
Abs. 1 UWG dar mit dem Ziel, zugunsten des eigenen oder eines fremden
Unternehmens den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen zu fördern,
was Voraussetzung für die Anwendbarkeit von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG ist. §§ 3, 4 Nr. 10
UWG finden keine Anwendung, da nicht ersichtlich ist, dass es sich bei den Klägern der
Rechtsstreitigkeiten und der Beklagten zu 1) um Mitbewerber handelt.
166
V.
167
Die Beklagten berufen sich weiterhin auf den Einwand der Verjährung. Nach Art. 64
Abs. 3 EPÜ i.V.m. § 141 PatG finden auf die Verjährung der Ansprüche wegen
Verletzung des Patentrechts die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung. Gemäß § 199 BGB setzt die
Verjährung eines Anspruchs wegen Patentverletzung voraus, dass der Inhaber in
rechtsverjährter Zeit – hier vor dem 1. Januar 2002 – positive Kenntnis von den
anspruchsbegründenden Umständen, Patentverletzung, sowie der Person des
Schuldners erlangt hat oder eine solche Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit hätte
erlangen müssen, §§ 195, 199 Abs. 1, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 147 PatG, Art. 229 § 6
EGBGB. Derartige Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.
168
1.) Dass die Klägerin selbst innerhalb verjährungsrelevanter Zeit von den
Verletzungshandlungen erfahren hat, legen die Beklagten selbst nicht dar. Unter
Verweis auf vorgerichtlichen Schriftwechsel vom 17. November 2002 sowie 30.
Dezember 2003, machen sie geltend, dass die X Kenntnis von den Patentverletzungen
gehabt habe. Diese Kenntnis kann der Klägerin hingegen nicht zugerechnet werden. Es
entspricht der auch im Rahmen des § 141 PatG zu beachtenden Rechtsprechung des
BGH zu § 852 BGB, dass die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters
grundsätzlich unbeachtlich und nur die Kenntnis eines verletzten Rechtsinhabers selbst
geeignet ist, den Lauf der Verjährung in Gang zu setzen (BGH GRUR 1998, 133, 137 –
Kunststoffaufbereitung). Nur wenn und soweit der Dritte mit der Erledigung bestimmter
169
Angelegenheiten in eigener Verantwortung von dem Verletzten betraut wurde, darf dem
Rechtsinhaber ausnahmsweise dasjenige Wissen zugerechnet werden, welches der
andere in dem ihm zugewiesenen Aufgabenbereich erlangt hat (BGH NJW 1989, 2323
m.w.N.; NJW 1968, 988). Bei Patentverletzungen kommt eine Wissenszurechnung nach
diesen Regeln nur in Betracht, wenn der Patentinhaber den Dritten mit der
Geltendmachung von Rechten aus dem Patent betraut hat (BGH a.a.O. –
Kunststoffaufbereitung), wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen. Die X hat den
Beklagten zu 2) zwar wiederholt dazu aufgefordert, den u.a. das Klagepatent
umfassenden Standard-Lizenzvertrag zu unterzeichnen. Diese Aufforderung zur
Lizenznahme stellt jedoch ersichtlich keine Geltendmachung von Verbietungsrechten
aus dem Patent dar. Die X vermittelt lediglich Lizenzen an den im Patentpool für den M-
2 Standard enthaltenen Lizenzen. Dies beinhaltet jedoch keine Berechtigung zur
Durchsetzung der Lizenzschutzrechte, insbesondere der Verfolgung einer Verletzung
durch Dritte. Die Pool-Mitglieder haben X lediglich eine nichtausschließliche Lizenz
eingeräumt und sich vorbehalten, selbst Lizenzen an ihren Patenten zu vergeben. Die X
wäre daher auf Grund ihrer Stellung als einfache Lizenznehmerin verpflichtet, eine
Ermächtigung bei den Poolmitgliedern einzuholen, um etwaige Ansprüche wegen
Patentverletzung zwangsweise durchzusetzen. Hierfür bestehen jedoch keine
Anhaltspunkte und Entsprechendes wurde von den Beklagten nicht vorgetragen.
2.) Der Klägerin kann auch nicht vorgeworfen werden, dass ihr Verletzungshandlungen
der Beklagten infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben sind. Unstreitig ist der
Klägerin bekannt, dass es sich bei der Beklagten zu 1) um eines der größten
Presswerke Europas handelt, und die Klägerin macht selbst geltend, dass das
Klagepatent zum M-2-Standard gehört, der von einem Presswerk einzuhalten ist, um ein
ordnungsgemäßes Abspielen gepresster DVD als handelsüblichen DVD-Playern zu
gewährleisten. Daher lag es für die Klägerin auf der Hand, dass sich die Beklagte zu 1)
des M-2-Standards und damit auch des Klagepatentes bedienen muss.
170
Es ist jedoch nicht zu erkennen, zu welchem Zeitpunkt die Beklagte zu 1) die DVD-
Pressung in einem solchen Umfang betrieben hat, dass sich für die Klägerin die
unweigerliche Nutzung des M-2-Standards aufdrängen musste. Nach dem Vorbringen
der Beklagten in Rahmen des kartellrechtlichen Einwandes sind die DVD-Stückzahlen
von 55.000 im Jahr 1997 auf 1.800.000.000 im Jahr 2004 angestiegen. Welche Werte
für die Zeit vor dem Jahr 2002 zugrunde zu legen sind, ist jedoch nicht zu erkennen.
Ebensowenig ist ausgeführt, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) vor dem Jahr 2002
bereits mit der Pressung von DVD befasst war. Es sind daher keine Tatsachen
vorgetragen worden und ergibt sich für die Kammer auch nicht, dass vor dem 1. Januar
2002 Umstände vorlagen, nach denen sich für die Klägerin die Benutzung des M-2
Standards durch die Beklagte zu 1) aufdrängen musste.
171
VI.
172
1.) Da die Beklagen das Klagepatent mittelbar verletzt haben, sind sie gegenüber der
Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 10 Abs. 1, 139 Abs. 1 PatG.
Das Unterlassungsgebot ist uneingeschränkt auszusprechen, weil die DVDs
ausschließlich zur Benutzung der Verfahrenslehre des Klagepatents verwendet werden
können. Die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2) und 3) folgt aus eignem Tun bzw.
Unterlassen als Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) muss sich das
Tun bzw. Unterlassen ihrer Geschäftsführer zurechnen lassen, § 31 BGB analog.
173
2.) Die Klägerin kann von den Beklagten auch Schadensersatz verlangen, Art. 64 EPÜ,
§§ 10 Abs. 1, 139 Abs. 2 PatG. Der Schuldvorwurf resultiert daraus, dass die Beklagten
ihnen mögliche und zumutbare eigene Erkundigungen und Untersuchungen nach einer
etwaigen Benutzung des Klagepatentes unterlassen haben und auch nicht darauf
vertrauen durften und konnten, dass die Authoring-Studios die patentrechtliche Situation
bereits überprüft haben. Die Beklagten können sich entsprechend der vorstehenden
Ausführungen zur Kenntnis der M-2 Codierung durch die C- AG nicht mit Erfolg auf
fehlendes Wissen zur Datencodierung berufen. Mangels näherer Kenntnis der Klägerin
über das genaue Ausmaß der Verletzungshandlungen besteht ein rechtliches Interesse
der Klägerin daran, dass die Schadenersatzpflicht der Beklagten zunächst dem Grund
nach festgestellt wird, § 256 ZPO.
174
3.) Außerdem haben die Beklagten der Klägerin Rechnung zu legen, damit die Klägerin
in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu
können, § 140b PatG, §§ 259, 242 BGB.
175
VII.
176
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht keine
Veranlassung. Nach der Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-
Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht
Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR
1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das
Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar,
den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde,
dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hemmende Wirkung
beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien
sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung kommt deshalb nur in
Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine
Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Unter Berücksichtigung dieser
Grundsätze besteht im Hinblick auf die von der Beklagten zu 1) erhobene
Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht keine hinreichende Veranlassung. Eine
Vernichtung der Klagepatente ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu
erwarten.
177
Der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Gegenstand wird durch den
prioritätsälteren Aufsatz von X und X in IEEE Transaction on Communications, vol.
COM-30, Nr. 1, Seiten 201 ff. (Anlage NK5, nachfolgend auch X genannt), nicht
neuheitsschädlich vorweggenommen.
178
Der Aufsatz befasst sich mit bewegungskompensierter Vorhersagecodierung von
Fernsehbildern (vgl. Anlage NK5, abstract, 201) und damit mit einem Verfahren zum
Übertragen von Fernsehbildssequenzen mittels eines Datenstroms über einen
Übertragungskanal mit begrenzten Übertragungskapazitäten sowie zum Wiedergeben
der Fernsehbildsequenzen. Dabei wird eine blockweise Bewegungskompensation
mittels Bewegungsvektoren offenbart (a.a.O., 201, r. Sp. unter "Algorithm": "The basis of
the proposed algorithm is a block-by-block matching method. First, every television
picture field is sub-divided into blocks. We assume that displacement is constant within
a single block.”). Bei dem aus dem Aufsatz von X bekannten Übertragungsverfahren
werden mithin auch senderseitig vorhandene Fernsehbildsequenzen teilweise beim
Übertragen ausgelassen und empfängerseitig eine Rekonstruktion einer beim
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Übertragen ausgelassenen Fernsehbildsequenz vorgenommen. Zudem erfolgt die
empfängerseitige Rekonstruktion einer ausgelassenen Fernsehbildsequenz
(vorhergehendes Vollbildsignal) aus einem zuvor übertragenen Fernsehbildsequenz
und einem übertragenen Signal, das eine Information über die Verschiebung eines
Teilbereichs (Block) zwischen einer übertragenen und ausgelassenen
Fernsehbildsequenz (Bewegungsvektor) (vgl. auch a.a.O., 202, r. Sp. letzter Satz: "The
motion compensated prediction signal is given as the preceding frame signal shifted by
the motion vector.").
Es ist auf dem derzeitigen Verfahrensstand nicht ersichtlich, dass Merkmal 6 der
klagepatentgemäßen Lehre von X offenbart wird. In der Entgegenhaltung wird das
Kodierungssystem im dritten Abschnitt erläutert. Danach erfolgt die Kodierung nach
Vorhersagemodi, wobei zwischen bewegungskompensierter Vorhersage, welche am
meisten verwendet wird, und Ausblendevorhersage gewechselt werden kann (vgl.
a.a.O., S. 203, l. Sp., drittletzter Abs.; S. 203, r. Sp., Absatz unter "X"; Übersetzung,
Anlage NK 5a, S. 9, letzter Abs., S. 10, erster Absatz unter "X"). Der Wechsel erfolgt
nach einem Umschaltalgorithmus, der experimentell bestimmt wird. Wenn der
Vorhersagefehler in der Ausblendevorhersage kleiner als 7/8 dessen der
bewegungskompensierten Vorhersage in drei aufeinanderfolgenden Feldern ist, wird
die Vorhersage auf Ausblendevorhersage umgeschaltet. Umgekehrt, wenn diese
Bedingung für fünf aufeinanderfolgende Felder nicht erfüllt ist, wird auf
Bewegungskompensation umgeschaltet (a.a.O., S. 203, r. Sp., letzter Abs.; Übersetzung,
a.a.O., S. 12, erster Abs.). Für die Übertragungsformat wird ein blocktyp-variables
Wortlängensystem verwendet (a.a.O., S. 204, l. Sp.; Übersetzung, a.a.O., S. 13). Den
Vorhersagemodi schließen sich Abstastmodi an, wobei vier Möglichkeiten benannt
werden, und zwar normales Abtasten, gemischtes Abtasten, Unterabtasten und
Feldwiderholung, vgl. Fig. 6 (a.a.O., S. 203, l. Sp. vorletzter Abs., S. 204, l. Sp. letzter
Abs., r. Sp. Abs. 1 – 6; Übersetzung, a.a.O., S. 10, Abs. 1, S. 14). Die Quantisierung wird
in zwei Schritten durchgeführt (vgl. im Einzelnen: a.a.O., S. 204, r. Sp. unter E;
Übersetzung, a.a.O., S. 14. letzter Abs. bis S. 15, 3. Abs.).
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Für Bereiche, in denen die Interrahmenvorhersagefehler groß sind (z. B. schnell
bewegte Objekte, wie z. B. ein Mensch, der in kurzem Abstand an der Kamera
vorbeiläuft), schlägt die Entgegenhaltung vor, ein grobes X genannt) (a.a.O., S.
203,(Intrafeld-DPCM-Schema mit drei Levels zu verwenden ( M wird in den(l. Sp. letzter
Abs.; Übersetzung, a.a.O., S. 15, 4. Abs.). gemischten Abtastmodi unterstützend für sehr
schnelle Bewegung benutzt und zwar als DPCM mit drei Niveaus, wobei die
Eigenschaften des DPCM-Quantisierers in X und X Figur 8 der Druckschrift gezeigte
werden und das Umschalten zwischen Interrahmenkodierung blockweise erfolgt (a.a.O.,
S. 204, r. Sp. letzter Abs., Übersetzung, S. 15, 4. Abs.).
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Die Druckschrift offenbart damit nicht, bei Teilbildbereichen einen senderseitigen
Vergleich zwischen ausgelassener Fernsehbildsequenz und aufgrund der Information
über die Verschiebung gebildeter Fernsehbildsequenz durchzuführen und für den Fall,
dass der Vergleich keine Übereinstimmung ergibt, kein Signal mit der Information über
eine Verschiebung eines Teilbildbereichs zu übertragen, sondern statt dessen jeweils
bildpunktabhängige Informationen für diesen Teilbildbereich in den übertragenen
Datenstrom einzufügen. In der X als ein grobes Entgegenhaltung wird zwar die
Verwendung von Intrafeld-DPCM-Schema mit drei Leveln vorgeschlagen. Es wird
jedoch nicht erläutert, dass der Verwendung der vorgenannte Vergleich vorauszugehen
hat. M in den weiteren Ausführungen der Druckschrift als eine X. Vielmehr wird
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besondere Variante der Abtastmodi für Bereiche, in denen die
Interrahmenvorhersagefehler groß sind, wie z.B. schnell bewegte Objekte erwähnt. Da
sich die Abtastmodi an die Vorhersagemodi anschließen, wird bei Verwendung der
Abtastmodi ein Vorhersagefehler notwendigerweise mitcodiert. Gerade dies soll aber
durch den in Merkmal 6 vorgesehenen Vergleich vermieden werden.
Die in Patentanspruch 6 genannte Lehre beruht auch im Hinblick auf die japanische
Druckschrift auf erfinderischer Tätigkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass X dem Fachmann
zum Prioritätszeitpunkt den in Merkmal 6 genannten Vergleich nahegelegt hat.
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VIII.
184
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 ZPO.
185
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1, 108 ZPO.
186
Streitwert: 2.500.000,-- €
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