Urteil des LG Düsseldorf vom 20.01.2010
LG Düsseldorf (kläger, culpa in contrahendo, prospekt, gegen die guten sitten, grobe fahrlässigkeit, fonds, beratung, kenntnis, verjährungsfrist, verhältnis zu)
Landgericht Düsseldorf, 5 O 212/09
Datum:
20.01.2010
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 O 212/09
Tenor:
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch die selbstschuldnerische
Bürgschaft einer Großbank oder Sparkasse mit Sitz in der
Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger, von Beruf selbständiger Arzt, stand mit einer Filiale der Beklagten zu 1) in
Krefeld in regelmäßigem Geschäftskontakt. Es handelte sich um die Hausbank des
Klägers, bei der er ein Praxis- und Privatkonto unterhielt. Anlässlich eines
Beratungsgesprächs machte der Mitarbeiter der Beklagten zu 1), Herr xxx, auf eine
mögliche Investition in eine Immobilie in Ostdeutschland aufmerksam. In diesem
Zusammenhang händigte Herr xxx dem Kläger auch einen entsprechenden Prospekt
aus.
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Im Anschluss an diese Beratung zeichnete der Kläger am 11.08.1993 Anteile in Höhe
von 50.000,00 DM an dem geschlossenen Immobilienfonds Medico Fonds Nr. xx Büro-
Center Magdeburg Manfred Kreienkamp KG. Die Fondsgesellschaft war im April 1993
aus der Umfirmierung der am 17.10.1989 gegründeten Medico Fonds Nr. xx City-Center
Manfred Kreienkamp KG hervorgegangen. Als persönlich haftende Gesellschafter der
Kommanditgesellschaft fungierten Herr Manfred Kreienkamp und Herr Otto Lindner.
Gründungskommanditisten der Gesellschaft waren die Beklagte zu 2), die Gebau Fonds
AG und die Gebau Fonds GmbH.
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Die Fondsgesellschaft errichtete in Magdeburg ein Büro- und Dienstleistungsgebäude.
Die Beklagte zu 2) beteiligte sich als Initiatorin der Fondsgesellschaft und
Herausgeberin des Emissionsprospektes an dem Projekt. Sie war zudem zuständig für
die Baubetreuung und Geschäftsbesorgung, darüber hinaus stellte sie Mietgarantien,
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Bürgschaften sowie weitere Garantien aus. Die für den Bau notwendigen Mittel sollten
durch dem Fonds als Kommanditisten beitretende Anleger aufgebracht werden.
In der Folgezeit erhielt der Kläger ab dem Jahre 1994 bis zum Jahre 2006
Ausschüttungen und Steuergutschriften in Höhe von jedenfalls 17.230,00 DM. Auf die
Aufstellung in der Klageschrift (Bl. 7 d.A.) wird Bezug genommen. Dabei kam es
lediglich in den Jahren 1995 bis 1997 zu einer im Prospekt bis zum Jahre 2000 – dann
bis zu 11,5 % steigend – vorgesehenen Ausschüttung von 5,25 % einschließlich
Steuergutschrift. Ab 1998 verringerten sich die Ausschüttungen, ab 2003 gab es
lediglich noch geringe Steuergutschriften. Neben den Ausschüttungen erhielt der Kläger
jährliche Rechenschaftsberichte über die wirtschaftliche Situation des Fonds, auf die
verwiesen wird (Anlage A 1 zur Klageerwiderung der Beklagten zu 2) vom 02.10.2009).
Ab dem Rechenschaftsbericht 1999 wurde hierbei darauf hingewiesen, die Mietverträge
mit der Allianz und der MPA würden im Jahre 2004 auslaufen und eine Verlängerung
sei ungewiss.
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Unter Berufung auf investiertes Kapital von 26.842,82 € und entgangene Anlagezinsen
von 15.031,98 €, wovon die oben genannten Ausschüttungen in Höhe von umgerechnet
8.809,56 € und ein nach seiner Behauptung erzieltes Auseinandersetzungsguthaben
von 1.347,25 € nach erfolgter Kündigung abzuziehen seien, begehrt der Kläger
nunmehr klageweise von den Beklagten als Gesamtschuldnern Zahlung von 31.717,99
€ nebst Zinsen nach näherer Maßgabe.
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Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, der für die Beklagte zu 1) als Berater
handelnde Herr xxx habe ihn auf mit der Beteiligung verbundene Risiken nicht
hingewiesen. Vielmehr habe er herausgestellt, er wolle für ihn eine möglichst
renditestarke Anlagemöglichkeit ermitteln und das dann vorgestellte Anlagemodell sei
nicht mit Risiken verbunden; er beteiligte sich an einer substanzstarken Immobilie, bei
der Mieteinnahmen und Fondsausschüttungen gewährleistet seien. Wegen der
Einzelheiten der nach der Behauptung des Klägers erfolgten Gespräche wird auf B II.
der Klageschrift (Bl. 4 ff. d.A.) verwiesen. Zudem habe die Beklagte zu 1) für den
Vertrieb der Beteiligungen eine Vergütung erhalten. Der Kläger meint, die Beklagte zu
1) hafte aus der Verletzung des Anlageberatungsvertrages, weil Herr xxx ihn
unzutreffend über die gerade nicht sichere und risikolose Anlage beraten habe. Zudem
habe die Beklagte zu 1) pflichtwidrig nicht über geflossene Rückvergütungen informiert,
da auch der Prospekt keine ausreichende Darstellung enthalte.
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Was die Beklagte zu 2) angehe, habe sie als Gründungsgesellschafterin persönliches
Vertrauen in Anspruch genommen. Der von ihr herausgegebene Prospekt weise
zahlreiche Fehler auf. So sei über das Fondskonzept, die personellen Verflechtungen,
die Kosten einschließlich der Finanzierungskosten, die mangelnde Fungibilität sowie
hinsichtlich der Einnahmen und voraussichtlichen Ausschüttungen unzutreffend und
falsch informiert worden. Wegen der von dem Kläger gerügten Prospektfehler im
Einzelnen wird auf die Darstellung in der Klageschrift zu B. IV. (Bl. 8 ff. d.A.) Bezug
genommen. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte zu 2) hafte sowohl als
Gründungskommanditistin als auch Prospektherausgeberin für den von ihm erlittenen
Schaden, wobei er sich etwa erzielte Steuervorteile nicht abziehen lassen müsse.
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Im Übrigen vertritt der Kläger die Auffassung, Ansprüche gegenüber beiden Beklagten
seien nicht verjährt. Vor der Beratung durch die Bevollmächtigten im Jahre 2006 habe er
keine Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt, bezüglich der
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Rückvergütungen habe er diese bis heute nicht.
Der Kläger beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 31.717,99 € nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte zu 1) bringt im Wesentlichen vor, Herr xxx als Kundenberater habe den
Kläger sachgerecht beraten und keinerlei Erklärungen abgegeben, die im Widerspruch
zu dem Verkaufsprospekt, bezüglich dessen sie eine eigene Plausibilitätsprüfung
vorgenommen habe, stehen würden. Vielmehr habe er den Kläger über die mit der
Beteiligung verbundenen Risiken umfassend und verständlich aufgeklärt. Die Beklagte
zu 1) erhebt die Einrede der Verjährung und führt aus, etwaige Ansprüche des Klägers
seien jedenfalls seit dem 31.12.2004 verjährt, da die 3-jährige Verjährungsfrist ihren
Lauf am 01.01.2002 begonnen habe. Zumindest aber zum 31.12.2007 sei die
Verjährung eingetreten, da der Kläger aus dem Rechenschaftsbericht für 2003 im Jahre
2004 ohne weiteres habe erkennen können, die ursprünglich prognostizierten
Ausschüttungen würden bereits seit dem Jahre 1998 nicht erreicht und sich
kontinuierlich verschlechtern. Soweit der Kläger nunmehr eine nicht erfolgte Aufklärung
über Rückvergütungen moniere, gehe das ins Leere. An sie geflossene Vergütungen
seien im Prospekt enthalten und hinter dem Rücken des Klägers sei nichts geflossen.
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Die Beklagte zu 2) macht im Wesentlichen geltend, der Emissionsprospekt sei nicht
fehlerhaft. Es werde über alle sich stellenden Fragen und erforderlichen Umstände
aufgeklärt, die Angaben im Prospekt seien inhaltlich zutreffend. Wolle man von
einzelnen Prospektmängeln ausgehen, fehle es jedenfalls an dem erforderlichen
Verschulden, da sie den Prospekt vor der Ausgabe von Fachleuten sorgfältig habe
prüfen lassen. Wie die Beklagte zu 1) erhebt die Beklagte zu 2) die Einrede der
Verjährung und bringt insoweit ebenfalls vor, etwaige Ansprüche des Klägers seien am
31.12.2004, spätestens zum 31.12.2007 verjährt gewesen, weil ihm die behaupteten
Fehler des Prospektes seit dem ab 1999 ungünstiger verlaufenden
Rechenschaftsberichten mit der fortschreitenden Abwärtsentwicklung bei den
Ausschüttungen bekannt gewesen seien. Des Weiteren seien Ansprüche – falls
gegeben – verwirkt. Schließlich seien auch die an die Beklagte zu 1) geflossenen
Vergütungen im Prospekt ordnungsgemäß ausgewiesen.
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Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten
Unterlagen verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 31.717,99 € oder in anderer Höhe steht
dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) als Gesamtschuldnern (§
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426 BGB) nicht zu.
Was die Beklagte zu 2) angeht, sind bereits Urteile eines anderen Einzelrichters dieser
Kammer und der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf ergangen, durch die die
Klagen der jeweiligen Anleger bezüglich des hier in Rede stehenden Fonds
abgewiesen worden sind. Auf die den Parteien bekannten Urteil vom 27.05.2009 (5 O
170/08 LG Düsseldorf) und 09.06.2009 (1 O 150/08 LG Düsseldorf) wird verwiesen. In
der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2009 hat der erkennende Einzelrichter auf
diese Entscheidungen hingewiesen und dazu geäußert, nach vorläufiger Einschätzung
komme die Möglichkeit in Betracht, dass sich das Gericht an den genannten
Entscheidungen orientiere. Das Gericht schließt sich – wie zwischenzeitlich schon in
dem am 06.01.2010 verkündeten Urteil in dem Parallelverfahren 5 O 506/08 LG
Düsseldorf – den rechtlichen Ausführungen aus den vorerwähnten Urteilen zu zwei
Parallelfällen an.
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Ob die Voraussetzungen für einen Anspruch aus einer Prospekthaftung im engeren
Sinne gegeben sein könnten, kann offen bleiben. Denn solche Ansprüche einer
Prospekthaftung im engeren Sinne sind jedenfalls verjährt. Da der Emissionsprospekt
im Jahr 1993 herausgegeben worden ist, sind die Bestimmungen des § 8 f
Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) in Verbindung mit § 13 VerkProspG nicht
anwendbar. Vielmehr ist auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der
Beklagten zu 2) gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 1. Alternative EGBGB das Bürgerliche
Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anwendbar. Als Grundlage
einer Haftung kann folglich allein die gewohnheitsrechtlich entwickelte Prospekthaftung
im engeren Sinn in Betracht kommen. An der Durchsetzung eines solchen womöglich in
Betracht kommenden Anspruchs ist der Kläger aber aufgrund der von der Beklagten zu
2) erhobenen Einrede der Verjährung gemäß § 214 BGB gehindert. Nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung werden Ansprüche aus einer Prospekthaftung im
engeren Sinne in Anlehnung an die kurzen Verjährungsfristen der spezialgesetzlichen
Prospekthaftung wie in § 20 Abs. 5 KAAGG a.F. der kurzen Verjährung von sechs
Monaten ab Kenntnis eines Anlegers von der Fehlerhaftigkeit des Prospektes und einer
kenntnisunabhängigen Verjährung von drei Jahren unterworfen, wobei der Anspruch mit
dem Erwerb einer Beteiligung entsteht (BGHZ 83, 222 und 115, 213; BGH NJW 2001,
1203). Vorliegend hat der Kläger die Zeichnung unstreitig am 11.08.1993
vorgenommen. Mit Ablauf des 11.08.1996 ist die Verjährungsfrist damit bereits
abgelaufen.
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Entgegen seiner Ansicht kann der Kläger sein Begehren aber auch nicht mit Erfolg auf
eine Prospekthaftung im weiteren Sinne oder auf Ansprüche wegen der Verletzung
vertraglicher Nebenpflichten aus culpa in contrahendo stützen. Es kann dahinstehen, ob
die für solche Ansprüche erforderlichen Voraussetzungen wie etwa die
Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens oder die Begründung
einer vorvertraglichen eigenständigen Aufklärungspflicht der Beklagten zu 2) aufgrund
ihrer Funktion als Gründungskommanditistin (vgl. BGH NJW-RR 2007, 406 und NJW-
RR 2003, 1393) und die in Betracht kommenden Prospektfehler zu bejahen sind.
Ebenso unbeachtlich ist auch, ob von einer Verletzung vertraglich begründeter
Sorgfaltspflichten durch die Beklagte zu 2) ausgegangen werden könnte. Denn ein
etwaiger aus solchen Verhaltensweisen abzuleitender Schadensersatzanspruch des
Klägers ist ebenfalls verjährt.
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Für Ansprüche dieser Art ist bis zur Schuldrechtsreform die regelmäßige
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Verjährungsfrist von 30 Jahren maßgebend gewesen. Wollte man einen Anspruch des
Klägers dem Grunde nach unterstellen, so war die früher geltende Verjährungsfrist am
31.12.2001 noch nicht abgelaufen. Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ist auf
seinerzeit noch nicht verjährte Ansprüche nunmehr die Regelverjährung des § 195 BGB
anzuwenden, bei der nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB für den Beginn der
Verjährungsfrist die Kenntniserlangung des Gläubigers von den einen Anspruch
begründenden Umständen maßgeblich ist. Eine grob fahrlässige Unkenntnis steht dabei
der positiven Kenntnis gleich (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 199, Rdnr. 36 f.
m.w.N.). Wollte man eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) bejahen, ist die
Verjährungsfrist im Zeitpunkt der am 20.03.2009 eingegangenen und der Beklagten zu
2) am 03.08.2009 zugestellten Klage jedenfalls bereits abgelaufen gewesen. Die
Voraussetzungen der eben genannten Bestimmung des § 199 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB
sind nämlich spätestens im Jahre 2004 eingetreten.
Der Kläger hatte spätestens im Jahr 2004 von den entscheidenden Punkten der
wirtschaftlichen Entwicklung des Fonds Kenntnis, die ihn deutlich auf die gerügte
fehlerhafte Information durch den zuvor erhaltenen Prospekt aufmerksam gemacht
hatten. Die Ergebnisse der Barausschüttungen, die der Kläger in der Klageschrift
tabellarisch aufgeführt hat, sind bereits ab dem Jahr 1998 Jahr für Jahr von der
prospektierten Höhe nach unten abgewichen, haben sich kontinuierlich verringert und
sind ab dem Jahr 2003, als lediglich noch eine Steuergutschrift von 0,18 Euro
Berücksichtigung gefunden hat, ausgesetzt gewesen. Bereits in dem
Rechenschaftsbericht für das Jahr 1999 sind die Anleger darauf hingewiesen worden,
die Mietverträge mit der Allianz und der MPA würden im Jahre 2004 auslaufen und es
sei ungewiss, ob diese Mieter von den Verlängerungsoptionen Gebrauch machen
würden. In dem Rechenschaftsbericht für das Jahr 2002 ist sodann mitgeteilt worden,
die Option werde von der Allianz nicht ausgeübt, ab dem damit eintretenden Mietende
zum 31.12.2004 könnten aufgrund der seinerzeit aktuellen Mietsituation in der Stadt
Magdeburg die bislang für diesen Teil des Objektes erzielten Mieteinnahmen nicht mehr
erreicht werden und daher sei mit erheblich geringeren Mieterträgen zu rechnen.
Schließlich ist in dem Rechenschaftsbericht für 2003, den der Kläger unstreitig im Jahr
2004 erhalten hat, mitgeteilt worden, selbst dann, wenn noch in Aussicht genommene,
keineswegs feststehende Anschlussvermietungen gelingen würden, sei das Objekt
nach Auslaufen der Generalmietverträge nur noch zu rund 50 % vermietet. Wenn es
dazu parallel aber schon für das Jahr 2003, also noch bei fortbestehenden
Generalmietverträgen mit den beiden genannten Mietern, gleichwohl bereits zu einer
vollständigen Aussetzung von Gewinnausschüttungen gekommen ist, ist für jeden
Anleger offenkundig gewesen und hat sich für ihn aufdrängen müssen, das Objekt sei in
eine finanzielle Schieflage geraten, es entwickele sich anders als im Prospekt
dargestellt und das dort beschriebene Anlagekonzept sei inhaltlich fehlerhaft geschildert
worden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte der Kläger Anlass, sich um die
Entwicklung seiner Beteiligung zu kümmern und diese zu hinterfragen, da nunmehr
erkennbar geworden war, der Fonds werde sich auch zukünftig nicht annähernd in dem
im Prospekt vorgezeichneten Maße mit prospektierten höheren Gesamtausschüttungen
entwickeln. Aufgrund dieser ihm nunmehr eindeutig vermittelten Kenntnisse hätte der
Kläger jedenfalls im Jahre 2004 die Beratung durch einen Rechtskundigen in Anspruch
nehmen müssen, über die er sich die erforderlichen Rechtskenntnisse im Rahmen der
Bewertung des Prospektes hätte verschaffen können. In einer solchen Situation, bei der
sich das Auseinanderlaufen von Fondsbeschreibungen und Praxis aufdrängt, muss von
dem Bestehen einer Handlungspflicht für den Anleger ausgegangen werden. Es kann
grundsätzlich nicht einem Gläubiger überlassen sein, durch Aufschieben einer
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angezeigten Beratung wie vorstehend aufgeführt den Beginn der Verjährungsfrist
hinauszuzögern. Die auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit ist in einem solchen
Fall einer positiven Kenntnis gleichzusetzen (vgl. auch BGH VersR 1985, 367). Dabei
kommt es nicht darauf an, ob der Kläger zum damaligen Zeitpunkt alle von ihm nunmehr
im Einzelnen gerügten Fehler des Prospektes bereits hat erkennen können oder sich
diese ihm insgesamt aufgedrängt haben. Maßgeblich ist, dass der Kläger aufgrund der
bis zum Jahre 2004 vorliegenden Rechenschaftsberichte für die vergangenen Jahre bis
einschließlich 2003 hat erkennen können und müssen, der Fonds entwickele sich in
einer Weise wirtschaftlich negativ, dass offensichtlich von im Prospekt hierzu
enthaltenen falschen bzw. unrichtigen Angaben ausgegangen werden musste. Indem
der Kläger die Inanspruchnahme einer damit gebotenen Beratung unterlassen hat, hat
er in einer Art und Weise fahrlässig gehandelt, die die Voraussetzungen des § 199 Abs.
1 Nr. 2 BGB erfüllt. Bei Schadensersatzansprüchen ist eine grobe Fahrlässigkeit
nämlich zu bejahen, wenn ein Gläubiger in Kenntnis eines drohenden oder
eingetretenen Schadens untätig bleibt, obwohl er sich in zumutbarer Weise Kenntnis
über die zur Verfolgung notwendigen Tatsachen oder Rechtskenntnisse verschaffen
kann. So liegt es hier. Wenn nämlich dem Vorbringen des Klägers an dieser Stelle
folgend der Emissionsprospekt offensichtliche und schwerwiegende Fehler und
unzutreffende Informationen aufgewiesen hat, wäre dies bei der gebotenen Beratung –
wie nach seinem Vorbringen später im Jahr 2006 dann ja auch geschehen – unmittelbar
aufgefallen.
Wenn der Kläger im Hinblick auf die – verharmlosenden – Ausführungen in den
verschiedenen Rechenschaftsberichten die Ansicht vertritt, diese würden
nachvollziehbare Begründungen für die Reduzierung der Ausschüttungen bzw. deren
vollständige Aussetzung enthalten, kann ihm nicht gefolgt werden. Auch der Hinweis auf
die Mietgarantien der Gebau AG liefert insoweit keinen Anhaltspunkt für eine
abweichende Betrachtung. Denn wenn schon bei bestehender, im Jahre 2004
auslaufender Mietgarantie die Ausschüttungen ab dem Jahr 2003 vollständig ausgesetzt
waren, belegt dies in eindeutiger Weise, dass das Fondskonzept fehlerhaft gewesen ist.
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Anders als in der von dem Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
03.06.2008 (NJW 2008, 2576) haben sich die Rechenschaftsberichte ab dem Jahr 1999
im Übrigen wie ausgeführt nicht auf die bloße Information von zurückgehenden
Mieterträgen beschränkt. Vielmehr folgt aus diesen Berichten und den zurückgehenden,
dann eingestellten Ausschüttungen mit Ausnahme einer geringen Steuergutschrift die
nicht gegebene Realisierung des Fondskonzeptes wie im Prospekt geäußert. Das
unterscheidet den hier zur Entscheidung stehenden Sachverhalt von der Konstellation,
die dem Bundesgerichtshof in der eben genannten Entscheidung zugrunde gelegen hat
und bei der im Übrigen über eine arglistige Täuschung zu befinden gewesen ist.
26
Auch der in diesem Rechtsstreit erfolgte Hinweis des Klägers auf die weitere
Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09.11.2007 (NJW 2008, 506) ist nicht
geeignet, bezüglich der Verjährungsproblematik zu von dem Vorstehenden
abweichenden Bewertungen zu gelangen. Nach dieser Entscheidung des
Bundesgerichtshofs beginnt die kenntnisabhängige Verjährungsfrist bei mehreren
Beratungsfehlern für jeden Fehler gesondert zu laufen, wenn sich ein
Schadensersatzanspruch auf mehrere Beratungsfehler stützen lässt. Denn die von dem
Kläger hier gerügten fehlerhaften Angaben in dem Emissionsprospekt stellen sich als
Einheit dar und ab dem vorgenannten Zeitpunkt ist dem Kläger deutlich vor Augen
geführt worden, das gesamte, sich aus dem Fondsprospekt insgesamt ergebende
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Konzept sei unzutreffend und verlaufe nunmehr nicht nur nicht den Erwartungen
entsprechend, sondern gegenläufig zu dem prospektierten Erfolg. Dass der Kläger erst
später als durch die Rechenschaftsberichte veranlasst ohne grobe Fahrlässigkeit und in
jahrelanger Kenntnis der Angaben in dem Verkaufsprospekt, den er seit 1993 in Händen
hatte, von einem der behaupteten Prospektfehler mit eigenen Schadensfolgen Kenntnis
hätte erlangen können, ist weder ersichtlich noch dargetan. Wie eben bereits ausgeführt
erweisen sich die von dem Kläger gerügten Mängel des Prospektes als Einheit, die zu
dem negativen Verlauf beigetragen haben.
Ansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264
a StGB oder gemäß § 826 BGB gegenüber der Beklagten zu 2) sind nicht gegeben.
Nachvollziehbare Ausführungen des Klägers zu einem womöglich betrügerischen
und/oder einem gegen die guten Sitten verstoßenden Verhalten der Verantwortlichen
der Beklagten zu 2) sind nicht ausreichend dargelegt.
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Soweit der Kläger meint, die Beklagte zu 2) müsse sich auch das Verhalten der
Beklagten zu 1) zurechnen lassen, folgt aus einer etwaigen Zurechnung fremden
Verhaltens hier jedenfalls deshalb kein Schadensersatzanspruch, weil ein solcher auch
gegen die Beklagte zu 1) nicht durchgesetzt werden kann, wie nachstehend
auszuführen ist.
29
Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1) auf Schadensersatz aus einem
mit dieser geschlossenen Anlageberatungsvertrag sind nicht gegeben.
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Ob die Beklagte zu 1) eine – zudem zutreffende – Plausibilitätsprüfung des
geschlossenen Fonds vorgenommen hat und ob im Rahmen des unstreitig gegebenen
Anlageberatungsvertrages mit dem Kläger, der die Beklagte zu 1) zu richtigen und
vollständigen Auskünften bezüglich der vorgestellten Anlagemöglichkeit verpflichtete,
seitens ihres Mitarbeiters Herr xxx unzutreffende Erklärungen abgegeben worden sind
und deshalb eine Haftung der Beklagten zu 1) für einen dem Kläger entstandenen
Schaden in Betracht kommen könnte, kann letztlich offen bleiben, da auch die Beklagte
zu 1) die Einrede der Verjährung erhoben hat und etwaige Ansprüche des Klägers
gegen sie jedenfalls verjährt sind.
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Bezüglich des Laufs der Verjährungsfrist kann auf die obigen Ausführungen bezüglich
der Beklagten zu 2) verwiesen werden, soweit Ansprüche aus Prospekthaftung im
weiteren Sinne und aus culpa in contrahendo erörtert worden sind. Nach dem
Sachvortrag des Klägers hat der für die Beklagte zu 1) handelnde Herr Nüsser im
Rahmen des Beratungsgesprächs u.a. geäußert, er wolle eine – dann in Gestalt des hier
streitgegenständlichen Fonds vorgestellte-renditestarke Anlagemöglichkeit für den
Kläger ermitteln und die Mieteinnahmen sowie die Fondsausschüttungen seien
gewährleistet. Dass das nicht zutreffend gewesen ist, sondern aus den
Rechenschaftsberichten umgekehrt die gegenläufige Entwicklung bis hin zu einer
lediglich minimalen Steuergutschrift für das Jahr 2003 hat abgeleitet werden müssen
und diese Umstände jedenfalls spätestens im Jahre 2004 bekannt geworden sind, ist
bereits weiter oben ausgeführt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen
verwiesen. Der Kläger ist des Weiteren in dem Schriftsatz vom 25.11.2009 unter Nr. I. lit.
b) selber davon ausgegangen, die Beratung durch Herrn xxx sei anhand des Prospektes
erfolgt. Folglich erweisen sich die Beratung durch die Beklagte zu 1) und der Prospekt
als Einheit in dem Sinne, dass der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) den Prospekt seiner
Beratung zugrunde gelegt hat. Dann gilt auch im Verhältnis zu der Beklagten zu 1), dass
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der Kläger ab den oben dargestellten Zeitpunkten die Unrichtigkeit des Fondskonzeptes
erkennen und entsprechend reagieren musste, indem er sachkundige Beratung in
Anspruch nahm. Der Kläger hat dementsprechend auch gegenüber der Beklagten zu 1)
schon in der Klageschrift auf Seite 6 u.a. den Vorwurf erhoben, die Möglichkeit des
Ausbleibens angeblich gesicherter Ausschüttungen infolge nicht erzielbarer
Mieteinnahmen sei ihm nicht genannt worden. Mit den angeblich im Rahmen des
Beratungsgesprächs des Weiteren nicht erfolgten Hinweisen handelt es sich
verjährungsrechtlich – wie oben bei der Beklagten zu 2) dargestellt – um einen
einheitlichen Vorgang. Folglich ist die Verjährungsfrist auch hinsichtlich der Beklagten
zu 1) bereits abgelaufen gewesen, nämlich mit Ablauf des 31.12.2007, als ihr die Klage
am 03.08.2009 zugestellt worden ist.
Schließlich ist auch ein Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1) aus
Verschulden bei Vertragsschluss wegen einer unterlassenen Aufklärung über
Rückvergütungen, die der Kläger im Laufe des Rechtsstreits eingewandt hat, nicht
gegeben. Zwar könnte insoweit in Betracht gezogen werden, die Kenntnis des Klägers
von der wirtschaftlich ungünstigen Lage der Fondsgesellschaft führe nicht zu einer
Kenntnis von dieser anders gearteten Pflichtverletzung und der Kläger habe mithin
diesbezüglich auch nicht grob fahrlässig gehandelt, als er nach den durch die
Rechenschaftsberichte erhaltenen Informationen keinen Rat eingeholt habe, was
wiederum zur Folge hätte, dass ein solcher Anspruch nicht verjährt wäre. Diese Frage
braucht aber nicht entschieden zu werden, weil ein solcher Anspruch des Klägers aus
anderen Gründen nicht in Betracht kommt.
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Ob es sich bei den an die Beklagte zu 1) geflossenen Geldern um eine Rückvergütung
im eigentlichen, zu einer Aufklärungspflicht führenden Sinne handelt – zu den
Bedenken wird auf die Ausführungen der Beklagten zu 1) in dem Schriftsatz vom
03.12.2009 auf Seite 6 ff. verwiesen -, kann letztlich dahin stehen. Grund für die
Rechtsprechung, die dahin geht, Banken seien zur Aufklärung über etwaige
Rückvergütungen verpflichtet, ist der Umstand, dass der jeweilige Kunde einer Bank
ohne entsprechende Aufklärung davon ausgehen könne, die Beratung erfolge allein in
seinem Interesse im Rahmen der mit der Bank – wie hier – bestehenden oder noch
einzugehenden Geschäftsbeziehung. Einem solchen Kunden muss das Kreditinstitut
verdeutlichen, ob und insbesondere in welchem Umfang auch andere Interessen,
nämlich die an der Rückvergütung, die Beratung beeinflussen (s. etwa BGH, Beschluss
vom 20.12.2009 – XI ZR 510/07 -). Denn einer danach etwa gegebenen Pflicht zur
Aufklärung ist vorliegend jedenfalls genügt worden.
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Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben in ihren Schriftsätzen vom 03.12.2009 bzw.
02.12.2009, mit dem sie zu dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers aus dem
Schriftsatz vom 25.11.2009 Stellung genommen haben, übereinstimmend und zutreffend
ausgeführt, in dem der Beteiligung des Klägers zugrunde liegenden Emissionsprospekt
sei über an die Beklagte zu 1) fließende Vergütungen ausreichend und deutlich
aufgeklärt worden. Auf Seite 14 des Prospektes ist unter der Rubrik "Werbekosten,
Prospekterstellung, Vermittlung des Eigenkapitals" aufgeführt, hierfür falle der dann
genannte Anteil der Gesamtkosten an. Auf Seite 30 des Prospektes wiederum ist
derselbe Anteil unter zusätzlicher prozentualer Gewichtung unter der Rubrik
"Vermittlung des Eigenkapitals, Werbe- und Prospektkosten" genannt und als
Vertragspartner ausdrücklich u.a. die Beklagte zu 1) erwähnt. Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 25.09.2007 – XI ZR 320/06 -) sind unter dem
Begriff Eigenkapitalbeschaffung für einen Anleger Kosten für den Vertrieb der
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Kommanditbeteiligungen zu verstehen. Dasselbe gilt für den hier verwandten Begriff
Eigenkapitalvermittlung. Dementsprechend ergab sich für den Kläger aus dem Prospekt
ausdrücklich, in welcher Form die Beklagte zu 1) an den von Anlegern aufgebrachten
Geldern partizipiere. Sind Kosten der Eigenkapitalbeschaffung in den zur Akquisition
verwandten Prospekten eines Immobilienfonds als solche ausgewiesen, ist eine die
Beteiligungen vertreibende Bank nicht verpflichtet, von sich aus ungefragt eine weitere
Aufklärung über diese Kosten vorzunehmen (BGH a.a.O.). Die Vergütungen für die
Beklagte zu 1) sind nicht womöglich lediglich in versteckter Form hinter dem Rücken
des Klägers vorgenommen worden.
Dass die Beklagte zu 1) mehr als im Prospekt angegeben erhalten hätte und der Kläger
in Kenntnis dieses Umstandes von einer Beteiligung an dem Fonds Abstand genommen
hätte, ist weder konkret dargetan noch ersichtlich.
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Auf die weiter zwischen den Parteien streitigen Fragen, namentlich dazu, ob einzelne
weitere Prospekt- und Beratungsfehler gegeben sind oder nicht, ob denkbare
Ansprüche verwirkt sein könnten, ob der Kläger sich erzielte Steuervorteile anrechnen
lassen müsste und ob er nicht lediglich – so der Einwand der Beklagten zu 1) – nach
Kündigung seiner Beteiligung ein Auseinandersetzungsguthaben von 1.347,25 €
erhalten hat, kommt es nach dem Vorgesagten nicht an.
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Die Kostentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Anordnungen hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 709
Satz 1 und 2, 108 Abs. 1 ZPO.
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Streitwert: 31.717,99 €.
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