Urteil des LG Düsseldorf vom 26.10.2010

LG Düsseldorf (abweisung der klage, beratung, anleihe, anlage, bank, inhalt, anleger, stimme, zug, kunde)

Landgericht Düsseldorf, 6 O 240/09
Datum:
26.10.2010
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 O 240/09
Tenor:
I.
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt,
1.
an den Klägerin € 13.847,40 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. November 2008 zu
zahlen, Zug um Zug gegen Rückübertragung von 15 Stück der am 03.
März 2006 erworbenen XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
2.
an die Klägerin weitere € 899,40 an vorgerichtlichen
Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 19. November 2008 zu zahlen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 Prozent und die
Beklagte zu 90 Prozent.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin allerdings nur
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des zwangsweise
durchzusetzenden Betrages, die auch durch die unbedingte, unbefristete
und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen
Union als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse
erbracht werden darf.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter
Anlageberatung.
2
Die Klägerin ist von Beruf Angestellte.
3
Am 24. Juni 2003 eröffnete sie bei der Beklagten unter der Kunden-Nummer XXXXXXX
ein Wertpapierdepot. Über dieses Depot investierte sie zunächst in Aktieneinzelwerte
und dann in mehrere Rentenfonds und Aktienfonds verschiedener Zielrichtungen. Im
Dezember 2005 erwarb sie darüber hinaus ein Zertifikat, dessen Zinszahlungen von der
Wertentwicklung von zehn unterschiedlichen internationalen Aktienindizes abhängig
waren.
4
Mit Wertpapiersammelorder vom 03. Juli 2006 (Anlage K1) kaufte die Klägerin über die
Beklagte 15 Stück "XXXXXXXXXXXXXX zu einen Anlagebetrag von € 15.000,00
zuzüglich € 450,00 Ausgabeaufschlag. Emittentin dieser nicht einlagengesicherten
Wertpapiere war die zum US-amerikanischen Bankhaus XXXXX gehörende
XXXXXXXXXXX.
5
Die Kursentwicklung der Zertifikate war an den XXXXXXXXXXXX notierte Aktien, 50
Aktien aus dem indischen XXXXXXXXX und maximal 25 Werte aus dem chinesischen
Index XXXXXXXX 25 gekoppelt. diente der Börsenindex DivDAX. Der
Auszahlungsbetrag hing von der Wertentwicklung des DivDAX im Vergleich zu
derjenigen des DAX ab. Bei positiver Wertentwicklung sollte der Kunde hieran mit 50
Prozent des Wertzuwachses, maximal 134 Prozent des Nominalwertes teilhaben. Bei
einer gewichteten negativen Wertentwicklung sollte der tatsächliche Verlust zur Hälfte
als Gewinn an ihn ausgezahlt werden. In dem zu diesem Finanzprodukt
herausgegebenen Flyer (Anlage B07) wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass
der Anleger das Kreditrisiko der Emittentin und der Garantin trage. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den Inhalt des von der Beklagten vorgelegten Produktflyers
verwiesen.
6
Dem Wertpapierkauf vorangegangen war ein mit der Klägerin am Bestellungstag vom
Kundenberater XXXX durchgeführtes Beratungsgespräch, dessen Bestandteil ein
früheres, am 22. Dezember 2005 von der Mitarbeiterin XXXXXXXXXX mit der Klägerin
durchgeführtes Kundengespräch war, über dessen Inhalt und Ergebnis die Beklagte ein
als Risikoprofil bezeichnetes, von der Klägerin unterzeichnetes Schriftstück aufsetzte
(Anlage K6). In dem Risikoprofil sind fünf Fragen zur Risikoeinstellung des Kunden
enthalten, die mit einer Bandbreite von vier Stufen beantwortet werden konnten. Von
den Stufen sind lediglich die zwei äußeren mit "stimme nicht zu" und "stimme voll zu"
überschrieben. Für die Klägerin wurden ausnahmslos die zwischen diesen beiden
äußeren Stufen angeordneten Kästchen angekreuzt. Weiter wurde in dem Risikoprofil
vermerkt, dass die Klägerin monatliches Nettoeinkommen von € 1,00 bis € 1.000,00
beziehe, ihr Ehemann als Beamter Hauptverdiener sei und das Gesamtvermögen bei
der Beklagten € 76.879,00 betrage. Die Klägerin wünsche eine Rendite von -5% bis
12%. An Wertpapier-Risikoklassen, in denen die Klägerin Kenntnisse und Erfahrungen
habe, sind die Klassen eins bis vier angegeben. Nach Wahl der Klägerin und
Einschätzung der Beklagten sollte die zukünftige Anlagestrategie ausgewogen
(maximaler Risikoanteil 55%) sein. Die maximale Wertpapierrisikoklasse wurde mit "4"
7
angegeben. Schließlich wurde angekreuzt, dass Aufträge der Klägerin nur in
Übereinstimmung mit ihrem Risikoprofil ausgeführt werden sollten.
Der Wertentwicklung der XXXX-Anleihe verlief negativ. Betrug der Marktwert für die von
der Klägerin gezeichneten Wertpapiere am 29. August 2008 noch € 13.847,40, so fiel
sie bis zum 30. September 2008 auf null.
8
Mit anwaltlichem Schreiben vom 04. November 2008 (Anlage K8) forderte die Klägerin
die Beklagte dazu auf, den Anlageverlust bis zum 18. November 2008 zu ersetzen.
9
Hierzu fand sich die Beklagte nicht bereit.
10
Die Klägerin behauptet, sie habe eine konservative und sichere Geldanlage gewünscht.
Das von der Beklagten zum Kundengespräche aufgesetzte Risikoprofil sei ohne
Aussage. Die hierin enthaltenen Angaben zu ihrer Anlageerfahrung habe die
Kundenberaterin eigenmächtig eingetragen. Mit einer konservativen Anlagestrategie
lasse sich die XXX-Anleihe nicht in Einklang bringen. Auf die Möglichkeit eines
Totalverlustes und auf den hochspekulativen Charakter des angebotenen Wertpapiers
sei sie nicht unterrichtet worden. Auch sei sie nicht darüber aufgeklärt worden, dass die
Beklagte für die Vermittlung der XXX-Anleihe Abschlussprovisionen und Boni erhalten
habe. Den Verkaufsprospekt zu der Anleihe habe sie - unstreitig - nicht erhalten. Der in
der Wertpapierorder enthaltene Vermerk, dass sie auf dieses Informationsmaterial
verzichtet habe, sei vom Kundendienstmitarbeiter unzutreffend und eigenmächtig
eingetragen worden. Über die mit den Zertifikaten verbundenen Risiken sei sie nicht
aufgeklärt worden.
11
Die Klägerin hat von der Beklagten zunächst vorbehaltlose Rückzahlung von €
13.847,40 verlangt, zu denen sie in der Sitzung vom 22. Dezember 2009 erklärt hat,
diesen Betrag habe die Beklagte ihr als Mindestschaden zu ersetzen. In der Sitzung
vom 22. Dezember 2009 hat sie ihre Klage teilweise zurückgenommen und Ersatz des
Mindestschadens Zug um Zug gegen Rückübertragung der am 03. Juli 2006
erworbenen Wertpapiere beantragt. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 23. Dezember
2009 hat die Klägerin ihre Schadensersatzklage auf € 15.450,00 erweitert. Diese
Klageerweiterung hat sie in der Sitzung vom 14. September 2010 wieder zurück
genommen.
12
Die Klägerin beantragt nunmehr,
13
zu erkennen, wie geschehen, mit der Maßgabe, dass sie Verzinsung bereits
seit dem 18. November 2008 verlangt.
14
Die Beklagte beantragt,
15
die Klage abzuweisen.
16
Sie behauptet, bei der Klägerin handele es sich um eine erfahrene und nicht
risikoabgeneigte Anlegerin. Über die mit der empfohlenen Anleihe verbundenen Risiken
sei die Klägerin umfassend aufgeklärt worden. Hierzu sei ihr auch der Produktflyer
(Anlage B07) übergeben worden. Bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung habe die
Anleihe als sicher eingestuft werden können. Die Tatsache, dass sie für die Vermittlung
der XXXX-Anleihe Boni erhalten habe, sei für die Anlageentscheidung der Klägerin
17
ohne Ausschlag gewesen. In jedem Fall treffe sie an einer hierzu unterbliebenen
Kundenaufklärung kein Verschulden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze, der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen und den Inhalt der
Sitzungsprotokolle vom 22. Dezember 2009 und vom 14. September 2010 Bezug
genommen.
18
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
19
Die nunmehr noch anhängige Klage hat bis auf eine geringe Zinszuvielforderung Erfolg.
Im übrigen ist sie unbegründet, so dass sie insoweit abzuweisen ist.
20
I.
21
Die Beklagte ist der Klägerin aus §§ 241, 280 Abs. 1, 278 BGB dazu verpflichtet, die
Einlage, welche sie für die mit Wertpapiersammelorder vom 03. Juli 2006 erworbenen
Anleihe eingezogen hat, zu ersetzen. Mit der Empfehlung dieser Wertpapiere hat die
Beklagte ihre gegenüber der Klägerin bestehende Beratungspflicht in schuldhafter
Weise verletzt.
22
1.
23
Zwischen den Parteien hat ein Schuldverhältnis bestanden, kraft dem die Beklagte dazu
verpflichtet gewesen ist, die Klägerin im Hinblick auf die gewählte Anlageform sach- und
interessengerecht zu beraten.
24
Tritt ein Anlageinteressent - wie hier - an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank
an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden
bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines
Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs
angenommen (BGH, Urteil vom 04. März 1987, IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117, 118 f.).
25
2.
26
Die sich aus diesem Beratungsvertrag ergebenden Pflichten hat die Beklagte in einer
zum Schadensersatz verpflichtenden Weise verletzt.
27
Inhalt und Umfang der Beratungspflicht sind von einer Reihe von Faktoren abhängig,
die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt
beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Pflicht hängt entscheidend von den
Umständen des Einzelfalls ab.
28
Zu den Umständen in der Person des Kunden gehören insbesondere dessen
Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen
Risikobereitschaft; zu berücksichtigen ist also vor allem, ob es sich bei dem Kunden um
einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches
Anlageziel der Kunde verfolgt.
29
Die Kenntnis von solchen Umständen kann die Bank aus langjährigen
Geschäftsbeziehungen mit dem Kunden gewonnen haben; verfügt sie nicht über
30
entsprechendes Wissen, muss sie Informationsstand und Anlageziel des Kunden
erfragen (Heinsius, ZHR 1981, 177, 189).
Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der
sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene
Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des
Kunden zugeschnitten, also "anlegergerecht" sein (BGH, Urteil vom 25. November
1981, IVa ZR 286/80, NJW 1982, 1095, 1096).
31
In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und
Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung
haben oder haben können (BGH, Urteil vom 4. Februar 1987, IVa ZR 134/85, WM 1987,
531, 532). Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung
des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den
individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko)
ergeben. Für den Umfang der Beratung ist hier insbesondere von Bedeutung, ob die
beratende Bank das Anlageobjekt in ein von ihr zusammengestelltes Anlageprogramm
aufgenommen hat und sie dieses Anlageprogramm zur Grundlage ihrer Beratung macht
(BGH, Urteil vom 04. März 1987, IVa ZR 122/85, aaO.). Nimmt sie ausländische Papiere
in ihr Programm auf, hat sie sich - auch anhand ausländischer Quellen - über die Güte
dieser Papiere zu informieren und sie einer eigenen Prüfung zu unterziehen. Der
Anlageinteressent darf davon ausgehen, dass seine ihn beratende Bank, der er sich
aufgrund der von dieser in Anspruch genommenen Sachkunde anvertraut, die von ihr in
das Anlageprogramm aufgenommenen Papiere selbst als "gut" befunden hat.
32
Die Beratung der Bank muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich
und vollständig sein, die Bank muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das
Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das
dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z.B. über das
konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (vgl.
Arendts WM 1993, 229, 234).
33
Ihre aus dem Beratungsvertrag folgende Pflicht zur richtigen und vollständigen
Anlageberatung hat die Beklagte hier verletzt. Ihre Empfehlung, die
streitgegenständliche Anleihe zu erwerben, lässt sich mit der in Hinblick auf die Klägerin
zu beachtende Anlagestrategie und Risikobereitschaft nicht in Einklang bringen.
34
Das von der Beklagten vorgelegte, ohnehin bereits deutlich vor dem Zeichnungstag
aufgesetzte und daher in zeitlicher Hinsicht allenfalls noch eingeschränkt
aussagekräftige Risikoprofil (Anlage K6), das nach dem Vorbringen der Beklagten den
Inhalt und das Ergebnis des Beratungsgesprächs wiedergeben soll, stellt für die
Anlageempfehlung keine tragfähige Grundlage dar. In dem betreffenden Schriftstück
sind fünf Fragen zur Risikoeinstellung des Kunden enthalten, die in einer Bandbreite
von vier Stufen beantwortet werden können. Von diesen Stufen sind lediglich zwei mit
den Überschriften "stimme nicht zu" und "stimme voll zu" versehen. Die dazwischen
gelegenen Abstufungen werden nicht näher präzisiert. Nach dem Vorbringen der
Beklagten soll es dem Kunden dadurch ermöglicht werden, unterschiedliche Tendenzen
zur Risikoeinstellung festzulegen. Welche Tendenzen dies sind, erschließt sich aus
dem Dokument nicht, so dass hieraus weder für den Anleger noch für die beratende
Bank zwingende Schlüsse gezogen werden können.
35
Bei der Klägerin sind die Antworten zur Risikoeinstellung ausnahmslos in den
Zwischenstufen angekreuzt. Im Lichte der zuvor ausgeführten Unschärfen hätte die
Kundenbetreuerin der Klägerin die Zwischenstufen in dem Beratungsgespräch
eingehend erläutern und die diesbezüglichen Antworten des Kunden spezifiziert
dokumentieren müssen. Eine entsprechende Erläuterung hat die Beklagte nicht
vorgetragen. Sie hat nicht einmal klargestellt, mit welcher Gewichtung sie die
Zwischenstufen bewertet. Zu einer Dokumentation dessen, was für die Klägerin mit dem
Ankreuzen der Zwischenstufen festgelegt werden sollte, ist es nicht gekommen.
36
Dann aber bieten die angekreuzten Antworten zur Risikoeinstellung der Klägerin keine
tragfähige Grundlage für eine ordnungsgemäße Kundenexploration und eine hierauf
aufbauende anlegergerechte Beratung. Es ist letztlich völlig unklar, was die Klägerin mit
ihren Angaben zum Ausdruck bringen wollte. Die Beklagte konnte aus den
ausnahmslos tendenzbezogenen Antworten der Klägerin in keiner Weise deren
Risikobereitschaft abschätzen oder gar festlegen. Denn ohne Spezifikation lässt sich
nicht erkennen, was es bedeutet, wenn ein Anleger etwa ankreuzt, er stimme der
Aussage nicht ganz zu, dass bei seinen Anlagen die Sicherheit im Vordergrund stehe.
Daher wird auch nicht klar, welche Folge hieran geknüpft werden soll. Es handelt sich
lediglich um vage Tendenzen, die nicht zur Grundlage einer fundierten Beratung
gemacht werden können und die den von der Rechtsprechung aufgestellten
Anforderungen an eine auf den einzelnen Anleger ausgerichteten Beratung nicht
gerecht werden.
37
Daran ändert auch die durch ein entsprechendes Gutachten (Anlage B14) belegte
Behauptung der Beklagten, bei der Vorgehensweise wissenschaftlichen Standards zu
genügen, nichts. Erklärtes Ziel einer Exploration von Kunden ist es, dessen Situation,
Wünsche und Vorstellungen zu eruieren. Dies kann mit dem Formular zum Risikoprofil
nicht erreicht werden, da die nicht näher definierten Antwortmöglichkeiten nicht
weiterhelfen.
38
Schließlich ist es ohne Belang, in welche Art von Geschäften die Klägerin in der
Vergangenheit investiert hatte. Dies mag wesentlich sein für die Frage der
objektgerechten Beratung und dafür, über welche Anlageerfahrung ein Kunde verfügt.
Es besagt aber in bezug auf den jetzigen und hier maßgeblichen Kundenwunsch nichts.
39
Im Lichte dessen kann es dahin gestellt bleiben, ob die Beklagte die ihr obliegende
Pflicht zur anlegergerechten Beratung auch dadurch verletzt hat, dass sich die der
Klägerin angebotenen Zertifikate mit den Einkommensverhältnissen und somit der
Risikotragfähigkeit des Kunden nicht in Einklang bringen ließen.
40
Hiervon ausgehend lässt sich die von der Beklagten empfohlene XXXX Anleihe mit dem
Ergebnis der von ihr bei der Klägerin durchgeführten Kundenexploration nicht in
Einklang bringen. Denn bei dem betreffenden Wertpapier handelt es sich um ein nicht
ausreichend transparentes Finanzprodukt, dessen Funktionsweise sich nicht ohne
weiteres einsehen lässt. Insbesondere ließ und lässt es sich nicht vorhersagen, wie sich
die für die Wertentwicklung maßgeblichen Aktien und Börsenindizes entwickeln
würden. Hinzu kommt, dass die empfohlene Anlagenform nicht einlagengesichert ist
und der Kunde das Bonitätsrisiko der Emittentin wie auch der Garantin tragen sollte.
Von einer Garantie im eigentlichen Sinn kann bei einer solchen Risikoverteilung nicht
die Rede sein.
41
3.
42
Die Beklagte muss sich die von ihrer Kundenberaterin verübte Pflichtverletzung nach §
278 BGB zurechnen lassen.
43
Der durch die Pflichtverletzung ursächlich entstandene Schaden besteht in dem Kauf
der empfohlenen Zertifikate, weshalb dieser Rechtserwerb im Wege des
Schadensersatzes rückabzuwickeln ist.
44
Nach § 273 BGB hängt die Rückabwicklung davon ab, dass die Klägerin der Beklagten
im Gegenzug die erworbenen Wertpapiere zurückgibt. Weil sich nicht einsehen lässt
und von den Parteien auch nicht vorgetragen worden ist, ob und gegebenenfalls in
welcher Weise sich die erworbenen 15 Stück XXXXX-Anleihe dem von der Klägerin
ersetzt verlangten Mindestschaden zuordnen lasse, hat eine Rückgabe der gesamten
Wertpapiere zu erfolgen.
45
II.
46
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB,
wobei die Klägerin Verzinsung erst nach Ablauf der im anwaltlichen Schreiben vom 04.
November 2008 bezeichneten Frist verlangen kann. Daher war die Klage - sowohl zur
Verzinsung der Haupt- als auch Nebenforderung - geringfügig abzuweisen.
47
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ergibt sich als
Schadensfolge aus §§ 241, 280 Abs. 1, 278 BGB.
48
III.
49
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
50
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108, 269 Abs. 5,
794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.
51
IV.
52
Der Streitwert wird auf bis zu € 16.000,00 festgesetzt, § 43 Abs. 1 GKG.
53