Urteil des LG Düsseldorf vom 19.08.2004
LG Düsseldorf: stand der technik, treu und glauben, wiedereinsetzung in den vorigen stand, gesetzlicher vertreter, abrede, patentanspruch, gestaltung, breite, kunststoff, rechnungslegung
Landgericht Düsseldorf, 4b O 248/03
Datum:
19.08.2004
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4b. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4b O 248/03
Tenor:
I. Die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 8) werden unter Ab-weisung der
weitergehenden Klage verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- EUR - ersatzweise
Ordnungshaft - oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle
wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unter-
lassen,
aus Kunststoff gefertigte Transportpaletten mit zwei ihre Oberseite bzw.
ihre Unterseite bildenden parallelen O-berflächen,
in der Bundesrepublik Deutschland - nur die Beklagten zu 5. bis 8. -
herzustellen, - sämtliche Beklagte - anzu-bieten, in den Verkehr zu
bringen und/oder zu diesen Zwecken zu besitzen,
bei denen jede Oberfläche die Außenseite der Basis je-weils eines von
zwei dauerhaft miteinander verbundenen Grundkörpern ist, deren Basen
mit Abstand voneinander angeordnet sind,
die Basis jedes Grundkörpers eine geschlossene Platte ist,
der Zwischenraum zwischen den Basen der Grundkörper durch
wenigstens eine Gruppe von Paaren von zwischen sich eine Nut
einschließenden Leisten überbrückt wird, wobei alle Leisten zueinander
parallel angeordnet sind,
an beiden Enden eines jeden Leistenpaares die Nut je-weils durch
einen beide Basen verbindenden Quersteg zu einer sich über die
gesamte Breite der Palette erstre-ckenden Kammer geschlossen ist,
die Leisten und Querstege einstückig an beiden Basen angeformt sind,
und
die beiden Grundkörper im Bereich der Leisten und Querstege
miteinander dicht verschweißt sind,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Raum zwischen den Basen längs des Umfangs der Palette
durch Randleisten geschlossen ist,
dass die Palette mit über eine Oberfläche nach außen vorstehenden
Füßen versehen ist,
dass zumindest in eine Nut eine starre Verstärkungsein-lage eingelegt
ist, und
dass die an beiden Grundkörpern der Palette angeform-ten Leisten,
Querstege und Randleisten einander de-ckungsgleich zugeordnet sind,
wobei die Höhe der Leisten, Querstege und Randleisten des einen
Grundkörpers annähernd dem Abstand der Basen der beiden die Palette
bildenden Grundkörper entspricht,
während die Höhe der Leisten, Querstege und Randleis-ten des
anderen Grundkörpers auf die Höhe von Schweißansätzen beschränkt
ist;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die
zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 24. August 1996 begangen
haben, und zwar unter An-gabe
- nur die Beklagten zu 5. bis 8.:
a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten,
- mit Ausnahme der Beklagten zu 4 sämtliche Beklag-ten:
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Lie-fermengen,
Lieferzeiten und Lieferpreisen, Typenbe-zeichnungen und
Artikelnummern sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ange-botsmengen,
Angebotszeiten und Angebotspreisen, Typenbezeichnungen und
Artikelnummern sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Wer-beträgern,
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüs-selten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger und der nicht ge-werblichen Abnehmer statt der
Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur
Ver-schwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprü-fer
mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tra-gen und ihn
ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage
mitzuteilen, ob ein bestimmter Ab-nehmer oder Angebotsempfänger in
der Aufstellung ent-halten ist;
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Ei-gentum
befindlichen, unter 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 8) als
Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Scha-den zu
ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 24. August
1996 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten zu 1) bis 3)
und 5) bis 8) als Gesamtschuldner, auferlegt.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00
EUR vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist seit dem 25. März 2004 als Inhaberin des u.a. für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten und die Priorität der deutschen Patentanmeldung ####1 in
Anspruch nehmenden europäischen Patents ####2 (Klagepatent, Anlage K 2)
eingetragen, dessen Anmeldung vom 10. November 1993 am 19. Oktober 1994
veröffentlicht und dessen Erteilung am 24. Juni 1996 bekannt gemacht wurde. Vor der
Klägerin war ihr Ehemann, X. E, als Inhaber des Klagepatents eingetragen. Am 18. Juni
1996 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann eine als Kaufvertrag überschriebene
notarielle Vereinbarung (Anlage K 9). Diese nimmt auf einen - nach Angabe der
Klägerin mündlich - geschlossenen Kaufvertrag vom 18.09.1994 Bezug und regelt, dass
für den Fall der Unwirksamkeit dieses Vertrages jedenfalls die in Anlage K 9
niedergelegte Vereinbarung Geltung haben soll. Gemäß der Vereinbarung verkauft der
Ehemann der Klägerin an sie die in § 1 bezeichneten Schutzrechte, darunter die für das
Klagepatent prioritätsbegründende deutsche Patentanmeldung sowie das mit seiner
internationalen Anmeldenummer bezeichnete Klagepatent. In den §§ 3 und 5 der
Vereinbarung ist ferner niedergelegt, dass eine bereits erteilte
Umschreibungsbewilligung vom 18.09.1994 ihre Gültigkeit behalten und eine neue
Umschreibungsbewilligung nur gegen Herausgabe der älteren Bewilligung erteilt
werden soll. Nachdem das Klagepatent zwischenzeitlich wegen Nichtzahlung der
Jahresgebühr seit dem 3. Juni 2003 als erloschen galt, wurde durch Beschluss des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Oktober 2003 Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand gewährt und die Löschung aufgehoben.
2
Das Klagepatent betrifft eine aus Kunststoff gefertigte Transportpalette.
3
Der im vorliegenden Rechtsstreit vornehmlich interessierende Patentanspruch 1 hat
4
nach Abschluss eines gegen die Patenterteilung erhobenen Einspruchsverfahrens
folgenden Wortlaut erhalten:
Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 4 der Klagepatentschrift)
veranschaulichen den Erfindungsgegenstand anhand bevorzugter
Ausführungsbeispiele.
5
Die unter der Geschäftsführung der Beklagten zu 7) und 8) stehende Beklagte zu 6)
stellt her und vertreibt Kunststoffpaletten. Die unter der Geschäftsführung der Beklagten
zu 2) und 3) stehende Beklagte zu 1) bezieht von der Beklagten zu 6) diese Paletten
und vertreibt sie an Endkunden. Zuvor bezog die Beklagte zu 1) Paletten von der
Beklagten zu 4), über deren Vermögen inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet
worden ist und deren Geschäftsführer der Beklagte zu 5) war.
6
Die von der Beklagten zu 6) hergestellten und von der Beklagten zu 1) vertriebenen
Paletten weisen nach ihren Angaben die aus den nachfolgend wiedergegebenen
Lichtbildabbildungen (Anlage EP 2 (1 bis 5)) ersichtliche Gestaltung auf, wobei der
untere Grundkörper noch nicht mit dem oberen Grundkörper verbunden ist, sondern
vertikal hinter dem oberen Grundkörper aufgestellt ist, so dass die jeweiligen
Innenflächen mit den darauf befindlichen Leisten und Querstegen sowie den
eingelegten Verstärkungsstäben sichtbar sind.
7
Bezugnehmend auf eine Bestellung vom 2. Juni 2003 stellte die Beklagte zu 6 die aus
Anlage K 5 ersichtliche Rechnung vom 08.06.2003 über den Verkauf von 2 Europaletten
mit der Artikelnummer ####3aus, die nach dem Vorbringen der Klägerin die aus den
Lichtbildern gemäß Anlage K 6 ersichtliche Gestaltung aufweisen und die ihrem Aufbau
nach identisch mit der von der Beklagten zu 4 ehemals hergestellten Palette sein soll,
von der der Ehemann der Klägerin im Juli 2000 das aus den Lichtbildabbildungen
gemäß Anlage K 4 ersichtliche Musterstück erhalten habe. Nachfolgend sind hiervon
die Bilder 2 bis 5 und 7 wiedergegeben, welche den oberen Grundkörper (Bilder 2, 3
und 7) und den unteren Grundkörper (Bilder 4 und 5) zeigen.
8
Als Anlagen K 4 a und K 6 a hat die Klägerin die in den Lichtbildabbildungen gezeigten
Musterstücke zur Akte gereicht. In der Sitzung vom 6. Juli 2004 haben die Beklagten zu
1) bis 3) eingeräumt, dass die Beklagte zu 1) Paletten mit der aus den
Lichtbildabbildungen gemäß Anlage K 4 ersichtlichen Gestaltung vertreibt.
9
Die Klägerin sieht durch das Verhalten der Beklagten ihre Rechte aus dem Klagepatent
verletzt und nimmt sie deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadensersatz
und Vernichtung in Anspruch.
10
Die Klägerin beantragt,
11
sinngemäß wie erkannt, wobei sie jedoch Rechnungslegung ohne
Einräumung des tenorierten Wirtschaftsprüfervorbehaltes beantragt und von
den Beklagten zu 5) bis 8 ) Angaben zu erhaltenen oder bestellten
patentgemäßen Erzeugnissen und den Lieferanten solcher Erzeugnisse
verlangt hat. Für die Zeit vor ihrer Eintragung in die Patentrolle macht sie
außerdem hilfsweise aus abgetretenem Recht den ihrem Ehemann als
vormals eingetragenem Inhaber entstandenen Schaden geltend.
12
Die Beklagten beantragen,
13
die Klage abzuweisen;
14
hilfsweise - die Beklagten zu 1) bis 3) -, ihnen im Hinblick auf das
Rechnungslegungsbegehren der Klägerin einen Wirtschaftsprüfervorbehalt
zuzubilligen.
15
Die Beklagten machen geltend:
16
Die Klägerin sei nicht legitimiert, Rechte aus dem Klagepatent geltend zu machen. An
der für das Klagepatent prioritätsbegründenden deutschen Patentanmeldung sei der XY
GmbH) von der hierzu berechtigten "Patentgemeinschaft W und den Inhabern der
Patentrechte, ersatzweise XYZ Vertrieb Verwaltungs- und Vertriebsgesellschaft mbH"
mit dem aus Anlage 3 ersichtlichen Vertrag vom 13. Oktober 1992 eine ausschließliche
Lizenz erteilt worden. Dies schließe die Geltendmachung von Rechten aus dem
Klagepatent durch die Klägerin aus, welche ebenso wie ihr Ehemann zu keiner Zeit
materiell berechtigte Inhaberin des Klagepatents mit entsprechender
Verfügungsbefugnis über das Schutzrecht gewesen sei. Aufgrund der Zusammenarbeit
mit der XY GmbH könnten zudem zumindest die Beklagten zu 1) bis 3) ein
Benutzungsrecht an dem Gegenstand des Klagepatents herleiten. Das diesbezügliche
Einverständnis des Lizenzgebers ergebe sich aus dem Schreiben der XYZ
Kunststofftechnik GmbH & Co. KG vom 12. Mai 1999 (Anlage A 3 a). Sie hätten in gutem
Glauben gehandelt.
17
Die Beklagten zu 1) bis 3) tragen vor, die aus den Anlagen EP 2 (1 – 5 ) ersichtliche
Palette von der Beklagten zu 6) seit März 2003 zu beziehen. Die zuvor von der
Beklagten zu 4) bezogenen Paletten seien damit nicht vergleichbar. Die aus den
vorgenannten Lichtbildabbildungen ersichtliche Palette mache von der technischen
Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Bei ihr seien nicht alle Leisten parallel
zueinander angeordnet. Die Nut an beiden Enden eines jeden Leistenpaares sei nicht
zu einer sich über die gesamte Breite der Palette erstreckenden Kammer geschlossen.
Vielmehr öffneten sich – wie in Anlage EP 2/1 beispielhaft markiert – die eine Nut
einschließenden Leisten in einen größeren Hohlraum. Es sei ein vielfach verzweigtes
Hohlraumsystem vorhanden, das lediglich durch die Randleisten geschlossen sei. Die
an beiden Grundkörpern der Palette angeformten Leisten und Querstege seien einander
nicht deckungsgleich zugeordnet. Wie der Lichtbildabbildung gemäß Anlage EP 4 im
Vergleich mit derjenigen aus Anlage EP 5 beispielhaft entnommen werden könne,
weise die untere Grundplatte in der in Anlage EP 4 gestrichelt eingezeichneten
Längsachse keinen Schweißansatz auf, der mit der entsprechenden Leiste (22) des
oberen Grundkörpers deckungsgleich ist. Ferner weise der untere Grundkörper
zahlreiche Querstege (beispielsweise X, Y, Z in der Abbildung gemäß Anlage EP 4) auf,
die keine Entsprechung auf dem oberen Grundkörper haben. Die Beklagten zu 1) bis 3)
haben darüber hinaus in Zweifel gezogen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform
Basen vorhanden seien, die von zwei dauerhaft verbundenen Grundkörpern gebildet
würden, dass die Basis jedes Grundkörpers eine geschlossene Platte sei, dass die
beiden Grundkörper im Bereich der Leistenquerstege dicht miteinander verschweißt
seien und dass die angegriffene Palette mit Füßen versehen sei, die über eine
Oberfläche nach außen vorstehen würden. Schließlich sei auch darauf zu verweisen,
dass die angegriffene Palette in ihren Maßen von der patentierten Palette abweiche und
zudem nicht aus Altkunststoff, sondern aus hochwertigem Agglomerat hergestellt werde.
18
Die Beklagte zu 6) trägt vor, sie habe vor dem Erlöschen des Klagepatents keine
patentverletzenden Paletten hergestellt und in Verkehr gebracht. Sie habe ihren
Geschäftsbetrieb diesbezüglich erst im Juli 2003 aufgenommen. Patentrechtlich
relevante Paletten seien von ihr nicht mit der Rechnung vom 8. Juni 2003 (Anlage K 5)
in Rechnung gestellt und von dem Rechnungsempfänger abgeholt worden. Vor diesem
Hintergrund könne sie sich auf ein Zwischenbenutzungsrecht gemäß § 123 Abs. 5 PatG
berufen. Vor Juli 2003 habe sie die Produktion lediglich mit verschiedenen einfachen,
nicht patentverletzenden Paletten für die Einmalbenutzung aufgenommen und
Altbestände der XYZ Kunststofftechnik GmbH & Co. Produktions KG abverkauft. Zu
diesem Altbestand zähle möglicherweise die Palette, welche die Klägerin erhalten
haben will.
19
Die Klägerin habe etwaige Rechte aus dem Klagepatent verwirkt, da der Ehemann der
Klägerin bereits mit Schreiben vom 16.08.1995 (Anlage K 31) gegenüber der Beklagten
zu 1) auf seine Patentinhaberschaft verwiesen habe, ohne dass es ihm oder der
Klägerin in der Folgezeit möglich gewesen wäre, das in Bezug genommene Patent
konkret zu bezeichnen und die Inhaberschaft nachzuweisen.
20
Die Beklagten zu 1) und 3) und 6) bis 8) erheben außerdem die Einrede der Verjährung
unter Hinweis auf das vorbezeichnete Schreiben des Ehemanns der Klägerin sowie
unter Bezugnahme darauf, dass die Klägerin ursprünglich erklärt habe, ihr Ehemann
habe bereits im Jahr 1999 die aus Anlage K 4 (a) ersichtliche Palette erhalten.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen
Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und
Anlagen Bezug genommen.
22
Mit Beschluss vom 6. Juli 2004 hat die Kammer die gegen die Beklagte zu 4) gerichtete
Klage zur Verhandlung und Entscheidung in einem gesonderten Verfahren abgetrennt,
da über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und das Verfahren gegen sie
daher gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist.
23
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
24
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
25
Der zur Geltendmachung der Rechte aus dem Klagepatent legitimierten Klägerin stehen
die zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadensersatz und
Vernichtung zu, da beide in den Rechtsstreit eingeführten Ausführungsvarianten der
angegriffenen Paletten von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen.
Das Rechnungslegungsbegehren der Klägerin erweist sich nur in geringem Umfang als
unbegründet und war ihr außerdem nur mit dem den Beklagten zugebilligten
Wirtschaftsprüfervorbehalt zuzuerkennen.
26
I.
27
Das Klagepatent betrifft eine aus Kunststoff gefertigte Transportpalette.
28
Die Klagepatentschrift verweist darauf, dass in zunehmendem Umfang Lebensmittel auf
Paletten transportiert werden. Dies erfordert möglichst einfache und glatte Oberflächen
29
der Paletten, um Schmutzablagerungen zu verhindern und eine unmittelbare und
wirkungsvolle Behandlung mit Reinigungsmitteln zu ermöglichen. Außerdem müssen
Paletten möglichst kostengünstig herstellbar sein, eine hohe Tragfähigkeit, eine lange
Nutzungsdauer sowie eine möglichst geringe Bauhöhe aufweisen.
An den aus dem Stand der Technik bekannten Kunststoffpaletten kritisiert die
Klagepatentschrift u.a. die komplexe Formgebung, die große Bauhöhe und die fehlende
Möglichkeit, Verstärkungsglieder so in die Palette zu integrieren, dass sie korrosiven
Einflüssen möglichst nicht ausgesetzt sind. Außerdem weisen einige aus dem Stand der
Technik bekannte Paletten keine hinreichend glatten Oberflächen auf oder sind so stark
untergliedert, dass sie mit vertretbarem wirtschaftlichen Aufwand nicht gereinigt werden
können.
30
Vor diesem Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, eine Palette so
auszugestalten, dass sie möglichst steif und tragfähig ist, eine hohe Nutzungsdauer
erwarten lässt und deshalb möglichst frei von korrosionsanfälligen Bauteilen ist, dass
sie kostengünstig in großen Stückzahlen angefertigt, umweltfreundlich entsorgt und
insbesondere durch eine möglichst einfache Formgebung mit weitgehend glatten und
geschlossenen Oberflächen wirkungsvoll gereinigt werden kann. Zur Lösung dieser
Aufgabe sieht Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor, wobei
nachfolgend auf die Wiedergabe von lediglich optionalen Merkmalen verzichtet wird.
31
a. Palette (10)
b. aus Kunststoff gefertigt
32
33
c. mit zwei ihre Ober- bzw. ihre Unterseite bildenden parallelen Oberflächen (16, 16
a).
d. Jede Oberfläche (16, 16 a) ist die Außenseite der Basis (15, 17).
e. Die Basen (15, 17) werden jeweils von zwei dauerhaft miteinander verbundenen
Grundkörpern gebildet.
f. Die Basen (15, 17) sind mit Abstand voneinander angeordnet.
g. Die Basis jedes Grundkörpers (12, 14) ist eine geschlossene Platte.
h. Zwischen den Basen (15, 17) der Grundkörper (12, 14) besteht ein Zwischenraum.
i. Der Zwischenraum wird durch wenigstens eine Gruppe von Leistenpaaren (20, 22;
22, 24; 24, 20) überbrückt.
j. Die Leisten schließen zwischen sich eine Nut (26) ein.
k. Alle Leisten sind parallel zueinander angeordnet.
l. Die Nut (26) an beiden Enden eines jeden Leistenpaares ist zu einer sich über die
gesamte Breite der Palette erstreckenden Kammer geschlossen.
m. Die Nut (26) wird durch einen beide Basen (15, 17) verbindenden Quersteg (28)
geschlossen.
n. Die Leisten und Querstege (28) sind einstückig an den Basen (15, 17) angeformt.
o. Die beiden Grundkörper (12, 14) sind im Bereich der Leisten und Querstege (28)
dicht miteinander verschweißt.
34
p. Der Raum zwischen den Basen (15, 17) ist längs des Umfangs der Palette (10)
durch Randleisten (20) geschlossen.
q. Die Palette (10) ist mit Füßen (40) versehen.
r. Die Füße (40) stehen über eine Oberfläche (16, 16 a) nach außen vor.
s. In zumindest eine Nut (26) ist eine starre Verstärkungseinlage (30) eingelegt.
t. Die an beiden Grundkörpern (12, 14) der Palette (10) angeformten Leisten (22, 24;
2 a, 24 a), Querstege (28; 28 a) und Randleisten (20; 20 a) sind einander
deckungsgleich zugeordnet.
u. Die Höhe der Leisten (22, 24), Querstege (28) und Randleisten (20) des einen
Grundkörpers (12) entsprechen annähernd dem Abstand der Basen (12, 17) der
beiden Grundkörper (12, 14).
v. Die Höhe der Leisten (22 a, 24 a), Querstege (28 a) und Randleisten (20 a) des
anderen Grundkörpers (14) ist auf die Höhe von Schweißansätzen beschränkt.
35
Die Klagepatentschrift führt weiter aus, dass die erfindungsgemäße Palette glatte und
leicht zu reinigende Oberflächen aufweist. Sie ist relativ flach gehalten, weist aber
dennoch aufgrund der integrierten Verstärkungseinlagen eine hohe Tragfähigkeit auf.
Sie kann kostengünstig aus plastifiziertem Kunststoffabfall gefertigt werden.
36
In den nach außen dicht abgeschlossenen Kammern können je nach der zu
erwartenden Belastung eine oder mehrere Verstärkungseinlagen eingebracht werden,
bevor die beiden Grundkörper miteinander verschweißt werden. Da die
Verstärkungseinlagen in den Kammern dicht eingeschlossen sind und zudem bei dem
Schweißvorgang die Feuchtigkeit in den Kammern reduziert wird, besteht für
Verstärkungseinlagen aus Metall keine Korrosionsgefahr. Die Verstärkungseinlagen
können vor dem Verschweißungsvorgang problemlos in den Grundkörper eingelegt
werden, dessen Leisten in der Höhe nicht lediglich auf Schweißansätze beschränkt
sind.
37
Eine bevorzugte Ausführungsvariante stellt es gemäß den Ausführungen der
Klagepatentschrift dar, zwei Gruppen von Paaren zueinander paralleler Leisten
vorzusehen, wobei die Richtung der Leisten der einen Gruppe, die Richtung der Leisten
der anderen Gruppe schneidet und im Schnittbereich eines jeden Leistenpaares der
einen Gruppe mit einem Leistenpaar der anderen Gruppe die Leisten derart
unterbrochen sind, dass die von allen Leistenpaaren eingeschlossenen Nuten
miteinander in Verbindung stehen. In diesem Falle lässt sich als Verstärkungseinlage
eine gitterartige Struktur einsetzen, die eine besonders hohe Tragfähigkeit der Palette
garantiert.
38
II.
39
1.
40
Die aus den Anlagen EP 2 (1 – 5) ersichtliche Palette, deren Vertrieb und Herstellung
sich die Beklagten zu 1) und 6) berühmen und die die Klägerin ausdrücklich auch zum
Gegenstand ihres Klageangriffs gemacht hat, macht von der technischen Lehre des
Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
41
a)
42
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist Merkmal k nicht die Forderung zu entnehmen,
dass sämtliche im Zwischenraum der Grundkörper vorhandenen Leisten im Verhältnis
zueinander parallel angeordnet sein müssen. Schon nach dem Anspruchswortlaut steht
außer Frage, dass lediglich alle Leisten wenigstens einer Leistenpaargruppe im Sinne
von Merkmal i) parallel zueinander angeordnet sein müssen, wenn es heißt, dass der
Zwischenraum durch wenigstens eine Gruppe von Leistenpaaren überbrückt wird,
wobei alle Leisten parallel zueinander angeordnet sind. Allein diese Sichtweise
entspricht auch der Patentbeschreibung (Spalte 5, Zeilen 26-35; vgl. auch die rechte
Hälfte von Figur 2 der Klagepatentschrift) und Unteranspruch 3, wonach zwei Gruppen
von Paaren zueinander paralleler Leisten eine bevorzugte erfindungsgemäße Variante
darstellen, bei denen sich die (parallelen) Leisten der einen Gruppe mit den (parallelen)
Leisten der anderen Gruppe schneiden, was voraussetzt, dass die Leisten der einen
Gruppe nicht parallel zu den Leisten der anderen Gruppe verlaufen. Die von der
Beklagten hervorgehobene Änderung des Anspruchswortlauts im Einspruchsverfahren
vor dem europäischen Patentamt kann vor diesem Hintergrund zu keiner anderen
Betrachtung führen.
43
Bei der angegriffenen Ausführungsform sind unzweifelhaft Gruppen von parallelen
Leisten vorhanden (vgl. Anlage EP 2/1), die nicht nur eine stabile und tragfähige
Verbindung zwischen den Basen der Grundkörper herstellen, sondern zwischen denen
auch eine Verstärkungseinlage eingelegt werden kann (vgl. auch Merkmal S).
44
b)
45
Merkmal l verlangt, dass an beiden Enden eines Leistenpaares die Nut (26) zu einer
sich über die gesamte Breite der Palette erstreckenden Kammer geschlossen ist.
46
Wie sich schon aus Merkmal m ergibt, wird der Verschluss der Nut durch einen die
Basen verbindenden Quersteg (28) erzielt. Dies ist bei der angegriffenen
Ausführungsform der Fall, da nicht anders als beim Ausführungsbeispiel des
Klagepatents (vgl. Figur 2 rechte Hälfte) die Randleiste (20) an den Nutenden als
Quersteg (28) fungiert. Anders als die Beklagten meinen, kann dem Klagepatent darüber
hinausgehend nicht die Lehre entnommen werden, dass sich die Leistenpaare ohne
Materialunterbrechung über die gesamte Palettenbreite erstrecken müssen, um eine
Kammer zu schaffen, die nicht nur nach außen abgeschlossen, sondern auch
gegenüber anderen Kammern abgekapselt ist.
47
Wie der Fachmann der Patentbeschreibung (Spalte 5, Zeilen 26 bis 35) und
Unteranspruch 3 entnimmt, können die Leisten unterbrochen sein, und zwar auch vor
ihrem unmittelbaren Abschluss an dem als Kammerverschluss dienenden Quersteg (vgl.
Figur 2 rechte Hälfte). Eine Unterbrechung der Leiste in ihrem Verlauf über die
Palettenbreite führt zwangsläufig dazu, dass an den Unterbrechungsstellen kein
(dichter) Verschluss gegenüber den benachbarten Nutenkammern vorhanden ist. Vor
diesem Hintergrund wird der Fachmann die von den Beklagten hervorgehobene
Beschreibungsstelle in Spalte 4, Zeilen 52 bis 57, wonach für die Verstärkungseinlagen
keine Korrosionsgefahr besteht, da sie in den Kammern dicht eingeschlossen sind und
beim Schweißvorgang die Feuchtigkeit reduziert wird, in Übereinstimmung mit der
Gesamtoffenbarung des Klagepatents dahingehend verstehen, dass für ein
erfindungsgemäßes dichtes Eingeschlossensein der Verstärkungsmittel bereits der
48
dichte Verschluss der Kammer nach außen durch den Quersteg ausreicht. Die
Nutenkammern auch noch gegeneinander abzudichten, wird der Fachmann danach nur
als Möglichkeit ansehen, die Verstärkungsmittel in noch besserer Weise vor
Feuchtigkeitseinflüssen zu schützen, was das Klagepatent aber nicht zwingend
voraussetzt. Allein die zuvor erläuterte Auslegung des Klagepatents steht zudem in
Einklang mit den überzeugenden Ausführungen der Einspruchsabteilung des
Europäischen Patentamts (Zwischenentscheidung vom 5. März 1999, Anlage K 40,
Seite 8 3. Absatz), denen sich die Kammer anschließt.
Die angegriffene Ausführungsform macht nach alledem von Merkmal l wortsinngemäß
Gebrauch, da es für die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre unerheblich ist, dass
die Leistenstege der Leistenpaare (vgl. Bezugsziffern 22 und 24 in Anlage EP 2 (1 – 5))
beidseitig nicht bis zu den als Querstege fungierenden Randleisten (20) reichen,
sondern das Material dort unterbrochen ist.
49
c)
50
Gemäß Merkmal t müssen die an den beiden Grundkörpern angeformten Leisten,
Querstege und Randleisten einander deckungsgleich zugeordnet sein.
51
Hinsichtlich der Randleisten (20) steht die Verwirklichung des Merkmals nicht im Streit.
Die Beklagten wenden lediglich ein, dass – wie aus den Abbildungen gemäß Anlage
EP 2 (4) und (5) ersichtlich – zu einer inneren Leiste (22) des oberen Grundkörpers kein
innerer Schweißansatz (22 a) des unteren Grundkörpers korrespondiert sowie
umgekehrt einigen Quersteg-Schweißansätzen keine Stege auf dem
gegenüberliegenden Grundkörper zugeordnet sind. Dieser Argumentation könnte nur
gefolgt werden, wenn Merkmal t die technische Lehre zu entnehmen wäre, dass
sämtlichen Leisten des einen Grundkörpers spiegelbildlich Leisten des anderen
Grundkörpers entsprechen müssen. Ein derart enges Verständnis lässt sich weder dem
Anspruchswortlaut noch der Klagepatentschrift entnehmen. Zwar heißt es in Merkmal t,
dass "die" an beiden Grundkörpern angeformten Leisten einander deckungsgleich
zugeordnet sein sollen. Da das Klagepatent sich zur Anzahl der auf dem Grundkörpern
anzuordnenden Leisten nicht verhält, wird der Fachmann die Formulierung bei der
gebotenen technischen Betrachtung jedoch dahingehend verstehen, dass diejenigen an
den Grundkörpern angeformten Leisten und Querstege deckungsgleich sein müssen,
deren Deckungsgleichheit für die erfindungsgemäße technische Funktion bedeutsam
ist. Eine andere Betrachtung hätte die patentrechtlich nicht zu rechtfertigende
Konsequenz, dass allein durch die zusätzliche Anordnung technisch nicht notwendiger
Zusatzleisten und Querstege die Lehre des Klagepatents umgangen werden könnte.
Dies würde dem im Patentrecht herrschenden Grundsatz widersprechen, dass
Zusatzmaßnahmen, die die eigentlichen Anspruchsmerkmale nicht berühren, eine
Patentverletzung nicht ausschließen.
52
Der technische Sinn der Deckungsgleichheit der an den Grundkörpern angeformten
Leisten liegt, wie bereits Merkmal o zu entnehmen ist, darin, die beiden Grundkörper im
Bereich der Leistenquerstege miteinander verschweißen zu können. Da – wie oben
bereits ausgeführt – die von den Leistenpaaren gebildeten Nutenkammern über
Materialdurchbrechungen miteinander verbunden sein können, kann eine dichte
Verbindung im Hinblick auf die Korrosionsgefahr für die Verstärkungseinlagen nicht
zwingend das dichte Verschweißen der Nutenkammern gegeneinander bedeuten (vgl.
auch das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 rechte Hälfte der Klagepatentschrift).
53
Entscheidend ist aus technischer Sicht allein, die Leistenquerstege dergestalt
deckungsgleich anzuordnen, dass durch das Verschweißen überhaupt eine
praxistaugliche Verbindung der Grundkörper zu einer Palette erfolgt und dass die
Nutenkammern einzeln oder als nicht gegeneinander abgeschlossener
"Kammerverbund" nach außen hin vor Feuchtigkeit abgedichtet sind.
Diesen Voraussetzungen wird auch die angegriffene Ausführungsform gerecht. Sie ist
über deckungsgleiche Randleisten an allen vier Seiten verschweißt, so dass die im
Paletteninneren liegenden Nutenkammern nach außen abgedichtet und die
Verstärkungseinlagen vor Korrosion geschützt sind. Darüber hinaus sind die
Grundkörper über ihre gesamte Grundfläche verteilt an einer Vielzahl weiterer
deckungsgleicher Leisten- und Stegabschnitte miteinander verschweißt. Die
hinreichend praxistaugliche Stabilität und Verbindungsfestigkeit steht demgemäß außer
Frage und wird von den Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Dass zu einzelnen
Leisten- und Stegabschnitten eines Grundkörpers – wie von den Beklagten in Anlage
EP 2 – 4 hervorgehoben – keine Leisten- bzw. Stegabschnitte auf dem anderen
Grundkörper korrespondieren und an diesen Stellen keine zusätzliche
Schweißverbindung zwischen den Grundkörpern hergestellt wird, ist vor diesem
Hintergrund unschädlich.
54
d)
55
Soweit die Beklagten zu 1) bis 3) im Rahmen ihrer Klageerwiderung (z.T. pauschal) die
Verwirklichung weiterer Merkmale ( e, g, o, q, r, s) in Zweifel gezogen haben, kann dem
nicht gefolgt werden.
56
Die angegriffene Palette besteht – wie die von den Beklagten selbst in den Rechtsstreit
eingeführten Abbildungen zeigen – aus zwei Grundkörpern, die unstreitig durch
Schweißen dauerhaft verbunden werden und jeweils eine Basis (15, 17) darstellen
(Merkmal e). Jede Basis des Grundkörpers ist eine geschlossene Platte (Merkmal g).
Die untere Basis mit Öffnungen zu versehen, um hieran Füße anzuformen, steht dem
nicht entgegen. Das Klagepatent sieht gemäß dem aus Figur 3 ersichtlichen
Ausführungsbeispiel (vgl. auch Spalte 8, Zeilen 28 ff.) sogar vor, beide Basen mit
Öffnungen auszubilden und einen Mantel (42) zur Ausbildung eines Fußes anzuformen.
57
Wie sich aus den Ausführungen zu Merkmal t ergibt, sind bei der angegriffenen
Ausführungsform die beiden Grundkörper im Bereich der Leistenquerstege dicht
miteinander verschweißt. Die Beklagten haben die Verwirklichung von Merkmal o im
übrigen auch nicht konkret in Abrede gestellt.
58
Schließlich zeigen die Abbildungen der Beklagten auch, dass die angegriffene Palette
mit Füßen versehen ist (Merkmal q), die über eine Oberfläche nach außen vorstehen
(Merkmal r). In den Grundkörpern Durchbrechungen zum Ineinanderstapeln von
Paletten vorzusehen, sieht Patentanspruch 1 nur fakultativ vor und kann die
Patentverletzung entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) bis 3) nicht ausräumen.
Wieso die Beklagten zu 1) bis 3) meinen, man könne die angegriffene Palette nicht auf
den Füßen aufstellen, ist nicht nachvollziehbar. Die Lichtbildabbildungen gemäß
Anlage EP 2 (1 bis 5) zeigen, dass die Grundkörper auf den Füßen stehend gestapelt
werden. Im übrigen sieht auch das Klagepatent vor, beim gebrauchsfertigen Produkt
Kufen mit den Füßen zu verbinden (vgl. Unteranspruch 7).
59
Ferner ist im Sinne von Merkmal s in zumindest eine von Leisten gebildete Nut (22, 24)
eine starre Verstärkungseinlage eingelegt, nämlich bei der angegriffenen
Ausführungsform insgesamt 3 (vgl. Abbildung EP 2/5).
60
Soweit die Beklagten zu 1) bis 3) schließlich auf die Maße ihrer Palette und ihre
Herstellung aus hochwertigem Kunststoffagglomerat abstellen, steht die Verwirklichung
sämtlicher Merkmale von Patentanspruch 1 ebenfalls außer Zweifel, da die technische
Lehre des Klagepatents nicht auf bestimmte Palettenmaße und Kunststoffarten
beschränkt ist.
61
e)
62
Die Verwirklichung aller weiteren Merkmale von Patentanspruch 1) ist zwischen den
Parteien unstreitig und begegnet keinen Bedenken.
63
2.
64
In Übereinstimmung mit dem unter 1. Ausgeführten erfüllt auch die angegriffene Palette
der aus den Anlagen K 4 (a) und K 6 (a) ersichtlichen Ausführungsvariante sämtliche
Merkmale von Patentanspruch 1. Ausweislich den als Anlage K 4 und K 6 vorgelegten
Lichtbildabbildungen unterscheidet sie sich von der unter 1. abgehandelten Variante im
Hinblick auf die erfindungsgemäßen Merkmale nur dadurch, dass in ihre Nuten
insgesamt 5 Verstärkungseinlagen eingelegt sind und dass der die Schweißansätze
aufweisende Grundkörper an den äußeren Längsseitenenden jeweils eine zusätzliche
Leiste (24 a) (vgl. Figur 4 von Anlage K 4) aufweist, die deckungsgleich mit der
korrespondieren Leiste (24) (vgl. Figur 3 Anlage K 4) des anderen Grundkörpers ist. Die
Ausführungsvariante gemäß Anlagen K 4 (a ) und K 6 (a) liegt also noch näher am
Klagepatent als die unter 1 abgehandelte Ausführungsform und macht daher erst Recht
von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
65
III.
66
Hinsichtlich der aus den Lichtbildabbildungen gemäß Anlage EP 2 (1 bis 5)
ersichtlichen Ausführungsvariante haben die Beklagten von vornherein zugestanden,
dass diese Paletten von der Beklagten zu 6) hergestellt und an die Beklagte zu 1)
geliefert werden, die diese weitervertreibt. Bezüglich der Ausführungsvariante gemäß
Anlage K 4 haben die Beklagten zu 1) bis 3) in der mündlichen Verhandlung ebenfalls
eine entsprechende Vertriebstätigkeit der Beklagten zu 1) zugestanden, wobei die
Beklagte zu 6) nicht in Abrede gestellt hat, auch insoweit Hersteller und Lieferant der
Beklagten zu 1) zu sein.
67
Im übrigen steht aber auch allein schon wegen der Herstellung und des Vertriebs der
aus Anlage EP 2 (1 bis 5) ersichtlichen Variante eine Benutzungshandlung fest, die
schon für sich die Verurteilung der Beklagten zu 1) und 6) im beantragten Umfang trägt.
Inwiefern die Beklagten zu 1) und 6) Paletten der aus den Anlagen K 4 und K 6
ersichtlichen Ausführungsvarianten vertriebe haben, bedarf daneben schon aus
grundsätzlichen Erwägungen heraus keines gesonderten Benutzungsnachweises
seitens der Klägerin. Die Ausführungsvariante gemäß Anlagen K 4 und K 6 weist - was
die Beklagten selbst nicht in Abrede stellen - gegenüber der aus der Anlage EP 2 (1-5)
ersichtlichen Variante in patentrechtlicher Hinsicht keine beachtlichen Unterschiede auf.
Sie kommt dem Klagepatent vielmehr noch näher, da sie noch mehr zu den Leisten
68
deckungsgleiche Schweißansätze aufweist. Sie unterfällt damit erst Recht dem
Verbotstenor mit der Konsequenz, dass die Klägerin auch hinsichtlich dieser
Ausführungsvariante die Vollstreckung betreiben kann und die Beklagten zu 1) und 6)
verpflichtet sind, von sich aus über entsprechende Benutzungshandlungen Auskunft zu
erteilen und Rechnung zu legen. Eine andere Sichtweise hätte die nicht zu
rechtfertigende Konsequenz, dem Patentinhaber auch die Darlegungs- und Beweislast
für die Benutzung von Verletzungsvarianten aufzuerlegen, die sich hinsichtlich der
patentrechtlich relevanten Merkmale nicht unterscheiden und würde dem Grundsatz
widersprechen, dass der Nachweis einer Benutzung der patentgemäßen Merkmale
ausreicht, um eine umfassende Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht über
entsprechende Handlungen zu begründen.
Benutzungshandlungen der Beklagten zu 4), für die der Beklagte zu 5) im vorliegenden
Rechtsstreit zur Verantwortung gezogen werden kann, stehen ebenfalls fest. Der
Beklagte zu 5) hat nicht konkret in Abrede gestellt, dass die Beklagte zu 4)
patentverletzende Paletten der Ausführungsvariante gemäß den Anlagen K 4 und K 6
herstellt und vertreibt, insbesondere nicht, dass die von der Beklagten zu 4)
hergestellten und vertriebenen Paletten eine von den vorbezeichneten Anlagen
abweichende Gestaltung aufgewiesen haben, die patentrechtlich relevant ist.
69
IV.
70
1.
71
Aufgrund des festgestellten Benutzungstatbestandes sind die Beklagten zu 1) bis 3) und
5) bis 8) der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung
verpflichtet.
72
Die Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten befugt und legitimiert, insoweit
die Rechte aus dem Klagepatent geltend zu machen und durchzusetzen. Die Klägerin
ist ausweislich der Umschreibungsbestätigung des Deutschen Patent- und Markenamts
(Anlage K 11) seit dem 25. März 2004 als Inhaberin des Klagepatents in die Patentrolle
eingetragen. Die Rolleneintragung bewirkt gemäß §§ 30 Abs. 3 Satz 3 PatG, dass
ausschließlich der neu eingetragene Inhaber befugt und berechtigt ist, Ansprüche aus
dem Klagepatent im Klagewege geltend zu machen (vgl. Schulte PatG, 6. Auflage, § 30
RdNr. 14, 32, 34). Ob die Klägerin in materiell-rechtlicher Hinsicht Inhaberin des
Klagepatents geworden ist oder ob nach dem (pauschalen) Beklagtenvorbringen (GA
221) Patentrechte an eine dritte Person abgetreten wurden, kann dahin gestellt bleiben,
da eine Umschreibung auf einen dritten neuen Inhaber (Abtretungsempfänger) nicht
erfolgt ist. Die materiell-rechtliche Inhaberschaft ist für die Legitimation zur
Wahrnehmung der Rechte an und aus dem Schutzrecht ohne Bedeutung (vgl. Busse,
PatG, 6. Auflage, § 30 RdNr. 95). Die mit dem Rolleneintrag einhergehende
Legitimationswirkung hat zur Folge, dass allein der eingetragene Inhaber auch im
Verletzungsprozess als legitimiert gilt, die aus § 139 PatG folgenden Rechte im eigenen
Namen geltend zu machen.
73
a)
74
Die von den Beklagten behauptete Vergabe einer ausschließlichen Lizenz an die XY-
GmbH gemäß dem Vertragstext in Anlage A 3 räumt weder die aus dem Rolleneintrag
folgende Legitimationswirkung aus, noch ist sie geeignet, die Widerrechtlichkeit des
75
Handelns der Beklagten entfallen zu lassen.
Selbst wenn man den Abschluss eines solchen Vertrages am 13. Oktober 1992
unterstellt, scheitert ein Benutzungsrecht der Beklagten daran, dass nicht ihnen,
sondern der XY-GmbH eine ausschließliche Lizenz eingeräumt worden sein soll. Dass
diese mit einer der Beklagten einen - in Übereinstimmung mit § 34 GWB a.F.
schriftlichen - Unterlizenzvertrag geschlossen hat oder dass die Beklagten
ausschließlich von der XY-GmbH in den Verkehr gebrachte Paletten vertrieben haben,
ist nicht ersichtlich. Der Hinweis der Beklagten auf eine "Zusammenarbeit" mit der XY-
GmbH reicht hierzu nicht aus. Auch dem von der Beklagten zu 1) angeführten Schreiben
vom 12. Mai 1999 (Anlage 3 a) lässt sich eine relevante Unterlizenzierung durch die XY-
GmbH nicht entnehmen. Im übrigen ist die XY-GmbH ausweislich der als Anlage K 15
vorgelegten Dokumentenanzeige des Bundesanzeigers im Jahre 2002 wegen
Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht worden mit der Konsequenz, dass auch
ein Lizenzvertrag und etwaig unter ihm vergebene Unterlizenzen erloschen wären.
Demgemäß kann die behauptete Lizenzvergabe auch die Aktivlegitimation der Klägerin
nicht beschränken.
76
b)
77
Die Beklagte zu 6) und mit ihr die Beklagten zu 7) und 8) können sich nicht mit Erfolg auf
ein Zwischenbenutzungsrecht gemäß § 123 Abs. 5 PatG berufen.
78
Die Beklagte zu 6) hat bereits nicht dargetan, patentverletzende Paletten erst nach dem
Eintritt der Rücknahmefiktion (3. Juni 2003) in Benutzung genommen zu haben.
Unabhängig von dem Vorbringen der Beklagten zu 1) bis 3), von der Beklagten zu 6)
schon seit März 2003 die aus der Anlage EP 2 (1-5) ersichtliche Palette geliefert
bekommen zu haben, ergibt sich aus der von der Klägerin als Anlage K 5 vorgelegten
Rechnung über die Bestellung einer Palette vom 2. Juni 2003, dass die Beklagte schon
vor dem Erlöschen des Klagepatents Paletten angeboten hat. Dies hat sie auch selbst
eingeräumt. Die von der Beklagten zu 6) angebotene Palette ist mit Artikelnummer (100
002) bezeichnet. Vor diesem Hintergrund reicht zur Begründung eines
Zwischenbenutzungsrechts das pauschale - und im übrigen auch beweislos gestellte -
Vorbringen der Beklagten zu 6), patentrechtlich relevante Paletten vor dem 3. Juni 2003
nicht vertrieben zu haben, nicht aus, um ein Zwischenbenutzungsrecht zu begründen.
Hierzu hätte es konkreten Vortrages bedurft, wann die Beklagte erstmals
Veranstaltungen zur Benutzungsaufnahme getroffen hat. Darüber hinaus hat die
Beklagte zu 6), obwohl ihr insoweit die volle Darlegungs- und Beweislast für den
Zwischenbenutzungstatbestand obliegt, nicht konkret in Abrede gestellt, dass die von ihr
schon vor dem 3. Juni 2003 angebotenen Paletten die aus den Anlagen K 4 und K 6
ersichtliche Gestaltung aufgewiesen haben. Vielmehr hat die Beklagte zu 6) sogar
eingeräumt, dass es sich bei der Palette entsprechend der Ausgestaltung gemäß den
Anlagen K 4 und K 6 möglichweise um einen von ihr veräußerten Altbestand handelt.
Bereits dies würde ein Zwischenbenutzungsrecht ausschließen.
79
2.
80
Gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 Satz 2 PatG sind die Beklagten zu 1) bis 3)
und 5) bis 8) zum Schadensersatz verpflichtet.
81
a)
82
Die Beklagten haben zumindest fahrlässig gehandelt. Jeder Gewerbetreibende ist vor
Aufnahme einer Benutzungshandlung verpflichtet, sich von sich aus zu vergewissern,
ob Schutzrechte Dritter beeinträchtigt werden. Da Patentanmeldungen und
Patenterteilungen unter Nennung des
83
eingetragenen Inhabers in allgemein zugänglichen Quellen bekannt gemacht werden,
entlastet es die Beklagten nicht vom Fahrlässigkeitsvorwurf, von dem Klagepatent und
der Tatsache, dass dieses zunächst auf den Ehemann der Klägerin und sodann auf die
Klägerin eingetragen worden ist, nichts gewusst zu haben. Dass die Beklagten
möglicherweise der Meinung waren, die Rechte aus dem Klagepatent stünden dritten
Personen zu, ist unerheblich. Allein der als Inhaber Eingetragene, der sich durch
Einsichtnahme in die Patentrolle ohne weiteres feststellen lässt, ist befugt und
legitimiert, die Rechte aus dem Klagepatent geltend zu machen.
84
b)
85
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch vollständig aus
eigenem Recht und nicht nur aus abgeleitetem Recht ihres Ehemanns zu. Die Klägerin
ist bereits vor dem vorliegend relevanten Zeitraum für Schadensersatzleistungen
dingliche Inhaberin der aus dem Klagepatent folgenden Rechte geworden. Zwar ist der
von der Klägerin behauptete mündliche Kauf- und Übertragungsvertrag vom 18.
September 1994 wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des Art. 72 EPÜ
nicht wirksam gewesen. Jedoch hat die Klägerin mit ihrem Ehemann am 18. Juni 1996
den als Anlage K 9 vorgelegten notariellen Kaufvertrag geschlossen, gegen dessen
Existenz sich die Beklagten nach Vorlage der Anlage nicht mehr gewandt haben.
Diesem die frühere Vereinbarung bestätigenden schriftlichen Vertrag ist neben dem
Verpflichtungsgeschäft auch - jedenfalls konkludent - die Einigung über die dingliche
Übertragung zu entnehmen, da in ihm geregelt ist (§ 3), dass eine bereits am 18.
September 1994 erteilte Umschreibungsbewilligung ihre Gültigkeit behalten soll. Da die
Bewilligung der Umschreibung den Sinn hat, die dingliche Übertragung formell zu
vollziehen, ist dem Vertrag vom 18. Juni 1996 konkludent der Wille zur
einverständlichen dinglichen Rechtsübertragung zu entnehmen. Da der Ehemann der
Klägerin im Zeitpunkt der Rechtsübertragung als Inhaber des Klagepatents eingetragen
war, war er aufgrund der Legitimationswirkung der Rolleneintragung auch berechtigt, die
ihm als eingetragenem Inhaber aus dem Klagepatent erwachsenen Rechte, zu denen
auch Schadensersatzansprüche nach § 139 Abs. 2 Satz 2 PatG zählen, auf die Klägerin
dinglich zu übertragen. Ob der Ehemann der Beklagten (auch) materiell-rechtlich am
Gegenstand des Klagepatents berechtigt war, spielt auch hier keine Rolle. Denn der
Eingetragene kann allein kraft seiner formellen Legitimation über ein materiell fremdes
Recht verfügen (vgl. Busse, a.a.0., § 30 PatG RdNr. 97). Macht er von dieser Möglichkeit
zum Nachteil des materiell Berechtigten Gebrauch, bleibt diesem letztlich nur ein der
Schadensersatzanspruch oder unter Umständen die Klage auf Bewilligung der
Umschreibung.
86
3.
87
Die Schadenshöhe ist derzeit ungewiss. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes
Interesse daran, dass die Schadensersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde
nach gemäß § 256 Abs. 1 ZPO festgestellt wird. Damit die Klägerin in die Lage versetzt
wird, ihren Anspruch auf Schadensersatz zu beziffern, haben die Beklagten im
88
zuerkannten Rechnung über ihre Benutzungshandlungen zu legen (§§ 242, 259 BGB, §
140 b PatG). Die Klage erweist sich hinsichtlich der Rechnungslegung lediglich
insoweit als unbegründet, als die Klägerin von den Beklagten zu 5) bis 8) nicht nur
Angaben zu den Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, sondern auch zu den
erhaltenen oder bestellten Erzeugnissen und ihren Lieferanten verlangt. Denn die
Klägerin macht selbst geltend, dass es sich bei den Beklagten zu 4) und 6) um
Unternehmen handelt, die die angegriffenen Paletten lediglich in ihrem eigenen Betrieb
herstellen. Ferner ist den Beklagten gemäß der Rechtsprechung des
Oberlandesgerichts Düsseldorf (InstGE 3, 176 - Glasscheibenbefestiger) hinsichtlich der
nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger - auch von Amts wegen - ein
Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen.
4.
89
Der Vernichtungsanspruch folgt aus § 140 a PatG.
90
5.
91
Als Geschäftsführer und damit gesetzliche Vertreter der Beklagten zu 1) bzw. Beklagten
zu 6) haften die Beklagten zu 2) und 3) sowie 7) und 8) nicht anders als die von ihnen
geführten Gesellschaften. Denn kraft ihrer Stellung haben sie für die Beachtung
absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der von ihnen geführten
Gesellschaft insoweit im Geschäftsverkehr zu bestimmen. Der Beklagte zu 5) haftet
ebenso als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 4), welche nicht anders als die
Beklagte zu 6) patentgemäße Paletten hergestellt und vertrieben hat.
92
V.
93
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nicht verwirkt.
94
Ansprüche wegen Patentverletzung können verwirkt sein, wenn sich der Verletzer
wegen der Duldung der Verletzungshandlungen durch den Patentinhaber über einen
längeren Zeitraum hin bei objektiver Betrachtung darauf einrichten durfte und
eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die
verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und
Umstandsmoment stehen dabei in Wechselwirkung. Die zeitlichen wie sonstigen
Umstände des Einzelfalls müssen in ihrer Gesamtheit die Beurteilung tragen, dass nach
Treu und Glauben dem Gläubiger die Verfolgung seiner Ansprüche verwehrt ist, mit
deren Geltendmachung der Schuldner nicht mehr rechnen musste (vgl. BGH GRUR
2001, 323 ff. - Temperaturwächter).
95
Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Soweit der Ehemann der Klägerin mit Schreiben
vom 16.08.1995 (Anlage A 4) auf ihm zustehende Patentrechte hingewiesen hat, kann
hieraus schon deshalb kein Verwirkungstatbestand hergeleitet werden, da zu diesem
Zeitpunkt das Klagepatent noch nicht erteilt war und unabhängig davon ohne Kenntnis
der konkreten technischen Ausgestaltung des Vertriebsprodukts der Beklagten zu 1)
Rechte aus dem Klagepatent nicht mit sicherer Aussicht auf Erfolg hätten verfolgt
werden können.
96
VI.
97
Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht gemäß § 141 Satz 1 PatG verjährt.
Unabhängig davon, ob der Ehemann der Klägerin die aus Anlage K 4 (a) ersichtliche
Palette entsprechend dem ursprünglichen Klägervortrag im Jahr 1999 oder nach dem
korrigierten Klägervortrag im Juli 2000 erhalten haben will, ist dies nicht geeignet, einen
Verjährungstatbestand zu Lasten der Klägerin zu begründen, die bereits durch Vertrag
vom 18.06.1996 die Rechte aus dem Klagepatent erworben hatte (siehe oben). Nur ihre
positive Kenntnis vom Verletzungstatbestand und von der Person des Verletzters ist
schädlich. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich. Allein der Umstand der ehelichen
Verbundenheit reicht nicht aus, da fahrlässige Unkenntnis vom Verletzungstatbestand
und der Person des Verletzers den Verjährungstatbestand nach § 141 PatG nicht zu
begründen vermag.
98
Aus den bereits bei der Frage der Verwirkung angegebenen Gründen kann auch das
Schreiben des Ehemannes der Klägerin vom 16. August 1995 (Anlage A 4) keinen
Verjährungstatbestand begründen. Dem Schreiben lässt sich nicht entnehmen, dass
dem Ehemann der Klägerin zu diesem Zeitpunkt die konkrete technische Ausgestaltung
des Vertriebsprodukts der Beklagten zu 1) bekannt war, so dass eine Klage - gestützt
auf das später erteilte Klagepatent - nicht mit einiger Maßen sicherer Aussicht auf Erfolg
hätte erhoben werden können.
99
VII.
100
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten zu 1) – 3) und 6) und 8) ist verspätet
(§ 296 a ZPO) und rechtfertigt keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
101
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
102
Die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine
besonderen Kosten veranlasst.
103
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung folgen aus
§§ 709 Satz 1, 108 ZPO.
104
Der Streitwert beträgt 250.000,-- EUR.
105