Urteil des LG Düsseldorf vom 13.06.2001

LG Düsseldorf: fahrzeug, kaufpreis, ergänzung, unfall, polizei, sicherheitsleistung, kennzeichen, reparaturkosten, aufklärungspflicht, auto

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landgericht Düsseldorf, 11 O 710/00
13.06.2001
Landgericht Düsseldorf
11. Zivilkammer
Urteil
11 O 710/00
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche
Verhandlung vom 2. Mai 2001
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung
kann auch in Form einer Bürgschaft einer im Raum der Europäischen
Union ansässigen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand :
Der Kläger unterhält für seinen Pkw Mercedes Benz 290 TD Classic mit dem amtlichen
Kennzeichen xxx bei dem Beklagten einen Kaskoversicherungsvertrag mit einer
Selbstbeteiligung von 300,00 DM. Das Fahrzeug wurde am 04.03.1999 auf den Kläger
zugelassen. Der Kläger hatte das Fahrzeug von seiner Bekannten C nach seinen Angaben
zum Kaufpreis von 59.300,00 DM gekauft. Die Vorbesitzerin C hatte am 21.11.1998 mit
dem Fahrzeug einen Unfall erlitten; die Reparatur erforderte laut Rechnung der Firma Auto
B vom 12.02.1999 Kosten in Höhe von 31.211,66 DM. Der Kläger erlitt im Mai 1999 in
Schweden mit dem Fahrzeug einen Unfall, den er nach seinen Angaben mit einem
Aufwand von 5.000,00 DM repariert haben will.
Am 23.09.1999 um 14.30 Uhr zeigte der Kläger der Polizei in München-Süd an, das
versicherte Fahrzeug sei in der Zeit vom 22.09.1999 21.30 Uhr bis 23.09.1999 14.00 Uhr
vom L-Platz in München gestohlen worden. In dem schriftlichen Fragebogen der Polizei
beantwortete er die Fragen, nach Unfallschäden des Fahrzeugs wie folgt:
Hatte das Fahrzeug Unfallschäden: Ja
a. wenn ja, wann ereignete sich der Schaden? Ca. April 99
b. wurde der Schaden repariert (Vorschaden): Ja
c) wo ist das Fahrzeug ggf. beschädigt? Repariert
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4. wo war ggf. das Fahrzeug beschädigt? Heck- schaden
5. wie hoch war der Schaden bzw. wie hoch sind die Kosten für eine Reparatur: ca. 5.000,00
DM liegt ggf. ein Gutachten vor? nein
Der Kläger zeigte auch dem Beklagten den Diebstahl an. Die Frage des Beklagten nach
"früheren reparierten Beschädigungen des Fahrzeugs" beantwortete der Kläger mit
"REPARIERTE HÄCKSCHADEN*. In der Ergänzung der Schadensmeldung beantwortete
er die Fragen nach erlittenen Beschädigungen nach dem Kauf mit "Mai 1999
Heckschaden, Service in Schweden, ca. 5.000,00 DM".
Wegen unrichtiger Angaben zu den Vorschäden und zum Kaufpreis lehnte der Beklagte
Entschädigungsleistungen mit Schreiben vom 17.04.2000 ab.
Der Kläger trägt vor:
Das Fahrzeug sei, wie in der polizeilichen Anzeige angegeben, abgestellt und nicht wieder
aufgefunden worden. Durch einen Kanzleifehler sei in der Klageschrift die unrichtige
Tatzeit angegeben worden.
Als Kaufpreis inkl. aller Nebenbeträge habe er 59.300,00 DM gezahlt. Ein schriftlicher
Kaufvertrag existiere nicht.
Während der Kläger in der Klageschrift behauptet hatte, ein Vorschaden, der
Instandsetzungskosten in Höhe von 31.211,66 DM erfordert habe, sei ihm nicht bekannt (Bl.
3) behauptet er nunmehr: Natürlich habe er von dem Vorschaden Kenntnis gehabt (Bl. 46),
danach sei er indes von dem Beklagten nicht gefragt worden; nur die Beschädigungen des
Fahrzeugs nach dem Kauf seien erfragt worden.
Das Fahrzeug, das mit diversen Sonderausstattungen ausgerüstet gewesen sei, habe
einen Wiederbeschaffungswert von 54.900,00 DM.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 54.600,00 DM nebst 4 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet eine Entwendung und beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen
Obliegenheitsverletzung.
Der Beklagte verweist auf Auffälligkeiten (ungenaue und widersprüchliche Tatzeitangaben;
intensive persönliche Beziehungen zu Personen aus Jugoslawien; überhöhte
Kaufpreisangabe statt 55.000,00 DM 58.000,00 DM bzw. 59.300,00 DM; fehlende
Kaufunterlagen; Vertuschen eines Vorschadens, fehlender Fahrzeugschlüssel; falsche KM-
Leistungsangabe bei Vertragsschluss am 25.02.1999) und meint, die Gesamtheit dieser
Umstände spreche in so starkem Maße gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers und gegen
den behaupteten Diebstahl, dass der Kläger Beweiserleichterungen nicht für sich in
Anspruch nehmen könne.
Jedenfalls, so meint der Beklagte, sei er wegen der vorsätzlichen Falschangaben zum
Kaufpreis und zu den Vorschäden leistungsfrei.
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Die Ermittlungsakte XXX der Staatsanwaltschaft München hat zu Informationszwecken
vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger, wegen des angezeigten Diebstahls seines
Pkws Mercedes Benz 290 TD Classic mit dem amtlichen Kennzeichen xxx, über den
unstreitig bei dem Beklagten eine Fahrzeugversicherung abgeschlossen war, Ersatz zu
leisten.
Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Kläger den Schadensfall ausreichend
beweisen kann. Denn die Beklagte ist gemäß § 7 I Nr. 2 i.V.m. V Nr. 4 AKB, § 6 Abs. 3 VVG
von der Verpflichtung zur Leistung frei, weil sich der Kläger einer vorsätzlichen
Obliegenheitsverletzung schuldig gemacht hat.
Der Kläger ist als Versicherungsnehmer gemäß § 7 l Nr. 2 AKB verpflichtet, alles zu tun,
was zur Aufklärung des Diebstahlschadens, insbesondere auch zur Höhe des
entstandenen Schadens, dienlich sein konnte. Zu dieser Aufklärungspflicht gehört auch die
wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage nach Vorschäden (BGH VersR 1984, 228).
Diese Pflicht zur wahrheitsgemäßen Angabe über Vorschäden hat der Kläger vorsätzlich
verletzt.
Der Kläger hat nämlich in der von ihm am 06.10.1999 ausgefüllten und unterschriebenen
Schadensanzeige auf die Frage nach früheren reparierten Beschädigungen des Fahrzeugs
nur einen reparierten Heckschaden angegeben. In der ebenfalls am 06.10.1999 von ihm
ausgefüllten und unterzeichneten Ergänzung zur Schadensmeldung macht der Kläger
nähere Angaben zu diesem im Mai 1999 nach dem Kauf in Schweden erlittenen
Heckschaden, der einen Reparaturaufwand von ca. 5.000,00 DM erfordert habe. Er gibt
dem Beklagten gegenüber nicht an, dass das Fahrzeug im November 1998 ganz erheblich
beschädigt worden ist. Bei diesem Unfall wurde das Fahrzeug hinten mit Schwerpunkt im
Bereich des linken Seitenteils beschädigt; das Heckteil wurde komplett nach links
verzogen und nach vorne gestaucht. Die Instandsetzung erforderte Kosten in Höhe von
31.211,66 DM. Diesen Schaden hatte die Vorbesitzerin dem Kläger unstreitig
bekanntgegeben.
Soweit der Kläger geltend macht, es sei lediglich nach Beschädigungen gefragt worden,
die das Fahrzeug nach dem Kauf erlitten habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Diese Frage
befindet sich in dem Formular der Ergänzung zur Schadensmeldung; in dem Formular der
Schadensanzeige selbst dagegen wird eindeutig und unmissverständlich nach allen
früheren reparierten Beschädigungen des Fahrzeugs gefragt. Gerade aus dem
Zusammenhang der beiden Formulare ergibt sich, dass der Kläger den Beklagten nicht
korrekt und wahrheitsgemäß, sondern objektiv falsch über die Vorschäden unterrichtet hat.
Auch der Polizei gegenüber hat der Kläger auf die Frage nach Unfallschäden des
Fahrzeugs lediglich den Unfall, den er in Schweden erlitten hat, nicht jedoch den schweren
Unfallschaden angegeben (vgl. Bl. 6 GA).
Dass der Kläger den Beklagten nicht umfassend über die beiden Vorschaden des
Fahrzeugs aufklären wollte, ergibt sich auch aus folgendem:
Noch mit anwaltlichem Schreiben vom 26.05.2000 lässt der Kläger dem Beklagten
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mitteilen, den Vorschaden, der Reparaturkosten in Höhe von 31.211,66 DM erfordert habe,
keineswegs verschwiegen zu haben. Dieser Schaden sei vielmehr mit Reparaturkosten in
Höhe von 5.000,00 DM für die Ersatzteile repariert worden. Er habe als Kfz-Mechaniker das
Fahrzeug selbst repariert.
Auch diese Angabe stellt in deutlicher Weise eine gravierende Falschinformation des
Beklagten dar. Denn tatsächlich ist der Unfallschaden von der Firma Auto B ausweislich
der Rechnung vom 12.02.1999 für 31.211,66 DM repariert worden.
Selbst in der Klageschrift hat der Kläger zunächst geltend gemacht, ein Vorschaden über
31.211,66 DM sei ihm nicht bekannt; später räumte er indes seine Kenntnis ein.
Der Kläger hat gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht vorsätzlich verstoßen. Bei der
Verletzung einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit wird ein
vorsätzliches Fehlverhalten des Versicherungsnehmers von Gesetzes wegen vermutet
(Römer in Römer/Langheidt, VVG § 6 Rn. 94). Diese Vermutung hat der Kläger nicht
entkräftet.
Der verschwiegene Umstand war relevant. Der BGH hat diese Relevanz für das
Verschweigen von Vorschaden in der Kaskoversicherung bejaht, weil dieses
Verschweigen generell geeignet ist, den Versicherer zu einer über den maßgeblichen
Zeitwert hinausgehenden und nicht geschuldeten Entschädigungsleistung zu veranlassen
(BGH VersR 1984, 228). Die erforderliche Relevanz könnte allenfalls bei gänzlich
unbedeutenden kleinen Vorschaden entfallen. Hier handelt es sich bei dem
verschwiegenen Vorschaden aber gerade nicht um einen derartigen Bagatellschaden.
Auch ist der Kläger über die Konsequenzen auch folgenlos bleibender bewusst unwahrer
Angaben sowohl in der Schadensanzeige als auch in der Ergänzung zur
Schadensmeldung in der gebotenen Form belehrt worden. Die Nebenentscheidungen
beruhen auf §§ 91, 269 Abs. 3, 281 Abs. 3, 709, 108 ZPO.
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu den Akten gelangten nicht
nachgelassenen Schriftsätze führen nicht zur Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung; sie sind nicht entscheidungserheblich.