Urteil des LG Düsseldorf vom 22.04.2010

LG Düsseldorf (fonds, beratung, kenntnis, grobe fahrlässigkeit, bank, immobilienfonds, verjährung, höhe, anlage, zeitpunkt)

Landgericht Düsseldorf, 14c O 350/08
Datum:
22.04.2010
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
14c Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14c O 350/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin hat sich in den Jahren 1996 und 1997 nach einer Beratung durch die
Beklagte an zwei geschlossenen Immobilienfonds beteiligt. Sie verlangt von den
Beklagten Ersatz der gezahlten Einlagen zzgl. Agio und der auf die
Finanzierungsdarlehen erbrachten Zinsleistungen sowie die Erstattung
außergerichtlicher Kosten.
1
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Der Klägerin ist langjährige Kundin der Beklagten. Im Herbst 1996 wandte sie sich an
den Zeugen xxxx, einen Mitarbeiter der Beklagten, und bat diesen um Beratung im
Rahmen einer Geldanlage.
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In der Folge zeichnete sie am 05.11.1996 Anteile an der xxxxImmobilienfonds Nr. 38
xxxxx (im Folgenden xxxxx Fonds 38) über 50.000,00 € und im Juni 1997 Anteile an der
xxxxx Immobilienfonds Nr. 39 Dresden xxxxx (im Folgenden xxxxFonds 39) über
20.000,00 €. Die Beklagte nahm die Zeichnungen im Auftrag der Fondsgesellschaften
an. Die Klägerin finanzierte für den xxxx Fonds 38 30.000,00 € und für den xxx Fonds 39
10.000,00 € durch ein Darlehen der Beklagten.
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Für den xxx Fonds 38 wurden ab dem Jahre 1999 die prospektierten Ausschüttungen
von 5 bzw. 5,25 % nicht mehr erreicht. Während 1999 noch 4,90 % gezahlt wurden,
reduzierten sie sich im Jahr 2000 auf 3,86 %, in den Jahren 2001 und 2002 auf 1,86 %
und 1,90 %, und in den Jahren 2003 und 2004 auf 0,12 % und 0,07 %.
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Auch für den xxxFonds 39 wurden ab dem Jahre 2000 die prospektierten
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Ausschüttungen von 5 % nicht mehr erreicht. Während 2000 noch 4,90 % gezahlt
wurden, reduzierten sie sich die Auszahlungen in den Jahren 2001 und 2002 auf 4,17 %
und 4,15 %, und in den Jahren 2003 und 2004 auf 3,18 % und 3,15 %.
Die Klägerin hatte von dieser Entwicklung und der wirtschaftlichen Situation der Fonds
Kenntnis, insbesondere auch durch die jährliche Übersendung der
Rechenschaftsberichte.
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Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sie durch ihren Mitarbeiter, den Zeugen xxxx,
nicht umfänglich unter Berücksichtigung ihres Anlagezieles einer sicheren, wenngleich
möglichst renditestarken Anlage beraten. Sie habe in der Vergangenheit stets ein
konservatives Anlageverhalten gezeigt und ihrem Berater auch mitgeteilt, dass sie ihre
finanzielle Situation im Alter absichern wolle, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit
gesundheitsbedingt spätestens im Jahr 2006 vorzeitig in den Ruhestand treten werde.
Bei der Beratung über die streitgegenständliche Anlage habe der Zeuge xxxx betont,
dass es sich um eine besonders sichere Form der Geldanlage mit sehr guter Rendite
handele, bei der der Rückfluss der Investitionsmittel absolut gesichert sei. Mit der
Initiatorin der xxx Fonds, der Gebau AG, bestünde eine seriöse und langjährige
Partnerschaft. Auf das Risiko eines Totalverlusts habe er ebenso wenig hingewiesen
wie auf die Anlegerhaftung gemäß §172 Abs. 4 HGB. Versäumt habe er auch einen
Hinweis auf Rückvergütungen. Die Fondsprospekte habe sie erst nach Zeichnung der
Anlagen erhalten.
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Ende des Jahres 2004 habe sie mit dem Zeugen Kraft von der xxx AG gesprochen, um
ihre Vermögensverhältnisse analysieren und sich beraten zu lassen. Er habe sie in
einem Gespräch am 23.05.2005 erstmals über erhebliche Bedenken bezüglich der
streitgegenständlichen Anlagen informiert.
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Der Klägerin beantragt,
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1.
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die Beklagten zu verurteilen, an sie 39.125,26 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
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Zug um Zug gegen Abtretung der Geschäftseinlage an dem Medico
Immobilienfonds Nr. 38 Magdeburg Damaschkeplatz xxxx KG sowie an
dem Medico Immobilienfonds Nr. 39 Dresden xxxxx
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zu zahlen,
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2.
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die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Kosten in Höhe
von 1.419,10 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, dass die streitgegenständliche Kapitalanlage für die
Vermögensverhältnisse der Klägerin anlegergerecht gewesen sei. Bei den
streitgegenständlichen Beteiligungen handele es sich um konservative Anlageformen,
die auch zur Altersvorsorge geeignet seien. Der Klägerin sei es aber nicht vorrangig um
den Aufbau einer Altersvorsorge, sondern vielmehr um das Ziel einer Steuerersparnis
gegangen, wie der Vergleich mit den anderen von Anlagemöglichkeiten, die sie mit dem
Zeugen xxxx erörtert haben wolle, und der Umstand der Kreditaufnahme zeige. Sie sei
jeweils ordnungsgemäß unter Heranziehung des Fondsprospektes, in den jeweils die
Beitrittsformulare sowie Vollmachtsformulare eingelegt gewesen seien, über die
bestehenden Chancen und Risiken einer Beteiligung an dem streitgegenständlichen
Fonds aufgeklärt worden. Insbesondere seien in den Prospekten auch die
Rückvergütungen dargestellt. Von einer weitergehenden Verpflichtung, ungefragt mit
der Vermittlung der Fondsbeteiligungen über Vertriebsprovisionen aufzuklären, habe
der Zeuge Behrend in den Jahren 1996 und 1997 weder Kenntnis gehabt, noch haben
können.
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Weil die Klägerin seit 2001 die schwierige Situation der Fonds erkannt habe und ihr die
Prospekte unstreitig jedenfalls nach Zeichnung der Anlagen vorgelegen hätten, sei ihr
an der Entstehung eines Schadens ein erhebliches Mitverschulden vorzuwerfen.
Außerdem müsse sie sich etwaig gezogene Steuervorteile anrechnen lassen.
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Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Etwaige Ansprüche seien am
31.12.2004, spätestens aber mit Ablauf des 31.12.2007 verjährt. Die Klägerin habe nach
ihrem eigenen Vortrag die Prospekte jedenfalls nach Beitrittserklärung erhalten. Sie
habe auch frühzeitig die Situation der Fonds erkannt. Sofern die Klägerin inhaltliche
Gespräche über die Fonds mit dem Zeugen Kraft erst im Jahr 2005 geführt haben wolle,
diene diese "Verschiebung" dem Versuch der Einrede der Verjährung zu entgehen.
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Im Hinblick auf die Verjährung behauptet die Klägerin, sie habe erst durch die Beratung
durch den Zeugen Kraft von derxxxxAG im Jahr 2005 Kenntnis von den
anspruchsbegründenden Umständen erlangt. Zwar habe sie nicht die prognostizierten
Ausschüttungen erhalten, allerdings sei sie davon ausgegangen, dass es sich um
normale Marktschwankungen handelte. Mit einem drohenden Verlust des
Anlagekapitals habe sie nicht gerechnet, wie auch der Umstand zeige, dass sie noch
am Ende des Jahres 2004 bei Erstellung des Vermögensstatus die Kapitalanlage mit
dem vollen Wert von 35.000 € berücksichtigt habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Schadensersatzanspruch im
Zusammenhang mit der in den Jahren 1996 und 1997 eingegangenen Beteiligungen an
den im Klageantrag bezeichneten Immobilienfonds.
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1.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlerhafter
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Anlageberatung, weil die Beklagte ihr nicht offenbart hat, in welcher Höhe sie im
Innenverhältnis bei der Zeichnung der Anlage eine Vertriebsprovision erhält. Die Frage
der Verjährung (dazu unten 2.) kann insoweit offen bleiben.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist durch die Aufnahme der
Beratungsgespräche ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden. Die Beklagte
hat auch ihre Pflichten aus diesem Anlageberatungsvertrag dadurch verletzt, dass sie
die Klägerin nicht über die ihr im Falle der Zeichnung der Fonds zufließenden
Innenprovisionen aufgeklärt hat. Wenn eine Bank ihre Kunden berät und
Anlageempfehlungen ausspricht, sind die Kundeninteressen durch von der Bank
vereinnahmte Rückvergütungen deshalb gefährdet, weil die Gefahr besteht, dass die
Bank Anlageempfehlungen nicht allein nach den Kriterien anleger- und objektgerechter
Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe
Rückvergütungen zu erhalten. Erst durch entsprechende Aufklärung wird der Kunde in
die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank und dessen möglichen Einfluss auf die
Beratung einzuschätzen (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2006, NJW 2007, 1876, 1878 f.).
Diese Grundsätze gelten nicht nur für Aktienfonds sondern auch für Medien- und
Immobilienfonds und auch bei Beratungsverträgen mit Innenprovisionen unterhalb der
Schwelle von 15 % (vgl. für Medienfonds, OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2009, Az. I-
9 U 30/09 – zitiert nach juris; OLG Dresden, Urteil vom 24.07.2009, WM 2009, 1689,
1691 f.).
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Vor diesem Hintergrund war die Klägerin über die Größenordnung der Rückvergütung
aufzuklären, so dass unabhängig von der Frage, wann die Prospekte überreicht wurden,
die dortigen Angaben über Vertriebskosten nicht ausreichten. Die Beklagte hat die
gebotene Aufklärung der Klägerin unterlassen.
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Allerdings kann sie sich auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen.
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Denn auch bei Zugrundelegung eines strengen Sorgfaltsmaßstabes konnte die
Beklagte zum Zeitpunkt der Beratung in den Jahren 1996 und 1997 noch nicht
erkennen, dass eine solche Aufklärung geboten war (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom
11.09.2009, 11 U 75/08 – zitiert nach juris; OLG Dresden, a.a.O, 1692). Eine
Rechtsprechung, nach der Anlageberater zur Vermeidung eines Interessenkonfliktes zur
Offenbarung von Rückvergütungen gegenüber Anlageinteressenten verpflichtet war,
gab es noch nicht.
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Soweit das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 30.11.2009 ausführt, dass zumindest
nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 19.12.2000 mit dem klargestellt wurde,
dass eine Bank die dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewährten
Rückvergütungen wegen des daraus resultierenden Interessenkonflikts offenlegen muss
(vgl. BGH NJW 2001, 962, 963), die Banken mit einer solchen Verpflichtung rechnen
muss, sind diese Anforderungen in den Jahren 1996 und 1997 noch nicht zu stellen (vgl.
auch Markus Langen, Anm. zum Urteil des OLG Oldenburg – zitiert nach juris, der mit
der Entscheidung des BGH im Jahre 2000 ein neues Zeitfenster eröffnet sieht).
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Zwar waren bereits Fälle entschieden, in denen ein Steuerberater bzw. ein Anwalt
Provisionen bei Immobilienkäufen an seine Mandanten herausgeben musste (BGH
NJW-RR 1987, 1381, BGH NJW-RR 1991, 145). Auch war entschieden, dass Vermittler
von Warentermingeschäften Provisionen zurückerstatten und Kick-back-
Vereinbarungen offenlegen mussten (BGH NJW-RR 1990, 604). Jedoch handelte es
34
sich hierbei spezielle Fallkonstellationen, in denen ein Behalten der Provisionen
besonders unbillig erschien.
Umgekehrt war aber zum damaligen Zeitpunkt aus Sicht der Banken und wohl auch der
Anleger selbstverständlich, dass eine Bank für ihre Vertriebsbemühungen Provisionen
erhielt (vgl. auch BGH, Urteil vom 04.30.1987, NJW 1987, 1815). In der Literatur begann
in dieser Zeit erst die Diskussion über die Offenlegung von Interessenkonflikten im
Anlagebereich (vgl. dazu OLG Düsseldorf, a.a.O, Rdnr. 33 m.w.N.). Erst mit dem Urteil
des BGH vom 19.12.2000 wurde der Interessenkonflikt der Bank in den Vordergrund
einer Gerichtsentscheidung gerückt.
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Vor diesem Hintergrund würde man die Anforderungen an die Sorgfalt der Beklagten
überspannen, wenn man verlangte, dass sie in den Jahren 1996 und 1997 bereits
erkennen musste, dass eine Aufklärung über die Höhe etwaiger Rückvergütungen
geboten war.
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2.
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Alle weiteren in Betracht kommenden Ansprüche sind verjährt. Sie unterlagen
ursprünglich der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren. Eine Verjährung war –
soweit man einen Anspruch dem Grunde nach unterstellt – am 31.12.2001 noch nicht
abgelaufen. Nach Art.229 § 6 Abs.4 Satz 1 EGBGB, ist ab diesem Zeitpunkt auf nicht
verjährte Ansprüche die Regelverjährung des § 195 BGB n.F. anzuwenden, wobei nach
§ 199 Abs.1 Nr.1, 2 BGB für den Beginn der Verjährung die Kenntniserlangung des
Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen maßgeblich ist. Die grob
fahrlässig nicht erlangte Kenntnis steht dabei der positiven Kenntnis gleich.
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Unabhängig vom Bestehen etwaiger Ansprüche war die Verjährungsfrist im Zeitpunkt
der Klageerhebung am 23.12.2008 bereits abgelaufen. Denn die Voraussetzung des §
199 Abs.1 Nr. 1, 2 BGB waren spätestens im Jahr 2004 eingetreten.
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Die Klägerin hatte spätestens im Jahr 2004 aufgrund der jährlich zugesandten
Geschäftsberichte davon Kenntnis, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Fonds
weder der im Prospekt angepriesenen und noch den behaupteten Anpreisungen des
Den Zeugen Behrend entsprach, sondern dass vielmehr der Erfolg des Fonds
insgesamt in Frage gestellt war und sie vielleicht sogar mit einem Totalausfall rechnen
musste.
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Bereits seit dem Jahr 2000 wichen die an die Klägerin vorgenommenen
Barausschüttungen von den Angaben in den Prospekten deutlich ab, verringerten sich
kontinuierlich und gingen beim Medico Fonds 38 bis nahezu auf 0 zurück. Die
Geschäftsberichte informierten im Einzelnen über die Schwierigkeiten bei der
Vermietung, die umfangreichen Verbindlichkeiten und die Gesamtsituation.
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Wenn es schon in den Jahren 1999 bis 2003 zu derart rückläufigen
Gewinnausschüttungen kam, so war für jeden Anleger klar, dass sich die wirtschaftliche
Entwicklung des Fonds deutlich anders darstellte als prospektiert. Wenn der Berater der
Beklagten – wie von ihr behauptet - eine besonders sichere Anlage suggeriert hatte,
musste die tatsächliche Entwicklung die Klägerin veranlassen, in Betracht zu ziehen,
dass die Beklagte ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt hatten.
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Aufgrund dieser Umstände hätte die Klägerin jedenfalls im Jahr 2004 anwaltliche
Beratung in Anspruch nehmen müssen mit der Folge, dass etwaige fehlerhafte
Prospektangaben und die Mängel der Beratung durch den Zeugen Behrend zu Tage
getreten wären. Bei einer sich so aufdrängenden Sachlage ist von einer
Handlungspflicht des Betroffenen auszugehen. Denn durch das Aufschieben einer
Beratung kann der Beginn der Verjährungsfrist nicht hinausgezögert werden. Die sich
aufdrängende Erkenntnismöglichkeit ist in diesem Fall einer positiven Kenntnis
gleichzustellen (vgl. BGH VersR 1985, 367/368).
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Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin alle in Betracht kommenden
Prospektmängel oder die behaupteten Informationsmängel bereits erkennen konnte
oder sich diese aufdrängten. Maßgeblich ist, dass die Klägerin aufgrund der
Ausschüttungen und Rechenschaftsberichte erkannte, dass die Fonds sich in einer
Weise wirtschaftlich negativ entwickelten, dass sich aufdrängte, dass in den Prospekten
und vom Zeugen Behrend hierzu unrichtige Angaben gemacht worden waren. Um eine
normale wirtschaftliche Schwankung handelte es sich gerade nicht; vielmehr
entwickelten sich die Anlagen fortlaufend und zunehmend negativ. Daher musste die
Klägerin fachkundige Beratung suchen, um die Fehlerhaftigkeit der Prospekte und der
Beratung durch den Zeugen Behrend klären zu lassen. Indem die Klägerin dies
unterließ handelte sie in einer Art und Weise fahrlässig, die die Voraussetzung des §
199 Abs.1 Nr.2 BGB erfüllt.
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Bei Schadensersatzansprüchen ist grobe Fahrlässigkeit zu bejahen, wenn der
Gläubiger in Kenntnis eines drohenden oder eingetretenen Schadens untätig bleibt,
obwohl er sich in zumutbarer Weise Kenntnis über die zur Verfolgung notwendigen
Tatsachen oder Rechtskenntnisse verschaffen kann.
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So liegt der Fall hier.
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Denn wenn nach dem Vorbringen der Klägerin die Beratung durch den Zeugen Behrend
unzulänglich war, wäre dies bei der gebotenen Beratung unmittelbar aufgefallen und sie
hätte Kenntnis allen aufklärungsrelevanten Gesichtspunkten erlangt.
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Insgesamt verstieß die Klägerin durch ihr Abwarten bzw. Untätigbleiben im Hinblick auf
eine Überprüfung des Prospektes und des Beratungsverhaltens des Zeugen Behrend in
einer Weise gegen die Wahrnehmung eigener Interessen, dass es sich um eine grob
fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen handelte.
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Ob man die Kenntnis der wirtschaftlichen Schieflage auch dazu ausreichen lassen will,
eine grob fahrlässige Unkenntnis der Verletzung der Aufklärungspflicht über die
Rückvergütungen zu bejahen, begegnet Bedenken, da diese Rechtsverletzung anders
als die Frage der prospektierten wirtschaftlichen Entwicklung und des Totalverlustes
gänzlich unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung der Fonds vorliegt. Diese
Frage kann jedoch offen bleiben, weil Ansprüche daraus aus den unter Ziffer 1.
dargelegten Gründen nicht bestehen.
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3.
50
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.
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Streitwert: 39.125,26 €
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