Urteil des LG Düsseldorf vom 14.10.2010

LG Düsseldorf (firma, 1995, betrag, rechnung, stgb, zeuge, stadt, stimmabgabe, bebauungsplan, grund)

Landgericht Düsseldorf, I-10/04
Datum:
14.10.2010
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. große Strafkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-10/04
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt,
1. soweit dem Angeklagten Wilhelm Dxxxxx vorgeworfen ist, finanzielle
Vorteile als Gegenleistung für die Abstimmungen im Rat der Stadt
Ratingen betreffend den Bauleitplan H 250 (Fernholz/Sinkesbruch)
entgegengenommen zu haben,
2. soweit dem Angeklagten Txxxx vorgeworfen ist, finanzielle Vorteile
als Gegenleistung für die Abstimmungen im Rat der Stadt Ratingen
betreffend den Bauleitplan H 250 (Fernholz/Sinkesbruch) gewährt zu
haben,
3. soweit dem Angeklagten Michael Dxxxxx vorgeworfen ist, hierzu
Beihilfe geleistet zu haben.
Im Übrigen werden die Angeklagten freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Angeklagten
entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Die Staatskasse ist verpflichtet, dem Angeklagten Wilhelm Dxxxxx für
die in dieser Sache auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts
Wuppertal vom 1. Februar 2000 am
15. Februar 2000 durchgeführte Durchsuchung Entschädigung zu
gewähren.
Die Staatskasse ist verpflichtet, dem Angeklagten Txxxx für die in dieser
Sache auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts Wuppertal vom 25.
Oktober 1999 am
15. Februar 2000 durchgeführte Durchsuchung Entschädigung zu
gewähren.
Angewendete Vorschrift: § 78 Abs. 1 StGB.
Gründe:
1
Vorbemerkung:
Dxxxxx – ehemaliges Mitglied des Rates der Stadt Ratingen –
Bestechlichkeit, dem Angeklagten Txxxx – ehemaliger Inhaber von
Bauträgerunternehmen in Ratingen – Bestechung sowie dem
Angeklagten Michael Dxxxxx – Mitinhaber mehrerer Cafés in Ratingen
und Umgebung sowie Sohn des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx – Beihilfe
zur Bestechlichkeit vorgeworfen. Der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx soll als
Ratsmitglied für die Verabschiedung von zwei im Interesse des
Angeklagten Txxxx liegenden Bauleitplänen gestimmt haben, wofür er
geldwerte Vorteile erhalten haben soll, indem zwei von dem Angeklagten
Txxxx beherrschte Unternehmen Handwerkerrechnungen bezahlten, die
für den Umbau und die Ausstattung von Cafés der Firma Dxxxxx sowie
eines von der Tochter des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx bewohnten
Hauses erfolgten.
2
I.
3
Dem Angeklagten Wilhelm Dxxxxx wird in der zugelassenen Anklageschrift vom 8. Juni
2004 vorgeworfen, sich wegen Bestechlichkeit gemäß §§ 332 Abs. 1 a. F. und n. F., 335
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht zu haben. Dem Angeklagten Txxxx wird zur
Last gelegt, sich wegen Bestechung gemäß §§ 334 Abs. 1 a. F. und n. F., 335 Abs. 1,
Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht zu haben. Der Angeklagte Michael Dxxxxx ist der
Beihilfe (§ 27 StGB) zur Bestechlichkeit beschuldigt.
4
Die Staatsanwaltschaft legt den Angeklagten folgenden Sachverhalt zur Last:
5
1. Die Angeklagten Wilhelm Dxxxxx und Txxxx
6
Der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx – im angeklagten Tatzeitraum 2. April 1992 bis
15. Dezember 1998 Mitglied im Rat der Stadt Ratingen – habe sich auf Grund der
Gewährung finanzieller Vorteile seitens des Angeklagten Txxxx sowohl bei der
Aufstellung als auch bei der Beschlussfassung betreffend die Bauleitpläne H 250
(Fernholz/Sinkesbruch) und M 312 (Calor Emag) dafür eingesetzt, dass diese in einem
für den Angeklagten Txxxx wirtschaftlich vorteilhaften Sinne zustande kommen.
7
a) Der Bauleitplan H 250
8
Der wirtschaftliche Vorteil habe hinsichtlich des am 26. November 1996 unter
Mitwirkung des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx im Rat der Stadt Ratingen
verabschiedeten Bauleitplans H 250 für den Angeklagten Txxxx – der im Bereich
Fernholz/Sinkesbruch ein Bauvorhaben habe durchführen wollen und zu diesem Zweck
mit dem ehemals Mitangeklagten Vxxxxxx eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die
"Grünpark Fernholz/Sinkesbruch GbR", gegründet habe – darin bestanden, im
Geltungsbereich des Bauleitplans liegende Grundstücke zu erwerben, zu bebauen und
sodann möglichst lukrativ zu vermarkten. Dabei habe der Angeklagte Txxxx das
Interesse verfolgt, dass der Bauleitplan ein überaus hohes Maß an Wohnbebauung
ermögliche, um so eine möglichst hohe Anzahl von Baukörpern errichten und verkaufen
zu können. Der Angeklagte Txxxx und der ehemals Mitangeklagte Vxxxxxx hätten vor
9
diesem Hintergrund vereinbart, dass aus den Mitteln der "Grünpark
Fernholz/Sinkesbruch GbR" ein Posten von 920.000,00 DM für Provisionen
bereitstehen sollte. Von diesem Betrag seien 300.000,00 DM für den Angeklagten
Wilhelm Dxxxxx, die übrigen Gelder für andere Entscheidungsträger des Bauvorhabens
Fernholz/Sinkesbruch gedacht gewesen.
Zwischen den Angeklagten Txxxx und Wilhelm Dxxxxx sei eine Gegenleistung für einen
entsprechenden Einsatz und eine entsprechende Stimmabgabe vereinbart gewesen,
und zwar diejenige, zugunsten des Angeklagte Wilhelm Dxxxxx den im Jahre 1995
durchzuführenden Umbau einer Filiale des Café Dxxxxx, nämlich derjenigen an der
Anschrift "Marktplatz 11-13" in Ratingen, zu finanzieren. Dieses Café sei – als eine von
mehreren Filialen des Café Dxxxxx – von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
"Wilhelm und Albert Dxxxxx GbR" betrieben worden, die von dem Angeklagten Wilhelm
Dxxxxx gemeinsam mit seinem Bruder Albert Dxxxxx und seit dem Beitritt des
Angeklagten Michael Dxxxxx am 1. Januar 1996 auch mit diesem geführt worden sei. Im
Gesellschaftsvertrag sei die Beteiligung der Gesellschafter an dem Vermögen, Gewinn
und Verlust zu gleichen Teilen vereinbart gewesen.
10
Die Finanzierung der Umbauarbeiten sei über die im Jahre 1994 gegründete Firma J. T.
Projektmanagement und Bauträger-Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (J. T.) in
Essen abgewickelt worden, deren Geschäftsführer der Angeklagte Txxxx gewesen sei.
Dieser habe aus dem Mitteln der Firma J. T. einen Betrag von insgesamt 147.256,99 DM
an die am Umbau des Café Dxxxxx beteiligten Handwerker überwiesen.
11
Im Einzelnen habe die Firma J. T. die Rechnungen wie folgt beglichen:
12
aa)
1995 und 9. April 1995 seien für Sanitär- und Heizungsarbeiten am Café Dxxxxx in
Ratingen-Mitte zwischen dem 7. März 1995 und 5. April 1995 am 11. April 1995 eine
Akontozahlung über 17.250,00 DM und am 19. April 1995 12.750,00 DM überwiesen
worden.
13
bb)
Handels GmbH aus Grevenbroich für deren Lieferung von Granitsteinen an das Café
Dxxxxx überwiesen worden.
14
cc)
Fliesen und Granitarbeiten vom 6. April 1995 über 25.106,86 DM sei am 11. April 1995
eine Akontozahlung von 11.500,00 DM geleistet und der restliche Betrag von 13.606,00
DM am 19. April 1995 angewiesen worden.
15
dd)
deren Lieferung und Montage einer automatischen Türanlage überwiesen worden.
16
ee)
Borgeln für Elektroinstallations- und Reparaturarbeiten überwiesen worden.
17
ff)
19.901,41 DM für Malerarbeiten sei am 26. Juni 1995 ein Betrag von 9.901,41 DM
angewiesen worden. Am 19. April 1995 sei bereits eine Akontozahlung von 10.000,00
18
DM geleistet worden.
gg)
Wxxxxx, die Lebensgefährtin des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx, überwiesen worden.
Diese habe am 12. August 1995 eine Rechnung an die Firma J. T. "für ihre
Vermittlungsbemühungen in der Grundstücksangelegenheit Ratingen-Hösel, Fernholz-
Sinkesbruch" gestellt, die sie nicht getätigt habe.
19
Beeinflusst durch die zunächst in Aussicht gestellten und sodann auch geleisteten
Zahlungen habe der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx seine Position als Vorsitzender des
Bezirksausschusses genutzt, um sich für die gegenüber dem ursprünglichen städtischen
Zielkonzept für das Baugebiet vom 14. Januar 1992 deutlich erweiterte
Bebauungsmöglichkeit im Bereich Fernholz/Sinkesbruch im Interesse des Angeklagten
Txxxx einzusetzen. Die Mitglieder des Bezirksausschusses seien üblicherweise den
Vorschlägen des Vorsitzenden und die Mitglieder des Rates bei ihren
Entscheidungsfindungen den Empfehlungen des ortskundigen Bezirksausschusses
gefolgt.
20
Am 20. Juni 1995 habe der Bezirksausschuss und am 22. Juni 1995 der
Hauptausschuss den Bebauungsplan H 250 in der im Hinblick auf die
Bebauungsmöglichkeit erweiterten Fassung einstimmig beschlossen. Am 27. Juni 1995
sei der Bebauungsplan mit einer Enthaltung vom Rat der Stadt Ratingen unter
Teilnahme des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx angenommen worden.
21
Am 14. Januar 1996 habe der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx im Bezirksausschuss für den
auf Grund von Bedenken der Bezirksregierung geänderten Bebauungsplan H 250 mit
abgestimmt, am 21. November 1996 im Hauptausschuss und am 26. November 1996 im
Rat der Stadt Ratingen.
22
Bei den Abstimmungen habe sich der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx nicht allein vom
öffentlichen Wohl, sondern auch von den bereits erhaltenen bzw. noch in Aussicht
stehenden Zuwendungen leiten lassen.
23
b) Der Bauleitplan M 312
24
Der wirtschaftliche Vorteil hinsichtlich des Bauleitplans M 312 habe für den Angeklagten
Txxxx – der auf dem Gebiet des sogenannten Calor-Emag-Geländes (ein im Eigentum
des umsiedlungswilligen Elektroanlagenunternehmens ABB Calor Emag Schaltanlagen
GmbH stehendes innerstädtisches Areal mit Industriebebauung) ebenfalls ein
Bauvorhaben habe durchführen wollen – darin bestanden, auch im Geltungsbereich
dieses Bebauungsplans Grundstücke zu erwerben, zu bebauen und sodann möglichst
lukrativ zu vermarkten. Dies habe auch in diesem Fall vorausgesetzt, dass ein
Bauleitplan verabschiedet werde, der ein überaus hohes Maß an Wohnbebauung
ermögliche und zudem auch noch die Errichtung von Einzelhandelsflächen zulasse.
25
Hier sei als Gegenleistung für einen entsprechenden Einsatz und eine entsprechende
Stimmabgabe zwischen den Angeklagten Txxxx und Wilhelm Dxxxxx vereinbart
gewesen, zugunsten des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx den Umbau der Backstube in
dem Stammhaus der Konditorei Dxxxxx auf der E-Straße 60 in Ratingen und die
zwischen 1997 und 1999 durchzuführenden Umbauarbeiten an dem Haus "Villa
Dxxxxxxxxxxx" in der Bxxxxxxstraße 88 in Ratingen-Hösel zu finanzieren. Für die "Villa
26
Dxxxxxxxxxxx" habe der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx ein lebenslanges
Nießbrauchrecht. Die Wohnungen in diesem Haus habe er an seine Tochter Bernadette
Dxxxxx vermietet.
Die Finanzierung des Umbaus der Backstube sei über die Firma J. T., die Finanzierung
der Umbauarbeiten an der "Villa Dxxxxxxxxxxx" sei über die Firma P GmbH (P) – deren
Geschäftsführer ebenfalls der Angeklagte Txxxx gewesen sei – abgewickelt worden.
27
Dieser habe aus dem Mitteln der Firma J. T. einen Betrag von insgesamt 40.250,00 DM
an den am Umbau der Backstube des Stammhauses des Café Dxxxxx beteiligten
Handwerker überwiesen; aus den Mitteln der Firma P einen Betrag von 100.136,57 DM
an die an den Umbauarbeiten an der "Villa Dxxxxxxxxxxx" beteiligten Handwerker.
28
Im Einzelnen hätten die Firmen J. T. und P die Rechnungen wie folgt übernommen:
29
aa)
von 40.250,00 DM an die Firma M Beton- und Stahlbau-Bauunternehmungen aus
Korschenbroich, die der Firma J. T. am 20. Oktober 1997 eine Rechnung für Leistungen
im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben Café Dxxxxx in Velbert gestellt habe,
überwiesen.
30
bb)
Umbau der Backstube in dem Stammhaus der Konditorei Dxxxxx auf der E Straße 60 in
Ratingen in Höhe von 37.004,00 DM erbracht. Diesen Betrag habe der Angeklagte
Txxxx aus den Mitteln der Firma P auf Grund einer Scheinrechnung der Firma M vom 3.
November 1998 angewiesen, die tatsächlich nicht erbrachte Umbauarbeiten am Objekt
"Eichenhof" in Ratingen auf Weisung des Angeklagten Txxxx abgerechnet habe.
31
cc)
Höhe von insgesamt 10.967,96 DM an dem Objekt "Villa Dxxxxxxxxxxx" beauftragt und
bezahlt, die diese am 5. August 1997 und 8. September 1997 in Rechnung gestellt
habe.
32
dd)
die Firma S aus Mülheim an der Ruhr überwiesen, die – beauftragt durch die Firma P –
an dem Objekt Dachdeckerarbeiten durchgeführt und dies am 5. September 1997 der
Firma P in Rechnung gestellt habe.
33
ee)
1999 die Rechnungen der Firma K vom 20. November 1998 und 9. Dezember 1998 in
Höhe von insgesamt 73.632,79 DM für den Umbau einer Garage in ein Badezimmer
bezahlt.
34
ff)
eine Scheinrechnung vom 27. Mai 1999 über Umbauarbeiten an einem Haus auf der E
Straße 58 in Ratingen gestellt habe, die sie nicht dort, sondern an dem Haus auf der
Bxxxxxxstraße erbracht habe – überwiesen.
35
Beeinflusst durch die zunächst in Aussicht gestellten und sodann geleisteten Zahlungen
habe der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx maßgeblich dazu beigetragen, dass der
36
Bauleitplan M 312 im Sinne des Angeklagten Txxxx zustande gekommen sei.
So habe er am 15. Juli 1996 in seiner Eigenschaft als Fraktionsvorsitzender der CDU in
Ratingen an den damaligen Stadtdirektor geschrieben und darum gebeten, für eine
Beschleunigung der Planungen für das Gelände der Calor Emag AG zu sorgen. Mit
Schreiben vom 25. Juli 1996 habe er sich erneut als Fraktionsvorsitzender an den
Stadtdirektor gewandt und angeregt, das Gelände hauptsächlich für die Wohnnutzung
auszuweisen. Er habe beantragt, für das Gebiet einen Bebauungsplan aufzustellen
sowie die bisherigen Träger des Vorhaben- und Erschließungsplanes aufzufordern,
ihren entschädigungslosen Rücktritt zu erklären.
37
Am 15. Dezember 1998 habe der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx im Rat der Stadt
Ratingen für den Bebauungsplan M 312 gestimmt. Bei dieser Abstimmung habe sich der
Angeklagte Wilhelm Dxxxxx nicht allein vom öffentlichen Wohl, sondern auch von den
erhaltenen Zuwendungen leiten lassen.
38
2. Der Angeklagte Michael Dxxxxx
39
Der Angeklagte Michael Dxxxxx habe ermöglicht, dass der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx
die Zuwendungen durch die Bezahlung von Handwerkerrechnungen bei den
Renovierungsarbeiten an den Cafés in Ratingen-Mitte, Velbert und auf der E Straße
erhalten konnte. Bei den Umbauarbeiten habe er die kaufmännische Leitung
übernommen und die Handwerkerfirmen beauftragt.
40
Insgesamt 147.256,99 DM habe die Firma J. T. an den Angeklagten Wilhelm Dxxxxx
überweisen können, weil der Angeklagte Michael Dxxxxx den Architekten Kr.
angewiesen habe, den mit der Durchführung der Arbeiten an der Filiale des Café
Dxxxxx "Am Marktplatz 11-13" in Ratingen beauftragten Handwerkern mitzuteilen, dass
sie ihre Rechnungen an die Firma J. T. überweisen sollten. Die Handwerker Schu., L.
und T habe er hierzu zusätzlich persönlich aufgefordert.
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Zudem habe der Angeklagte Michael Dxxxxx den Handwerker M angewiesen, seine
Rechnung vom 20. Oktober 1997 über 40.250,00 DM für die Umbauarbeiten am Café
Dxxxxx in Velbert von dem Angeklagten Txxxx bezahlen zu lassen.
42
Dem Angeklagten Michael Dxxxxx sei bekannt gewesen, dass diese Zahlungen im
Zusammenhang mit dem Einsatz seines Vaters für die Bebauungsplanverfahren H 250
und M 312 gestanden hätten.
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3. Abweichende rechtliche Beurteilung
44
Die Anklage war vor dem Urteil des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofes vom 9. Mai
2006 – 5 StR 453/05 – (BGH NStZ 2006, 389) erhoben worden, in dem entschieden
wurde, dass kommunale Mandatsträger, die nicht mit über ihre Mandatstätigkeit
hinausgehenden konkreten Verwaltungsaufgaben betraut sind, keine Amtsträger im
Sinne des Strafrechts seien. Die Kammer hat daher in ihrem Beschluss über die
Zulassung der Anklage darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Angeklagten Wilhelm
Dxxxxx und Txxxx auch eine Strafbarkeit wegen Abgeordnetenbestechung gemäß §
108 e Abs. 1 StGB und hinsichtlich des Angeklagten Michael Dxxxxx eine Strafbarkeit
wegen Beihilfe hierzu in Betracht komme.
45
II.
46
Hinsichtlich der Tatvorwürfe im Zusammenhang mit dem Bauleitplan H 250 war das
Verfahren gemäß §§ 260 Abs. 3 StPO, 78 Abs. 1 StGB wegen Verfolgungsverjährung
einzustellen. Von den Tatvorwürfen im Übrigen sind die Angeklagten aus tatsächlichen
Gründen freizusprechen.
47
Die Kammer konnte auf Grund der Hauptverhandlung folgende Feststellungen treffen:
48
1. Aufgaben, Tätigkeiten und Funktionen der Angeklagten im Tatzeitraum
49
In den Jahren 1982 bis 1998 war der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx Mitglied im Rat der
Stadt Ratingen, dabei seit 1994 zudem CDU-Fraktionsvorsitzender. Als
Mitgesellschafter der "Wilhelm und Albert Dxxxxx GbR" – seit 1996 umfirmiert in
"Café/Conditorei Dxxxxx GbR" – betrieb der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx das Café
Dxxxxx mit Stammsitz an der E-Straße 60 in Ratingen und mehreren Filialen, u. a. Am
Marktplatz 11-13 in Ratingen, in Ratingen-Mitte und in Velbert. Der Angeklagte Michael
Dxxxxx trat am 1. Januar 1996 neben dem Angeklagten Wilhelm Dxxxxx und dessen
Bruder Albert Dxxxxx in die "Café/Conditorei Dxxxxx GbR" ein.
50
Der Angeklagte Txxxx war in diesem Zeitraum in Ratingen im Bauträgergeschäft
engagiert, und zwar als geschäftsführender Gesellschafter der Firmen J. T. GmbH und P
GmbH. Die Firma P war als Investorin bei Bauvorhaben in den Geltungsbereichen
sowohl des Bebauungsplans H 250 als auch des Bebauungsplans M 312 involviert.
51
2. Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Aufstellung und Verabschiedung
der Bebauungspläne H 250 (Fernholz/Sinkesbruch) und M 312 (Calor-Emag)
52
a) Der Bebauungsplan H 250
53
Bereits seit Mitte der 1980er Jahre gab es im Rahmen der Bestandsplanung allgemeine
stadtplanerische und politische Überlegungen zur Entwicklung des Geländes
Fernholz/Sinkesbruch. Bei diesem Gelände handelte es sich um eine in privatem
Eigentum stehende Grünfläche im Stadtteil Ratingen-Hösel. In diesem Stadtteil, in dem
auch der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx wohnt, bestand und besteht auf Grund der
verkehrstechnisch günstigen Anbindung an Düsseldorf eine hohe Nachfrage nach
Einfamilienhäusern, was sich auch merklich auf die Grundstückspreise auswirkt.
54
Im Mittelpunkt der Erwägungen zur Beplanung des Gebiets Fernholz/Sinkesbruch stand
– im Einklang mit den Darstellungen im bereits vorhandenen Flächennutzungsplan –
die Ausnutzung der Naherholungsqualität des Geländes. So wurde unter dem aus dem
Flächennutzungsplan stammenden Begriff "Grünzug Hösel" die Anlage von Spiel- und
Erholungsflächen, einer Festwiese, eines kommunalen Golfplatzes u. a. diskutiert. Als
notwendig erachtet wurde auch die Erweiterung des Friedhofs. Auch ein geringer Anteil
an Wohnbebauung im Rahmen der im Flächennutzungsplan hierfür vorgesehenen
Gebiete "Am Adels", "Sinkesbruch" und "Heiligenhauser Straße" war – im wesentlichen
als Ausgleich für den Wegfall von Wohnbauflächen in einem anderen Plangebiet –
vorgesehen. Dem konzeptionell hohen Grünflächenanteil und den Freizeitmöglichkeiten
stand zunächst auch der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx positiv gegenüber.
55
Im Jahre 1985 entstand ein erster Planentwurf, der im Bereich "Am Altenhof" zehn
Wohneinheiten und im Bereich "Sinkesbruch" noch keine Wohnbebauung vorsah. Im
Jahre 1986 wurde im Rat der Stadt Ratingen der Planaufstellungsbeschluss gefasst; die
Stadt Ratingen trat in Verhandlungen mit den an der Veräußerung interessierten
Eigentümern der Grundstücksflächen ein.
56
Mitte des Jahres 1991 begann die die Zeugin Hi. – als Sachbearbeiterin in der Abteilung
verbindliche Bauleitplanung bei dem Bauplanungsamt der Stadt Ratingen unter Leitung
der Zeugin H. – mit der Erarbeitung eines konkreten planerischen Konzepts. Dies wurde
am 14. Januar 1992 verwaltungsintern vorgestellt und sah in Umsetzung der Leitidee
des "Grünzugs Hösel" aus dem Flächennutzungsplan umfangreiche Grünflächen,
Wanderwege, Freizeit- und Sportnutzungen sowie eine Friedhofserweiterung vor. Das
vorgesehene Maß an Wohnbebauung war dagegen gering; das Konzept sah im Bereich
"Altenhof" eine Zeile Wohnbebauung und im Bereich Sinkesbruch neun
Wohnbaukörper vor, und zwar im Wesentlichen in Gestalt von Einfamilienhäusern mit
relativ großzügigen Grundstücken.
57
Zur selben Zeit fanden Gespräche zwischen dem Leiter des Planungsamts A, dem
gesondert verfolgten Baudezernenten J., dem Angeklagten Txxxx und dem ehemals
Mitangeklagten Vxxxxxx statt, wobei letztere als Bauträger im Bereich
Fernholz/Sinkesbruch Grundstücke erwerben und diese gewinnbringend vermarkten
wollten. Der Angeklagte Txxxx und der ehemals Mitangeklagte Vxxxxxx waren unter
dem Aspekt der Gewinnmaximierung vorrangig daran interessiert, ein möglichst hohes
und dichtes Maß an Wohnbebauung zu erreichen. Die Ausweisung von Bauland im
Bauleitplan stand insoweit mit den Interessen der Eigentümer der Grundstücksflächen in
Einklang, als diese bei einer solchen Ausweisung weit höhere Verkaufspreise für ihre
Grundstücke erzielen konnten als bei einer Ausweisung z. B. als Ackerland. Das von
den Investoren favorisierte Maß an Wohnbebauung stand allerdings unter dem Aspekt
planerischer Belange im Konflikt zu den erwünschten öffentlichen Nutzungen, da
zunehmende wohnbauliche Nutzung die Möglichkeiten – charakteristischerweise
immissionsintensiver – öffentlicher Nutzung regelmäßig beschränkt. Das zunächst auf
der Sachbearbeiterebene in der Bauverwaltung artikulierte Interesse der Stadt Ratingen
bestand darin, die verschiedenen Nutzungsinteressen gegeneinander abzuwägen und
dabei diesen Konflikt möglichst gering zu halten, gleichwohl möglichst viele
Grünflächen zwecks öffentlicher Nutzung zu erlangen, den Grundstückseigentümern im
Gegenzug die Ausweisung von Bauland anzubieten und im Übrigen Investoren für das
auszuweisende Bauland zu gewinnen.
58
Der Angeklagte Txxxx legte seine Interessen als Investor gegenüber dem Planungsamt
u. a. mittels eines von ihm bei den Architekten Schwingen und Wermut aus Düsseldorf
in Auftrag gegebenen und von diesen erstellten Planentwurfs dar, der im Bereich
"Altenhof" eine verdoppelte Wohnbebauung – maximal 35 Baukörper –, im Bereich
Sinkesbruch fünf Baukörper, dahinter acht eingeschossige Baukörper und im Bereich
"Heiligenhauser Straße" weitere zehn Baukörper vorsah. Die Größe der einzelnen
Grundstücke war gegenüber dem ursprünglichen Plankonzept deutlich verringert. Der
gesondert verfolgte Baudezernent J. wies die Zeugin Hi. an, ihr ursprüngliches
Zielkonzept abzuändern und stattdessen den von dem Angeklagten Txxxx vorgelegten
Entwurf zu übernehmen. Die Zeugin Hi. kam der Anweisung nach und legte das
entsprechend abgeänderte Konzept am 2. April 1992 vor. Der Bezirksausschuss
Ratingen-Hösel-Eggerscheidt – dessen Vorsitzender der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx
war – nahm dieses an. Letztlich wurde der Bauleitplan in dieser Fassung beschlossen.
59
Am 31. August 1993 erwarben der Angeklagte Txxxx für die Firma P und der ehemals
Mitangeklagte Vxxxxxx für seine Firma Bauunternehmung Hans Vxxxxxx GmbH & Co.
KG die zu bebauenden Grundstücke im Geltungsbereich des Bauleitplans von den
Eigentümern. Die Vertragsparteien gingen dabei davon aus, dass im Bauleitplan
hinsichtlich des von den Eigentümern Fänger und Borgmann erworbenen Grundstücks
eine Bebauungsmöglichkeit für mindestens 56 Doppelhaushälften und fünf
Reihenhäuser und Geschosswohnungen bestehen würde, hinsichtlich des von den
Eigentümern Peter, Margot, Dr. Christine und Gerrit K. erworbenen Grundstücks eine
Bebauungsmöglichkeit von mindestens 28 Doppelhaushälften und sechs
Reihenhäusern und Geschosswohnungen. Anderenfalls war in beiden Verträgen ein
Rücktrittsrecht vorgesehen. Dies konnte jeweils nur bis zum 31. Juli 1995 ausgeübt
werden.
60
Am 27. Juni 1995 und – nachdem die Bezirksregierung Bedenken geäußert hatte und
diese berücksichtigt worden waren – am 26. November 1996 wurde im Rat der Stadt
Ratingen der Bauleitplan H 250 mit verabschiedet. Der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx
stimmte jeweils für diesen.
61
In der beschlossenen Form sah der Bauleitplan ein gegenüber dem ersten konkreten
Plankonzept der Stadt Ratingen aus dem Jahre 1992 deutlich erhöhtes Maß an
Wohnbebauung vor. Dieses entsprach den Wünschen und Interessen des Angeklagten
Txxxx sowie des ehemaligen Mitangeklagten Vxxxxxx.
62
Der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx gab in den beiden Abstimmungen seine Stimme
zumindest auch deshalb für den jeweiligen Bebauungsplan ab, weil ihm bzw. dem
Unternehmen "Wilhelm und Albert Dxxxxx GbR", an dem er maßgeblich beteiligt war,
auf Veranlassung von Txxxx und Vxxxxxx und nach einer vorherigen Absprache
zwischen diesen und ihm geldwerte Mittel im Umfang von 147.256,99 DM zugewendet
worden waren (siehe dazu unter
3 a)
63
b) Der Bebauungsplan M 312
64
Bei dem sogenannten "Calor-Emag-Gelände" handelte es sich um ein in der Innenstadt
von Ratingen gelegenes großflächiges Areal, das seit L. Zeit industriell genutzt wurde.
Eigentümer des Geländes und Betreiber der darauf errichteten Anlagen war die Firma
ABB Calor Emag Schaltanlagen GmbH (ABB Calor Emag), bei der es sich um eine
Tochterfirma des weltweit tätigen ABB-Konzerns handelt.
65
Innerhalb des Unternehmens kamen Überlegungen auf, den Produktionsstandort zu
verlagern. Der bisherige Standort des seit 1925 in Ratingen ansässigen Unternehmens
erschien zusehends problematisch, da er inmitten der Innenstadt lag und die Fertigung –
da sie in den dort vorhandenen historischen Gebäuden stattfinden musste – weit von
einem optimalen Produktionsprozess entfernt war. Die Firma ABB Calor Emag fertigte –
als einziges Unternehmen innerhalb des ABB-Konzerns – am Standort Ratingen
Vakuum-Schaltkammern, ein Kernprodukt mit existentieller Bedeutung für den gesamten
Konzern. Seitens des Konzerns war den Entscheidungsträgern vor Ort freigestellt, einen
neuen, modernen Produktionsstandort in Deutschland, auch in Ratingen und
Umgebung zu finden. Hierfür bestand lediglich die Vorgabe, die Umsiedlung an den zu
findenden Standort ohne Unterstützung seitens des Konzerns aus eigener Kraft zu
finanzieren und weiterhin ungeschmälerte Gewinne an den Konzern abzuführen.
66
Alternativ erwog der Konzern, dem die Letztentscheidung oblag, den Standort Ratingen
zu schließen und eine neue Kammerfabrik in China zu bauen.
Die Entscheidungsträger des Unternehmens in Ratingen wussten, dass es sich bei der
Betriebsverlagerung ins Ausland um eine realistische Möglichkeit handelte, da die
Belange der örtlichen Belegschaft – insbesondere der drohende Verlust von
Arbeitsplätzen – bei den Entscheidungsträgern des weltweit agierenden Großkonzerns
ABB unter ethischen Gesichtspunkten eine nur untergeordnete Rolle spielten. Den
örtlichen Entscheidungsträgern des Unternehmens und der Belegschaft der Firma ABB
Calor Emag kam es jedoch maßgeblich darauf an, den Standort Ratingen zu erhalten
und so die etwa 1.000 bestehenden Arbeitsplätze zu sichern; Mitarbeiter und Betriebsrat
befürworteten dies ohne jede Einschränkung.
67
Aufgrund der Vorgaben der Konzernspitze war die erforderliche Verlagerung des
Produktionsstandortes innerhalb von Ratingen oder zumindest im näheren Umfeld nur
möglich, wenn für das Altgelände ein möglichst hoher Preis erzielt und das ins Auge
gefasste, den Produktionsanforderungen entsprechende Neugelände möglichst
kostengünstig erworben würde. Dabei waren – wie bald klar wurde – ein hohes Maß an
Wohnbebauung und die Ansiedlung von Einzelhandel auf dem Altgelände wesentliche
Faktoren für einen hohen Verkaufserlös des Altgeländes; eine Bodenwertsteigerung in
der von ABB Calor Emag angestrebten Dimension war nur über die Ausweisung
großflächigen Einzelhandels und einer dichten Wohnbebauung im Bebauungsplan zu
erzielen. Es bestand dabei ein gewisser Zeitdruck, da die laufende Produktion allenfalls
kurzfristig unterbrochen werden konnte.
68
Um ihre Vorstellungen betreffend die Verwertung des Altgeländes planerisch zu
konkretisieren, beauftragte die Firma ABB Calor Emag die Firma P u. a. mit der
Erarbeitung eines entsprechenden Planentwurfs. Der von der Firma ABB Calor Emag
beauftragte Leistungsumfang erfasste darüber hinaus die Projektentwicklung, die
Koordination von Abbruch und Entsorgung sowie den Vertrieb der unbebauten
Grundstücke; der von der Firma P aufzustellende Plan sollte zudem die Vermarktung
erleichtern. Den Planentwurf erstellte sodann zunächst der für die Firma P tätige
Architekt Scharwächter, ein ehemaliger Mitarbeiter des Bauplanungsamtes der Stadt
Ratingen.
69
Die Firma P verfolgte gleichzeitig ein eigenes Engangement als Investorin, denn es
sollten nach der Vorstellung des Angeklagten Txxxx auch Grundstücke zwecks
Bebauung und Vermarktung von ihr selbst erworben werden.
70
Im Bauplanungsamt hatte man, seit sich die Verlagerung des ABB-Calor-Emag-
Standortes abzeichnete, bereits – ohne konkrete Vorgaben – eigene Entwürfe für das
Gesamtgebiet erarbeitet, da dies aus planerischer Sicht außergewöhnlich interessant
erschien. Sachbearbeitend war hiermit die Zeugin L. befasst. Insgesamt wurden sechs
Entwürfe in die Vorlage zum Aufstellungsbeschluss aufgenommen. Im Schwerpunkt
sahen diese mit dem vorrangigen Ziel anspruchsvollen Städtebaus und unter
Berücksichtigung sozialer Belange angefertigten Pläne viele Grünflächen, großzügige
Grundstücke, Geschosswohnungsbau mit guter fußläufiger Anbindung an die Innenstadt
und Einzelhandel in moderatem Umfang zur lokalen Versorgung vor.
71
Auf Grund der exponierten Lage, der außergewöhnlichen Tragweite des Projekts und
der herausragenden Bedeutung des Calor-Emag-Altgeländes für die Stadt Ratingen
72
insgesamt entwickelte sich vor dem Hintergrund der geschilderten Problematik eine
intensive, höchst kontroverse politische Diskussion. Insbesondere der damals
amtierende hauptamtliche Bürgermeister Di., der dem Angeklagten Wilhelm Dxxxxx auf
Grund parteiinterner Animositäten wenig gut gesonnen war, vertrat den Standpunkt,
dass eine große Zahl von Wohneinheiten inmitten der Stadt nachteilig sei und die
Ansiedlung von Einzelhandel auf dem Calor-Emag-Altgelände einen Kaufkraftverlust für
die Innenstadt bedeuten würde; ein Wegzug des Unternehmens sei zum einen nicht
derart zwangsläufig zu erwarten, wie seitens des Konzerns dargestellt, und im Übrigen
auch ohne verdichtete Bebauung und mit wesentlich weniger Einzelhandelsflächen
abzuwenden; jedenfalls seien die städtebaulichen und wirtschaftlichen Nachteile des
Projekts in diesem Umfang nicht in Kauf zu nehmen. Diese Position teilte – jedenfalls im
Ansatz – auch der Leiter des Planungsamts A.. Im Gegensatz hierzu stritt insbesondere
der damalige Stadtdirektor F. dafür, dem Unternehmen zu ermöglichen, vor Ort zu
bleiben und den Zielkonflikt zwischen hohem Verkaufserlös und verträglicher
städtebaulicher Umsetzung vorrangig unter diesem Aspekt – also zugunsten der Firma
ABB Calor Emag – aufzulösen, da er eine von ihm als realistisch angesehenen Aufgabe
des Standortes Ratingen und – damit verbunden – den Verlust der Arbeitsplätze in
jedem Falle abwenden wollte.
Auf Initiative des Stadtdirektors F. kam es zu zahlreichen Gesprächsrunden, an denen
neben dem kaufmännischen Vorstand der Firma ABB Calor Emag – dem Zeugen J. –
auch der Angeklagte Txxxx für die Firma P, der Baudezernent J. und der Leiter des
Planungsamts A. beteiligt waren. Im Rahmen dieser Gespräche wurden insbesondere
Einzelheiten der von der Firma P für die Firma ABB Calor Emag erstellten Planung so
angepasst, dass sie mit den Vorgaben des bereits existenten Flächennutzungsplans
und den baurechtlichen Anforderungen im Übrigen in Einklang zu bringen waren.
Insbesondere der Baudezernent J. setzte sich für die Realisierung der von der Firma P
vorgelegten Planentwürfe ein und wies die Planungsamtsmitarbeiter an, diese zu
übernehmen und – zum Missfallen der dortigen Mitarbeiter, die diese Planentwürfe für
städtebaulich bedenklich hielten – lediglich umzusetzen, was letztlich auch geschah.
73
Das Meinungsbild im Rat war geteilt und selbst innerhalb der Fraktionen nicht
einheitlich. Tendenziell setzte sich die SPD-Fraktion vorrangig für den Erhalt der
Arbeitsplätze und damit für den Verbleib des Unternehmens ein, was zu der Neigung
führte, städtebauliche Gesichtspunkte zugunsten einer dichten Bebauung sowie der
Ausweisung von Einzelhandelsflächen hintanzustellen. Die FDP-Fraktion legte Wert auf
den Erhalt von Kaufkraft in der Innenstadt selbst und wollte einen befürchteten Abfluss
derselben zu den geplanten innenstadtnahen Einzelhandelsgebieten vermeiden; das
Stimmungsbild bei den Grünen und der CDU war uneinheitlich. Der Angeklagte Wilhelm
Dxxxxx setzte sich als CDU-Fraktionsvorsitzender nachhaltig für den Bauleitplan in der
von P und ABB Calor Emag gewünschten Fassung ein, weil auch er im Falle einer mehr
an städtebaulichen Belangen orientierten Beplanung den Verlust von Arbeitsplätzen
befürchtete. Allerdings erklärte er im Rahmen der Diskussion innerhalb der Fraktion
letztlich den Fraktionszwang für die Abstimmung über den Bauleitplan für aufgehoben,
so dass die Abstimmung insoweit "freigegeben" war.
74
Die Firma ABB Calor Emag warb währenddessen für ihr Anliegen, die Arbeitsplätze in
Ratingen zu erhalten, außergewöhnlich vehement. So präsentierten ihre Vertreter, unter
anderem auch der Zeuge J., die Planungen in den verschiedenen Gremien und
Fraktionen persönlich und wiesen deutlich auf den drohenden Verlust des Standortes
hin. Die Belegschaft demonstrierte zudem öffentlich für den Erhalt des Standortes. Die
75
Medien griffen dieses Thema auf, sodass auch der öffentliche Druck auf die
Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung zunehmend wuchs.
Am 15. Dezember 1998 wurde im Rat der Stadt Ratingen der Bauleitplan M 312 unter
Teilnahme des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx mit neun Gegenstimmen ohne Enthaltung
verabschiedet. Dieser sah neben einem hohen Maß an Wohnbebauung auch ein
großflächiges Sondergebiet Einzelhandel vor. Im Wesentlichen entsprach der
verabschiedete Bauleitplan – mit Ausnahme einer nicht unerheblichen Reduzierung der
zunächst in Aussicht genommenen Einzelhandelsfläche – den Vorstellungen, wie sie
von dem Angeklagten Txxxx für die Firma P sowie von der Firma ABB Calor Emag
formuliert worden waren.
76
Der Firma ABB Calor Emag gelang es in der Folge, das Areal zu einem ihren
Vorstellungen entsprechenden Preis zu veräußern. Sie errichtete in Stadtrandlage von
Ratingen ein neues modernes Werk, in das die Produktion vollständig verlegt wurde
und in dem – einschließlich der von Subunternehmern beschäftigten Personen –
wiederum nahezu 1000 Beschäftigte tätig sind. Das Altgelände wurde mit Ein- und
Mehrfamilienhäusern bebaut; auch wurden Einzelhandelsflächen errichtet. Die
Unternehmen des Angeklagten Txxxx konnten von der Bebauung des Geländes nicht
mehr profitieren, da sie zuvor insolvent geworden waren.
77
Die Kammer konnte nicht ausschließen, dass sich der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx bei
seiner Stimmabgabe auch von Zahlungen beeinflussen ließ, die der Angeklagte Txxxx
zu seinen Gunsten veranlasst oder in Aussicht gestellt hatte (siehe dazu unten
3 b)
3 c)
Zuverlässigkeit feststellen. Insbesondere kommt nach der Überzeugung der Kammer
durchaus die Möglichkeit in Betracht, dass der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx bei der
Abstimmung über den Bebauungsplan ausschließlich die Interessen der Einwohner der
Stadt Ratingen am Erhalt der Arbeitsplätze im Sinn hatte und die – noch
darzustellenden – Geldzuwendungen in keinem Zusammenhang mit seiner
Stimmabgabe standen.
78
3. Die Zuwendungen von geldwerten Vorteilen zugunsten des Angeklagten
Wilhelm Dxxxxx
79
a) Die Umbauarbeiten an der Filiale des Café Dxxxxx "Am Marktplatz 11-13" im
Jahre 1995 und die von dem Angeklagten Txxxx veranlassten Zahlungen
zugunsten des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx
80
Im Jahre 1995 wurde die Filiale des Café Dxxxxx "Am Marktplatz 11-13" umgebaut und
neu eröffnet. An den Umbauarbeiten waren die Firmen H. W. Schm. GmbH aus
Ratingen, Fliesen T GmbH aus Ratingen, Schu. Marmor-Handels GmbH aus
Grevenbroich, Malermeister L. aus Ratingen, B. & L. GmbH aus Lingen und Elektro G.
GmbH aus Welver-Borgeln beteiligt. Mit der Bauaufsicht war der von dem Angeklagten
Michael Dxxxxx beauftragte Architekt Kr. befasst; die Bauleitung nahm dessen freier
Mitarbeiter G. wahr. Die Vergabe der Gewerke erfolgte gemeinschaftlich durch den
Angeklagten Michael Dxxxxx und den Architekten Kr.. Die Kosten für die
Handwerksarbeiten der vorgenannten Firmen trug indes die an dem Bauvorhaben nicht
beteiligte Firma J. T.
81
Am 7. März 1995 begannen die Umbauarbeiten mit den Sanitär- und Heizungsarbeiten
der Firma H. W. Schm. GmbH. Am 27. März 1995 bat der Architekt Kr. die vorgenannten
Firmen H. W. Schm., T, Schu., L. und G. per Faxmitteilung darum, die ursprünglich an
das Café Dxxxxx gerichteten bzw. zu richtenden Rechnungen auf die Firma J. T.
umzustellen. Bis auf den Zeugen Schu. – der die Firma J. T. nicht als seine
Vertragspartnerin ansah und sich deshalb weigerte, seine Rechnung auf diese
umzustellen – kamen sämtliche Handwerker dieser Aufforderung nach. Die Rechnung
des Zeugen Schu. vom 22. März 1995 wurde sodann nachträglich ohne dessen Wissen
auf die Firma J. T. umetikettiert, welche den Rechnungsbetrag beglich.
82
Im Einzelnen konnten folgende Rechnungsstellungen und Zahlungen festgestellt
werden:
83
Am 21. März 1995 stellte die Firma H. W. Schm. GmbH der Firma J. T. für Sanitär- und
Heizungsarbeiten einen Betrag von 18.926,30 DM in Rechnung.
84
Am 22. März 1995 bat die Firma Fliesen T GmbH mit Schreiben an die Firma J. T. um
eine Akontozahlung i. H. v. 11.500,00 DM für Fliesen-, Marmor- und Granitarbeiten.
85
Am 22. März 1995 stellte die Firma Schu. für die Lieferung von Granitsteinen eine
Rechnung über Beträge von 13.853,87 DM und 120,85 DM und adressierte diese an
das Café Dxxxxx. Das Adressfeld dieser Rechnung wurde nachträglich mit einem Etikett
überklebt, das die Firma J. T. als Adressaten auswies (s. o.).
86
Am 29. März 1995 bat die Firma H. W. Schm. GmbH mit Schreiben an die Firma J. T. um
eine Akontozahlung i. H. v. 17.250,00 DM für Sanitär- und Heizungsarbeiten.
87
Am 6. April1995 stellte die Firma Fliesen T GmbH der Firma J. T. für Fliesen und
Granitarbeiten 25.106,86 DM in Rechnung.
88
Am 7. April 1995 stellte die Firma Elektro G. GmbH der Firma J. T. für
Elektroinstallations- und Reparaturarbeiten einen Betrag von 36.525,37 DM in
Rechnung.
89
Am 9. April 1995 stellte die Firma H. W. Schm. GmbH für Sanitär- und Heizungsarbeiten
der Firma J. T. einen weiteren Betrag von 31.770,47 DM in Rechnung.
90
Am 10. April 1995 stellte die Firma B. & L. GmbH der Firma J. T. für die Lieferung und
Montage einer automatischen Türanlage einen Betrag von 22.862,00 DM in Rechnung.
91
Am 11. April 1995 erfolgte eine Akontozahlung i. H. v. 11.500,00 DM durch die Firma
J. T. an die Firma Fliesen T GmbH und eine weitere Akontozahlung i. H. v. 17.250,00
DM an die Firma H. W. Schm. GmbH.
92
Am 19. April 1995 überwies die Firma J. T. einen Betrag von 12.750,00 DM an die Firma
H. W. Schm. GmbH, einen weiteren Betrag von 13.956,72 DM an die Firma Schu.
Marmor-Handels GmbH, einen weiteren Betrag von 13.606,00 DM an die Firma Fliesen
T GmbH und einen weiteren Betrag von 10.000,00 DM als Akontozahlung an den
Malermeister L..
93
Am 25. April 1995 überwies die Firma J. T. einen Betrag von 22.862,00 DM an die Firma
94
B. & L. GmbH.
Am 23. Mai 1995 überwies die Firma J. T. einen Betrag von 35.430,00 DM an die Firma
Elektro G. GmbH.
95
Am 6. Juni 1995 stellte der Malermeister L. für Malerarbeiten der Firma J. T. einen
Betrag von 19.901,41 DM in Rechnung.
96
Am 26. Juni 1995 überwies die Firma J. T. den Restbetrag von 9.901,41 DM an den
Malermeister L..
97
Der Gesamtbetrag der von der Firma J. T. erbrachten Zahlungen betrug 147.256,99 DM.
Mit der Firma J. T. hatte – abgesehen von den Zahlungen – keiner der beteiligten
Handwerker Kontakt. Sie fungierte im Rahmen des Bauvorhabens weder als Bauträger,
noch als Generalunternehmer, noch nahm sie beratende oder koordinierende Aufgaben
wahr. Die Zahlungen erfolgten vielmehr, um dem Angeklagten Wilhelm Dxxxxx eine
Gegenleistung für dessen Engagement im Zusammenhang mit der Aufstellung und
Verabschiedung des Bebauungsplans H 250 (Fernholz/Sinkesbruch) zu gewähren. Der
Angeklagte Wilhelm Dxxxxx, der Angeklagte Txxxx sowie der ehemalige Mitangeklagte
Vxxxxxx, gegen den die Kammer das Verfahren vor Beginn der Hauptverhandlung
durch Beschluss wegen Verfolgungsverjährung eingestellt hat, waren nämlich
spätestens Anfang März 1995 übereingekommen, dass sich der Angeklagte Wilhelm
Dxxxxx für eine möglichst hohe Bebaubarkeit des Areals einsetzen und in den
jeweiligen Ausschüssen sowie im Stadtrat jeweils für die Verabschiedung eines
Bebauungsplans stimmen sollte, der eine solche hohe Bebaubarkeit ermöglichte. Im
Gegenzug für dieses Engagement – aber auch für die Stimmabgabe im Stadtrat –
sollten die o. g. Rechnungen aus Mitteln bezahlt werden, die letztlich die von Txxxx und
Vxxxxxx beherrschte "Grünpark Fernholz/Sinkesbruch GbR" als wirtschaftliche Trägerin
der in dem Areal in Aussicht genommenen Bauvorhaben aufbringen sollte. Die
Rechnungen sollten jedoch von der Firma J. T. bezahlt werden, der diese Mittel von der
"Grünpark Fernholz/Sinkesbruch GbR" zur Verfügung gestellt wurden. All dies war dem
Angeklagten Michael Dxxxxx bekannt. Er wirkte an der Leitung der Zahlungsströme von
der Firma J. T. an die jeweiligen Handwerker mit, um die Umsetzung der zuvor
getroffenen Vereinbarung zu ermöglichen.
98
Nachdem Anfang 1996 seitens der Kriminalpolizei Ermittlungen zur Aufklärung von
Unregelmäßigkeiten in der Bauverwaltung der Stadt Ratingen aufgenommen worden
waren, befürchteten die Angeklagten die Aufdeckung eines Zusammenhangs zwischen
den erbrachten Zahlungen und dem Engagement des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx. Um
für die Zahlungen nachträglich den Anschein eines Rechtsgrundes zu schaffen,
veranlasste der Angeklagte Txxxx, dass die Firma J. T. unter dem 27. Dezember 1995
eine rückdatierte Rechnung erstellte, in der für das Erbringen von Ausbauleistungen an
der Filiale "Am Marktplatz" ein Betrag in Höhe von 147.256,99 DM in Rechnung gestellt
wurde. Daraufhin zahlte der Angeklagte Michael Dxxxxx den überlassenen Betrag in
drei Raten von 47.256,99 DM (am 22. Mai 1996) sowie zweimal 50.000,00 DM (am 13.
Dezember 1996 und am 15. Januar 1997) an die Firma J. T. zurück. Mit Schreiben vom
4. Dezember 1996 bedankte er sich zudem bei der Firma J. T. für die "sorgfältige
Beaufsichtigung der Arbeiten während des Umbaues des Café Dxxxxx".
99
In der Folgezeit – in den Jahren 1997 bis 1999 – veranlasste der Angeklagte Txxxx –
wie nachfolgend unter
b)
100
und P weitere erhebliche Zahlungen zugunsten der Firma Dxxxxx bzw. zugunsten des
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx. Insoweit konnte die Kammer jedoch keine für eine
Verurteilung ausreichenden Feststellungen dazu treffen, ob diese Zahlungen auf Grund
der o. g. Übereinkunft als nachträgliche Vergütung des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx für
die Abstimmungen bei Verabschiedung des Bebauungsplans H 250 geflossen sind
oder ob sie einen anderen Zweck hatten.
b) Die Arbeiten an der Filiale des Café Dxxxxx in Velbert und im Stammhaus
des Café Dxxxxx auf der E-Straße 60 im Jahre 1997 und die von dem
Angeklagten Txxxx veranlassten Zahlungen
101
Im Jahre 1997 erfolgten Bauarbeiten in der Filiale des Café Dxxxxx in Velbert, die im
Jahre 1998 eröffnet wurde, und im Stammhaus des Café Dxxxxx auf der E-Straße 60 in
Ratingen; dort wurde die Backstube umgebaut. An diesen Bauvorhaben war die
insoweit von dem Angeklagten Michael Dxxxxx beauftragte Firma M Beton- und
Stahlbau-Bauunternehmungen aus Korschenbroich beteiligt, die Leistungen im
Gesamtwert von 77.250,00 DM erbrachte. Hiervon trug die – an keinem der beiden
Bauvorhaben beteiligte – Firma J. T. den auf die Arbeiten an dem Café Dxxxxx in
Velbert entfallenden Betrag von 40.250,00 DM, die – ebenfalls an keinem der beiden
Bauvorhaben beteiligte – Firma P den auf die Arbeiten im Stammhaus des Café Dxxxxx
entfallenden Betrag von 37.000,00 DM.
102
Im Einzelnen konnten folgende Rechnungsstellungen und Zahlungen festgestellt
werden:
103
Am 20. Oktober 1997 stellte die Firma M der Firma J. T. einen Betrag von 40.250,00 DM
in Rechnung. Die Rechnungsstellung mit der Rechnung Nr. 10-97-19 erfolgte zunächst
– wahrheitsgemäß – als erste Abschlagszahlung für geleistete Arbeiten bei dem
Bauvorhaben Café Dxxxxx in Velbert. Auf Veranlassung der Firma J. T. erstellte der
Zeuge M stattdessen jedoch über denselben Betrag unter derselben
Rechnungsnummer eine ebenfalls auf den 20. Oktober 1997 datierte Rechnung
betreffend ein Bauvorhaben "MFH Unter den Ulmen 13 in 47137 Duisburg-Meiderich".
An einem solchen war der Zeuge M indes nicht beteiligt.
104
Am 2. Oktober 1997 richtete die Firma M eine Rechnung über einen Betrag von
30.700,00 DM an den Angeklagten Wilhelm Dxxxxx, die – wahrheitsgemäß – eine erste
Abschlagszahlung für Arbeiten am Stammhaus des Café Dxxxxx betraf. Auf
Veranlassung der Firma J. T. erstellte der Zeuge M stattdessen jedoch am 3. November
1998 eine Rechnung an die Firma P über einen Betrag von 37.004,00 DM betreffend ein
Bauvorhaben "Eichenhof in Ratingen". An einem solchen war der Zeuge M allerdings
nicht beteiligt.
105
Am 22. Oktober 1997 zahlte die Firma J. T. der Firma M einen Betrag von 40.250,00 DM
per Verrechnungsscheck.
106
Am 17. November 1998 zahlte die Firma P der Firma M einen Betrag von 30.000,00 DM
per Verrechnungsscheck.
107
Am 14. Dezember 1998 zahlte die Firma P der Firma M einen Betrag von 7.000,00 DM
per Verrechnungsscheck.
108
Einen erkennbaren Rechtsgrund für die Zahlungen durch die Firmen J. T. und P gab es
nicht. Insbesondere waren die beiden Firmen nicht als Bauträger oder
Generalunternehmer tätig, noch hatten sie Aufgaben im Rahmen der Baubetreuung oder
planung übernommen, durch die die Zahlungen hätten erklärt werden können. Wofür die
Beträge ansonsten gezahlt wurden, hat die Kammer nicht eindeutig feststellen können.
Es kommt sowohl in Betracht, dass es sich um eine nachträgliche Vergütung des
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx für das Engagement – einschließlich der Stimmabgabe im
Rat – betreffend den Bebauungsplan H 250 handelte. Nicht auszuschließen ist aber
auch, dass die Zahlungen deshalb erfolgt sind, um sich das Wohlwollen des
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx in seiner Eigenschaft als einflussreicher
Kommunalpolitiker im Allgemeinen zu sichern. Schließlich konnte die Kammer auch
nicht ausschließen, dass die Zahlungen im Hinblick auf die unter Mitwirkung des
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx erfolgte Verabschiedung des Bebauungsplans M 312
durch den Rat der Stadt Ratingen am 15. Dezember 1998 erfolgten. Letzteres konnte die
Kammer indes auch nicht mit der für eine Verurteilung erforderliche Tragfähigkeit positiv
feststellen.
109
c) Die Umbauarbeiten an der "Villa Dxxxxxxxxxxx" in den Jahren 1997 bis 1999
und die von dem Angeklagten Txxxx veranlassten Zahlungen
110
In den Jahren 1997 bis 1999 wurden Umbauarbeiten – insbesondere der Umbau einer
Garage in ein Badezimmer – an der "Villa Dxxxxxxxxxxx", Bxxxxxxstraße 88 in Ratingen
durchgeführt. An diesen waren die Firmen S.aus Gelsenkirchen, St.us Mülheim an der
Ruhr und KHB Moderne Raumdesign-Objektberatung aus Neuss beteiligt. Mit der
Beauftragung der Handwerker und der Abwicklung des Bauvorhabens war der Zeuge
M.befasst, der bei der Firma BPC – einer Tochterfirma der Firma P – als Projektleiter
tätig war und den der Angeklagte Txxxx angewiesen hatte, sich "um die Sache zu
kümmern". Die Planungen für den Umbau erfolgten unter Beteiligung des Angeklagten
Wilhelm Dxxxxx nach Maßgabe der Wünsche von dessen Tochter Bernadette Dxxxxx,
die in der "Villa Dxxxxxxxxxxx" wohnte.
111
Die Kosten für die Arbeiten trug die an dem Bauvorhaben nicht beteiligte Firma P.
112
Der Zeuge Sch richtete dabei seine Rechnungen deshalb an die Firma P, weil er bereits
zuvor mehrfach als Fliesenleger für diese tätig gewesen war und also mit dieser
ständigen Geschäftskontakt unterhielt. Auch der Zeuge St war zuvor bereits für die
Firma P tätig gewesen, betrachtete diese als seine Auftraggeberin und richtete seine
Rechnungen deshalb an diese. Der Zeuge B. allerdings – der zuvor nicht für die Firma P
gearbeitet hatte – richtete sein Angebot zunächst an den Angeklagten Wilhelm Dxxxxx,
den er als seinen Auftraggeber betrachtete. Auch seine Rechnungsstellung nahm der
Zeuge B. an den Angeklagten Wilhelm Dxxxxx vor. Der Zeuge M verlangte daraufhin –
im Rahmen von Telefonaten, die die Ehefrau des Zeugen B. zwecks Anmahnung von
ausstehenden Zahlungen mit dem Zeugen M.führte – von dem Zeugen B., dieser möge
die Rechnungen auf die Firma P umstellen. Sein Verlangen begründete der Zeuge M
nicht, stattdessen drohte er damit, der Zeuge B. werde ohne die gewünschte
Rechnungsumstellung sein Geld nicht erhalten.
113
Im Einzelnen konnten folgende Rechnungsstellungen und Zahlungen festgestellt
werden:
114
Am 5. August 1997 stellte die Firma S der Firma P für Fliesenarbeiten einen Betrag von
115
8.280,00 DM als Akontozahlung in Rechnung.
Am 8. September 1997 stellte die Firma S der Firma P für Fliesenarbeiten einen
Gesamtbetrag i. H. v. 10.967,96 DM in Rechnung.
116
Am 9. September 1997 stellte die Firma S der Firma P für Dachdeckerarbeiten einen
Betrag von 9.869,22 DM in Rechnung.
117
Am 12. September 1997 zahlte die Firma P der Firma S einen Betrag von 8.280,00 DM
per Verrechnungsscheck.
118
Am 6. Januar 1998 zahlte die Firma P der Firma S einen Betrag von 9.869,22 DM per
Verrechnungsscheck.
119
Am 19. März 1998 zahlte die Firma P der Firma S den Restbetrag von 2.687,96 DM per
Verrechnungsscheck.
120
Am 20. November 1998 stellte die Firma KHB der Firma P einen Betrag von 28.619,16
DM in Rechnung.
121
Am 9. Dezember 1998 stellte die Firma KHB der Firma P einen Betrag von 45.632,79
DM in Rechnung.
122
Am 17. Dezember 1998 zahlte die Firma P der Firma KHB einen Betrag von 28.000,00
DM per Verrechnungsscheck.
123
Am 5. Januar 1999 zahlte die Firma P der Firma KHB einen Betrag von 30.000,00 DM
per Verrechnungsscheck.
124
Am 8. Februar 1999 zahlte die Firma P der Firma KHB einen Betrag von 15.632,79 DM
per Verrechnungsscheck.
125
Am 27. Mai 1999 erstellte die Firma KHB eine Rechnung an die Firma P über "Objekt E-
Straße, Hösel" über 5.666,60 DM.
126
Am 20. Juni 1999 zahlte die Firma P an die Firma KHB einen Betrag von 5.666,60 DM.
127
Einen erkennbaren Rechtsgrund für die Zahlungen gab es nicht. Insbesondere
rechtfertigte die Tätigkeit des Zeugen M es nicht, dass die Firma P, die hier jedenfalls
nicht als Bauträger tätig wurde, die gesamten Handwerkerrechnungen beglich oder für
einen längeren Zeitraum verauslagte. Ob und wenn ja welche Abrede es unter den
Angeklagten insoweit gegeben hat, konnte die Kammer nicht feststellen. Die Kammer
vermag nicht auszuschließen, dass die Zahlungen erfolgten, weil sich der Angeklagte
Txxxx das Wohlwollen des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx als einflussreichem
Kommunalpolitiker sichern wollte. Auch konnte die Kammer nicht ausschließen, dass
ein nicht näher bekannter Zusammenhang zwischen den Zahlungen sowie der Tätigkeit
des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx im Zusammenhang mit der Aufstellung und
Verabschiedung des Bebauungsplans M 312 (Calor Emag) bestand, insbesondere dass
die Zahlungen (auch) im Hinblick auf die positive Stimmabgabe des Angeklagten
Wilhelm Dxxxxx bei Verabschiedung des Bebauungsplanes erfolgten. Mit der für eine
Verurteilung erforderlichen Zuverlässigkeit vermochte die Kammer dies indes nicht
128
festzustellen.
Unter dem Datum "30. 12. 1998" erstellte die Firma P eine an die Tochter des
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx gerichtete Rechnung über 74.240,00 DM für "die
Umbauarbeiten an Ihrem o. g. Objekt". Hierauf überwies der Angeklagte Wilhelm
Dxxxxx an die Firma P im Mai 2000 einen Betrag in Höhe von 20.000,00 DM und im Juli
2000 einen weiteren Betrag in Höhe von 54.250,00 DM. Es spricht viel dafür, dass die
Rechnung rückdatiert war und nur zum Schein erfolgte, um den vorangegangenen
Zahlungen den Anschein eines "offiziellen" Rechtsgrundes zu verleihen, nachdem die
Beteiligten auf Grund zwischenzeitlich eingeleiteter polizeilicher Ermittlungen, die sich
nunmehr auch gegen den Angeklagten Wilhelm Dxxxxx richteten, die Befürchtung
hatten, die Zahlungen würden Anlass geben, einen Zusammenhang zu der Tätigkeit
des Angeklagten Dxxxxx als kommunaler Mandatsträger herzustellen.
129
4. Der Gang des Strafverfahrens
130
Nachdem im Jahre 1999 bei einer Großbetriebsprüfung u. a. der Firmen P und J. T. des
Angeklagten Txxxx Auffälligkeiten festgestellt worden waren, verdichteten sich
Verdachtsmomente wegen eventueller korruptiver Verflechtungen der Angeklagten
Wilhelm Dxxxxx und Txxxx etwa im Oktober 1999. Am 25. Oktober 1999 erwirkte die
Staatsanwaltschaft Wuppertal, die das Verfahren am 1. Oktober 1999 von der
Staatsanwaltschaft Düsseldorf übernommen hatte, bei dem Amtsgericht Wuppertal
einen Durchsuchungsbeschluss betreffend den Angeklagten Txxxx sowie die Firma P
und am 1. Februar 2000 bei dem Amtsgericht Wuppertal einen solchen betreffend den
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx. Beide Durchsuchungsbeschlüsse wurden am 15. Februar
2000 vollstreckt. Dem Angeklagten Michael Dxxxxx wurde am selben Tage bekannt
gegeben, dass ein Ermittlungsverfahren auch gegen ihn eingeleitet worden war. Am 2.
April 2001 wurde der Angeklagte Txxxx als Beschuldigter polizeilich vernommen. Mit
Anklageschrift vom 8. Juni 2004 erhob die Staatanwaltschaft Wuppertal am 22. Juni
2004 Anklage vor dem Landgericht Düsseldorf. Hier eröffnete die erkennende Kammer
das Hauptverfahren mit Beschluss vom 4. Juli 2006 und wies – wie bereits erwähnt –
u. a. darauf hin, dass auch eine Strafbarkeit wegen Abgeordnetenbestechung bzw.
Beihilfe hierzu gemäß § 108 e StGB in Frage käme. Die Bestimmung des
Hauptverhandlungstermins erfolgte am 22. November 2006. Mit Beschluss vom
27. November 2006 stellte die Kammer das Verfahren gegen den ehemals
Mitangeklagten Vxxxxxx, dem allein Taten im Zusammenhang mit der Verabschiedung
des Bebauungsplans H 250 (Fernholz/Sinkesbruch) vorgeworfen worden waren, gemäß
§ 206 a StPO wegen eingetretener Verfolgungsverjährung ein.
131
III.
132
1.
diejenigen Angaben zu ihren Aufgaben, Funktionen und Tätigkeiten im Tatzeitraum
gemacht, die den unter
II 1
133
2.
H 250 beruhen auf den verlesenen bzw. im Wege des Selbstleseverfahrens in die
Hauptverhandlung eingeführten Urkunden aus der betreffenden Akte des
Bauplanungsamtes, dem in Augenschein genommenen Bebauungsplan sowie den
Angaben der mit der Ausarbeitung des Planes befassten Mitarbeiter des
134
Bauplanungsamtes der Stadt Ratingen A. (Leiter des Planungsamtes), Ho. (Leiterin der
Abteilung verbindliche Bauleitplanung), Hilleringshaus und H. Die genannten Zeugen
haben – teilweise unter Heranziehung der Behördenakten – die Entwicklung des
Bauleitplanverfahrens entsprechend den getroffenen Feststellungen geschildert.
Insbesondere die Zeugin Ho. hat angegeben, dass in dem Gebiet zunächst nur eine
mäßige Bebauung geplant gewesen sei, sich deren Umfang dann aber – entsprechend
den Vorstellungen und Wünschen des Angeklagten Txxxx sowie des früheren
Mitangeklagten Vxxxxxx, die beide als bauwillige Investoren aufgetreten seien – immer
weiter gesteigert habe und der Gedanke der Schaffung eines Grüngebietes immer mehr
in der Hintergrund getreten sei.
Die Feststellungen zu den Zahlungen, die seitens des Angeklagten Txxxx zugunsten
von denjenigen Handwerkern geleistet wurden, die mit dem Umbau der Filiale des Café
Dxxxxx "Am Marktplatz 11-13" befasst waren, beruhen auf den glaubhaften Angaben
der beteiligten Handwerker, die entweder vor der Kammer vernommen oder bei denen
die Protokolle der polizeilichen Vernehmungen verlesen wurden. Diese Angaben
decken sich allesamt mit dem Inhalt der eingeführten Urkunden (Rechnungen für die
Arbeiten und Kontenbelege der Firma J. T.) und belegen, dass die Kosten für den
Umbau der Filiale von der – ausweislich der Angaben der Zeugen KHK K und Schr.
durch den Angeklagten Txxxx beherrschten – Firma J. T. beglichen wurden.
135
Auch hat der durch den Angeklagten Michael Dxxxxx als Architekt beauftragte Zeuge Kr.
bestätigt, dass er auf Anweisung von Michael Dxxxxx die Handwerker gebeten habe,
die Rechnungen auf die Firma J. T. auszustellen. Eine Erklärung für diese Aufforderung
konnte der Zeuge Kr. nicht geben, er erinnere sich auch nicht daran, was Michael
Dxxxxx ihm hierzu gesagt habe. Indes sei ihm klar, dass die Firma J. T. keinerlei für ihn
erkennbare Funktion bei dem Bauvorhaben gehabt habe; letzteres ist so auch von den
beteiligten Handwerkern geschildert worden.
136
Dass die Rechnung der Firma Schu. vom 22. März 1995 nachträglich ohne Wissen des
Rechnungsausstellers so umetikettiert wurde, dass nunmehr die Firma J. T. als Adressat
verzeichnet war, entnimmt die Kammer der Verlesung und Inaugenscheinnahme des
Falsifikats. Hieraus war ersichtlich, dass die Rechnung im Adressenfeld mit einem
Aufkleber versehen wurde, der die Firma J. T. als Adressaten angibt. Dies passt zu den
glaubhaften Angaben des Zeugen Schu., der klar ausgeschlossen hat, die für die
Arbeiten im Cafe Dxxxxx erstellte Rechnung an die Firma J. T. adressiert zu haben.
137
Dass der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx im Stadtrat für den Bebauungsplans H 250
gestimmt hat, entnimmt die Kammer der Sitzungsniederschrift über die jeweiligen
Abstimmungen.
138
Dass der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx zumindest auch deshalb für den Bebauungsplan
stimmte, weil ihm bzw. der Firma "Wilhelm und Albert Dxxxxx GbR" auf Veranlassung
von Txxxx und Vxxxxxx und nach einer vorherigen Absprache mit diesen geldwerte
Mittel im Umfang von 147.256,99 DM zugewendet worden waren, schlussfolgert die
Kammer daraus, dass es keine andere vernünftige Erklärung für die geleisteten
Zahlungen in gerade jenem Zeitraum gibt und zudem auch die Stimmabgabe für den
Bebauungsplan H 250 – insoweit maßgeblich anders als bei dem Bebauungsplan M
312 – nicht erkennbar von Erwägungen getragen war, die sich an dem Gemeinwohl der
Bürger Ratingens orientierten.
139
Dass die Firma J. T. bei den Umbauarbeiten als Bauträger oder in sonstiger
sachkundiger Funktion tätig gewesen wäre, schließt die Kammer nach den Angaben der
vernommenen Handwerker sowie des Zeugen Kr. – keiner der vernommenen Zeugen
hat irgendetwas von einer konkreten Tätigkeit der Firma J. T. berichten können – aus.
Insoweit ist die wesentlich später, nämlich am 27. Dezember 1995 erfolgte
Inrechnungstellung des Betrages für angebliche "Ausbauleistungen" durch die Firma
J. T. sogar ein Beweisanzeichen dafür, dass den Zahlungen gerade ein Zweck
zugrunde lag, dessen Aufdeckung die Beteiligten vermeiden wollten: Da seitens der
Firma J. T. gerade keine "Ausbauleistungen", aber auch keine sonstigen Leistungen für
dieses Bauvorhaben erbracht wurden, deutet die Erstellung einer entsprechenden
Rechnung zu einem Zeitpunkt, zu dem – wie der Zeuge KHK K bekundet hat – seitens
der Polizei Ermittlungen wegen Verdachts von Unregelmäßigkeiten in der
Bauverwaltung der Stadt Ratingen aufgenommen wurden, maßgeblich darauf hin, dass
es sich bei den beglichenen Handwerkerrechnungen um Zahlungen handelte, durch die
der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx für Tätigkeiten vergütet werden sollte, für die "offiziell"
keine Vergütung gezahlt werden konnte. Zum damaligen Zeitpunkt gab es auch nur eine
– jedenfalls nur eine von der Kammer feststellbare – Verbindung zwischen dem
Angeklagten Txxxx und dem früheren Mitangeklagten Vxxxxxx einerseits und dem
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx andererseits, nämlich diejenige, dass Txxxx und Vxxxxxx
den Bebauungsplan H 250 nach Maßgabe ihrer Vorstellungen verabschiedet wissen
wollten und der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx nicht nur als Vorsitzender des zuständigen
Bezirksausschusses, sondern auch aus Mitglied des Rates der Stadt Ratingen eben für
diesen Bebauungsplan in der Txxxx und Vxxxxxx genehmen Fassung stimmte.
140
Nach alledem hat die Kammer keine Zweifel daran, dass sich Txxxx, Vxxxxxx und
Wilhelm Dxxxxx zuvor darauf verständigt hatten, der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx solle
für den Bebauungsplan H 250 in der Txxxx und Vxxxxxx genehmen Fassung stimmen
und hierfür von den Kosten für den Umbau der Café-Filiale entlastet werden.
141
Dass der Angeklagte Michael Dxxxxx hiervon wusste und die letztlich zugunsten seines
Vaters gedachten Zahlungen in der Weise koordinierte, dass er die Handwerker anwies,
die Rechnungen auf die Firma J. T. auszustellen, entnimmt die Kammer nicht nur dem
Verwandtschaftsverhältnis zwischen Wilhelm und Michael Dxxxxx und dem sich hieraus
ergebenden Beweisanzeichen für eine vertrauensvolle Beziehung, sondern auch der
aktiven Einbindung von Michael Dxxxxx in die Vorgänge um die Adressierung der
Rechnungen. Die Kammer schließt es aus, dass sich der Angeklagte Michael Dxxxxx
hieran beteiligt haben sollte, ohne zu wissen, welche Gegenleistungen seines Vaters
dem Geschehen zugrunde lagen.
142
Von einer weiteren Darstellung der Beweiswürdigung sieht die Kammer ab, da eine
Verurteilung der Angeklagten wegen dieser Tat schon an der zwischenzeitlich
eingetretenen Verfolgungsverjährung scheitert.
143
3.
ebenfalls auf dem Inhalt zahlreicher in die Hauptverhandlung eingeführter Urkunden
sowie der Angaben des damals tätigen Stadtdirektors F., des damaligen Bürgermeisters
Di. und zahlreicher Mitarbeiter des Bauplanungsamtes, insbesondere der Zeugen A.
und H.
144
Den Angeklagten Wilhelm Dxxxxx und Txxxx konnte indes nicht nachgewiesen werden,
eine Absprache über ein bestimmtes Abstimmungsverhalten – eine konkrete
145
Unrechtsvereinbarung zeitlich vor der Stimmabgabe hinsichtlich des Bauleitplans M 312
– getroffen zu haben. Mangels Nachweises einer vorsätzlich begangenen rechtwidrigen
Haupttat i. S. v. § 27 StGB konnte dem Angeklagten Michael Dxxxxx nicht
nachgewiesen werden, eine solche in Kenntnis aller Tatumstände gefördert zu haben.
Allein auf die Angaben der ausweislich der Sitzungsniederschrift vernommenen Zeugen
sowie die weiteren zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel
konnte eine Verurteilung nicht gestützt werden, da diese – vielfach zudem auf
subjektiver Einschätzung beruhenden – äußeren Indizien auch in ihrer Gesamtheit
weder zur objektiven noch zur subjektiven Tatseite hinreichende Feststellungen
ermöglichen und der Kammer nicht die sichere Überzeugung vermitteln, die
Angeklagten hätten die ihnen jeweils zur Last gelegte Tat begangen.
146
Die Kammer hat nicht verkannt, dass der Angeklagte Txxxx die Umbaumaßnahmen an
der Filiale des Café Dxxxxx in Velbert, an der Backstube des Café Dxxxxx in der E-
Straße 60 sowie an der "Villa Dxxxxxxxxxxx" aus den Mitteln der Firmen J. T. und P
finanziert hat, ohne dass es hierfür einen nachvollziehbaren Grund gegeben hätte.
Insbesondere hat es insoweit – mit Ausnahme der geringfügigen Koordinierungstätigkeit
des Zeugen M – keine Bauträgerleistungen gegeben, zumal – wie auch der Zeuge M
und der ebenfalls bei den Firmen J. T. und P tätig gewesene Zeuge Schr. bekundet
haben – der Umbau von Gebäudeteilen oder gastronomischen Betrieben nicht zum
Betätigungsfeld der beiden Unternehmen gehörte. Auch hat die Kammer berücksichtigt,
dass der Angeklagte Txxxx ein erhebliches Interesse daran hatte, dass (auch) der
Angeklagte Dxxxxx seine Stimme für den Bebauungsplan M 312 in der letztlich
verabschiedeten Form abgab. Eine – zum Nachweis einer Unrechtsvereinbarung i. S. v.
§ 108 e Abs. 1 StGB allerdings erforderliche – eindeutige und zweifelsfreie Zuordnung
der entgegengenommenen finanziellen Vorteile im Zusammenhang mit den genannten
Umbauarbeiten an den verschiedenen Projekten zu der Stimmabgabe des Angeklagten
Wilhelm Dxxxxx bei der Verabschiedung des Bebauungsplans M 312 hat die Kammer
jedoch nicht treffen können.
147
Im Einzelnen:
148
a)
Angeklagten Txxxx zuzuordnen sind, gewährt und von dem Angeklagten Wilhelm
Dxxxxx als Mitbetreiber der genannten Filialen des Café Dxxxxx, bis Ende 1995 im
Rahmen der "Wilhelm und Albert Dxxxxx GbR", seit 1996 der "Café/Conditorei Dxxxxx
GbR" einerseits, als Nießbrauchsberechtigter des Objekts "Villa Dxxxxxxxxxxx"
andererseits entgegengenommen worden sind, steht fest auf Grund der Rechnungen
der Firmen H. W. Schm., Fliesen T, Elektro G, B. & L., Schu., L., M, Sch St.und KHB, der
zeitlich und in den Beträgen mit den Rechnungen korrespondierenden
Verrechnungsschecks, Überweisungsträger und Kontoauszüge der Firmen J. T. und P,
der Aussagen der Zeugen Schu., Sch, St, B., Kr. und K sowie der Aussagen der Zeugen
M, T, Schm., L. und L., letztere die Kammer unter Berücksichtigung des fehlenden
persönlichen Eindrucks kritisch gewürdigt hat.
149
aa)
jeweiliger Geschäftsführer lässt sich auf Grund der dies bestätigenden Aussage des
ermittlungsleitenden Beamten KHK K. treffen sowie auf die dies ebenfalls bestätigende
Aussage des bei der Firma P beschäftigten Mitarbeiters Schr. stützen.
150
bb)
Dxxxxx im Rahmen der "Albert und Wilhelm Dxxxxx GbR" bzw. "Café/Conditorei Dxxxxx
GbR" war und in diesem Rahmen von der Finanzierung der Umbauarbeiten
wirtschaftlich profitierte, ergibt sich aus der dies bestätigenden Aussage des Zeugen K.,
dem zwischen dem Zeugen Kr. und der "Albert und Wilhelm Dxxxxx GbR" auch durch
den Angeklagten Wilhelm Dxxxxx geschlossenen Architektenvertrag vom 14. Februar
1995 sowie dem Gesellschaftsvertrag der "Café/Conditorei Dxxxxx GbR" vom 31.
Dezember 1995. Der Zeuge K. hat zudem bestätigt, dass der Angeklagte Wilhelm
Dxxxxx Nießbrauchsberechtigter des an seine Tochter Bernadette Dxxxxx vermieten
Objekts "Villa Dxxxxxxxxxxx" war und ihm damit die Finanzierung der
Umbaumaßnahme wirtschaftlich zugute kam.
151
cc)
der Filiale des Café Dxxxxx in Velbert trug, steht fest auf Grund der Aussage des
Zeugen M, der von ihm an die Firma J. T. erstellten Rechnung und dem hiermit zeitlich
und in der Höhe korrespondierenden Verrechnungsscheck der Firma J. T. vom 22.
Oktober 1997. Mit der Ausführung der Arbeiten beauftragt worden war der Zeuge M von
dem bei diesem Projekt als Architekt tätigen – allerdings mit der Abrechnung nicht
befassten – Zeugen Werner, was dieser bestätigt hat. Dass es sich bei dem gezahlten
Betrag nicht um eine Gegenleistung für etwaige Arbeiten an einem Projekt "MFH Unter
den Ulmen 13 in 47137 Duisburg-Meiderich" handelte, ergibt sich aus der Aussage des
Zeugen M, der ausführlich erläutert hat, nach Aufforderung hierzu durch den
Angeklagten Michael Dxxxxx zu der Firma J. T. nach Essen gefahren zu sein und dort
den Verrechnungsscheck erst erhalten zu haben, nachdem er die ursprünglich an den
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx adressierte Rechnung so umgestellt habe, wie von der
Firma J. T. gewünscht. In selbiger Weise sei es zu der Rechnungserstellung für ein
Projekt "Eichenhof in Ratingen" gekommen. Der dort ausgewiesene Betrag i. H. v.
37.004,00 DM sei für erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit dem Umbau der
Backstube in der Filiale des Café Dxxxxx in der E-Straße in Rechnung gestellt worden.
Dass dieser Betrag aus den Mitteln der Firma P gezahlt worden ist, ergibt sich aus dem
insoweit korrespondierenden Verrechnungsscheck der Firma P.
152
dd)
Bauvorhaben "Villa Dxxxxxxxxxxx" durch die Firma P ergibt sich aus den in zeitlicher
Hinsicht und im Hinblick auf die Höhe miteinander korrespondierenden Rechnungen
der genannten Handwerker einerseits und Verrechnungsschecks der Firma P
andererseits und den Aussagen der Zeugen SSch., St. und B., die das Geschehen im
Sinne der oben getroffenen Feststellungen glaubhaft geschildert haben. Die Aussage
des mit der Abwicklung des Bauvorhabens befassten Zeugen M – der auch auf
zweifache Nachfrage sicher ausschließen wollte, hinsichtlich der erwünschten
Rechnungsumstellung unter Androhung von Nichtzahlung auf den Zeugen B. eingewirkt
zu haben – war hingegen nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des
Zeugen B. zu begründen. Die Aussage des Zeugen M war unter Berücksichtigung der
aussageanalytischen Realitätskriterien nicht glaubhaft. Der Zeuge M schilderte das
Geschehen unplausibel, eindimensional, farblos und detailarm und stellte das Verhalten
des Zeugen B. überbetont wertend und einseitig negativ dar. Auf Nachfrage wich der
Zeuge M aus und gab – anders als der Zeuge B. – vor, sich an Einzelheiten nicht
erinnern zu können. Sein Aussageverhalten war von der – insoweit plausiblen –
Motivation getragen, sich selbst zu entlasten und in einem vermeintlich besseren Licht
dazustehen.
153
b)
ergibt sich zum einen aus den Aussagen der oben genannten Handwerker, die eine
Beteiligung der Firmen J. T. oder P an den betreffenden Projekten verneint haben,
insbesondere aber aus den Aussagen der Zeugen Kr., Schr. und K.. Der Zeuge K. hat
sowohl die Firma J. T. als auch die Firma P als "klassische Bauträger" beschrieben, zu
deren üblicher Geschäftstätigkeit die Abwicklung kleinerer Umbaumaßnahmen wie den
in Rede stehenden gerade nicht gehörte. Vielmehr habe das Geschäftsfeld beider
Firmen in der Errichtung und dem Vertrieb von Wohneinheiten – Einfamilienhäuser,
Doppelhaushälften und Geschossbau – in großer Zahl bestanden. Dies hat der bei der
Firma P beschäftigte und auch für die Firma J. T. tätig gewesene Zeuge Schr. bestätigt,
der zudem erklärte, der Umbau des Café Dxxxxx sei der einzige Fall gewesen, in dem
die Firma J. T. sich bei einem nicht dem Bauträgergeschäft zuzurechnenden Projekt mit
derart atypisch niedrigem Volumen engagiert habe. Ein Grund hierfür war dem Zeugen
Schr. nicht bekannt. Der Zeuge Kr. hat zudem ausgeführt, dass die Dimension des
Projekts nicht zu derjenigen eines Bauträgers passte – er sprach von einem "krassen
Gegensatz" – und dass im Übrigen keines der vier Projekte, die er insgesamt für die
Firma Dxxxxx durchgeführt habe, von einem Generalunternehmer oder Bauträger
ausgeführt worden sei.
154
c)
Bauleitplans M 312 in einer Form, die jeweils ein hohes und dichtes Maß an
Wohnbebauung sowie eine Ansiedlung von Einzelhandel ermöglicht, erschließt sich
aus dem Geschäftsfeld der Firma P – deren Gewinnchancen als Bauträger regelmäßig
steigen, je mehr Einheiten gebaut und vertrieben werden können – und wird im
wesentlichen durch die Aussagen des Zeugen Schr. bestätigt, der das Interesse an
Gewinnmaximierung durch eine hohe Anzahl von Wohneinheiten und die Möglichkeit
der Ansiedelung von Einzelhandel im Bereich des Calor-Emag-Geländes im Sinne der
oben getroffenen Feststellungen geschildert hat.
155
Dass sich der Angeklagte Txxxx auch durchaus vehement für die Durchsetzung der
Planung einsetzte, haben die im Bauplanungsamt tätigen Zeuginnen Ho., L., Hi. und die
Zeugen A. und Hö. ausgesagt. Diese haben allerdings ebenfalls eingeräumt, dass die
Umsetzung von Investorenplänen gängige Praxis, ein solch gewinnorientiertes
Verhalten für Investoren nicht ungewöhnlich sei und Zielkonflikte zwischen maximaler
Bodenwertsteigerung durch übermäßige Bebauungswünsche und städtebaulich
"schönerer", zurückhaltenderer Bebauung regelmäßig auftreten würden. In diesem
Zusammenhang hat insbesondere die Zeugin L. erklärt, im Zeitpunkt ihrer Befassung
noch unerfahren gewesen zu sein und deshalb das Insistieren des Angeklagten Txxxx
als Affront empfunden zu haben.
156
d)
sich rückschließen auf Grund des Redemanuskripts, der Schreiben an den Stadtdirektor
F. vom 15. Juli 1996 und 25. Juli 1996 – die den Bauleitplan in der letztlich
beschlossenen Fassung jeweils befürworten – sowie der Ratssitzungsniederschrift vom
15. Dezember 1998, die die Teilnahme des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx an der
Abstimmung und die Verabschiedung des Bauleitplans belegt. Auch die Angaben der
Zeugen F. und Di. sprechen für eine Stimmabgabe des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx
zugunsten des Bebauungsplans. Beide Zeugen haben bekundet, dass der Angeklagte
Wilhelm Dxxxxx sich für den Bauleitplan einsetzte, insbesondere für den Erhalt des
Unternehmens ABB Calor Emag am Standort Ratingen stritt.
157
Das Eintreten des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx für seine Position und die daraus zu
schließende Stimmabgabe für den Bauleitplan M 312 erscheinen jedoch nicht derart
inadäquat, als dass dies den Rückschluss, die Stimmabgabe sei durch die finanziellen
Zuwendungen motiviert gewesen, greifbar nahe legen würde. Dies ergibt sich
insbesondere aus den Schilderungen der Zeugen F. und Di.. Diese haben zwar
bekundet, dass sich der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx gerade auch als
Fraktionsvorsitzender stark für das Zustandekommen des Bauleitplans einsetzte. Beide
Zeugen haben jedoch auch erklärt, dass sein Engagement nicht über das im Rahmen
der politischen Auseinandersetzung Übliche und Notwendige hinausging,
insbesondere, da er als Fraktionsvorsitzender auch eine Leitfunktion zu erfüllen gehabt
habe. Gegen ein auffällig intensives Hinwirken des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx auf
das Zustandekommen des Bauleitplans spricht aus Sicht der Kammer ganz maßgeblich
der Umstand, dass dieser als Fraktionsvorsitzender, wie die Zeugen F. und Di. bekundet
haben, den – ansonsten durchaus üblichen – Fraktionszwang aufgehoben und damit
die Abstimmung freigegeben habe. Dies hätte aus Sicht des Angeklagten Wilhelm
Dxxxxx eher fern gelegen, hätte er das Zustandekommen des Bauleitplans um jeden
Preis fördern wollen.
158
Hinzu kommt, dass der Kammer die Verabschiedung des Bebauungsplanes M 312 in
seiner konkreten Form – also auch mit einer städtebaulich ggf. fragwürdigen dichten
Bebauung sowie einer großzügigen Ausweisung von Einzelhandelsflächen – als
gemessen am Gemeinwohl zumindest vertretbar erscheint, da hiermit eine möglichst
gewinnbringende Verwertung der Liegenschaft zugunsten der Firma ABB Calor Emag
gefördert und damit die von diesem Unternehmen in Aussicht gestellte Aufgabe des
Produktionsstandorts Ratingen abgewendet werden konnte. Zwar verkennt die Kammer
nicht, dass auch eine am Gemeinwohl orientierte Stimmabgabe gemäß § 108 e StGB
"gekauft" werden kann. Auch sieht die Kammer, dass nach den Angaben insbesondere
des Zeugen Di. eine parlamentarische Mehrheit zugunsten des Bebbauungsplans
M 312 keineswegs gesichert gewesen sein mag. Andererseits ist die Indizwirkung, die
von der rechtsgrundlosen Zuwendung finanzieller Vorteile auf eine damit in
Zusammenhang stehende Stimmabgabe ausgeht, dann relativiert, wenn die
Stimmabgabe einerseits gemeinwohlorientiert war und andererseits auch weitere – nicht
offen gelegte, weil möglicherweise ebenfalls unrechte – Beweggründe für die
Zuwendungen in Betracht kommen.
159
e)
Stimmabgabe für den Bebauungsplan M 312 zweifelsfrei zuordnen. Dies insbesondere
vor dem Hintergrund, dass diese über die subjektive Tatseite allenfalls Spekulationen
erlauben, nicht aber tragfähige Rückschlüsse auf dieselbe ermöglichen würden.
160
Die Kammer verkennt hierbei nicht die indizielle Bedeutung der jeweils belegten
Interessenlagen des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx sowie dessen Einflussmöglichkeiten
einerseits und des Angeklagten Txxxx andererseits, ebenso wenig die aus den
zeitlichen Zusammenhängen resultierenden Auffälligkeiten. Gleichwohl sind andere,
realistische Erklärungsmöglichkeiten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen
Sicherheit auszuschließen, vorrangig diejenige, dass die im Zusammenhang mit den
Umbaumaßnahmen an der Filiale des Café Dxxxxx in Velbert, auf der E-Straße in
Ratingen und – zuletzt – dem Objekt "Villa Dxxxxxxxxxxx" erbrachten Zuwendungen
sich etwa als nachträgliche "Belohnung" für die Stimmabgabe für den Bauleitplan H 250
darstellten, ohne dass die Kammer dies indes positiv feststellen könnte.
161
Auch reichen die zeitlichen Zusammenhänge – auch in der Gesamtschau mit den
genannten sonstigen Besonderheiten – nicht aus, um davon ausgehen zu können, bei
den von dem Angeklagten Txxxx veranlassten Zahlungen habe es sich um eine an den
Angeklagten Wilhelm Dxxxxx erbrachte Gegenleistung für dessen Stimmabgabe am 15.
Dezember 1998 gehandelt. Denn insoweit ist auch zu beachten, dass schon die
Arbeiten an dem – zuletzt finanzierten – Objekt "Villa Dxxxxxxxxxxx" bereits im Jahre
1997 begannen und somit ebenfalls in einem zeitlichen Zusammenhang zu der letzten
Stimmabgabe betreffend den Bebauungsplan H 250 am 26. November 1996 standen,
so dass sich die von dem Angeklagten Txxxx möglicherweise veranlassten Zahlungen
auch als nachträgliche Gegenleistung für diese Stimmabgabe durch den Angeklagten
Wilhelm Dxxxxx darstellen können, etwa als nachträgliche Vergütung der nun erstmals
zur Bebaubarkeit des Gebiets Fernholz/Sinkesbruch führenden Stimmabgabe am 26.
November 1996. Dies gilt erst recht für die zeitlich früher liegenden Kostenübernahmen.
Auch kommt es nach Auffassung der Kammer durchaus in Betracht, dass durch die
späteren Zahlungen das "Engagement" des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx für das
Projekt – und zwar ohne Rücksicht auf die Stimmabgabe, sondern im Hinblick auf den
mit dem Erwerb des Baurechts nunmehr bevorstehenden wirtschaftlichen Nutzen –
vergütet werden sollte, was zwar § 43 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-
Westfalen widersprechen würde, aber nicht nach § 108 e StGB strafbar wäre (vgl. BGH
NStZ 2006, 389, 392).
162
Die Angeklagten waren daher hinsichtlich dieses Komplexes nach dem Zweifelssatz
freizusprechen.
163
IV.
164
Soweit in dem Komplex "Fernholz/Sinkesbruch (Bebauungsplan H 250)" ein im Sinne
von § 108 e StGB tatbestandsmäßiges Verhalten festgestellt worden ist, kam eine
Verurteilung der Angeklagten wegen Verfolgungsverjährung gemäß § 78 Abs. 1 StGB
nicht mehr in Betracht.
165
1.
den Angeklagten zur Last gelegte Verhalten ausschließlich als
Abgeordnetenbestechung i. S. v. § 108 e Abs. 1 StGB bzw. – soweit der Angeklagte
Michael Dxxxxx betroffen ist – als Beihilfe hierzu, §§ 108 e Abs. 1, 27 StGB, und nicht –
wie angeklagt – als Bestechlichkeit gemäß §§ 332 Abs. 1 a. F. und n. F., 335 Abs. 1,
Abs. 2 Nr. 1 StGB, Bestechung gemäß §§ 334 Abs. 1 a. F. und n. F., 335 Abs. 1, Abs. 2
Nr. 1 StGB sowie der Beihilfe hierzu strafbar wäre.
166
a)
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 27 StGB scheidet aus, da der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx bei den
im Zusammenhang mit den Bauleitplänen erfolgten Abstimmungen nicht als Amtsträger
i. S. v. §§ 332 Abs. 1 a. F. und n. F., 334 Abs. 1 a. F. und n. F., 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) StGB
gehandelt hat. Kommunale Mandatsträger – wie der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx als
Mitglied des Rates – fallen bei der Ausübung ihres freien Mandats nicht unter § 11 Abs.
1 Nr. 2 lit. a) StGB. Sie stehen auch nicht in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen
Amtsverhältnis gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) StGB oder sind gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2
lit. c) StGB sonst dazu bestellt, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in
deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Geht es – wie hier
– um Vorteilszuwendungen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen in den
Volksvertretungen der Gemeinden, ist eine Strafbarkeit derselben nach § 108 e StGB zu
167
Volksvertretungen der Gemeinden, ist eine Strafbarkeit derselben nach § 108 e StGB zu
beurteilen, da es sich hierbei um eine abschließende Sonderregelung handelt (vgl. BGH
NStZ 2006, 389).
b)
26. November 1996 betreffend den Bauleitplan H 250 sowie die von dem Angeklagten
Txxxx hierauf erbrachten Leistungen und die von dem Angeklagten Michael Dxxxxx in
diesem Zusammenhang gewährte Unterstützung stellen eine prozessuale Tat i. S. v. §
264 StPO dar. Das Abstimmungsverhalten des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx am 15.
Dezember 1998 betreffend den Bauleitplan M 312 sowie die von dem Angeklagten
Txxxx hierauf erbrachten Leistungen und die von dem Angeklagten Michael Dxxxxx in
diesem Zusammenhang gewährte Unterstützung stellen jeweils eine zweite
prozessuale Tat i. S. v. § 264 StPO dar.
168
Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer deshalb, weil das in § 108 e StGB unter Strafe
gestellte Unternehmen des Kaufs bzw. Verkaufs von Stimmen sich auf gerade eine
Stimme – nämlich die konkret zu kaufende bzw. zu verkaufende – bezieht. Das heißt,
dass die Zuwendungen und ihr Bezugsobjekt, das begehrte Abstimmungsverhalten, bei
lebensnaher Betrachtung eine Einheit bilden, wie dies gerade auch in dem Erfordernis
einer konkreten Unrechtsvereinbarung – die Zuwendung und Stimmverhalten erfasst –
zum Ausdruck kommt. Vorliegend sind die Bezugsobjekte in den Abstimmungen zu den
genannten zwei Bauleitplänen zu sehen, an denen der Angeklagte Wilhelm Dxxxxx als
Ratsmitglied mitgewirkt hat; hierauf gewährte Vorteile und hierzu geleistete
Unterstützung erscheinen mit Blick auf das Bezugsobjekt als jeweils natürliche
Handlungseinheit.
169
Das zur Anklage gebrachte Abstimmungsverhalten des Angeklagten Wilhelm Dxxxxx im
Bezirksausschuss unterfällt indes nicht dem Tatbestand des § 108 e Abs. 1 StGB, denn
hiervon erfasst ist lediglich die Tätigkeit in denjenigen Ausschüssen, die sich
ausschließlich aus Mitgliedern der jeweiligen Volksvertretung zusammensetzen
(MünchKommStGB/Müller, § 108 e Rz. 13). Dies trifft auf den Bezirksausschuss und
sonstige Ausschüsse nicht zu, da gemäß §§ 59, 58 Abs. 3 S. 1 GO NW auch Personen
Ausschussmitglieder sein können, die nicht Ratsmitglieder sind.
170
c)
im Sinne des § 78 a StGB angenommen werden könnte, war die Sitzung des Rates der
Stadt Ratingen vom 26. November 1996, so dass mit Ablauf des 26. November 2006
jedenfalls die absolute – zehnjährige – Verjährungsfrist abgelaufen ist.
171
§ 78 c Abs. 3 S. 1 StGB bestimmt u. a., dass die Verfolgung spätestens verjährt, wenn
seit dem in § 78 a StGB bezeichneten Zeitpunkt – hier die Beendigung der Tat – das
Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist. Im Fall des § 108 e StGB –
dessen Verjährungsfrist gemäß §§ 78 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 4, 108 e Abs. 1 StGB fünf Jahre
beträgt, so dass absolute Verjährung mit Ablauf von zehn Jahren eintritt – beginnt die
Verjährung gemäß § 78 a StGB, wenn der seine Stimme Verkaufende den gesamten
geldwerten Vorteil (vgl. MünchKommStGB/Müller, § 108 e Rz. 17) auf Grund der
Unrechtsvereinbarung erhalten hat, denn dieser Tatbestand gehört nach seinem Sinn
und Zweck der Deliktsgruppe der Bestechung und Bestechlichkeit an (vgl. Tröndle/F.,
StGB, 54. Auflage, § 78 a Rz. 8). Die letzte auf Grund der festgestellten
Unrechtsvereinbarung erbrachte Teilzahlung – Überweisung des Restbetrages von
9.901,41 DM durch die Firma J. T. an den Malermeister L. – erfolgte am 26. Juni 1995
und damit noch vor der Stimmabgabe am 26. November 1996.
172
Hinsichtlich der danach erfolgten Zahlungen hat die Kammer aber bereits nicht
feststellen können, dass sie Gegenleistung für eine Stimmabgabe betreffend den
Bebauungsplan H 250 waren. Diesen war daher für die Frage der Verjährung bezüglich
einer die Verabschiedung des Bebauungsplans H 250 betreffenden Tat keine rechtliche
Bedeutung beizumessen.
173
V.
174
Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO. Die Entscheidung über die
Entschädigungsverpflichtung beruht auf § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 StrEG.
175