Urteil des LG Düsseldorf vom 03.11.2010

LG Düsseldorf (internet, bundesrepublik deutschland, deutschland, eugh, angebot, uwg, wild, entgeltlich, veranstaltung, gebiet)

Landgericht Düsseldorf, 12 O 232/09
Datum:
03.11.2010
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Zvilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 232/09
Tenor:
I.
Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen,
auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen
Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs selbst oder durch Dritte
1.1
über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, entgeltlich Sportwetten zu festen
Gewinnquoten, Roulette, Black-Jack oder Baccarat einzugehen oder
abzuschließen;
und/oder
1.2
über das Internet in Deutschland entgeltliche/s Sportwetten zu festen
Gewinnquoten, Roulette, Black-Jack oder Baccarat zu bewerben
und/oder bewerben zu lassen;
und/oder
1.3
über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, entgeltlich
Tischspiele wie Pokerspiele, Red Dog Progressive, HiLo Switch oder
High-Low,
Automatenspiele wie Hot City, Champion of the Track, Devil’s Dlight,
Reel Steal, Excalibur, Relic RaidersGeisha Wonders, Icy Wonders, Tiki
Wonders, Pacific Attack, Crusade of Fortune, Mystery at the Mansion,
Super Lucky Frog, Voodoo Vibes, Tales of Krakow, Fishy Fortune,
Arabian Nights, Spellcast oder Viking’s Treasure,
Klassische Automatenspiele wie Beetle Frenzy, Mega Joker, Jackpot
6000, Lucky 8-line, Magic Love, Safari Madness, Pirate’s Gold oder Gold
Rush,
Videopoker wie Jacks or Better, Deuces Wild, Joker Wild, All American,
Classic Jacks or Better, Classic Deuces Wild,
oder als andere Spiele bezeichnete Glücksspiele wie Golden Derby,
Mini Blackjack, Bonus Keno, Bingo, Triple Wins, Triple Wins Star Ticket,
Triple Wins Jackpot, Cash Bomb, Vault Assault
einzugehen oder abzuschließen;
und/oder
1.4
über das Internet entgeltliche/s Tischspiele, Pokerspiele,
Automatenspiele, Klassische Automatenspiele, Videopoker oder andere
Spiele wie unter Ziff. 1.3 genannt zu bewerben und/oder bewerben zu
lassen;
wenn dies bei Handlungen nach Ziff. 1.3 und 1.4 geschieht wie
nachstehend wiedergegeben:
I.
Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen,
auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen
Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs selbst oder durch Dritte
1.1
über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, entgeltlich Sportwetten zu festen
Gewinnquoten, Roulette, Black-Jack oder Baccarat einzugehen oder
abzuschließen;
und/oder
1.2
über das Internet in Deutschland entgeltliche/s Sportwetten zu festen
Gewinnquoten, Roulette, Black-Jack oder Baccarat zu bewerben
und/oder bewerben zu lassen;
und/oder
1.3
über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, entgeltlich
Tischspiele wie Pokerspiele, Red Dog Progressive, HiLo Switch oder
High-Low,
Automatenspiele wie Hot City, Champion of the Track, Devil’s Dlight,
Reel Steal, Excalibur, Relic RaidersGeisha Wonders, Icy Wonders, Tiki
Wonders, Pacific Attack, Crusade of Fortune, Mystery at the Mansion,
Super Lucky Frog, Voodoo Vibes, Tales of Krakow, Fishy Fortune,
Arabian Nights, Spellcast oder Viking’s Treasure,
Klassische Automatenspiele wie Beetle Frenzy, Mega Joker, Jackpot
6000, Lucky 8-line, Magic Love, Safari Madness, Pirate’s Gold oder Gold
Rush,
Videopoker wie Jacks or Better, Deuces Wild, Joker Wild, All American,
Classic Jacks or Better, Classic Deuces Wild,
oder als andere Spiele bezeichnete Glücksspiele wie Golden Derby,
Mini Blackjack, Bonus Keno, Bingo, Triple Wins, Triple Wins Star Ticket,
Triple Wins Jackpot, Cash Bomb, Vault Assault
einzugehen oder abzuschließen;
und/oder
1.4
über das Internet entgeltliche/s Tischspiele, Pokerspiele,
Automatenspiele, Klassische Automatenspiele, Videopoker oder andere
Spiele wie unter Ziff. 1.3 genannt zu bewerben und/oder bewerben zu
lassen;
wenn dies bei Handlungen nach Ziff. 1.3 und 1.4 geschieht wie
nachstehend wiedergegeben:
II.
Den Beklagten werden für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ein
gegen sie unter I. ausgesprochenes Unterlassungsgebot ein vom
Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,--
Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft
bis zu 6 Monaten angedroht.
III.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser aus
gemeinsam angebotenen Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen seit
dem 05. Dezember 2008 entstanden ist oder künftig noch entstehen
wird.
IV.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über
die Umsätze, die mit oder aufgrund von gemeinsam angebotenen
Glücksspielen dadurch erzielt worden sind, dass die Beklagten
Glücksspiele von Teilnehmern innerhalb des Gebietes des Landes
Nordrhein-Westfalen seit dem 05. Dezember 2008 entgegengenommen
haben.
V.
Die weitergehenden Klagen werden abgewiesen.
VI.
Von den Gerichtskosten werden der Klägerin 7,5%, den Beklagten zu 1.)
und 2.) jeweils 35%, dem Beklagten zu 3.) 15% und der Beklagten zu 4.)
7,5% auferlegt.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin werden den Beklagten
zu 1.), 2.) jeweils 35%, dem Beklagten zu 3.) 15% und der Beklagten zu
4.) 7,5% auferlegt. Im Übrigen trägt die Klägerin ihre außergerichtlichen
Kosten selbst.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten werden der Klägerin
jeweils 7,5% auferlegt, im Übrigen tragen die Beklagten ihre
außergerichtlichen Kosten selbst.
VII.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin indes nur gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 600.000,-- Euro.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der jeweils beizutreibenden
Forderung abwenden, sofern nicht der jeweils vollstreckende Gläubiger
vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist die xxx des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen und organisiert und
veranstaltet gemeinsam mit den übrigen Landeslotteriegesellschaften in Deutschland
auf dem Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen Glücksspiele, u.a. die Lotterie
"xxx" oder die unter der Marke "xxx" bekannte Sportwette zu festen Gewinnquoten.
2
Die Beklagten zu 1.) und 2.), deren Director der Beklagte zu 3.) ist, sind in Malta
ansässige juristische Personen nach maltesischem Recht, die auf der Internetpräsenz
bet-at-home.com, welche laut Impressum von den Beklagten zu 1.) und 2.) betrieben
wird, bundesweit die aus dem Tenor ersichtlichen Glücksspiele anbieten. Die Beklagte
zu 4.) ist Inhaberin und administrative Ansprechpartnerin der Domain XXX.com, die sie
den Beklagten zu 1.) und 2.) zur Verfügung stellt.
3
Die Beklagten zu 1.) und 2.) haben ihr Angebot derart gestaltet, dass bei Aufruf der
Domain xxx.com zunächst eine Startseite erscheint, bei der der Interessent die
Möglichkeit erhält, zwischen verschiedenen Ländern und deren Sprache zu wählen.
Hervorgehoben ist bei einem Aufruf von Nordrhein-Westfalen aus "Deutschland" sowie
die zugehörige Landesflagge. Ruft man die Startseite von Nordrhein-Westfalen auf, ist
diese wie die übrige Internetpräsenz in deutscher Sprache gehalten. Zur Teilnahme am
Angebot auf xxxcom ist eine Registrierung erforderlich, indem der Interessent auf den
Link "Konto eröffnen" klickt. Daraufhin erscheint ein Adressfeld, welches der Spieler
ausfüllen muss und bei dem hinsichtlich des Herkunftslandes "Deutschland" und
hinsichtlich der Währung "Euro" voreingestellt ist. Nach der Registrierung wird die
weitere Korrespondenz auf Deutsch geführt.
4
Um Sportwetten platzieren und an anderen Angeboten auf der Internetseite xxx.com
teilnehmen zu können, muss der Spieler sein virtuelles Spielkonto auffüllen. Dies kann
u.a. durch Überweisung auf ein Konto bei einer deutschen Bank erfolgen.
5
Die generelle Nutzung ist durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von xxx.com
geregelt (vgl. Anlage CBH 6).
6
Das Angebot auf bet-at-home.com ist in verschiedene Kategorien unterteilt, nämlich
"Sportwetten", "Casino" und "Poker". Buchmacher der auf xxx.com angebotenen
Sportwetten zu festen Gewinnquoten ist ausweislich Ziff. A. 1. der AGB die Beklagte zu
1.); Vertragspartner der Spieler von Casino- und Pokerspielen ist die Beklagte zu 2.).
7
Schon auf der Startseite der Internetpräsenz erscheinen aktuelle Wettangebote aus
verschiedensten Sportarten, für die jeweils eine Vielzahl unterschiedlicher Wettarten
angeboten wird. Als Buchmacher der auf bet-at-home.com angebotenen Sportwetten zu
festen Gewinnquoten ist die Beklagte zu 1.) auch Vertragspartner für diese Angebote.
8
Bei Auswahl des Angebots "Casino" erscheinen die Rubriken "Tischspiele",
"Spielautomaten", "Klassische Spielautomaten", "Videopoker" und "Andere Spiele".
Das Angebot "Tischspiele" beinhaltet verschiedene Varianten des Roulettespiels und
diverse Kartenspiele, wie etwa unterschiedliche Varianten des Spiels "Black-Jack". In
den Rubriken "Spielautomaten" und "Klassische Spielautomaten" werden Spiele an
virtuellen Geldspielautomaten angeboten. Im Angebot "Videopoker" werden
verschiedene Arten des Pokerspiels an virtuellen Spielautomaten simuliert. Die Rubrik
"Andere Spiele" enthält weitere, relativ einfach ausgestaltete und schnell spielbare
Glücksspiele wie "Keno Bonus", "Mini Blackjack", "Bingo" oder virtuelle
Minispielautomaten.
9
Darüber hinaus wird auf der Internetpräsenz bet-at-home.com die Teilnahme an
Pokerspielen angeboten. Dort kann der Spieler zwischen verschiedenen Spielvarianten
wählen, wobei Tische mit verschiedenen Sprachen und Währungen wie auch Turniere
bespielt werden können.
10
Die Klägerin, die in der Veranstaltung bzw. Vermittlung von Glücksspielen durch die
Beklagten auf bet-at-home.com einen Verstoß gegen §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 und 4 Abs. 1
Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) sieht, nimmt die Beklagten wegen unlauteren
Wettbewerbs auf Unterlassung, Feststellung der Schadenersatzverpflichtung und
Auskunft in Anspruch. Bei sämtlichen auf der Internetpräsenz bet-at-home.com.
11
angebotenen Spielen handele es sich um öffentliche Glücksspiele im Sinne des § 4
Abs. 4 GlüStV, die von den Beklagten zu 1.), 2.) und 4.) veranstaltet bzw. vermittelt
werden und deren Veranstaltung bzw. Vermittlung auf dem Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland stattfinden. Darüber hinaus handelt es sich um eine verbotene Werbung für
öffentliches Glücksspiel im Internet. Schließlich fehle es auch an der gemäß § 284 Abs.
1 StGB erforderlichen behördlichen Erlaubnis zur Veranstaltung eines öffentlichen
Glücksspiels.
Die Klägerin beantragt,
12
die Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe
von 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,
13
zu unterlassen,
14
auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu
Zwecken des Wettbewerbs selbst oder durch Dritte
15
1.1
16
über das Internet oder ohne behördliche Erlaubnis der zuständigen
Landesbehörde in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, entgeltlich Sportwetten zu festen
Gewinnquoten, Roulette, Black-Jack, Pokerspiele oder Baccarat einzugehen
oder abzuschließen;
17
und/oder
18
1.2
19
über das Internet oder behördlich nicht erlaubte/s entgeltliche/s Sportwetten zu
festen Gewinnquoten, Roulette, Black-Jack, Pokerspiele oder Baccarat zu
bewerben und/oder bewerben zu lassen;
20
und/oder
21
22
1.3
23
über das Internet oder ohne behördliche Erlaubnis der zuständigen
Landesbehörde in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, entgeltlich
24
Tischspiele wie Red Dog Progressive, HiLo Switch oder High-Low,
25
Automatenspiele wie Hot City, Champion of the Track, Devil’s Dlight, Reel Steal,
Excalibur, Relic RaidersGeisha Wonders, Icy Wonders, Tiki Wonders, Pacific
Attack, Crusade of Fortune, Mystery at the Mansion, Super Lucky Frog, Voodoo
26
Vibes, Tales of Krakow, Fishy Fortune, Arabian Nights, Spellcast oder Viking’s
Treasure,
Klassische Automatenspiele wie Beetle Frenzy, Mega Joker, Jackpot 6000,
Lucky 8-line, Magic Love, Safari Madness, Pirate’s Gold oder Gold Rush,
27
Videopoker wie Jacks or Better, Deuces Wild, Joker Wild, All American, Classic
Jacks or Better, Classic Deuces Wild,
28
oder als andere Spiele bezeichnete Glücksspiele wie Golden Derby, Mini
Blackjack, Bonus Keno, Bingo, Triple Wins, Triple Wins Star Ticket, Triple Wins
Jackpot, Cash Bomb, Vault Assault
29
einzugehen oder abzuschließen;
30
und/oder
31
1.4
32
über das Internet oder behördlich nicht erlaubte/s entgeltliche/s Tischspiele,
Pokerspiele, Automatenspiele, Klassische Automatenspiele, Videopoker oder
andere Spiele wie unter Ziff. 1.3 genannt zu bewerben und/oder bewerben zu
lassen;
33
wenn dies bei Handlungen nach Ziff. 1.3 und 1.4 geschieht wie nachstehend
wiedergegeben:
34
hilfsweise zu Ziff. 1.:
35
2. die Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe
von 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,
36
zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs selbst
oder durch Dritte
37
2.1
38
über das Internet oder ohne behördliche Erlaubnis der zuständigen
Landesbehörde in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, entgeltlich Sportwetten zu festen Gewinnquoten
einzugehen oder abzuschließen,
39
wenn dies geschieht, wie nachstehend wiedergegeben:
40
und/oder
41
2.2 über das Internet oder behördlich nicht erlaubte Sportwetten zu festen
Gewinnquoten zu bewerben und/oder bewerben zu lassen,
42
wenn dies geschieht wie unter Ziff. 2.1 und wie nachstehend wiedergegeben
43
und/oder
44
2.3
45
über das Internet oder ohne behördliche Erlaubnis der zuständigen
Landesbehörde in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, entgeltlich Roulette, Black-Jack, Pokerspiele
oder Baccarat einzugehen oder abzuschließen,
46
wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:
47
2.4
48
über das Internet oder behördlich nicht erlaubte/s entgeltliche/s Roulette, Black-
Jack, Pokerspiele oder Baccarat zu bewerben und/oder bewerben zu lassen,
49
wenn dies geschieht wie unter Ziff. 2.3 wiedergegeben;
50
3.
51
festzustellen, dass die dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind,
der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser aus gemeinsam
angebotenen Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen seit dem 05. Dezember
2008 entstanden ist oder künftig noch entstehen wird;
52
4.
53
die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze,
die mit oder aufgrund von gemeinsam angebotenen Glücksspielen dadurch
erzielt worden sind, dass die Beklagten Glücksspiele von Teilnehmern innerhalb
des Gebietes des Landes Nordrhein-Westfalen seit dem 05. Dezember 2008
entgegengenommen haben.
54
Die Beklagten beantragen,
55
die Klagen abzuweisen.
56
Die Beklagten halten die Klagen für unzulässig, da beim angerufenen Gericht kein
Gerichtsstand eröffnet sei und weitere Unterlassungsansprüche beim Landgericht Köln
rechtshängig seien. Die Beklagten sind der Auffassung, es bestehe kein
Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Der Veranstaltungsort der von den
Beklagten zu 1.) und 2.) angebotenen Leistungen liege nicht in der Bundesrepublik
Deutschland, sondern in Malta, insbesondere würden die von der Beklagten zu 1.)
angebotenen Wetten dort gehalten. Die Beklagte zu 1.) hält sich für berechtigt, die mit
der Klageschrift beanstandeten Sportwetten zu veranstalten, über das Internet
anzubieten und zu bewerben, da sie über eine von der maltesischen Lotteries and
Gaming Authority erteilte Lizenz verfüge; die Beklagte zu 2.) verfüge über eine Lizenz
zur Veranstaltung "ganz bestimmter Spiele, nämlich von Casino- und Pokerspielen". Die
Beklagten zu 1.) und 2.) bestreiten, dass ein gemeinsames Angebot vorliege; der
57
Schluss aus der Erwähnung im Impressum sei unzulässig. Die Beklagte zu 4.) verfüge
über keine Lizenz und veranstalte weder Glücksspiele noch Wetten noch sonstige
Spiele. Sie sei auch nicht für den Internetauftritt verantwortlich, sondern lediglich
Dienstleisterin für die Beklagten zu 1.) und 2.), für die sie die Internet-Domain
eingerichtet habe.
Die Beklagten sind der Auffassung, die Regelung des GlüStV sei europarechts- und
verfassungswidrig. Die Glücksspielpolitik der deutschen Länder stehe mit den Vorgaben
des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs nicht in Einklang.
Neben der rechtlichen Ausgestaltung sei auch die tatsächliche Ausgestaltung
maßgeblich. Der GlüStV sei nicht konsequent am Ziel der Bekämpfung der
Suchtgefahren ausgerichtet; die Regelungen hätten nur flankierenden Charakter und
sollten das weiterhin vorherrschende fiskalische Interesse durchsetzbar machen. Es
verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass für Sportwetten ein Monopol
vorgesehen sei, für Pferdewetten hingegen nicht. Die Glücksspielpolitik und die
Regelung des GlüStV seien insgesamt nicht kohärent. In großem Umfang werde für XX-
Sportwetten, Lotto und weitere Angebote der Klägerin und der übrigen Gesellschaften
des Deutschen Lotto- und Toto-Blockes geworben, wobei es sich regelmäßig nicht um
eine sachliche Information handele. Darüber hinaus biete das Land Rheinland-Pfalz die
Produkte des deutschen Lotto- und Totobundes durch ein privates Unternehmen an. Es
gebe indes keinen Nachweis, dass bei einer privaten Veranstaltung von Glücksspielen
eine erhöhte Suchtgefahr bestehe.
58
Sportwetten zu festen Gewinnquoten brächten keine höheren Suchtgefahren mit sich als
die von der Klägerin angebotenen Wetten, gewerbliche Geldspielgeräte oder Casino-
Spiele. Inkonsistent sei auch das Internetverbot, das nicht dem Zwecke diene,
Suchtgefahren zu vermeiden und die Gelegenheit zum Spiel zu beschränken.
59
Im übrigen fielen Sportwetten und Poker nicht unter den Glücksspielbegriff.
60
Schließlich sei das Verfahren auszusetzen gemäß Art. 234 EG, um eine Entscheidung
des EUGH zur Auslegung der Artikel 43 und 49 EG einzuholen, wie die Beklagten im
Einzelnen näher darlegen.
61
Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
62
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
63
Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend Erfolg. Die Klage ist mit den
Hauptanträgen weitgehend begründet; lediglich im Hinblick auf "Pokerspiele" ist die
Klage nur im Umfang der Hilfsanträge gerechtfertigt. Soweit die Beklagten zur
Unterlassung zu verurteilen waren, sind auch die auf Feststellung der
Schadenersatzverpflichtung und Auskunft gerichteten Anträge begründet. Im übrigen ist
die Klage unbegründet.
64
Die Klage hat keinen Erfolg, soweit die Klägerin mit dem Hauptantrag die Verurteilung
der Beklagten zur Unterlassung begehrt, über das Internet in Deutschland befindlichen
Personen die Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen, Pokerspiele einzugehen oder
abzuschließen bzw. über das Internet in Deutschland Pokerspiele zu bewerben
und/oder bewerben zu lassen.
65
Dieser Antrag ist bereits nicht bestimmt, da die Kammer angesichts der Vielzahl von
Spielarten beim Poker nicht feststellen kann, dass es eine allgemeingültige Definition
des Poker gibt, die sämtliche Spielarten umfassen und eine Verlagerung des Streits, ob
eine bestimmte Verletzungsform dem Verbot unterfällt, in ein etwaiges
Zwangsvollstreckungsverfahren ausschließen würde. Zwar verkennt die Kammer nicht,
dass Verallgemeinerungen hinsichtlich der konkreten Verletzungshandlung
grundsätzlich möglich sind. Dies ist hier indes nicht zu bejahen, da Voraussetzung ist,
dass darin das Charakteristische der konkreten Verletzungsform aus der begangenen
Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt. Der Begriff des "Pokerspiels" ist nicht
dermaßen scharf umrissen, dass er die Merkmale der Wettbewerbswidrigkeit der
konkreten Verletzungshandlung in hinreichend bestimmter Weise wiedergibt.
66
Die Klägerin kann gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11, 8 UWG von den Beklagten zu 1.) und 2.)
verlangen, dass sie es unterlassen, über das Internet in Deutschland befindlichen
Personen die Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen, entgeltliche Sportwetten zu
festen Gewinnquoten, entgeltliche Casinospiele im tenorierten Umfang und/oder
Lotterien einzugehen oder abzuschließen und über das Internet in Deutschland
entgeltliche Sportwetten, entgeltliche Casinospiele und/oder Lotterien zu festen
Gewinnquoten zu bewerben und/oder bewerben zu lassen.
67
Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 1.) und 2.) ein Unterlassungsanspruch aus
§§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG zu.
68
Die Klägerin und die Beklagte zu 1.) und 2.) sind Mitbewerber auf dem Markt des
Angebots von entgeltlichen Sportwetten zu festen Gewinnquoten, entgeltlichen
Casinospielen und Lotterien. Die Parteien stehen mit ihren Angeboten in einem
konkreten Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
Mindestvoraussetzung für das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses ist,
dass zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen
oder das eines Dritten zu erreichen sucht und den Nachteilen, die ein anderer dadurch
erleidet, eine Wechselbeziehung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb
gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (Köhler in:
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 27. Aufl. 2009, § 2 UWG Rn 96 mwN). Ein solches
besteht jedenfalls dann, wenn Unternehmer versuchen, die gleichen oder gleichartige
Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen (aaO.
Rn 94).
69
Hinsichtlich des Angebots von entgeltlichen Sportwetten zu festen Gewinnquoten und
Lotterien liegt dies auf der Hand, da es sich um die gleichen Dienstleistungen handelt.
Der Vertriebsweg über Annahmestellen bei der Klägerin und über das Internet bei der
Beklagten rechtfertigt in dieser Hinsicht keine unterschiedliche Betrachtung, da insoweit
eine Austauschbarkeit anzunehmen ist. Maßgeblich ist, ob die Parteien sich auf dem
selben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen (vgl. BGH
GRUR 2001, 78 = NJW 2001, 73 - Falsche Herstellerpreisempfehlung), also um Kunden
konkurrieren. Der relevante Markt ist indes nicht unter Heranziehung des im Kartellrecht
zur Feststellung von Marktanteilen entwickelten Bedarfsmarktkonzepts zu bestimmen,
sondern es kommt im Wettbewerbsrecht darauf an, ob sich die betreffenden Waren und
Dienstleistungen ihrer Art nach so gleichen oder nahe stehen, dass ein verständiger
Nachfrager sie als austauschbar ansieht. Es hängt von den jeweiligen
Marktverhältnissen ab, ob Austauschbarkeit zu bejahen ist, wobei die Anforderungen an
70
den Grad der Austauschbarkeit nicht zu hoch angesetzt werden dürfen (Köhler aaO., Rn
101). Dies ist zur Überzeugung der Kammer der Fall, da der Markt für Sportwetten,
Lotterien und Casinospiele – zumindest letztgenannten im Internet – als einheitlicher
Markt anzusehen ist. Denn die Teilnahme an einem jeden dieser Spielformate trägt dem
natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung Rechnung und ermöglicht den Teilnehmern,
unter Einsatz eines verhältnismäßig geringen Geldbetrages einen mehr oder weniger
größeren Gewinn zu machen. Sämtlichen Formen kommt Glücksspielcharakter im Sinne
des § 3 Abs. 1 GlüStV zu. In bezug auf – von der Klägerin nicht angebotene –
entgeltliche Casinospiele einerseits und Lotterien sowie entgeltliche Sportwetten zu
festen Gewinnquoten andererseits liegen zumindest gleichartige Dienstleistungen vor,
da es sich um unterschiedliche Ausgestaltungen von Glücksspielen handelt, die den
erwähnten Spieltrieb ansprechen und sich mithin an den gleichen Abnehmerkreis
richten.
Die genannten Glücksspiele sind den Beklagten zu 1.) und 2.) dabei wechselseitig
zuzurechnen, denn für den durchschnittlichen Spielinteressenten aus dem
angesprochenen Verkehrskreis stellt sich das Angebot unter XX.com aufgrund der nicht
weiter differenzierten Angabe im Impressum als Angebot von beiden Beklagten dar. Die
in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgenommene Zuordnung nimmt der
Durchschnittsadressat indes nicht wahr.
71
Das Angebot von entgeltlichen Sportwetten zu festen Gewinnquoten, entgeltlichen
Casinospielen und Lotterien durch die Beklagte zu 1.) und 2.) über das Internet verstößt
gegen die Regelungen der §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 4 GlüStV, die aufgrund von § 2 Abs. 1
des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum
Glücksspielwesen in Deutschland vom 30. Oktober 2007 (GV. NRW, S. 445) mit
Wirkung vom 01.01.2008 in Nordrhein-Westfalen Geltung erlangt haben. Denn indem
sie in Deutschland befindlichen Internetnutzern die Teilnahme an den genannten
Angeboten ermöglichen, veranstalten die Beklagten Glücksspiele; zugleich bewerben
sie diese.
72
Die Beklagten zu 1.) und 2.) verstoßen gegen § 4 Abs. 4 GlüStV, durch den das
Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt ist.
Beweggrund der Parteien des Staatsvertrages für diese Regelung war, dass gerade
dieser Vertriebsweg keine effektive Kontrolle des Jugendschutzes gewährleistet und die
Anonymität des Spielenden und das Fehlen jeglicher sozialen Kontrolle das Verbot des
Vertriebswegs "Internet" unter dem Aspekt der Vermeidung von Glücksspielsucht als
notwendig erscheinen lassen (vgl. Erläuterungen zu § 4 des GlüStV, S. 37, abgedruckt
im Anhang zur DrS. 14/4849 des Landtags NRW), zumal Glückspiel im Internet in
besonderem Maße suchtgefährdend ist und eine Begrenzung des Glücksspiels bei
Internetangeboten nicht zu erreichen ist (Erläuterungen A. II. 2. 2.1 zum GlüStV, aaO., S.
6). Verboten ist damit jegliche Form des Online-Glücksspiels, mithin des gesamten
streitgegenständlichen Angebots der Beklagten zu 1.). Darüber hinaus handelt es sich
bei dem Angebot um gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV verbotene Werbung für unerlaubtes
Glücksspiel. Schließlich wäre gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV sogar bei erlaubten
Glücksspielen die Internet-Werbung untersagt, da bei dieser als zusätzliches
Gefahrenelement der sofortige Übergang zur Teilnahme am Spiel hinzutritt (vgl.
Erläuterungen zu § 5 des GlüStV, aaO., S. 38).
73
Die Veranstaltung von unerlaubten öffentlichen Glücksspielen erfüllt darüber hinaus den
Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB, die Werbung dafür erfüllt den Tatbestand § 284 Abs.
74
4 StGB.
Die Beklagten zu 1.) und 2.) können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, über
Genehmigungen für die angebotenen Glücksspiele in Malta zu verfügen. Ungeachtet
des Bestreitens der Klägerin kommt es auf diese Frage nicht an, da die Zulassung
unterstellt werden kann. Eine ausländische Zulassung ist im Inland bedeutungslos, da
die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Marktbeschränkungen treffen können.
Davon haben die deutschen Bundesländer in zulässiger Weise Gebrauch gemacht; erst
recht kann sie durch eine ausländische Zulassung nicht das innerstaatliche Totalverbot
des Angebots im Internet umgehen.
75
Die verletzten Vorschriften des GlüStV und des StGB beinhalten Regelungen des
Marktverhaltens insbesondere zum Schutze der Verbraucher, deren Verletzung den
Vorwurf der Unlauterkeit begründet (vgl. Köhler aaO., § 4 UWG Rn 11.178 mwN).
76
Die durch die Regelungen des GlüStV eintretenden Eingriffe in die von Art. 12 GG
geschützte Berufsfreiheit und den von Art. 49 EGV statuierten freien
Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft sind gerechtfertigt.
77
Die Neuregelung des Glücksspielrechts im GlüStV erfüllt die verfassungsrechtlichen
Anforderungen an die Rechtfertigung eines staatlichen Monopols für Sportwetten, die
auch für eine darüber hinausgehende Regelung anderer Glücksspielangebote Geltung
beanspruchen. Der GlüStV trägt dem die Entscheidung tragenden Verlangen des
Bundesverfassungsgerichts nach einer konsequenten Ausrichtung der Gesamtregelung
am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und Spielleidenschaft im Sinne einer aktiven
Suchtprävention (BVerfG NJW 2006, 1261 [1263ff.] = GRUR 2006, 668 – ODDSET) in
hinreichender Weise Rechnung.
78
Dazu zählt in maßgeblicher Hinsicht das auch hier streitgegenständliche Totalverbot
des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet in § 4 Abs. 4
GlüStV, von dem Ausnahmen nur befristet auf ein Jahr und unter engen
Voraussetzungen zulässig waren (§ 25 Abs. 6 GlüStV). Die Kammer teilt die dem
Internetverbot zugrundeliegenden Erwägungen (vgl. Erläuterungen zum GlüStV aaO.),
dass der Vertriebsweg über das Internet gerade vor dem Hintergrund des im Rahmen
der Suchtprävention besonders wichtigen Jugendschutzes in hohem Maße bedenklich
ist, weil eine effektive Alterskontrolle der Teilnehmer nicht möglich ist und dass die
Möglichkeit eines einfachen Zugangs vom heimischen Computer ohne die mit einer
Handlung in der realen Welt verbundene soziale Kontrolle und die unbegrenzte und
unbegrenzbare Angebotsvielfalt das Angebot von Online-Glücksspielen als besonders
gefährlich erscheinen lassen (vgl. BVerfG, aaO. [1266]; Schlussanträge des
Generalanwalts Bot in der Rechtssache C-42/07 – Liga Portuguesa, Tz. 266ff.). Ein
dahingehendes Verbot ist infolgedessen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
(BVerfG NVwZ 2008, 1338 [1340f.]). Dem steht auch nicht entgegen, dass für den eng
umgrenzten Markt der Pferdewetten weiterhin das Angebot über Internet erlaubt ist; dies
rechtfertigt bei wertender Betrachtung nicht den Vorwurf mangelnder Kohärenz der
internetbezogenen staatlichen Glücksspielregelungen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom
04.06.2009, Az. 6 U 93/07, BeckRS 2009 15501).
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Die im Rahmen des Neuregelungsauftrags vom Bundesverfassungsgericht geforderte
konsequente Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols am Ziel der Bekämpfung der
Wettsucht und Begrenzung der Wettleidenschaft zeigt sich darüber hinaus in den
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Regelungen in § 4 Abs. 1 GlüStV (Teilnahmeverbot für Minderjährige, Jugendschutz), §
5 Abs. 1 bis 3 GlüStV (Beschränkung der Werbung auf Information und Aufklärung über
Wettmöglichkeiten und Ausrichtung auf die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags;
deutliche Hinweise auf die von Wetten ausgehende Suchtgefahr sowie
Hilfsmöglichkeiten; Werbeverbot in Fernsehen, Internet sowie mittels
Telekommunikation), § 6 GlüStV (Verpflichtung, die Teilnehmer zu
verantwortungsvollem Spiel anzuhalten und der Entstehung von Glücksspielsucht
vorzubeugen; Erfüllung der "Richtlinie zur Vermeidung von Glücksspielsucht";
Personalschulung; Erstellung eines Sozialkonzepts zur Vorbeugung und Behebung von
sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels), § 7 GlüStV (Aufklärung über
Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeit, Suchtrisiken, Beratungs- und
Therapiemöglichkeiten, Teilnahmeverbot Minderjähriger), § 8 GlüStV (übergreifendes
Sperrsystem mit der Möglichkeit der Selbst- und Fremdsperre; Sperrdatei), § 9 Abs. 6
GlüStV (Trennung der Glücksspielaufsicht von der Finanz- bzw.
Beteiligungsverwaltung), § 10 Abs. 5 GlüStV (ordnungsrechtliche Ausrichtung
staatlicher Glücksspielangebote, beratende Begleitung durch Fachbeirat), § 10 Abs. 4
GlüStV (suchtgefahrbezogene Begrenzung der Zahl der Annahmestellen; Verbot der
Errichtung einer Annahmestelle in einer Spielhalle oder einem ähnlichen
Unternehmen), § 11 GlüStV (Sicherstellung der wissenschaftlichen Forschung zur
Vermeidung und Abwehr der Suchtgefahren durch Glücksspiele; Sicherstellung der
Suchtprävention und Hilfe für Suchtgefährdete; Aufbau und Betrieb eines Netzes von
Beratungsstellen) sowie insbesondere § 21 Abs.2 GlüStV (organisatorische, rechtliche,
wirtschaftliche und personelle Trennung der Sportwettenveranstaltung und -vermittlung
von der Veranstaltung und Organisation von Sportereignissen und dem Betrieb von
Sporteinrichtungen; Verbot der Verknüpfung der Übertragung von Sportereignissen in
Rundfunk und Telemedien mit der Sportwettenveranstaltung und -vermittlung; Verbot
von Wettmöglichkeiten über Telekommunikationsanlagen sowie während des laufenden
Sportereignisses; Annahmeschluss spätestens fünf Minuten vor Beginn der
Sportveranstaltung) und § 21 Abs. 3 GlüStV (Teilnahmeverbot für gesperrte Spieler,
Identitätskontrolle und Sperrdateiabgleich). Diese sind grundsätzlich geeignet, die
verfassungsrechtlich geforderten Restriktionen im Bereich des Vertriebs und des
Bewerbens staatlicher Sportwetten herbeizuführen (vgl. BVerfG NVwZ 2009, 1221,
[1224]).
Alternative, weniger einschneidende, aber gleichwohl ebenso wirksame Maßnahmen
sind unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nicht
ersichtlich. Im Hinblick auf die überragende Bedeutung der mit der Regelung verfolgten
Gemeinwohlziele teilt die Kammer die auch vom BVerfG vertretene Auffassung, dass
die Regelungen des GlüStV (und entsprechend des § 284 StGB) verhältnismäßig im
engeren Sinne sind (BVerfG NVwZ 2008, aaO. [1343]; so im Ergebnis auch OLG
Frankfurt, aaO.).
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Die Neuregelung des Glücksspielrechts durch den GlüStV ist auch mit der
gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheit des freien Dienstleistungsverkehrs aus Art. 49
EGV zu vereinbaren.
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Gegenstand der Prüfung ist insoweit nur die Kohärenz der das Internet betreffenden
Regelung des GlüStV. Es handelt sich dabei um einen abschließend geregelten
Bereich, für den eine eigenständige Regelung aus den bereits erwähnten Gründen unter
Gleichheitsaspekten gerechtfertigt ist; auf eine Gesamtkohärenz kommt es nicht an (vgl.
auch OLG Frankfurt aaO.). Auch aus den Entscheidungen des EuGH (vgl. insb. EuGH,
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Urteil vom 06.03.2007, C-338/04, 359/04, 360/04 – Placanica) vermag die Kammer
keine Pflicht des nationalen Gesetzgebers zu entnehmen, sämtliche Bereiche des
Glücksspielrechts einheitlich zu regeln, noch eine Berechtigung der nationalen Gerichte,
Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahmen an Hand eines strengeren als dem in
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorgesehenen Maßstabs zu
überprüfen. Der EuGH stellt in ständiger Rechtsprechung (so auch EuGH – Placanica,
Tz. 48) den Mitgliedsstaaten die Bestimmung des angestrebten Schutzniveaus frei und
betont die Einschätzungsprärogative des nationalen Gesetzgebers (vgl. EuGH, Urteil
vom 10.03.2009, C-169/07 – Hartlauer, Tz. 53).
Nachdem der EuGH bereits zuvor in Übereinstimmung mit seiner ständigen
Rechtsprechung ein Internetverbot als in diesem Rahmen zulässig angesehen hat (vgl.
EuGH, Urteil vom 08.09.2009, C-42/07 – Liga Portuguesa, Tz. 70: "Außerdem bergen
die Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den herkömmlichen
Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontaktes zwischen dem
Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in sich, dass die
Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden."), hat er jüngst erneut die
Gefahren des Glücksspielangebotes im Internet betont und vertieft dargelegt (vgl. EuGH,
Urteil vom 08.09.2010, C-46/08 – xxx, Tz. 103: "Desgleichen können sich die
Besonderheiten des Angebots von Glücksspielen im Internet als Quelle von, verglichen
mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, anders gearteten und größeren Gefahren
für den Schutz der Verbraucher und insbesondere von Jugendlichen und Personen
erweisen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder eine solche
Neigung entwickeln könnten. Neben dem bereits erwähnten fehlenden unmittelbaren
Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen auch der besonders leichte und
ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große
Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem
Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch
fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von
Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und aufgrund
dessen die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen, die in
ständiger Rechtsprechung herausgestellt worden sind, vergrößern können.").
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Ausdrücklich hat der EuGH festgestellt, dass nach alledem anzuerkennen ist, dass eine
Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird,
grundsätzlich als geeignet angesehen werden kann, die legitimen Ziele der Vermeidung
von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der
Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher
Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt (aaO., Tz. 105).
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nach allem keine primär fiskalische
Zielsetzung des GlüStV zu erkennen. Der Vortrag der Beklagten überträgt die vor
Inkrafttreten des GlüStV geltenden Argumente auf die Zeit nach dessen Inkrafttreten.
Dem ist nicht zu folgen, da der GlüStV vorrangig ordnungspolitischen Zielsetzungen
dient (vgl. Art. 1 GlüStV). Solange fiskalische Interessen hinter das Ziel der Erreichung
der Schutzzwecke zurücktreten, führen diese nicht zur Verfassungswidrigkeit (vgl.
BVerfG NJW 2006, aaO. [1265] – ODDSET); auch europarechtlich ist die Generierung
von Einnahmen aus genehmigten Spielen nicht zu beanstanden, wenn es sich nur um
eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber um den eigentlichen Grund der
Zulassungspolitik handelt (EuGH, EuZW 2000, 151 [153] – Zenatti).
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Nicht zu folgen ist der von den Beklagten vertretenen Auffassung, es bestehe ein
Anwendungsverbot hinsichtlich des gesamten GlüStV, das sie der neueren EuGH-
Rechtsprechung entnehmen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2010, Az. C-316/07 – Stoß).
Zum einen hat der EuGH in der genannten Entscheidung nicht den GlüStV per se für
unanwendbar erklärt, sondern vielmehr der Tatsacheninstanz die Feststellung
vorbehalten, ob ein Anwendungsverbot festzustellen ist. Zum anderen hat der EuGH in
der parallel verkündeten, bereits erörterten Entscheidung "xxx", die – wie ausgeführt –
das Glücksspielverbot im Internet betrifft, gerade keine dahingehenden Ausführungen
gemacht und den Internetbereich als abgrenzbaren Bereich angesehen, der einer
besonderen Regelung zugänglich ist. Der Vortrag der Beklagten lässt nicht die
Feststellung zu, dem Internetverbot würde tatsächlich keine Geltung verschafft.
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Eine Vorlage an den EuGH ist nicht veranlasst. Die zur Entscheidung stehenden
Rechtsfragen, insbesondere die Entscheidung, ob die Ziele des GlüStV dergestalt sind,
dass sie eine marktbeschränkende Regelung rechtfertigen, kann die Kammer
entsprechend ihrem Prüfungsauftrag selbst treffen (vgl. EuGH aaO. – Zenatti).
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Entsprechend dem Klageantrag sind die Beklagten zur Unterlassung im gesamten
Bundesgebiet verpflichtet. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das
Unterlassungsgebot räumlich nicht auf das Land Nordrhein-Westfalen zu begrenzen,
weil sich der Tätigkeitsbereich der Klägerin auf dieses Gebiet beschränkt. Da das UWG
nicht nur den Schutz der Mitbewerber, sondern auch der Verbraucher, der sonstigen
Marktteilnehmer und der Allgemeinheit bezweckt (vgl. § 1 UWG), liegt auch die
Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nicht allein im Individualinteresse des
Verletzten, sondern im Interesse aller Marktteilnehmer und der Allgemeinheit (BGH
GRUR 1999, 509 [510] – Vorratslücken; GRUR 2000, 907 [910] – Filialleiterfehler;
GRUR 2000, 1089 [1093] – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Von diesem
Grundsatz ist vorliegend keine Ausnahme zu machen. Zwar kommt eine solche in
Betracht, wenn ein nur in einem Bundesland tätiger Unternehmer einen Mitbewerber
wegen des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung (§ 4 Nr. 11 UWG) in
Anspruch nimmt, die auf Landesrecht beruht, wie es hier der Fall ist. Eine räumliche
Beschränkung des Verbotsausspruches setzt jedoch weiter voraus, dass wegen der
Unterschiede zwischen den einzelnen landesrechtlichen Regelungen eine einheitliche
Beurteilung des beanstandeten Wettbewerbsverhaltens ausscheidet (BGH GRUR 2008,
438 Rn 28 – ODDSET). Dies trifft hier indes nicht zu, da die verletzten
Marktverhaltensregeln Normen des GlüStV und des StGB sind, die in allen
Bundesländern gleichermaßen Geltung haben, sei es, weil es sich um einen von allen
Ländern geschlossenen Staatsvertrag handelt, sei es, weil es sich um eine Norm der
Gesetzgebung des Bundes handelt.
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Der Beklagte zu 3.), haftet als Organ der Beklagten zu 1.) und 2.) im Umfang von deren
jeweiliger Verurteilung ebenfalls für deren Handlungen. Er hat schuldhaft gehandelt, da
er sich jedenfalls entgegenhalten lassen muss, den Wettbewerbsverstoß der jeweiligen
Gesellschaft pflichtwidrig nicht gekannt zu haben.
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Die Beklagte zu 4.) haftet ebenfalls für die Handlungen der Beklagten zu 1.) und 2.) im
Umfang von deren jeweiliger Verurteilung, da sie selbst Täterin der unlauteren
geschäftlichen Handlungen ist. Sie hat den Beklagten zu 1.) und 2.) die Domain für
deren Tätigkeit zur Verfügung gestellt und haftet daher unter dem Aspekt der Verletzung
einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht (vgl. BGH GRUR 2007, 890 Rn 22 –
Jugendgefährdende Schriften bei eBay). Denn dadurch hat sie eine nicht hinreichend
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begrenzte Gefahr für die geschützten Interessen anderer Marktteilnehmer eröffnet, die
als eine unlautere geschäftliche Handlung anzusehen ist.
Der Schadenersatzanspruch folgt aus § 9 Satz 1 UWG, da die Parteien Mitbewerber
sind. Da die genaue Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein
rechtliches Interesse daran, dass die Haftung der Beklagten auf Schadenersatz
zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO). Damit die Klägerin in die Lage
versetzt wird, ihren Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im
zuerkannten Umfang aus dem durch den Wettbewerbsverstoß der Beklagten
begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis in Verbindung mit §§ 242, 259 BGB (vgl.
BGH GRUR 1994, 630, 632 – xx; GRUR 1994, 635, 636 – xx; GRUR 1995, 427, 429 –
Schwarze Liste; GRUR 2001, 841, 842 – Entfernung der Herstellungsnummer II)
verpflichtet, über ihre Verletzungshandlungen Rechnung zu legen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Soweit die Klägerin jeweils
auch beantragt hat, die Beklagten zur Unterlassung der Glücksspielveranstaltung "ohne
behördliche Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde in Deutschland" bzw. zur
Bewerbung "behördlich nicht erlaubte[r]" Glücksspiele zu verurteilen, liegt in dem
Fehlen des Ausspruchs keine Klageabweisung. Angesichts des geltenden Totalverbots
im Internet bedurfte es dieser Formulierung nicht; eine Tätigkeit der Beklagten
außerhalb des Internets ist ersichtlich nicht Gegenstand der Klage.
93
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1,
711 ZPO.
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Streitwert: 600.000,-- €, wovon auf die Beklagten zu 1.) und 2.) je 225.000,- Euro, den
Beklagten zu 3.) 100.000,- Euro und die Beklagte zu 4.) 50.000 Euro entfallen.
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