Urteil des LG Düsseldorf vom 14.10.2003

LG Düsseldorf: breite, bahn, stand der technik, form, verfügung, ausführung, gas, nichtigkeitsklage, verkehr, erfindung

Landgericht Düsseldorf, 4a O 281/02
Datum:
14.10.2003
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 281/02
Tenor:
I.
Der Antrag vom 29. Juli 2003 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Antragstellerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung ge-gen
Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie durchzusetzenden Be-trages
abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstre-ckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in der
Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelas-
senen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
1
Die Antragstellerin ist ausschließliche Lizenznehmerin an dem am 11. Februar 1998
unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 12. März 1997 angemeldeten
europäischen Patent 0 ####6 (Anlage Ast 1, fortan: Verfügungspatent), dessen
Anmeldung am 16. September 1998 veröffentlicht und dessen Erteilung am 31. Oktober
2001 veröffentlicht und bekannt gemacht worden ist.
2
Das Verfügungspatent steht mit seinem nationalen deutschen Teil in Kraft.
3
Es betrifft ein Schwebedüsenfeld zur schwebenden Führung von Warenbahnen.
4
Es betrifft ein Schwebedüsenfeld zur schwebenden Führung von Warenbahnen.
4
Wegen Verletzung des Verfügungspatents nimmt die Antragstellerin die
Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung in
Anspruch.
5
Der Anspruch 1 und die von der Antragstellerin hilfsweise in Kombination geltend
gemachten Ansprüche 2, 4 und 10 des Verfügungspatents lauten wie folgt:
6
Anspruch 1:
7
Schwebedüsenfeld zur schwebenden Führung und Stabilisierung von
Warenbahnen, vorzugsweise Metallbändern, zum Zwecke der berührungsfreien
Wärmeübertragung oder Trocknung
8
a)
9
mit mindestens auf einer Seite der schwebend zu führenden Bahn (2) angeordneten,
in Bahnlaufrichtung aufeinanderfolgenden Düsenflächen (1) mit Düsenöffnungen
aus Rundlöchern (6) und/oder Schlitzdüsen (5),
dadurch gekennzeichnet
10
b)
11
die Breite der Düsenflächen (1), gemessen parallel zur Bahnlaufrichtung, sich über
die Breite des Düsenfeldes, gemessen senkrecht zur Bahnlaufrichtung, verändert,
und dass
12
c)
13
die Düsenflächen (1) mindestens teilweise an ihrem Umfang von Schlitzdüsen (5)
eingefasst sind.
14
Anspruch 2:
15
Schwebedüsenfeld nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet
Breite der Düsenflächen (2) zu den Rändern (2) der Warenbahn (1) hin verringert,
insbesondere, dass die Düsenflächen (1) die Form des Axialschnittes eines
Doppelkegelstumpfes oder eines Fasses aufweisen, wobei die Basis des
Doppelkegelstumpfes bzw. der größte Durchmesser des Fasses in der Mitte (8) der
Schwebedüse liegt.
16
Anspruch 4:
17
Schwebedüsenfeld nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch
gekennzeichnet
Lochdüsen (6) angeordnet sind.
18
Anspruch 10:
19
Schwebedüsenfeld nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch
gekennzeichnet
20
unterschiedliche Breiten aufweisen.
Die nachfolgend verkleinert wiedergegebene Zeichnung stammt aus der
Verfügungspatentschrift und dient zur Erläuterung der Erfindung anhand eines
Ausführungsbeispiels. Sie zeigt eine perspektivische Darstellung des
Schwebedüsenfeldes mit Düsenflächen entsprechend dem Mittelschnitt eines
Doppelkegelstumpfes und den wesentlichen Elementen der zugehörigen
Strömungsführung.
21
Gegen den deutschen Teil des Verfügungspatents legte die Antragsgegnerin mit
patentanwaltlichem Schriftsatz vom 27. August 2003 (Anlage AG 14) beim
Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage ein, über die noch nicht entschieden worden ist.
22
Die Antragsgegnerin stellt her und vertreibt Schwebedüsenfelder. Zu einer solchen
Anlage, die zunächst auf dem Betriebsgelände der Antragsgegnerin ausgestellt und
später nach Spanien veräußert wurde, ließ die Antragsgegnerin in einem Schreiben
vom 16. Juli 2003 durch ihren seinerzeitigen Patentanwalt ausführen:
23
"...
24
Die in den Anlagen meiner Mandantin benutzten Düsenfelder für die schwebende
Führung von Warenbahnen sind nun aber alle quer zur jeweiligen Transportrichtung
verlaufend parallel ausgerichtet. Die Breite jedes einzelnen Düsenfeldes verändert
sich also in Richtung quer zur Transportrichtung nicht. Dabei sind auch hier
Schlitzdüsen vorgesehen, die sich zu den Rändern der Transportbahn verbreitern,
während sich die Breite des mit Lochdüsen versehenen Flächenanteils in der
gleichen Richtung verringert. Die offene Fläche der Lochdüsen bleibt über die quer
zur Transportrichtung gemessene Breite des Düsenfeldes konstant.
25
..."
26
Nach einer Skizze, die die Antragstellerin auf Grundlage der oben wiedergegebenen
Ausführungen fertigen ließ (Anlage Ast 10) und der die Antragsgegnerin inhaltlich nicht
entgegengetreten ist, sind die Düsenflächen wie folgt aufgebaut:
27
Die Antragstellerin sieht in dieser von ihr angegriffenen Ausführungsform eine
unberechtigte, wortsinngemäße Benutzung des Verfügungspatents.
28
Die Antragstellerin beantragt,
29
der Antragsgegnerin es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro - ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6
Monaten - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle auch
Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu untersagen,
30
in der Bundesrepublik Deutschland
31
Schwebedüsenfelder zur schwebenden Führung und Stabilisierung von
Warenbahnen, vorzugsweise Metallbändern, zum Zwecke der berührungsfreien
Wärmeübertragung oder Trocknung mit mindestens auf einer Seite der schwebend
zu führenden Bahn angeordneten, in Bahnlaufrichtung aufeinanderfolgenden
32
Düsenflächen mit Düsenöffnungen aus Rundlöchern und/oder Schlitzdüsen
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den
genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
33
bei denen die Breite der Düsenflächen, gemessen parallel zur Bahnlaufrichtung,
sich über die Breite des Düsenfeldes, gemessen senkrecht zur Bahnlaufrichtung,
verändert und die Düsenflächen mindestens teilweise an ihrem Umfang von
Schlitzdüsen eingefasst sind;
34
hilfsweise
35
der Antragsgegnerin es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro - ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6
Monaten - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle auch
Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu untersagen,
36
in der Bundesrepublik Deutschland
37
Schwebedüsenfelder zur schwebenden Führung und Stabilisierung von
Warenbahnen, vorzugsweise Metallbändern, zum Zwecke der berührungsfreien
Wärmeübertragung oder Trocknung mit mindestens auf einer Seite der schwebend
zu führenden Bahn angeordneten, in Bahnlaufrichtung aufeinanderfolgenden
Düsenflächen mit Schlitzdüsenöffnungen aus Rundlöchern und/oder Schlitzdüsen
38
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu
den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
39
bei denen die Breite der Düsenflächen, gemessen parallel zur Bahnlaufrichtung,
sich über die Breite des Düsenfeldes, gemessen senkrecht zur Bahnlaufrichtung,
verändert und die Düsenflächen mindestens teilweise an ihrem Umfang von
Schlitzdüsen eingefasst sind
40
und bei denen sich die Breite der Düsenflächen zu den Rändern der Warenbahn hin
verringert und die Düsenflächen die Form eines Axialschnittes eines
Doppelkegelstumpfes aufweisen, wobei die Basis des Doppelkegelstumpfes in der
Mitte der Schwebedüse liegt,
41
und bei denen zwischen den Düsenschlitzen in den Düsenflächen Lochdüsen
angeordnet sind,
42
und bei denen die Düsenschlitze entlang ihrer Längserstreckung unterschiedliche
Breiten aufweisen.
43
Die Antragsgegnerin beantragt,
44
den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
45
Sie wendet ein, entgegen dem Verfügungspatent verändere sich die Breite der
Düsenflächen, gemessen parallel zur Bahnlaufrichtung, bei der angegriffenen
Ausführungsform über die Breite des Düsenfeldes nicht. Dies habe zur Folge, dass auch
46
die zwischen den Düsenflächen befindlichen Rückströmkanäle gleichbleibend breit
ausgebildet seien. Der vom Verfügungspatent zur Tragkrafterhöhung erwünschte
Aufbau eines Überdrucks zwischen den Düsenschlitzen werde durch diese Ausführung
nicht ermöglicht.
Hilfsweise beruft sich die Antragsgegnerin auf ein Vorbenutzungsrecht, zu dem sie
vorträgt, die Düsenschlitze einer im Jahr 1982 an die XX1 gelieferten
Schwebebandofenanlage im Mai 1983 zur mittenbetonten Tragkrafterhöhung konisch
mittig verbreitert zu haben.
47
Unter Bezugnahme auf die Begründung ihrer Nichtigkeitsklage macht die
Antragsgegnerin schließlich geltend, der Rechtsbestand des Verfügungspatents sei
wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht sichergestellt.
48
Die Antragstellerin tritt dem Vorbringen der Antragsgegnerin entgegen.
49
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.
50
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
51
Der Haupt-, wie auch der Hilfsantrag sind unbegründet.
52
Der Antragstellerin steht die beantragte einstweilige Regelung nach den §§ 945, 936,
922 ZPO nicht zu.
53
Die Antragsgegnerin ist der Antragstellerin nach den Art. 64 Abs. 1, 69 Abs. 1 EPÜ
i.V.m. §§ 9 Nr. 1, 15 Abs. 2, 139 Abs. 1 PatG nicht zur Unterlassung verpflichtet. Die
angegriffene Ausführungsform macht von dem Verfügungspatent keinen Gebrauch.
54
I.
55
Das Verfügungspatent betrifft ein Schwebedüsenfeld zur schwebenden Führung von
Warenbahnen.
56
Solche Vorrichtungen finden in der Produktionstechnik vielfältige Anwendung. So
werden in der Textilverarbeitung Stoffbahnen nach dem Bedrucken schwebend geführt.
In der Trocknungstechnik verwendet man Vorrichtungen zur schwebenden Bahnführung
hinter Lackieranlagen, mit denen beide Seiten einer Bahn zugleich lackiert oder
beschichtet werden. In der Metallindustrie findet die schwebende Führung von
Blechbändern in Glühanlagen, wenn Blechbänder im Durchlauf berührungsfrei und
möglichst spannungsarm wärmebehandelt werden.
57
Im Hinblick auf solche Anlagen nimmt das Verfügungspatent auf die deutschen
Offenlegungsschriften 30 ####1 (Anlage AG 2), 25 ####2 und 35 ####3 und auf die
deutsche Auslegeschrift 14 ####4 Bezug, deren Konstruktionsentwürfe es gemeinsam
ist, dass oberhalb und unterhalb der im Regelfall horizontal geführten Bahn
Düsenrippen quer zur Bahntransportrichtung angeordnet sind. Zwischen diesen Rippen,
mit denen das schwebend Führen über entsprechende Strömungskräfte bewirkt wird,
befinden sich die Rückströmflächen zum Abströmen des auf die schwebend zu führende
Bahn aufgeblasenen Gasstromes.
58
Unter beispielhafter Heranziehung der deutschen Offenlegungsschrift 30 ####1 (Anlage
AG 2) beanstandet das Verfügungspatent an einer solchen aus einer Vielzahl von
Düsenrippen bestehenden Vorrichtung als nachteilig, dass sie eine aufwendige
Fertigung erfordert und den funktionstechnischen Nachteil aufweist, dass die
Schwebekraft nur im Projektionsbereich der jeweiligen Düsenrippe auf das Band
aufgebracht werden kann und der Raum zwischen den Düsenrippen für die
Rückströmung verbleiben muss. Vergrößert man bei schweren Bahnen oder bei
Vorrichtungen, bei welchen Bahnen bei hoher Temperatur und folglich geringer
Gasdichte getragen werden müssen, das Verhältnis von Düsenrippenbeite zur
Düsenrippenteilung, so steht für die Rückströmung des aufgeblasenen Gasstromes nur
noch ein geringerer Freiraum zwischen den Düsenrippen zur Verfügung. Ein
proportional größerer Anteil der mit dem das Gas in der Vorrichtung umwälzenden
Ventilator erzielten Druckerhöhung wird nur für die Rückströmung verbraucht.
59
Wie das Verfügungspatent in seiner allgemeinen Beschreibung unter Bezugnahme auf
die deutsche Offenlegungsschrift 40 ####5 (Anlage AG 3) weiter ausführt, wirkt sich
dieser Effekt besonders nachteilig bei Vorrichtungen aus, bei denen die Rückführung
nur zwischen den Düsenrippen stattfinden kann. Eine Erhöhung des auf die schwebend
zu führende Bahn aufgeblasenen Volumenstromes vermag nicht zu einer
entsprechenden Tragkrafterhöhung zu führen, da zugleich die
Strömungsgeschwindigkeit im begrenzten Rückströmquerschnitt erhöht werden muss,
was zur Folge hat, dass im Bereich der Düsenrippen zwar ein größerer Überdruck
aufgebaut wird, zugleich sich aber im Bereich der Rückströmflächen der Unterdruck
steigert, so dass im Ergebnis keine wesentliche Tragkrafterhöhung zu Stande kommt.
Dieser große Nachteil der bisherigen Vorrichtungen wird besonders klar, wenn man
bedenkt, dass zum schwebend Führen einer horizontalen Bahn unter der Bahn
insgesamt ein Überdruck aufgebaut werden muss, der im Mittel dem Flächengewicht zu
tragenden Bahn entspricht. Unter der Bahn entsteht ein Volumen, das durch die Fläche
der Bahn und den Abstand der Bahn zum Düsenherd gebildet wird. Die Seitenflächen
dieses Volumens sind nicht begrenzt, so dass das Gas, das unter der Warenbahn einen
Überdruck aufbaut, mit einer diesem Überdruck gegenüber der Umgebung
entsprechenden Geschwindigkeit aus diesen Seitenflächen abströmen kann. Diese
seitliche Abströmung stellt sich immer dann ein, wenn die Warenbahn in einem
erheblichen Abstand von einem Düsenherd getragen werden soll. Sie hat zur Folge,
dass sich der für schwerere Bahnen erforderliche Abstand mit den bekannten
Vorrichtungen nicht erzielen lässt.
60
Hiervon ausgehend liegt der Erfindung nach dem Verfügungspatent das technische
Problem (die Aufgabe ) zugrunde, ein Schwebedüsenfeld zu schaffen, mit welchem
breite und zugleich auch schwere Bahnen schwebend geführt werden können und die
vorbeschriebenen Nachteile vermieden werden.
61
Zur Lösung des Problems schlägt das Verfügungspatent in seinem Anspruch 1 eine
Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
62
1.
63
Es handelt sich um ein Schwebedüsenfeld zur schwebenden Führung von
Warenbahnen, vorzugsweise Metallbändern, zum Zwecke der berührungsfreien
Wärmeübertragung oder Trocknung;
64
2.
65
das Schwebedüsenfeld weist mindestens auf einer Seite der schwebend zu
führenden Bahn (2) angeordnete, in Bahnlaufrichtung aufeinander folgende
Düsenflächen (1) auf;
66
3.
67
die Düsenflächen (1) sind mit Düsenöffnungen aus Rundlöchern (6) und/oder
Schlitzdüsen (5) versehen;
68
4.
69
die Breite der Düsenflächen (1) verändert sich, gemessen parallel zur
Bahnlaufrichtung, über die Breite des Düsenfeldes;
70
5.
71
die Düsenflächen (1) sind mindestens teilweise an ihrem Umfang von Schlitzdüsen
(5) eingefasst.
72
Der Anspruch 2 des Verfügungspatents schreibt für das Schwebedüsenfeld zusätzlich
vor, dass
73
6.
74
sich die Breite der Düsenflächen (1) zu den Rändern (2) der Warenbahn hin
verringert, die Düsenflächen (1) insbesondere die Form eines Axialschnittes eines
Doppelkegelstumpfes oder eines Fasses aufweisen, wobei
75
7.
76
die Basis des Doppelkegelstumpfes bzw. der größte Durchmesser des Fasses in
der Mitte (8) der Schwebedüse liegt.
77
Nach dem Anspruch 4 sind ergänzend
78
8.
79
Lochdüsen (6) zwischen den Schlitzdüsen (5) in den Düsenflächen (1) angeordnet
80
und nach dem Anspruch 10
81
9.
82
weisen die Düsenschlitze (5) entlang ihrer Längserstreckung unterschiedliche
Breiten auf.
83
Durch die Verwendung von Düsenflächen, deren Breite sich quer zur Laufrichtung der
Warenbahn ändert, hält das Verfügungspatent zwischen den einzelnen Düsenflächen
84
zur Warenbahn hin offene Rückströmkanäle bereit, deren Breite von der
Warenbahnmitte zu den Warenbahnrändern hin zunimmt und durch welche der auf die
Warenbahn aufgeblasene Gasstrom seitlich von der Warenbahn abströmen kann.
II.
85
Die angegriffene Ausführungsform macht von dem Merkmal 4. des Verfügungspatents
keinen Gebrauch.
86
Das Merkmal 4. besagt, dass die Breite der Düsenflächen sich, gemessen parallel zur
Bahnlaufrichtung, über die Breite des Düsenfeldes ändert.
87
Entgegen dem von der Antragstellerin dargelegten Verständnis, werden die
Düsenflächen bei dem durch das Verfügungspatent beanspruchten Schwebedüsenfeld
nicht allein von den Rundlöchern, sondern auch von den Schlitzdüsen gebildet.
88
Dies folgt aus dem gemäß Art. 69 Abs. 1 EPÜ zur Schutzbereichsbestimmung des
Verfügungspatents in erster Linie heranzuziehenden Anspruchswortlaut, nach dessen
Merkmal Merkmal 3. die Düsenflächen mit Rundlöchern und/oder Schlitzdüsen
versehen sind.
89
Eine andere Betrachtungsweise rechtfertigt sich nicht aus dem Merkmal 5., das besagt,
dass die Düsenflächen mindestens teilweise an ihrem Umfang von Schlitzdüsen
eingefasst sind. Im Hinblick dieses Merkmal kann dahingestellt bleiben, ob die im
Anspruchswortlaut benutzte Formulierung der mindestens teilweise Einfassung es nach
dem allgemeinen Sprachverständnis nahelegt, dass es sich bei dem Schlitzdüsen um
einen den Düsenflächen nicht zugehörigen Abschnitt handelt. Denn die patentrechtliche
Beurteilung hat sich nicht am allgemeinen Sprachgebrauch, sondern daran zu
orientieren, wie der Fachmann den Wortsinn nach dem Gesamtinhalt der
Verfügungspatentschrift unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung versteht
(BGH, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube, m.w.N.). Bei der Auslegung des
Patentanspruchs ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen
Gesamtzusammenhang abzustellen, welchen der Inhalt der Patentschrift dem
Fachmann vermittelt; nicht die sprachliche Bedeutung der in der Patentschrift
verwendeten Begriffe ist entscheidend, sondern das Verständnis des unbefangenen
Fachmanns (BGH, GRUR 1999, 909, 912 -Spannschraube). Maßgeblich ist, welchen
Begriffsinhalt das Patent bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen
Lehre zum technischen Handeln einem vorgeschlagenen Merkmal zuweist (BGH,
GRUR 2001, 232, 232 -Brieflocher). Um den Sinngehalt und die Bedeutung des
streitigen Merkmals 4. zu verstehen, wird der Fachmann hier zu ermitteln versuchen,
was mit diesem Merkmal erreicht werden soll. Das Verständnis des Fachmanns wird
sich dabei entscheidend an dem in der Patentschrift zum Ausdruck kommenden Zweck
des genannten Merkmals orientieren (BGH, GRUR 1999, 909, 911 -Spann-schraube;
BGH, GRUR 2001, 232, 23 -Brieflocher; Benkard/Ullmann,
Patentgesetz/Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 14 PatG, Rz. 72). Dabei wird der
Fachmann nicht nur den Anspruchswortlaut, sondern den gesamten Inhalt der
Verfügungspatentschrift zu Rate ziehen.
90
Unter Heranziehung dieser Auslegungskriterien steht für den Fachmann außer Zweifel,
dass es sich bei den Schlitzdüsen um einen den Düsenflächen zugehörigen Abschnitt
des Schwebedüsenfeldes handelt.
91
Mit dem Merkmal 4. grenzt sich das Verfügungspatent von den im Stand der Technik
bekannten Schwebedüsenfeldern, beispielsweise demjenigen nach der deutschen
Offenlegungsschrift 30 ####1 (Anlage AG 2) ab, bei denen oberhalb und unterhalb der
im Regelfall horizontal geführten Bahn kastenförmige Düsenrippen (1) quer zur
Bahntransportrichtung angeordnet sind (vgl. Figur 1 zur Anlage AG 2). Zwischen den
Düsenrippen, mit denen über entsprechende Strömungskräfte das schwebende Führen
bewirkt wird, befinden Rückströmflächen, über die der aus den Düsenrippen (1) auf die
schwebend zu führende Bahn aufgeblasene Gasstrom abzuströmen vermag. Die
Düsenrippen weisen an ihrer Oberseite Schlitzdüsen (2) und Lochdüsen (3) auf, die von
einem Rechteck-Blechstreifen (6), der die Düsenrippe mit einer gegenüber der
Düsenrippe etwas geringeren Breite abdeckt, gebildet sind. An einer solchen
Vorrichtung beanstandet das Verfügungspatent als nachteilig, dass die Schwebekraft
nur im Projektionsbereich der jeweiligen Düsenrippe auf das Band aufgebracht werden
kann, nicht aber im Bereich zwischen den Düsenrippen. Dieser Bereich muss für die
Rückströmung verbleiben. Vergrößert man das Verhältnis von Düsenrippenbreite zur
Düsenrippenteilung, um schwerere Bahnen schwebend führen zu können, so steht für
die Rückströmung des aufgeblasenen Gasstromes nur noch ein geringerer Freiraum
zwischen den Düsenrippen zur Verfügung (Anlage Ast 1, Spalte 1, Zeilen 33 bis 47).
Wird der auf die schwebend zu führende Bahn aufgeblasene Volumenstrom bei
schwereren Bahnen vergrößert, so führt dies gleichwohl nicht zu einer entsprechenden
Tragkrafterhöhung, weil zugleich die Strömungsgeschwindigkeit in dem begrenzten
Rückströmquerschnitt erhöht werden muss. Dies hat zur Folge, dass sich im Bereich der
Düsenrippen zwar ein größerer Überdruck aufbaut, zugleich aber der Unterdruck im
Bereich der Rückströmfläche sich steigert, so dass insgesamt keine wesentliche
Tragkrafterhöhung zustande kommt (Anlage Ast 1, Spalte 1, Zeile 51 bis Spalte 2, Zeile
9).
92
Diese Nachteile will das Verfügungspatent durch die von dem Merkmal 4. vorgegebene
geometrische Anordnung von Düsenflächen und Rückströmkanälen vermeiden. Statt
der üblichen, über die gesamte Warenbahn gleichbleibenden Düsenrippen schreibt es
die Verwendung von Düsenflächen vor, deren Breite sich quer zur Warenbahn
verändert. Infolge dieser Ausführung entstehen zwischen den einzelnen Düsenflächen
zur Warenbahn hin offene Rückströmkanäle, deren Breite von der Warenbahnmitte zu
den Warenbahnrändern zunimmt und durch welche der auf die Warenbahn
aufgeblasene Gasstrom seitlich von der Warenbahn abströmen kann (Anlage Ast 1,
Spalte 2, Zeilen 48 bis 58).
93
Das Verfügungspatent differenziert folglich bei dem erfindungsgemäßen
Schwebedüsenfeld zwischen solchen Bereichen, durch die der für das schwebende
Führen benötigte Gasstrom aufgeblasen wird, und solchen, über die der aufgeblasene
Gasstrom zurückgeführt wird.
94
In Abgrenzung zu den im Anspruchswortlaut nicht näher beschriebenen Bereiche, über
die das Gas abzuströmen vermag, bezeichnet das Verfügungspatent die Abschnitte,
durch die der Gasstrom aufgeblasen wird, als Düsenflächen.
95
Die in den Merkmalen 3. und 5. genannten Schlitzdüsen dienen unstreitig und
unzweifelhaft dazu, den Gasstrom auf die Warenbahn aufzublasen. Sie sind daher den
Düsenflächen zugehörig.
96
Dies steht im Einklang mit dem ersten erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel, zu dem
es in der Verfügungspatentschrift heißt, dass das eigentliche Schwebedüsenfeld durch
mehrere, in Warenbahnlaufrichtung hintereinander gereihte Düsenflächen (1) gebildet
wird, wobei die Düsenflächen (1) am größten Teil ihres Umfanges durch Schlitzdüsen
(5) umgeben sind. Die Schlitzdüsen (5) richten Schlitzstrahlen gegen die Bahn, welche
für jede Düsenfläche (1) zur Mitte derselben hin geneigt ist. Dadurch sind die
Schlitzdüsen (5), welche ein und dieselbe Düsenfläche (1) umgeben, gegeneinander
geneigt. Zwischen den einzelnen Düsenflächen (1) bzw. Düsenkammern (11) entstehen
Kanäle (7), die der Abströmung der vom Düsenfeld (1) auf die Bahn (2) aufgeblasenen
Gasströmung zur Seite der Anlage hin dienen. Diese Kanäle (7) erweitern sich von der
Bahnmitte zum Bahnrand hin in ihrer Erstreckung in Bahnlaufrichtung aufgrund der
Form der Düsenfelder (1) (Anlage Ast 1, Spalte 5, Zeilen 14 bis 23 und Zeilen 28 bis
45).
97
Eine andere Betrachtungsweise erschließt sich dem Fachmann nicht aus dem Wortlaut
des Anspruchs 10, nach dem die Düsenschlitze entlang ihrer Längserstreckung
unterschiedliche Breiten aufweisen. Dem Anspruch 10 lässt sich nicht entnehmen, dass
die Düsenschlitze nicht den Düsenflächen zugehörig sind. Über das Ausmaß und die
Neigungsrichtung, mit dem sich die Düsenschlitze in ihrer Breite verändern, trifft der
Anspruch 10 keine Aussage. Er schließt nicht aus, dass die unter Einschluss der
Schlitzdüsen gebildeten Düsenflächen sich - entsprechend dem Merkmal 4 - in ihrer
Breite, gemessen parallel zur Bahnlaufrichtung, über die Breite des Düsenfeldes
verändern und so zur Warenbahn hin offene Rückströmkanäle bilden, deren Breite von
der Warenbahnmitte zu den Warenbahnrändern hin zunimmt.
98
Bei der angegriffenen Ausführungsform werden die Düsenflächen von einem
Aufsteckblech mit Rundlöchern und sich hieran, senkrecht zur Bahnlaufrichtung
gesehen, beidseitig anschließenden Düsenschlitzen gebildet. Das Aufsteckblech hat
eine Doppelkegelstumpfform. Die sich hieran anschließenden Düsenschlitze sind
komplementär zur Doppelkegelstumpfform des Aufsteckblechs ausgebildet, so dass
sich die Breite der Düsenflächen, gemessen parallel zur Bahnlaufrichtung, über die
Breite des Düsenfeldes nicht verändert und folglich auch die zwischen den
Düsenflächen befindlichen Rückströmkanäle in ihrer Breite von der Warenbahnmitte zu
den Warenbahnrändern hin gleichbleibend sind.
99
Durch diese Ausführung wird das Merkmal 4. des Verfügungspatents nicht verwirklicht.
100
III.
101
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
102
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711, 108 ZPO.
103
IV.
104
Der Streitwert wird auf 250.000,- Euro festgesetzt ( § 19 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG).
105