Urteil des LG Düsseldorf vom 11.01.2006

LG Düsseldorf: lebensmittel, produkt, werbung, schutz der gesundheit, verkehr, ernährung, behandlung, arzneimittel, verhinderung, verbraucherschutz

Landgericht Düsseldorf, 12 O 165/05
Datum:
11.01.2006
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Vors. Richterin am LG von Gregory, Richter am LG Dr. Wirtz, Richterin
Dr. Hesselbarth
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 165/05
Tenor:
1. Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall
der künf-tigen Zuwiderhandlung festzusetzendes Ordnungsgeldes bis zu
250.000,- Eu-ro, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis
zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern,
untersagt,
im geschäftlichen Verkehr das Mittel „Phaseolamin Phase 2“ als
diätetisches Lebensmittel zur unterstützenden Gewichtskontrolle bei
Übergewicht zu be-werben und/oder zu vertreiben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 162,40 Euro nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die
klägerseits ver-auslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 31.03.2005 bis
zum Eingang eines Kostenfest-setzungsantrages nach Maßgabe der
ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus
diesem Urteil beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die
Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört; insbesondere achtet er
darauf, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Er ist gem. § 1
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Ziff. 4 UKlaV als branchenübergreifend und überregional tätiger Wettbewerbsverband i.
S. v. § 13 Abs. 5 Nr. 2 UKlaG festgestellt.
Die Beklagte warb am 21. 01.2005 über den TV-Verkaufssender X in einer
Werbesendung für das Produkt "X", das sie dabei als "diätetisches Lebensmittel zur
unterstützenden Gewichtskontrolle bei Übergewicht" bezeichnete. Sie wirbt außerdem
im Internet für ihr Produkt "X" mit den Worten "diätetisches Lebensmittel zur
unterstützenden Behandlung bei Übergewicht" und bringt dieses Produkt in den
Verkehr.
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Bei "X" handelt es sich um ein Erzeugnis, das pflanzliche Extrakte aus Bohnen enthält,
welche die Aufnahme von Kohlenhydraten im menschlichen Darmtrakt durch
Verhinderung eines enzymatischen Spaltungsprozesses vermindern und so zur
Gewichtsreduktion/Verhinderung der Gewichtszunahme beitragen. "X" enthält
ansonsten nur geringfügige Mengen an Nähr- und Inhaltsstoffen, nämlich 203,2 mg
Eiweiß, 972,8 mg Kohlenhydrate und 20,8 mg Fett je Tagesration, was 1,2 Kcal
entspricht.
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Die Beklagte beantragte am 10.02.2005 beim Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit eine Prüfung nach §§ 1 Abs. 2, 4a Abs. 4 DiätVO. Das Amt teilte
am 30. Mai 2005 mit, dass noch nicht alle für die Prüfung erforderlichen Informationen
vorlägen und – sobald dies der Fall wäre – kurzfristig eine Entscheidung ergehen
würde. Das Ergebnis der Prüfung steht gegenwärtig noch aus.
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Die Klägerin ist der Auffassung, die Werbung für "X" unter Verwendung der
Bezeichnung "diätetisches Lebensmittel" sei irreführend, weil dieses Produkt weder die
Anforderungen des § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. A DiätVO noch des § 1 Abs. 4 DiätVO erfülle. Bei
"X", so die Ansicht der Klägerin, handele es sich schon nicht um ein Lebensmittel, da
dieses antinutritive Wirkung entfalte. Auch seien die besonderen Voraussetzungen des
§ 1 Abs. 4 DiätVO nicht erfüllt, da "X" aufgrund seines äußerst geringen Nährstoffgehalts
als Ersatz für ein oder mehrere Mahlzeiten nicht verwendet werden könne.
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Der Kläger beantragt,
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1. der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen
Zuwiderhandlung festzusetzendes Ordnungsgeld bis zu 250.000,- Euro,
ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu
vollziehen an den Geschäftsführern, zu untersagen,
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im geschäftlichen Verkehr das Mittel "X" als diätetisches Lebensmittel zur
unterstützenden Gewichtskontrolle bei Übergewicht zu bewerben und/oder zu
vertreiben.
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2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 162,40 Euro nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten
Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für
die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines
Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu
zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, sie werbe für ihr Produkt nicht damit, dass es zur
Gewichtsverringerung bei Übergewicht führe. Sie beruft sich auf § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b)
DiätVO und meint, auch Übergewicht, sofern es nicht nur geringfügig sei, gehöre zu den
besonderen physiologischen Umständen in diesem Sinne. Lebensmittel, die für die
besonderen Ernährungsbedürfnisse von Übergewichtigen angeboten würden, ohne
zwangsläufig zur Gewichtsverringerung zu führen, seien nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) der
DiätVO zu beurteilen. Der dort geforderte besondere ernährungsphysiologische Zweck
läge durch die mit dem Produkt bewirkte Reduktion der Aufnahme von Kohlenhydraten
vor.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat im Wesentlichen Erfolg.
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I. Die Klage ist zulässig.
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1. Die Klägerin ist nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlG i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG
prozessführungsbefugt.
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2. Der Klageantrag zu 3. ist zulässig, ihm fehlt insbesondere nicht das
Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Gödicke, JurBüro 2001, 512 f.). Eine Festsetzung der auf
die eingezahlten Gerichtskosten entfallenden Zinsen ist im Kostenfestsetzungsverfahren
nach § 104 ZPO nicht möglich. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der
Feststellung der Verzinsungspflicht; die Erhebung einer Leistungsklage kommt wegen
des noch ungewissen Ausgangs des Rechtsstreits und der hieraus abzuleitenden
Kostentragungspflicht nicht in Betracht.
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3. Eine Verfahrensaussetzung nach § 148 ZPO kommt nicht in Betracht, denn das
Ergebnis der Prüfung des Bundesamts für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit ist für die Zivilgerichte nicht bindend, insbesondere kommt der
Entscheidung der Verwaltungsbehörde keine Rechtskraftwirkung zu. Eine die
Aussetzung rechtfertigende Vorgreiflichkeit für die Entscheidung im vorliegenden
Verfahren ist nicht gegeben.
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II. Die Klage ist hinsichtlich der Klageanträge 1. und 2. begründet, der Klageantrag zu 3.
hat nur teilweise Erfolg.
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1. Der auf Untersagung der Werbung und des Inverkehrbringens des Produkts "X"
gerichtete Klageantrag zu 1. hat Erfolg. Die Werbung der Beklagten für das Produkt "X"
ist gem. § 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 2 Abs. 1 DiätVO irreführend, denn das Produkt "X"
ist kein diätetisches Lebensmittel nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) DiätVO.
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a) Die Beklagte handelte bei der Werbung für ihr Produkt "X" im geschäftlichen Verkehr
gem. § 2 Abs.1 Nr. 1 UWG, denn sie versucht mittels der Werbung den Absatz ihres
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eigenen Produkts "X" zu erhöhen.
b) Die Beklagte hat auch für das Produkt "X" als diätetisches Lebensmittel zur
unterstützenden Gewichtskontrolle bei Übergewicht geworben. Soweit die Beklagte
ausführt, sie habe das Produkt nicht damit beworben, dass es zu einer
Gewichtsverringerung führt, ist ihr Bestreiten zu pauschal und damit unbeachtlich. Die
Beklagte stellt nicht in Abrede, dass es in dem von der Klägerin als Anlage K 2
vorgelegten Ausdruck ihrer Unternehmenswebseite unter der Überschrift "Produkt-
Detail" heißt: "diätisches Lebensmittel zur unterstützenden Behandlung bei
Übergewicht". Auch zu den Äußerungen in der TV-Sendung vom 21.01.2005, in der
Äußerungen wie "Abnehmen mit kleinen Stützen ..." und "wie Sie ihre Figur halten oder
wieder in den Griff bekommen können ..." gefallen sind, hat sich die Beklagte nicht
erklärt. Da im folgenden Teil der Sendung speziell das Produkt "X" beworben wird,
entsteht bei den Adressaten unweigerlich der Eindruck, "X" eigne sich zur
Gewichtsreduzierung. Die Werbung "Behandlung bei Übergewicht" wird von den
Adressaten gleichfalls dahingehend verstanden, dass das Produkt "X" zur
Gewichtsreduktion geeignet ist. Da stärkeres Übergewicht langfristig medizinisch
bedenklich ist und Übergewicht allgemein unerwünscht ist, besteht die übliche
"Behandlung" – sofern sie Erfolg hat – in einer Verringerung des Körpergewichts der
Betroffenen, mit der die Beklagte geworben hat.
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c) Die Werbung der Beklagten für das Produkt "X" unter Verwendung der Bezeichnung
"diätetisches Lebensmittel" ist unlauter und irreführend, denn das Produkt erfüllt nicht
die Anforderungen des § 1 Abs. 2 DiätVO.
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aa) Bei "X" handelt es sich schon nicht um ein Lebensmittel. Nach § 2 Abs. 2 des
Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFBG vom
01.09.2005, BGBl. I 2005, 2618 (3007) in Verbindung mit EG-Verordnung Nr. 178/2002
vom 28.01.2002) sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind
oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in
verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen
aufgenommen werden. Unter Aufnahme i. S. v. Art. 2 EG-VO Nr. 178/2002 ist –
entsprechend der Definition des § 1 LMBG – der Verzehr, das heißt die Aufnahme der
Stoffe durch den Mund, zu verstehen.
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Von der Einordnung als Lebensmittel sind jedoch diejenigen Stoffe ausgenommen, die
überwiegend anderen Zwecken als der Ernährung und/oder dem Genuss dienen
(Schmidt-Felzmann, ZLR 2000, 865); letzteres ist insbesondere bei Arzneimitteln der
Fall, Art. 2 Abs. 3 lit. d) EG-VO Nr. 178/2002. Arzneimittel sind nach der Definition des §
2 Abs. 1 Nr. 5 AMG solche Stoffe, die dazu bestimmt sind, die Beschaffenheit, den
Zustand, die Funktionen des Körpers oder seelische Zuständen zu beeinflussen, soweit
es sich dabei nicht um Lebensmittel handelt, § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG. Derselbe Stoff kann
nicht gleichzeitig Lebensmittel und Arzneimittel sein (BGH-NJW-RR 2000, 1284, 1285).
Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder Lebensmittel ist
seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie
sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbraucher darstellt (BGH, NJW-RR 2000, 1284, 1285). Die Vorstellung
der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts kann durch die Auffassung
der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein, ebenso durch
die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise
und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher
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allgemein entgegentritt (vgl. BGH, GRUR 1995, 419, 420 – Knoblauchkapseln;
BVerwGE, NVwZ-RR 1995, 625; VGH München, NJW 1998, 845 f.).
Nach seiner objektiven Zweckbestimmung ist das Produkt "X" nicht dazu geeignet, zur
menschlichen Ernährung beizutragen. Nährstoffe sind in ihm in so geringer Menge
enthalten, dass es einen Beitrag zur menschlichen Ernährung objektiv nicht zu leisten
vermag. Das in "X" enthaltene pflanzliche Extrakt aus Bohnen ist gleichfalls zu
Ernährungszwecken objektiv nicht geeignet. Es dient gerade nicht der gezielten
(ergänzenden) Zufuhr von Stoffen, die im Verdauungssystem vom menschlichen
Organismus funktionserhaltend oder -unterstützend verwertet werden könnten, sondern
es verhindert die Aufnahme von Kohlenhydraten im menschlichen Verdauungssystem.
"X", mag es auch in der Werbung der Beklagten als "Lebensmittel" bezeichnet worden
sein, besitzt nach der eigenen Werbung der Beklagten antinutritive Wirkungen. Die
Einnahme von "X" dient weder Ernährungs- noch Genusszwecken; es ist deshalb kein
Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 LFGB. Das Produkt ist zudem aus Sicht des
verständigen und Durchschnittsverbrauchers nicht als Lebensmittel einzuordnen, denn
– wie die Beklagte in ihrer Werbung und den Gebrauchsanweisungen hervorhebt – liegt
die alleinige Zweckbestimmung des Produkts "X" in der Verhinderung der
Nährstoffaufnahme. Die Bezeichnung als "Lebensmittel" in der Werbung der Beklagten
steht dieser Einordnung nicht entgegen, denn die Bezeichnung eines Produkts als
Lebensmittel auf der Verpackung bewirkt für sich genommen nicht, dass es als
Lebensmittel einzustufen ist; bei falscher Bezeichnung kann es durchaus als
Arzneimittel zu qualifizieren sein (BverwG, NVwZ-RR 1995, 625; OVG Lüneburg,
NVwZ-RR 2005, 322, 323).
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bb) Die Werbung der Beklagten ist auch insofern irreführend, als das Produkt "X" darin
als "diätetisches Lebensmittel" bezeichnet wird.
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Die Einordnung als diätetisches Lebensmittel setzt nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 DiätVO voraus,
dass das betreffende Erzeugnis für eine besondere Ernährung bestimmt ist. Der
besondere Ernährungszweck muss bestimmt werden, sobald das Lebensmittel
Verkehr gebracht wird; die Bestimmung obliegt mithin demjenigen, der es in den
Verkehr bringt (BVerwG, NJW 1992, 996, 997). Dies legt schon der Wortlaut des Art. 1
IIa der Richtlinie 77/94/EWG nahe; dort wird die diätetische Eignung des Lebensmittels
an dem "angegebenen" Ernährungszweck gemessen. Auch die Diätverordnung stellt
auf denjenigen ab, der das Lebensmittel in den Verkehr bringt, denn ihm obliegt die
Kennzeichnungs- und Verpackungspflicht. § 4 Abs. 1 DiätVO.
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An einer solchen Bestimmung fehlt es hier. Die Beklagte wendet sich nicht an einen
unter § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) DiätVO fallenden Personenkreis, sondern an breite Teile der
Bevölkerung. Sie macht zwar geltend, "X" trage den besonderen
Ernährungsbedürfnissen von Übergewichtigen Rechnung. In Abgrenzung zu den
Lebensmitteln für eine kalorienarme Ernährung nach § 1 Abs. 4 DiätVO sind unter
Personen mit besonderen Ernährungsbedürfnissen i. S. v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) DiätVO
jedoch nur solche Personen zu verstehen, die unter einem nicht unbeträchtlichen
Übergewicht leiden. Dass "X" nach seiner Zweckbestimmung gezielt für diesen
Personenkreis Anwendung finden soll, behauptet die Beklagte indessen nicht. In ihrer
Werbung differenziert sie nicht zwischen annähernd Normalgewichtigen, leicht bis
mittelstark Übergewichtigen und stark übergewichtigen Personen, bei denen eine
medizinische Behandlung indiziert ist. In der Werbung heißt es – insofern alle
vorstehenden Personengruppen betreffend – "Abnehmen mit kleinen Stützen …".
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d) Die Werbung der Beklagten ist geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der
Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Bei den Verbrauchern als
Adressaten der Werbung entsteht der unzutreffende Eindruck, dass es sich bei dem
Produkt "X" um ein diätetisches Lebensmittel im Sinne von § 1 Abs. 2 Diätverordnung
handelt, das zur Ernährung geeignet ist. Die Erheblichkeit der
Wettbewerbsbeeinträchtigung zum Nachteil der Verbraucher ist hier gegeben. Die
Kennzeichnungsvorschriften der Diätverordnung bzw. des Arzneimittelgesetzes dienen
dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher. Werden Vorschriften, die ein Rechtsgut
der Verbraucher von hohem Rang wie die Gesundheit schützen, verletzt, ist regelmäßig
von der Erheblichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung auszugehen (BGH GRUR
1995, 419, 422; BGH WRP 1998, 312, 315).
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2. Der auf Ersatz der Abmahnkosten gerichtete Klageantrag zu 2. ist gem. § 12 Abs. 1 S.
2 UWG begründet. Gleiches gilt für den Zinsanspruch gem. §§ 286 Abs. 1, 288, 291
BGB.
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3. Der auf Feststellung der Verzinsungspflicht hinsichtlich der Gerichtskosten gerichtete
Klageantrag zu 3. hat nur teilweise Erfolg. Die Klägerin kann gemäß §§ 286 Abs. 1, 288
Abs. 1 BGB Ersatz für die auf die Gerichtskosten entfallenden Zinsen ab dem Zeitpunkt
des Eingangs bei Gericht verlangen, jedoch nur in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz. Die Beklagte ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges verpflichtet, der
Klägerin die auf die Gerichtskosten entfallenden Zinsen zu ersetzen. Die unlautere
Werbung der Beklagten ist ursächlich dafür geworden, dass die Klägerin den
Gerichtskostenvorschuss aufbringen musste und entsprechende Zinsnachteile hatte.
Diese wären bei wettbewerbskonformem Verhalten der Beklagten nicht entstanden. Die
Beklagte befand sich auch im Zeitpunkt der Klageerhebung in Verzug, denn sie hat sich
geweigert, die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.
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Die Ersatzpflicht der Beklagten wird auch nicht durch die in § 91 ZPO geregelte
prozessuale Kostenerstattungspflicht ausgeschlossen. Der sich aus dem materiellen
Recht ergebende Anspruch auf Ersatz von Verzugsschäden besteht neben dem
prozessualen Kostenerstattungsanspruch (Gödicke, JurBüro 2001, 512, 514). Die Frage,
inwieweit der materiellrechtliche Anspruch gem. § 286 Abs. 1, 288 BGB vom Erfolg in
der Hauptsache abhängig ist, kann hier offen bleiben, da die Klägerin eine Feststellung
der Ersatzpflicht nur nach Maßgabe der in der Hauptsache ausgesprochenen
Kostenquote begehrt.
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Der Feststellungsantrag ist jedoch nur ist nur in Höhe von 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz begründet. Die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, die einen
Zinsausspruch in Höhe von 8 % über dem Basiszins zu tragen vermögen.
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II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 S. 1 ZPO.
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Streitwert: 20.244,40 Euro. Davon entfallen auf den Klageantrag zu 1. 20.000,- Euro, auf
den Klageantrag zu 2. 162,40 Euro und auf den Klageantrag zu 3. 80,- Euro.
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