Urteil des LG Düsseldorf vom 17.07.2009

LG Düsseldorf: einstweilige verfügung, fristlose kündigung, reparatur, wartung, abnahme, diagnose, erlass, bürgschaftsurkunde, rückforderung, abstimmung

Landgericht Düsseldorf, 14c O 95/09
Datum:
17.07.2009
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
14c Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14c O 95/09
Rechtskraft:
Nein
Tenor:
1. Die einstweilige Verfügung vom 13. Mai.2009 wird aufgehoben.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird
zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens werden dem Verfügungskläger auferlegt.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungskläger kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die Verfügungsbeklagte ist die deutsche Alleinimporteurin für Fahrzeuge der Marke
xxxund dazugehörige Ersatzteile. Die Fahrzeuge werden über ein so genanntes
Vertragshändlernetz vertrieben.
2
Der Verfügungskläger ist seit 1998 Vertragspartner der Verfügungsbeklagten. Am
20./22. November 2006 schlossen die Parteien den derzeit gültigen
Vertragshändlervertrag.
3
Hinsichtlich der Absatz- und Kundendienstorganisation regelt § 10 des Vertrages
Folgendes:
4
"Der Vertragshändler verpflichtet sich, einen Geschäftsbetrieb einzurichten und zu
unterhalten, der in Größe, Ausstattung, Einrichtung, äußerem Erscheinungsbild
(einschließlich Signalisation) sowie in technischer und kaufmännischer Hinsicht den
berechtigten Kundenerwartungen und den zu Erreichung des Vertragszwecks
notwendigen Anforderungen von xxxx gerecht wird. Dies gilt insbesondere für
Ausstellungsräume und Ausstellungsflächen für xxxx-Fahrzeuge und
5
Verkaufseinrichtungen für das Teilegeschäft und die Kapazität und die Ausstattung im
Kundendienstbereich. Es gelten die jeweils aktuellen von xxxxx festgelegten
Qualitätsstandards.
Dies gilt gleichermaßen für alle technischen Einrichtungen und sonstigen zur
Abwicklung erforderlichen Medien; hier sind alle erforderlichen Standardwerkzeuge
(z.B. Öldruck- und Kraftstoffdruckmesser, CO-Lacktester, Lacklupe etc.), einschließlich
der von xxxxvorgeschriebenen xxxx-Spezialwerkzeuge und xxxDiagnosegeräte (inkl.
aktueller Software), Mess- und Testgeräte etc. bereitzuhalten, die für einwandfreie und
fachgerechte Wartung und Reparatur von xxxxFahrzeugen notwendig sind.
6
Um einen für alle Beteiligten möglichst rationellen Betriebsablauf sicherzustellen, wird
der Vertragshändler die Möglichkeiten der Informationstechnologie (IT) für alle
Arbeitsgebiete im Händlerbetrieb in einem wirtschaftlich sinnvollen Ausmaß nutzen. Er
wird die organisatorischen und technischen Voraussetzungen schaffen, um die optimale
Abwicklung des Geschäftsverkehrs und des gegenseitigen Datenflusses zwischen ihm
und xxxxxsicherzustellen (Insbesondere PC mit Internetzugang, E-Mail-Adresse,
Digitalkamera, und Teilekatalog).
7
…"
8
In den gemäß § 10 Abs. 1 des Vertrages geltenden xxxx-Standards für Reparatur- und
Kundendienstleistungen heißt es unter Ziffer E.1:
9
"2. Die von xxx vorgegebenen Spezialwerkzeuge (siehe Anlage) müssen stets
verfügbar sein und auf vorgegebenen Werkzeugtafeln bzw. in Werkzeugschränken
gelagert werden. Die Spezialwerkzeuge sind in funktionsfähigem Zustand vorzuhalten
und bei Bedarf gemäß den xxxx-Vorgaben zu ergänzen.
10
Bei der Einführung neuer Modelle wird xxxx auf der Grundlage der Vorgaben seitens
DMC und in Abstimmung mit den Vertretern des Händlerverbandes und anderen
Händlervertretern vereinbaren, welche neuen Spezialwerkzeuge für Reparatur- und
Wartungsarbeiten zwingend von jedem Vertragspartner vorzuhalten sind. Die von xxx
vorgegebene Spezialwerkzeugliste wird sodann entsprechend ergänzt. Für selten
benötigte Spezialwerkzeuge, die nicht in der vorgegebenen Spezialwerkzeugliste
aufgeführt sind, steht es dem Vertragspartner frei, mit anderen Vertragspartnern eine
Kooperationsvereinbarung zu schließen, die eine gemeinsame Nutzung regelt. Die
Kooperationsvereinbarung ist xxxx durch Übersendung einer Kopie vorzulegen.
11
3. Die Mindestausstattung umfasst Diagnose- und allgemeine Werkzeuge,
Messinstrumente, Reinigungsmaterialien, Instandsetzungswerkzeuge und elektronische
Geräte, die für eine einwandfreie und fachgerechte Wartung und Reparatur von xxxx-
Fahrzeugen notwendig sind.
12
4.
13
Der Vertragspartner muss über die von xxxx vorgegebenen Diagnosegeräte (wie zum
Beispiel den DS 21 und zukünftig (ab Verfügbarkeit) den DS 2) oder ein
funktionsgleiches Diagnosegerät verfügen (Softwareaktualisierungen sind
kostenpflichtig und auch im Falle der Verwendung funktionsgleicher Diagnosegeräte zu
gewährleisten).
14
…"
15
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 setzte die Verfügungsbeklagte sämtliche
Vertragshändler - und damit auch den Verfügungskläger - davon in Kenntnis, dass in
Zusammenarbeit mit der Firma xxxx ein speziell auf xxxx abgestimmter Batterietester
entwickelt worden sei ("MDX 690P"), welcher für das Jahr 2009 als Standardwerkzeug
eingeführt werde.
16
In der Kundendienstinformation führte die Verfügungsbeklagte weiter aus, dass die
Fahrzeugbatterie in allen Pannenstatistiken die Fehlerquelle Nummer 1 sei. Der
obligatorische Batterietest während der Lagerung des Neufahrzeuges und bei den
anfallenden Inspektionen sei mit dem Batterietester in wenigen Sekunden möglich. Im
Hinblick auf eine künftige "papierlose" Garantieabwicklung sei der Batterietester mit
einer Spezialfunktion ausgerüstet und drucke nach der Prüfung einen verschlüsselten
Code aus, der ab April 2009 zur Bearbeitung möglicher Garantieanträge zukünftig
zwingend benötigt werde. Während die unverbindliche Preisempfehlung für ein ähnlich
ausgestattetes Gerät ohne Markenlogo und Spezialcodierung 895,00 € betrage, sei ein
Erstbelieferungspreis von 595,00 € ausgehandelt, der auch in drei Raten oder mit einem
Zahlungsziel von 90 Tagen gezahlt werden könne.
17
Der Verfügungskläger teilte der Verfügungsbeklagte daraufhin mit, dass er diesen
Batterietester nicht benötige, da er bereits über ein baugleiches Modell verfüge.
18
Der Batterietester des Verfügungsklägers ist zwar nicht dazu in der Lage, den
xxxxspezifischen 17-stelligen Prüfcode zu generieren, dennoch behielt der
Verfügungskläger im weiteren Schriftwechsel mit der Verfügungsbeklagten seinen
Standpunkt bei, den MDX 690P nicht zu benötigen, um die Wartungsarbeiten im
Rahmen des Vertragshändlervertrags durchführen zu können.
19
Mit Schreiben vom 09. April 2009 verlangte die Verfügungsbeklagte die Abnahme sowie
den Einsatz des Batterietesters bis zum 20. April 2009 und drohte zugleich an, im Falle
der Weigerung durch den Verfügungskläger die außerordentliche Kündigung
auszusprechen.
20
Der Verfügungskläger verweigerte die Abnahme des Batterietesters mit Schreiben vom
20. April 2009.
21
Im selben Zeitraum stritt die Verfügungsbeklagte auch mit dem Verband der
xxxxVertragspartner Deutschland über die Einführung des Batterietesters und teilte
diesem noch am 28. April 2009 mit, sie habe ihren Vertragspartnern nicht mit der
Möglichkeit der fristlosen Kündigung gedroht, sondern auf die Notwendigkeit der
Einhaltung der Standards hingewiesen.
22
Am 29. April 2009 kündigte die Verfügungsbeklagte den Vertragshändlervertrag mit dem
Verfügungskläger fristlos.
23
Die unmittelbare Reaktion des Verfügungsklägers bestand darin, eine zu
vertragsimmanenten Sicherungszwecken ausgestellte Bürgschaftsurkunde mit
Schreiben vom 30. April 2009 von der Verfügungsbeklagten zurückzuverlangen, da die
Geschäftsgrundlage nicht mehr bestehe.
24
Am 04. Mai 2009 stellte die Verfügungsbeklagte die Belieferung und Betreuung ein und
sperrte den Zugang zu dem EDV-gestützten Kommunikationssystem DIOS.
25
Einen Tag später teilte der Verfügungsbeklagte Bezug nehmend auf sein Schreiben
vom 30. April mit, dass sein Anwalt in dieser Angelegenheit auf die Verfügungsbeklagte
zukommen werde. Mit Schreiben vom 07. Mai 2009 teilte der Verfügungsklägervertreter
der Verfügungsbeklagten mit, dass er die Kündigung für unwirksam halte und forderte
sie auf, bis zum 11. Mai 2009 zu erklären, dass sie daraus keine Rechte herleite. Diese
Erklärung gab die Verfügungsbeklagte nicht ab. Ihre Bitte um Fristverlängerung um
einen Tag lehnte der Verfügungskläger ab.
26
Der Verfügungskläger ist der Ansicht, dass die Weigerung, den Batterietester MDX
690P zu verwenden, die Verfügungsbeklagte nicht berechtige, den
Vertragshändlervertrag außerordentlich zu kündigen und die Belieferung einzustellen.
27
Dazu behauptet er, dass die Verwendung des Batterietesters MDX 690P nicht
"notwendig" im Sinne des Vertragshändlervertrages sei, um einen fachgerechte
Wartung und Reparatur von Fahrzeugen gewährleisten zu können. Es handele sich bei
diesem Batterietester nicht um ein Diagnosegerät im Sinne der Ziffer E. 1 Ziffer 4 der
Daihatsu Standards für Reparatur und Kundendienstleistungen, sondern um ein reines
Messgerät. Die Messungen könne er auch mit dem von ihm verwendeten Batterietester,
das Modell Volvo Batterie Analysegerät 3200, ermitteln. Überdies sei die
Verfügungsbeklagte verpflichtet, die Informationen für die erforderlichen Schnittstellen
bekanntzugeben. Sie habe durch ihre Weigerung, dies zu tun, es dem Verfügungskläger
unmöglich gemacht, sein Gerät an die Erfordernisse anzupassen. Schließlich sei der
Prüfcode für die Abwicklung von Garantiefällen erforderlich, die im Auftrag der
Verfügungsbeklagten abgewickelt würden, weshalb der Verfügungskläger einen
Anspruch auf Kostenerstattung im Wege des Aufwendungsersatzes habe. Deshalb
habe sie das Gerät auch unmittelbar selbst bereitstellen können. Soweit die
Verfügungsbeklagte das Gerät als Spezialwerkzeug bezeichnet habe, könne es schon
deshalb nicht eingeführt werden, weil keine Abstimmung mit Vertretern des
Händlerverbandes gemäß Ziffer E.1 Nr. 2 der xxxStandards erfolgt sei.
28
Er ist der Ansicht, dass die Forderung nach Anschaffung des Batterietesters nicht von
der EU-Freistellungsverordnung 1400/2002 gedeckt sei und verweist dazu auf die
Antworten in den "Häufig gestellte Fragen" Nr. 12 (siehe Anlage AST 8). Durch die
Einstellung der Belieferung behindere die Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger
unbillig im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB. Überdies verletze sie ihre Vertragspflichten und
greife in seinen Gewerbetrieb rechtswidrig ein.
29
Der Verfügungskläger ist der Ansicht, die Kündigung des gesamten
Vertragsverhältnisses – einschließlich Vertriebsteil - sei unverhältnismäßig, da auch
eine Teilkündigung möglich sei. Außerdem sei eine Fortsetzung bis zum Ablauf der
ordentlichen Kündigungsfrist nicht unzumutbar, zumal bislang – unstreitig – eine
Garantieabwicklung nicht online erfolge und er über einen baugleichen Batterietester
verfüge.
30
Durch die Kündigung drohten ihm erhebliche Schäden, die nur durch Erlass einer
einstweiligen Verfügung verhindert werden könnten, und eine existenzgefährdende
Notlage aufgrund derer er zwischenzeitlich Kurzarbeit angemeldet habe.
31
Entsprechend dem Antrag des Verfügungsklägers hat die Kammer dem
Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der
gesetzlichen Ordnungsmittel mit Beschluss vom 13. Mai 2009 untersagt,
32
zu verweigern, den Antragsteller bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die
Wirksamkeit der von der Verfügungsbeklagte ausgesprochenen Kündigung vom
29. April 2009 gemäß Daihatsu Vertragshändlervertrag vom 20./22. November
2006 mit Daihatsu Vertragswaren zu beliefern und mit Daihatsu-Dienstleistungen
zu betreuen.
33
Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.
34
Der Verfügungskläger beantragt nunmehr,
35
den Widerspruch zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung vom 13. Mai
2009 zu bestätigen.
36
Den zunächst gestellten Hilfsantrag auf Belieferung mit bestimmten Waren hat er im
Hinblick auf die zwischenzeitliche Lieferung zurückgenommen.
37
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
38
die einstweilige Verfügung vom 13. Mai 2009 aufzuheben und dem
Verfügungskläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
39
Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass der Antrag schon unzulässig sei.
40
Es bestehe weder ein Verfügungsgrund noch ein Verfügungsanspruch. Die Kündigung
sei nämlich wirksam. Dazu behauptet sie, dass der von ihr eingeführte Batterietester
"MDX 690P" eine zeitgemäße Weiterentwicklung früherer Batterietester sei. Es handele
sich um ein Diagnosegerät, das über mehrere Funktionen verfüge, welche der
Batterietester des Verfügungsklägers nicht aufweise, insbesondere über den JIS-
Standard, sowie unstreitig die Erstellung des Prüfcodes und eine "Servo Technologie",
welche dazu in der Lage sei, dem Tester visuell nicht erkennbare Kabelbrüche zu
melden. Er werde für Lagerfahrzeuge, Wartungen und Garantierfälle benötigt.
41
Überdies sei durch die Rückforderung der Bürgschaftsurkunde, welche eine Akzeptanz
der Kündigung darstelle, der Vertragshändlervertrag einvernehmlich aufgehoben.
42
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
43
Entscheidungsgründe:
44
Die einstweilige Verfügung war aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass
zurückzuweisen, weil nach Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht länger
davon ausgegangen werden kann, dass dem Verfügungskläger der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte zusteht.
45
Die Kammer hat nach nochmaliger Prüfung der Rechtslage bereits erhebliche Zweifel,
46
ob ein Antrag auf "Untersagung der Verweigerung der Belieferung" in Gestalt des
Unterlassungsanspruchs vorliegend zulässig war und einer obergerichtlichen
Überprüfung standhalten würde. Dies kann indes offen bleiben, da der
Verfügungskläger nicht glaubhaft gemacht hat, dass ein Verfügungsanspruch besteht.
Insoweit kommt es auch auf das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht mehr an.
Dem Verfügungskläger steht kein Anspruch auf Untersagung der
Belieferungsverweigerung oder auf Belieferung mit Daihatsu Vertragswaren und
Betreuung mit Daihatsu-Dienstleistungen zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder
aus dem Vertragshändlervertrag, noch aus § 823 BGB oder aus §§ 20, 33 GWB. Denn
das Vertragshändlerverhältnis ist beendet.
47
Zwar ist in der Rückforderung der Bürgschaftsurkunde vom 30. April 2009 keine
einvernehmliche Beendigung des Vertrages durch Annahme der Kündigung zu sehen.
Denn das Schreiben ist eine erste Reaktion auf die Kündigung, mit der der
Verfügungskläger erkennbar keine rechtlich verbindliche Äußerung über die
(Wirksamkeit der) Vertragsbeendigung abgeben wollte. Dies folgt auch aus dem
kurzfristig nachfolgenden Schreiben, mit dem er auf seinen Rechtsanwalt verwies.
48
Indes wurde der Vertrag durch die wirksame außerordentliche Kündigung durch die
Verfügungsbeklagte vom 29. April 2009 beendet.
49
In § 4 Ziffer 4 lit. b des Händlervertrags heißt es:
50
"Jeder Vertragspartner ist berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund insgesamt
oder Teile hiervon ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. xxx hat dieses Recht
unbeschadet sonstiger wichtiger Gründe insbesondere dann, wenn […] der
Vertragshändler wiederholt trotz schriftlicher Abmahnung gegen wesentliche
Vertragsbestimmungen verstößt […]."
51
Diese Voraussetzungen liegen vor. Eine wesentliche Verpflichtung des
Verfügungsklägers war es nach § 10 Ziffer 1 Abs. 1 des Vertragshändlervertrags, die
"erforderlichen zeitgemäßen Standardwerkzeuge" bereit zu halten. Dabei liegt in der
Nichtabnahme/-nutzung eines solchen Werkzeugs ein Dauerverstoß, der einem
wiederholten Verstoß gleichzusetzen ist.
52
Der Batterietester MDX 690P ist ein solches erforderliches zeitgemäßes
Standardwerkzeug. Es kann insofern offen bleiben, ob es sich bei dem Batterietester
MDX 690P um ein Diagnose- oder um ein Messgerät handelt, da von § 10 Ziffer 1 Abs. 2
des Händlervertrags alle Standardwerkzeuge, also sowohl Diagnose- als auch
Messgeräte, erfasst sind. Ersichtlich handelt es sich nicht um ein Spezialwerkzeug, wie
die Beschreibung in den DAIHATSU-Standards für Reparatur- und
Kundendienstleistungen Ziffer E 1 Nr. 2 unmittelbar erkennen lässt.
53
Das Batterietestgerät ist von Midtronics für die Verfügungsbeklagte fortentwickelt und
angepasst worden. Es ist in technischer Hinsicht auf dem neuesten Stand und mithin
zeitgemäß. Auch ist die Überprüfung der Batterie in verschiedenen Situationen, nämlich
für Lagerfahrzeuge, bei Wartungen und in Garantiefällen, von Bedeutung und damit
erforderlich. Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig.
54
Allerdings hat der Verfügungskläger behauptet, über ein funktionsgleiches Gerät bereits
55
zu verfügen. Unstreitig verfügt indes sein Gerät nicht über die "Servo Technologie" und
kann keinen Prüfcode generieren. Bereits aus diesen Unterschieden folgt, dass das
Gerät nicht funktionsgleich im Sinne des Vertrages ist. Insoweit kann dahinstehen, ob
die weiteren von der Verfügungsbeklagten behaupteten und durch das Schreiben von
Midtronics glaubhaft gemachten Unterschiede bestehen.
Denn die automatische Feststellung eines Kabelbruchs ist der visuellen Prüfung
eindeutig überlegen und deckt einen wesentlichen Bereich der Fahrzeugprüfung,
insbesondere der Batterieprüfung, ab. Auch ist das Interesse der Verfügungsbeklagten
anzuerkennen, für die künftige Online-Abwicklung mit einheitlichen Prüfcodes zu
agieren.
56
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Verpflichtung einer Freistellung nach der
Gruppenverordnung zuwider laufen würde. Denn auch insoweit kommt es auf die Frage
der Gleichwertigkeit der Geräte an und das Interesse des Lieferanten an der effizienten
elektronischen Ausrüstung ist zu berücksichtigen (häufig gestellte Fragen Nr. 12).
57
Da die Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger auch unter Fristsetzung abgemahnt
hat, lagen die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung vor.
58
Diese ist auch nicht unverhältnismäßig. Insoweit waren die beiderseitigen Interessen
der Vertragsparteien abzuwägen. Die Verfügungsbeklagte hat ein erhebliches Interesse
an der einheitlichen Ausrüstung ihrer Händler, um einen gleichmäßigen Standard
sicherzustellen. Der Batterietester bietet eine Verbesserung des Standards zu einem
relativ geringen Preis. Allein die "Servo-Technologie" rechtfertigt nach Auffassung der
Kammer schon die Einführung. Aber auch die Generierung des Prüfcodes begründet
den Anspruch auf Einführung. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die
Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger Informationen zukommen lassen könnte
und müsste, die ihn in Stand setzen, den Prüfcode selbst zu generieren. Umgekehrt hat
zwar der Verfügungskläger ein Interesse, nicht mit unangemessenen Forderungen
überzogen zu werden. Allerdings sind die Vorteile des Gerätes deutlich erkennbar und
es handelt sich um eine geringe Aufwendung. Überdies hätte der Verfügungsbeklagte
das Gerät auch unter Vorbehalt abnehmen und die Rechtmäßigkeit sodann einer
Prüfung unterziehen können. Vor diesem Hintergrund ist eine Abnahmeverweigerung
unberechtigt.
59
Die Kündigung ist auch nicht deshalb unangemessen, weil mit ihr Service- und
Vertriebsteil des Händlervertrages gekündigt werden. Denn der Batterietester sollte
nicht nur bei der Wartung, sondern auch bei der Auslieferung von Neufahrzeugen
eingesetzt werden. Gerade insoweit muss der Verfügungsbeklagten auch an
einheitlichen Standards gelegen sein.
60
Die Argumentation, die Verfügungsbeklagte müsse das Gerät bereitstellen, da es auch
Garantiefällen diene, verfängt ebenfalls nicht, da die Bereitstellung des Werkzeugs –
auch für Garantiefälle – erkennbar in den Pflichtenkreis des Verfügungsklägers fällt.
61
Schließlich war auch ein Abwarten bis zur ordentlichen Kündigungsfrist der
Verfügungsbeklagten nicht mehr zumutbar. Die Verfügungsbeklagte hat bereits Ende
Dezember die Einführung des Batterietesters angekündigt. Sie strebte für April 2009 die
vereinheitlichte Online-Erfassung der Prüfcodes an und wollte mit einer Batterietest-
Frühjahrsaktion das Ansehen ihrer Marke stärken. Gleichwohl hat sie mit dem
62
Antragsgegner zunächst verhandelt und ihn erneut zur Abnahme aufgefordert und
schließlich Ende April gekündigt. Damit hat sie den Interessen des Verfügungsklägers
ausreichend Rechnung getragen. Ein zweijähriges Zuwarten ist der
Verfügungsbeklagten, die die Standards bei ihren Vertragshändlern sicherstellen will,
nicht zuzumuten.
Da der Vertragshändlervertrag von der Verfügungsbeklagten berechtigterweise fristlos
gekündigt wurde, ist auch für einen Anspruch aus § 823 BGB oder §§ 20, 33 GWB kein
Raum.
63
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 6, 711 Satz
1 ZPO.
64
Streitwert: 100.000,- EUR
65
66