Urteil des LG Düsseldorf vom 30.03.2007

LG Düsseldorf: geschäftsführung ohne auftrag, patentanwalt, hersteller, verpackung, wiederholungsgefahr, muster, abmahnung, handel, zukunft, unterlassen

Landgericht Düsseldorf, 38 O 193/06
Datum:
30.03.2007
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
8. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
38 O 193/06
Tenor:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, durch Zahlung von jeweils 2.080,50 Euro an
den Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt L der Klägerin und an den
Patentanwalt H der Klägerin die Klägerin von den entsprechenden
Verbindlichkeiten freizustellen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von
400,-- Euro zu zahlen.
3.
Die Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu
250.000,-- Euro verurteilt, es zu unterlassen, Autozubehörprodukte in
Verkaufspackungen in Verkehr zu bringen,
- ohne dass Hersteller oder Importeur mit Namen und Anschrift
angegeben ist,
- und/oder die ein TÜV-Zeichen tragen, ohne dass ein TÜV-Zertifikat
erteilt ist,
- und/oder die ein GS-Zeichen tragen, ohne dass ein GS-Zertifikat erteilt
ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,-- Euro
vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft
einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder
Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin stellt Autozubehör her. Für sie ist ein Autokleiderbügel gebrauchs- und
geschmacksmusterrechtlich geschützt, den sie in der aus Anlage K 4 ersichtlichen
Verpackung vertreibt.
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Die Beklagte ist Großhändler für Posten- und Havariewaren. Sie hat Autobügel von
einem holländischen Lieferanten bezogen und 500 Exemplare an einen Weiterverkäufer
veräußert. Die Klägerin hat die Beklagte durch patentanwaltliches und anwaltliches
Schreiben vom 18. April 2006 wegen Verletzung von Gebrauchs-, Geschmacksmuster-
und Urheberrechten – letztere bezogen auf die Verpackung – abgemahnt. Wegen des
Wortlautes wird auf die Anlage K 1 verwiesen. Die Beklagte hat eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung abgegeben.
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Die Parteien streiten im wesentlichen um die Kosten der Abmahnung. Die Klägerin
macht für Rechtsanwalt und Patentanwalt ausgehend von einem Streitwert von
150.000,-- Euro und einer 1,3 Geschäftsgebühr nebst 20,-- Euro Auslagen je 2.080,50
Euro geltend. Ferner verlangt sie 400,-- Euro als Unterschiedsbetrag zwischen
Einkaufs- und Verkaufspreis für die 500 gelieferten Bügel.
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Unter Hinweis darauf, dass zudem auf den Verpackungen der Bügel kein
Herstellername angegeben war und unberechtigterweise TÜV- und GS-Zertifikat
erwähnt waren, macht die Klägerin zudem einen Anspruch auf Unterlassung auf
wettbewerblicher Grundlage geltend.
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Die Klägerin beantragt,
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wie erkannt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, die Einschaltung von Rechts- und Patentanwalt sei nicht
erforderlich gewesen. Der angegebene Streitwert sei überhöht, ebenfalls der Ansatz
einer 1,3 Geschäftsgebühr. Im übrigen sei schon dem Grunde nach kein Anspruch auf
Erstattung von Abmahnkosten gerechtfertigt, da es am Fremdgeschäftsführungswillen
gefehlt und kein Verzug vorgelegen habe. Die Beklagte habe auch nicht schuldhaft
gehandelt. Es sei nicht erkennbar gewesen, dass die TÜV- und GS-Zeichen zu Unrecht
aufgebracht waren.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf
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Freistellung von ihren Verbindlichkeiten gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten und
dem Patentanwalt in Höhe von 2.080,50 Euro gemäß den §§ 683, 670 BGB, den
Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.
Es besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass die Beklagte gewerbliche
Schutzrechte der Klägerin verletzt hat, indem sie Autokleiderbügel verkauft hat, die eine
Nachahmung der für die Klägerin geschützten Muster darstellten. Da der Rechtsverstoss
die Wiederholungsgefahr indiziert, hatte die Klägerin einen Unterlassungsanspruch. Es
entsprach dem objektiven Interesse der Beklagten, dass die Klägerin die Beklagte
abmahnte und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufforderte. Ihr
wurde so Gelegenheit gegeben, eine gerichtliche Auseinandersetzung und die hiermit
verbundenen Kosten zu vermeiden.
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Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes ist zur sachgerechten Bearbeitung eines
solchen Auftrages notwendig und angemessen, wie die Mitwirkung eines
Patentanwaltes, § 52 Abs. 4 GeschmMG.
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Die Abrechnung der Anwälte entspricht den Bestimmungen des RVG. Der Ansatz
jeweils einer 1,3 Gebühr nebst Auslagenpauschale stellt den Mittelwert dar. Der
angemessene Streitwert für die geltend gemachten Ansprüche ist mit 150.000,-- Euro
ebenfalls angemessen bewertet. Der Unterlassungsanspruch ist auf die Zukunft
gerichtet. Der wirtschaftliche Wert der geschützten Muster ist zu schätzen und
mindestens im Bereich üblicher gewerblicher Schutzrechte anzusiedeln, deren Wert
regelmäßig den Betrag von 150.000,-- Euro nicht unterschreitet.
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Da die Klägerin somit durch die im Interesse der Beklagten erfolgte Abmahnung mit
berechtigten Kostenforderungen des Rechtsanwaltes und des Patentanwaltes in Höhe
von je 2.080,50 Euro belastet ist, die als Aufwendungen anzusehen sind, hat sie die
Klägerin entsprechend freizustellen.
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Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Zahlung von 400,-- Euro gemäß § 42 Abs. 2
Satz 2 GeschmMG. Sie hat unstreitig gegen ein Geschmacksmusterrecht der Klägerin
verstoßen. Dieser Verstoss erfolgte schuldhaft. Bei Anwendung der möglichen und
notwendigen Sorgfalt hätte sie den Rechtsverstoss erkennen können. Eigene
Nachforschungen über mögliche Schutzrechte Dritter hat sie vor dem Verkauf der
Autobügel nicht vorgenommen. Offensichtlich ist hierüber auch mit dem Vorlieferanten
nicht gesprochen worden. Eine solche Haltung "blinden" Vertrauens beim Handel mit
Ware, die aus Asien importiert wurde, ist mindestens fahrlässig.
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Die Klägerin kann Herausgabe des Gewinns verlangen. Dieser beläuft sich nach der
eigenen Berechnung der Beklagten bei 500 verkauften Bügeln und einer Spanne von
0,80 Cent zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis auf 400,-- Euro.
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Die Beklagte ist ferner gemäß § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 des
Produktsicherheitsgesetzes sowie § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG verpflichtet, es zu unterlassen,
Autozubehörteile in Verkaufspackungen in den Handel zu bringen, ohne dass Hersteller
oder Importeur mit Namen und Anschrift angegeben sind, die ein TÜV-Zeichen tragen,
ohne dass ein TÜV-Zertifikat erteilt worden ist, und die ein GS-Zeichen tragen, ohne
dass ein GS-Zertifikat erteilt wurde.
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Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Beide vertreiben
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Autozubehör. Zwar betreibt die Beklagte dieses Geschäft nur gelegentlich, sie handelt
mit Postenware verschiedener Art. Sie hat jedoch unstreitig Autozubehör in
Verpackungen vertrieben und sich damit als Mitbewerber der Klägerin betätigt. Für die
Zukunft ist auch keineswegs ausgeschlossen, dass es erneut zum Vertrieb
vergleichbarer Gegenstände kommt.
Es besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass die Verpackung der
Autokleiderbügel nicht die erforderlichen Hersteller- oder Importeurangaben enthielt.
Entsprechendes gilt für das Vorhandensein der aufgedruckten Zertifizierungen durch
den TÜV und das GS-Zeichen. Insoweit wird sowohl der Verbraucher getäuscht über
Merkmale der Waren wie Rechtsnormen zuwider gehandelt wird, die das Marktverhalten
regeln.
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Die Verstöße begründen die Wiederholungsgefahr. Die Beklagte hat insoweit keine
strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
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Für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Klägerin sind keine ausreichenden
Umstände vorgetragen. Die gewerblichen Schutzrechte betrafen ein anderes
Rechtsgebiet als die Wettbewerbsverstöße. Eine zusätzliche Belastung der Beklagten
dadurch, dass nicht bereits alle Rechtsverstöße gleichzeitig geltend gemacht werden, ist
nicht eingetreten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
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Der Streitwert wird auf 19.561,-- Euro (4.561,-- Euro plus 15.000,-- Euro) festgesetzt.
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