Urteil des LG Düsseldorf vom 05.07.2007

LG Düsseldorf: elektromagnetische strahlung, stand der technik, rücknahme der klage, information technology, angemessene entschädigung, farbe, patentinhaber, wellenlänge, erfindung, rechtfertigung

Landgericht Düsseldorf, 4b O 289/06
Datum:
05.07.2007
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4b. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4b O 289/06
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
I. Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu
unterlassen,
lichtabstrahlende Halbleiterbauelemente mit einem Halbleiterkörper, der
im Betrieb des Halbleiterbauelements elektromagnetische Strahlung
aussendet, mit mindestens einem ersten und mindestens einem zweiten
elektrischen Anschluss, die mit dem Halbleiterkörper elektrisch leitend
verbunden sind, und mit einem Lumineszenzkonversionselement, das
mindestens einen Leuchtstoff aufweist,
bei denen der Halbleiterkörper eine Halbleiterschichtenfolge aufweist,
die geeignet ist, im Betrieb des Halbleiterbauelements
elektromagnetische Strahlung eines ersten Wellenlängenbereiches aus
dem ultravioletten, blauen und/oder grünen Spektralbereich
auszusenden, das Lumineszenzkonversionselement eine aus dem
ersten Wellenlängenbereich stammende Strahlung in Strahlung eines
vom ersten verschiedenen zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt,
derart, dass das Halbleiterbauelement Mischstrahlung, bestehend aus
Strahlung des ersten Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten
Wellenlängenbereiches aussendet, und als
Lumineszenzkonversionselement über oder auf dem Halbleiterkörper
eine Lumineszenzkonversionsschicht vorgesehen ist
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den
genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Lumineszenzkonversionsschicht durchweg eine konstante
Dicke aufweist;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die
zu Ziff. I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. Juni 2004 begangen
haben,
und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,
Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der
Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften
der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den
Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert werden
darf, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den vorstehend zu Ziff.
I. bezeichneten Erzeugnissen ummittelbar zugeordnet werden,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der
nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der
Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur
Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik
Deutschland niedergelassenen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die
Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten,
der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter
Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die in ihrem ummittelbaren oder
mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse
entsprechend vorstehend zu Ziff. I. 1. an einen von der Klägerin zu
beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf
Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind,
der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziff. I. 1.
bezeichneten und seit dem 26. Juni 2004 begangenen Handlungen
entstanden ist und noch entstehen wird, wobei die Beklagten zu 1) und
2) gesamtschuldnerisch haften für den durch die Handlungen der
Beklagten zu 1) entstandenen Schaden.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind,
für die zu Ziff. I. 1. bezeichneten und in der Zeit vom 14. Mai 1999 bis
zum 26. Mai 2004 begangenen Handlungen eine angemessene
Entschädigung zu zahlen.
V. Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin, die Beklagte zu 1) und
die Beklagte zu 2) jeweils 1/3.
Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) tragen jeweils 1/3 der
außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Eine weitergehende Kostenausgleichung findet nicht statt.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 667.000,00 € und für die
Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der jeweils
beizutreibenden Forderung.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin gehört zur X-Gruppe und entwickelt und vertreibt insbesondere
Leuchtdioden (lichtemittierende Dioden, LED). Sie war eingetragene Inhaberin des
europäischen Patents X (Anlage K 5, nachfolgend Klagepatent), das am 26. Juni 1997
angemeldet und dessen Erteilung am 26. Mai 2004 bekannt gemacht wurde. Das
Klagepatent nimmt die inneren Prioritäten der DE X vom 26. Juni 1996 und der DE X
vom 20. September 1996 in Anspruch. Nachdem die Klägerin u.a. auch das Klagepatent
an die X GmbH übertragen hatte, erteilte diese der Klägerin mit Wirkung zum 1. Oktober
2003 eine ausschließliche Lizenz an dem Schutzrecht.
2
Das Klagepatent trägt die Bezeichnung "Lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement mit
Lumineszenzkonversionselement". Der im vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche
Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
3
1. Lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement mit einem Halbleiterkörper (1),
der im Betrieb des Halbleiterbauelements elektromagnetische Strahlung
aussendet, mit mindestens einem ersten und mindestens einem zweiten
elektrischen Anschluss (2, 3), die mit dem Halbleiterkörper (1) elektrisch
leitend verbunden sind, und mit einem Lumineszenzkonversionselement, das
mindestens einen Leuchtstoff aufweist, bei dem
4
der Halbleiterkörper (1) eine Halbleiterschichtenfolge (7) aufweist, die
geeignet ist, im Betrieb des Halbleiterbauelements elektromagnetische
Strahlung eines ersten Wellenlängenbereiches aus dem ultravioletten,
blauen und/oder grünen Spektralbereich auszusenden,
5
das Lumineszenzkonversionselement eine aus dem ersten
Wellenlängenbereich stammende Strahlung in Strahlung eines vom ersten
verschiedenen zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt, derart, dass das
Halbleiterbauelement Mischstrahlung, bestehend aus Strahlung des ersten
Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches
6
aussendet, und
als Lumineszenzkonversionselement über oder auf dem Halbleiterkörper (1)
eine Lumineszenzkonversionsschicht (4) vorgesehen ist,
7
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,
8
dass die Lumineszenzkonversionsschicht (4) durchweg eine konstante Dicke
aufweist.
9
Gegen den Rechtsbestand des Klagepatents hat eine Dritte Einspruch erhoben, dem
die Beklagten zu 1) und 2) am 05. Mai 2006 beigetreten sind. Über den Einspruch wurde
bisher noch nicht entschieden.
10
Nachfolgend sind die Figuren 1 bis 3 der Klagepatentschrift wiedergegeben, welche
schematische Schnittansichten von Ausführungsbeispielen erfindungsgemäßer
Halbleiterbauelemente zeigen.
11
Die Beklagten zu 1) und 2) vertreiben LED, die weißes Licht abstrahlen, wobei die
Beklagte zu 2) die weltweite Vermarktung durch ihre Vertriebspartner koordiniert. Die
Beklagte zu 1) bietet die von ihr vertriebenen LEDs u.a. in einem Katalog und auf ihrer
Homepage an. In dem von der Klägerin als Anlage K 7 in Auszügen vorgelegten
Katalog wird die Beklagte zu 2) unter "Headquarters" genannt, während die Beklagte zu
1) als "Europe Office & Warehouse" bezeichnet wird. Die Beklagten vertreiben u.a. eine
LED mit der Typenbezeichnung KPK-3216PWC, die auf Seite 92 des vorgelegten
Katalogs angeboten wird. Der Aufbau der streitgegenständlichen LED ist aus den
nachfolgend eingeblendeten Schliffbildern, die die Klägerin als Anlage K 37 vorgelegt
hat, ersichtlich.
12
Die Beklagten zu 1) und 2) haben über längere Zeit Verhandlungen mit der Klägerin
über eine Lizenznahme an deren Schutzrechtsportfolio betreffend die Erzeugung
weißen LED-Lichts geführt, die letztlich ohne Ergebnis geblieben sind. Die
angebotenen Schutzrechte betrafen zum Teil auch nicht-weißes LED-Licht. Nach dem
unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung
hatte sie zuletzt eine Einmalzahlung von 6 Mio. € sowie eine Stücklizenz gefordert,
wobei die Lizenz weltweit für alle technischen Bereiche mit Ausnahme von "X" und "X"
gelten sollte. Die Beklagten hatten sich unterdessen bereiterklärt, einen Gesamtbetrag
von 1 Mio. € in mehreren jährlichen Raten zu zahlen.
13
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die streitgegenständlichen LED von der
technischen Lehre des Klagepatents in wortsinngemäßer Weise Gebrauch machen.
Soweit sich aus
Bild 2 der Anlage K 37
Schichtdicke vorlägen, seien diese unbeachtlich, da es sich um unvermeidliche
Fertigungsschwankungen handele. Die angegriffene LED strahle homogenes weißes
Mischlicht ab und werde von den Beklagten auch als eine Weißlicht-LED angeboten
und verkauft.
14
Nachdem die Klägerin die ursprünglich auch gegen die Beklagte zu 3) gerichtete Klage
mit Schriftsatz vom 09.10.2006, bei Gericht eingegangen am 11.10.2006,
zurückgenommen hat, beantragt sie – nach Rücknahme des zunächst auch gegen die
Beklagte zu 2) gerichteten Vernichtungsanspruchs im Verhandlungstermin vom
15
22.02.2007 – nunmehr,
zu erkennen wie geschehen.
16
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
17
die Klage abzuweisen,
18
hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den
Löschungsantrag auszusetzen.
19
Die Beklagten stellen eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene LED in
Abrede und machen geltend, das von der angegriffenen Ausführungsform abgestrahlte
Licht sei nicht homogen. Die angegriffene Ausführungsform weise auch kein
Lumineszenzkonversionselement auf. Schließlich sei bei der Frage, ob die von der
angegriffenen Ausführungsform erzeugte elektromagnetische Strahlung für alle
Strahlungsrichtungen näherungsweise eine gleich große Weglänge zurücklegen muss,
auch nicht auf die Homogenität des Lichts abzustellen, sondern maßgeblich sei, ob
tatsächlich die in etwa gleiche geometrische Weglänge zurückgelegt werde. Dies sei
bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall, da die Schicht an manchen
Stellen doppelt oder dreifach so dick sei, wie an anderen Stellen. Diesbezüglich legen
die Beklagten Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen von Musterstücken der
angegriffenen Ausführungsform als Anlage TW 4 vor.
20
Die Beklagten sind der Auffassung, die Durchsetzung der Rechte der Klägerin sei
kartellrechtswidrig, da die vom Klagepatent unter Schutz gestellte technische Lehre –
was zwischen den Parteien unstreitig ist – zur Erzeugung von weißem LED-Licht im
Wege der Lumineszenzkonversion zwingend zu benutzen ist. Diese Art der Erzeugung
von weißem LED-Licht habe sich mittlerweile derart durchgesetzt, dass es sich um
einen de-facto-Standard handele. Aus mehreren Gründen sei es ihr nicht zuzumuten
gewesen, die von der Klägerin angebotene Lizenz zu akzeptieren. Daher werde sie in
rechtlich unzulässiger Weise diskriminiert. Die Klägerin sei daher wegen Missbrauchs
einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 82 Satz 1 EG und eines Verstoßes gegen
§§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1, 20 GWB an der Durchsetzung ihrer Rechte gehindert, da dies
rechtsmissbräuchlich sei.
21
Im Hinblick auf den im Einspruchsverfahren entgegengehaltenen Stand der Technik sei
die Lehre des Klagepatents nicht neu, jedenfalls liege aber kein erfinderischer Schritt
vor. Hilfsweise sei der Rechtsstreit daher im Hinblick auf das Einspruchsverfahren
auszusetzen, da sich das Klagepatent nicht als rechtsbeständig erweisen werde.
22
Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.
23
Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
24
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25
Die zulässige Klage ist in der Sache gerechtfertigt. Der Klägerin stehen die geltend
gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und
Schadenersatz nach §§ 139 bis 140b PatG, §§ 242, 259 BGB zu.
26
Die angegriffene Ausführungsform macht wortsinngemäß von der technischen Lehre
des Klagepatents unberechtigterweise Gebrauch, ohne dass die klageweise
Durchsetzung der Rechte der Klägerin sich als rechtsmissbräuchlich erweist.
27
Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits besteht nicht.
28
I.
29
Das Klagepatent betrifft ein lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement mit
Lumineszenzkonversionselement.
30
Derartige Halbleiterbauelemente sind beispielsweise aus der Offenlegungsschrift DE X
bekannt. Diese beschreibt eine Anordnung mit einer Elektrolumineszenz- oder
Laserdiode, bei der das gesamte von der Diode abgestrahlte Emissionsspektrum mittels
eines mit einem fluoreszierenden, lichtwandelnden organischen Farbstoff versetzten
Elements aus Kunststoff zu größeren Wellenlängen hin verschoben wird. Dadurch weist
das von der Anordnung abgestrahlte Licht eine andere Farbe auf, als das von der
Leuchtdiode ausgesandte.
31
Aus der DE-X ist eine Infrarot-Festkörperlampe bekannt, bei der an der Kante einer
Infrarot-Diode Leuchtstoffmaterial angebracht ist, das die abgestrahlte Infrarot-Strahlung
in sichtbares Licht umwandelt.
32
Des weiteren ist aus der EP X eine lichtemittierende Diode bekannt, bei der zwischen
den Substraten einer aktiven elektrolumineszierenden Schicht mindestens eine
Halbleiter-Photolumineszenzschicht angeordnet ist, die das von der aktiven Schicht in
Richtung Substrat ausgesandte Licht eines ersten Wellenlängenbereichs in Licht eines
zweiten Wellenlängenbereichs umwandelt, so dass die lichtemittierende Diode
insgesamt Licht verschiedener Wellenlängenbereiche aussendet.
33
In der DE-X wird eine Elektrolumineszenz- oder Laserdiode mit einer Kunststoffmatrix
beschrieben, die einen lichtwandelnden Farbstoff enthält, wobei verschiedene
organische Farbstoffe eingesetzt werden können, die bezüglich ihres
Verschiebungsbereiches nach Art einer Kaskade aufeinander abgestimmt sind.
34
In der JP X ist eine Weißlicht aussendende planare Lichtquelle beschrieben, bei der an
einer Stirnseite einer transparenten Platte zwei blaues Licht emittierende Dioden
angeordnet sind, die Licht in die transparente Platte hinein aussenden. Auf einer der
beiden einander gegenüberliegenden Hauptflächen ist die transparente Platte mit einer
fluoreszierenden Substanz beschichtet, die Licht emittiert, wenn sie mit dem blauen
Licht der Dioden angeregt wird. Das von der fluoreszierenden Substanz emittierte Licht
hat eine andere Wellenlänge, als das von den Dioden emittierte blaue Licht. Das
Klagepatent kritisiert daran, dass es bei diesem Bauelement besonders schwierig ist,
die fluoreszierende Substanz in einer Art und Weise aufzubringen, dass die Lichtquelle
homogenes weißes Licht abstrahlt. Auch bereitet die Reproduzierbarkeit in der
Massenfertigung große Probleme, weil schon geringe Schichtdickenschwankungen der
fluoreszierenden Schicht eine Änderung des Weißtons des abgestrahlten Lichts
hervorrufen.
35
Schließlich ist aus der JP-X ebenfalls eine planare weiße Lichtquelle bekannt, in der
36
mindestens eine Leuchtdiode blaues Licht in die Stirnseite einer Leiterplatte abstrahlt,
die auf einer der beiden einander gegenüberliegenden Hauptflächen mit einer
fluoreszierenden Substanz beschichtet ist, die Licht emittiert, wenn sie mit dem blauen
Licht der Dioden angeregt wird. Das von der fluoreszierenden Substanz emittierte Licht
hat eine andere Wellenlänge, als das von den Dioden emittierte und an der anderen, mit
einer Streuschicht versehenen Hauptschicht gestreute blaue Licht.
Die Klagepatentschrift bezeichnet es vor dem geschilderten Hintergrund als Aufgabe
der vorliegenden Erfindung, ein Halbleiterbauelement zu entwickeln, das homogenes
mischfarbiges Licht abstrahlt und das eine technisch einfache Massenfertigung mit
weitestgehend reproduzierbarer Bauelementcharakteristik gewährleistet.
37
Zur Lösung schlägt das Klagepatent in Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden
Merkmalen vor:
38
1. Lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement
39
2. mit einem Halbleiterkörper (1), der im Betrieb des Halbleiterbauelements
elektromagnetische Strahlung aussendet,
40
3. mit mindestens einem ersten und mindestens einem zweiten elektrischen
Anschluss (2, 3), die mit dem Halbleiterkörper elektrisch leitend verbunden
sind,
41
4. und mit einem Lumineszenzkonversionselement, das mindestens einen
Leuchtstoff aufweist;
42
5. der Halbleiterkörper weist eine Halbleiterschichtenfolge (7) auf, die
geeignet ist, im Betrieb des Halbleiterbauelementes elektromagnetische
Strahlung eines ersten Wellenlängenbereiches aus dem ultravioletten, blauen
und/oder grünen Spektralbereich auszusenden;
43
6. das Lumineszenzkonversionselement wandelt eine aus dem ersten
Wellenlängenbereich stammende Strahlung in Strahlung eines vom ersten
verschiedenen zweiten Wellenlängenbereiches um;
44
7. das Halbleiterbauelement sendet Mischstrahlung, bestehend aus Strahlung
des ersten Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten
Wellenlängenbereiches aus, und
45
8. als Lumineszenzkonversionselement ist über oder auf dem Halbleiterkörper
(1) eine Lumineszenzkonversionsschicht (4) vorgesehen;
46
9. die Lumineszenzkonversionsschicht (4) weist durchweg eine konstante
Dicke auf.
47
II.
48
Die angegriffene Ausführungsform macht von den Merkmalen der technischen Lehre
des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Entgegen der Auffassung der Beklagten
werden auch die Merkmale 4 und 9 verwirklicht. Da die übrigen Merkmale zwischen den
49
Parteien zu Recht außer Streit stehen, bedarf es des Eingehens darauf nicht.
1.
50
Merkmal 4 besagt, dass das lichtabstrahlende Halbleiterbauelement ein
"Lumineszenzkonversionselement mit mindestens einem Leuchtstoff" aufweist.
51
Die Beklagten tragen selbst vor, dass bei ihnen die die Halbleiterkörper und die
elektrischen Anschlüsse einschließende Vergussmasse aus Epoxidharz besteht und in
bestimmten Schichten Leuchtstoffpartikel enthält, wie dies aus der im Tatbestand
wiedergegebenen Abbildung nach Anlage K 37 ersichtlich ist. Bei dem Leuchtstoff
handelt es sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin um
YAG:Ce.
52
Bereits aus den Merkmalen 6 und 7 des Patentanspruchs 1 erschließt sich dem
Fachmann, was Sinn und Zweck des Lumineszenzkonversionselements ist. Danach
53
wandelt das Lumineszenzkonversionselement eine aus dem ersten
Wellenlängenbereich stammende (vom Halbleiterkörper ausgehende) Strahlung in
Strahlung eines vom ersten verschiedenen zweiten Wellenlängenbereich um
(Merkmal 6);
so dass das Halbleiterbauelement Mischstrahlung aussendet, bestehend aus der
von Merkmal 7 gelehrten Strahlung des ersten Wellenlängenbereichs und der von
Merkmal 6 gelehrten Strahlung des zweiten Wellenlängenbereichs (Merkmal 7).
54
55
Eine übereinstimmende Erläuterung findet der Fachmann im allgemeinen
Beschreibungstext (Anlage K 5, Sp. 2/3, Absatz [0012]). Danach ist es vorgesehen, dass
der strahlungsemittierende Halbleiterkörper eine Schichtenfolge aufweist, die im Betrieb
des Halbleiterbauelements eine elektromagnetische Strahlung eines ersten
Wellenlängenbereiches aus dem ultravioletten, blauen und/oder grünen Spektralbereich
aussendet. Das Lumineszenzkonversionselement wandelt dabei einen Teil der aus dem
ersten Wellenlängenbereich stammenden Strahlung in Strahlung eines zweiten
Wellenlängenbereiches derart um, dass das Halbleiterbauelement Mischstrahlung,
insbesondere mischfarbiges Licht, bestehend aus Strahlung des ersten
Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches aussendet.
Als bevorzugt wird erwähnt, dass das Lumineszenzkonversionselement einen Teil der
vom Halbleiterkörper ausgesandten Strahlung nur über einen spektralen Teilbereich
des ersten Wellenlängenbereichs spektral selektiv absorbiert und im längerwelligen
Bereich (im zweiten Wellenlängenbereich) emittiert.
56
Dass die Vergussmasse der angegriffenen Ausführungsform den genannten
Anforderungen vollständig entspricht, stellen die Beklagten nicht in Abrede, weshalb die
Verwirklichung der Merkmale 6 und 7 im Rechtsstreit auch unstreitig ist. Dies aber
rechtfertigt auch die Feststellung, dass die angegriffene Ausführungsform über ein
Lumineszenzkonversionselement im Sinne des Klagepatents verfügt.
57
2.
58
Merkmal 9 verlangt, dass die Lumineszenzkonversionsschicht durchweg eine konstante
Dicke aufweist.
59
Welche technische Wirkung hiermit erreicht werden soll, erläutert die Klagepatentschrift
dem Fachmann in Absatz [0016]. Dort heißt es:
60
"... Um eine einheitliche Farbe des abgestrahlten Lichts sicherzustellen, ist
vorteilhafterweise die Lumineszenzkonversionsschicht derart ausgebildet, dass sie
durchweg eine konstante Dicke aufweist. Dies hat den besonderen Vorteil, dass
die Weglänge des von dem Halbleiterkörper abgestrahlten Lichts durch die
Lumineszenzkonversionsschicht hindurch für alle Strahlungsrichtungen nahezu
konstant ist. Dadurch kann erreicht werden, dass das Halbleiterbauelement in alle
Richtungen Licht derselben Farbe abstrahlt."
61
Mit der Anweisung des Merkmals 9 soll mithin bewerkstelligt werden, dass die
Leuchtdiode aus allen Betrachtungswinkeln Licht derselben Farbe abstrahlt.
62
Speziell zur Erzielung weißen Lichts schlägt das Klagepatent bevorzugt einen
Halbleiterkörper vor, der blaues Licht ausstrahlt, sowie als
Lumineszenzkonversionsumhüllung Epoxidharz, dem der anorganische Leuchtstoff
YAG:Ce beigemischt ist. In Abs. [0037] heißt es:
63
"Ein weißes Licht abstrahlendes erfindungsgemäßes Halbleiterbauelement lässt
sich besonders bevorzugt dadurch realisieren, dass ein zur Herstellung der
Lumineszenzkonversionsumhüllung oder -schicht verwendeter Epoxidharz der
anorganische Leuchtstoff YAG:Ce (YA3Al5O12:Ce3+) beigemischt ist. Ein Teil
einer von dem Halbleiterkörper ausgesandten blauen Strahlung wird von dem
anorganischen Leuchtstoff
64
YA3Al5O12:Ce3+ in den gelben Spektralbereich und somit in einen zur Farbe blau
komplementärfarbigen Wellenlängenbereich verschoben."
65
Die besonderen Vorzüge von YAG:Ce werden im weiteren Text mehrfach herausgestellt
(vgl. Abs. [0038], [0045], [0046]). Zu der bevorzugten Kombination von Epoxidharz und
einem anorganischen Leuchtstoff gibt die Klagepatentschrift gleichfalls weiterführende
Hinweise. So wird in Abs. [0032] ausgeführt, dass
66
"bei einer besonders vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Halbleiterbauelements das Lumineszenzkonversionselement teilweise aus einem
transparenten Epoxidharz [besteht], das mit einem anorganischen Leuchtstoff
versehen ist. Vorteilhafterweise lassen sich nämlich anorganische Leuchtstoffe auf
einfache Weise in Epoxidharz einbinden."
67
Abs. [0035] und [0036] fahren fort, dass
68
"um die Durchmischung der von dem Halbleiterkörper ausgesandten Strahlung des
ersten Wellenlängenbereichs mit der lumineszenzkonvertierten Strahlung des
zweiten Wellenlängenbereichs und damit die Farbhomogenität des abgestrahlten
Lichts zu verbessern, ..."
69
"... der anorganische Leuchtstoff in Pulverform verwendet [wird], wobei sich die
Leuchtstoffpartikel in den sie umhüllenden Stoff (Matrix) nicht lösen."
70
Hinzuweisen ist schließlich auf die Ausführungsbeispiele der Klagepatentschrift. Sie
sehen ebenfalls vor, dass
71
"die freien Oberflächen des Halbleiterkörpers und Teilbereiche der elektrischen
Anschlüsse mittelbar von einer Lumineszenzkonversionsumhüllung umschlossen
sind" (Abs. [0054]), wobei
die Lumineszenzkonversionsschicht "bevorzugt aus einem transparenten
Kunststoff (bevorzugt Epoxidharz ...) besteht, der mit Leuchtstoff, bevorzug
anorganischer Leuchtstoff, für weitleuchtende Bauelemente bevorzugt
YA3Al5O12:Ce3+ (YAG:Ce), versetzt ist". (Abs. [0055]).
72
73
Abs. [0056] stellt in Bezug auf eine solche Ausführungsform (nach Figur 1) fest,
74
"dass für die gesamte von dem Halbleiterkörper ausgesandte Strahlung die
Weglänge durch das Lumineszenzkonversionselement näherungsweise gleich
groß ist."
75
Eine konstante Dicke des Lumineszenzkonversionselements im Sinne von Merkmal 9
der technischen Lehre des Klagepatents erfordert für den Fachmann nach den
vorstehend angeführten Erkenntnissen nicht, dass das Element eine vollkommen
gleichmäßige Dicke aufweist. Vielmehr liegt eine konstante Dicke für den Fachmann
danach auch bei solchen Unterschieden in der Dicke vor, bei denen gleichwohl bewirkt
wird, dass das Halbleiterbauelement in alle Richtungen Licht derselben Farbe abstrahlt.
76
Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Der Fachmann erkennt, dass
die Abweichungen auf fertigungsbedingten Toleranzen beruhen, die für ihn nicht der
Merkmalsverwirklichung entgegenstehen.
77
Ausweislich ihrer eigenen Katalogangaben wird überdies über einen
Betrachtungswinkel von 90° weißes Mischlicht abgestrahlt; zu verweisen ist insoweit
auf die nachstehend eingeblendeten Seiten 18 (Auszug) und 6 der Anlage K 7.
78
Die erstgenannte Textstelle verweist auf einen "Viewing Angle" von 90° und nimmt
insoweit Bezug auf die Koordinaten "x = 0,33; y = 0,34". Der Inhalt dieser Bezugnahme
erschließt sich aus der oben an zweiter Stelle wiedergegebenen Abbildung. Sie besagt
nämlich, dass die angegebenen Koordinaten (x = 0,33; y = 0,339) der Fläche "b1"
entsprechen, mithin weißes Licht repräsentieren. Schon die eigene
Produktbeschreibung der Beklagten widerspricht ihrer Einlassung, dass Merkmal 9 nicht
verwirklicht werde. Zwar trifft es ausweislich der Anlagen K 37 und TW 4 zu, dass die
Leuchtstoffpartikel in der Vergussmasse nicht gleichmäßig verteilt sind. Auch Anlage
TW 4 lässt jedoch eine Matrixstruktur erkennen, bei der die Leuchtstoffe von Epoxidharz
umhüllt sind. Die Klagepatentschrift nennt nirgends eine spezielle Maßnahme, die eine
79
umhüllt sind. Die Klagepatentschrift nennt nirgends eine spezielle Maßnahme, die eine
zwangsläufige Sedimentierung der Leuchtstoffe verhindern könnte. Die Messungen der
Klägerin gemäß Anlagen K 33 und K 49 bestätigen die eigene Aussage der Beklagten
zum Weißlicht. Soweit die Beklagten mit Anlage TW 3 abweichende eigene Messungen
vorgenommen und dokumentiert haben, hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die
Bedingungen des CIE-Standards 127 (K 47a, 47b) nicht eingehalten sind. Die
Beklagten bestreiten zwar, dass der besagte Standard für die vorliegend in Rede
stehenden Messungen relevant ist und haben als Anlage TW 3 eine weitere Messung
vorgelegt. Der Vortrag der Beklagten ergibt jedoch nicht, dass die Messwerte die
Feststellung tragen, aus unterschiedlichen Richtungen werde nicht einheitlich weißes
Licht wahrgenommen.
Die aus Anlage TW 4 ersichtlichen Unterschiede in der Dicke der
Lumineszenzkonversionsschicht auf der Oberfläche des Halbleiterkörpers (Chip) stehen
danach einem Gebrauchmachen von Merkmal 9 nicht entgegen.
80
Nicht abzustellen ist insbesondere auf die großen Unterschiede in der Dicke der
aufgetragenen Lumineszenzkonversionsschicht bei Betrachtung der unmittelbaren
Oberfläche des Halbleiterkörpers einerseits und des den Halbleiterkörper umgebenden
Bereiches am Boden des Halbleiterbauelementes andererseits. Die Beschreibung des
Klagepatents führt in Abs. [0055] vielmehr aus, es sei ebenso denkbar, dass die
Lumineszenzkonversionsschicht nur einen Teilbereich der Oberfläche der transparenten
Umhüllung des Halbleiterkörpers und der elektrischen Anschlüsse bedeckt. Eine solche
Variante liegt beispielsweise vor, wenn die Seitenflächen des quaderförmigern
Halbleiterkörpers – ganz oder teilweise – frei von Leuchtstoffpartikeln sind, wie dies
auch bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist. Die besagte Aussage der
Klagepatentschrift korrespondiert damit, dass die Strahlung eines quaderartigen
Halbleiterbauelementes, wie es in der angegriffenen Ausführungsform verwendet wird,
ganz überwiegend und entscheidend an der Oberseite des Halbleiterkörpers – und nicht
an den Seiten – auftritt. Weil dem so ist, sind spezielle Formen von Halbleiterkörpern im
Einsatz, die es dank ihrer besonderen, von der Quaderform abweichenden Gestaltung,
ermöglichen, dass auch an den Seitenteilen eine nennenswerte Strahlung austritt.
Soweit die Beklagte dem mit der Vorlage von Messungen entgegengetreten ist, die die
Strahlungsrichtung der von ihr verwendeten Halbleiterbauelemente wiedergeben, führt
dies zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen lassen diese Messungen keine Aussage
darüber zu, an welcher Stelle des Halbleiterkörpers – auf der Oberfläche oder von den
Seitenflächen – die Strahlung austritt. Es ist klar, dass auch von der Oberfläche des
Halbleiterkörpers elektromagnetische Strahlung in anderen Winkeln als 90° austritt.
Abgesehen davon zeigen die unterschiedlichen Bauformen von Halbleiterkörpern
signifikante Unterschiede gerade in den Randbereichen des Winkel-Spektrums.
81
III.
82
Die Beklagten zu 1) und 2) sind aufgrund der vorstehenden Feststellungen der Klägerin
zur Unterlassung ihrer Angebots- und Vertriebshandlungen verpflichtet (Art. 64 EPÜ,
§§ 139 Abs. 1, 9 Satz 2 Ziff. 1 PatG).
83
Mit Rücksicht auf die bereits vorgefallenen Angebots- und Vertriebshandlungen
schulden die Beklagten für den Zeitraum zwischen Anmeldung und Erteilung des
Klagepatents der Klägerin Entschädigung (Art. II § 1 IntPatÜG). Für die Zeit nach
Erteilung haften die Beklagten der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG auf
Schadenersatz, da sie schuldhaft gehandelt haben. Als Fachunternehmen hätten die
84
Beklagten die Verletzung des Klagepatents bei Anwendung der im Geschäftsverkehr
erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können (§ 276 BGB). Da die genaue Höhe
der Entschädigung und des Schadens derzeit noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein
rechtliches Interesse daran, dass die Haftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach
festgestellt wird (§ 256 ZPO).
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden
Schadenersatzanspruch beziffern zu können, schulden die Beklagten im zuerkannten
Umfang Auskunft und Rechnungslegung (§ 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB). Hinsichtlich
der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer ist den Beklagten der
von der Klägerin im Antrag bereits berücksichtigte Wirtschaftsprüfervorbehalt
einzuräumen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger).
85
Gemäß § 140 a PatG ist die Beklagte zu 1) schließlich verpflichtet, die
patentverletzenden Gegenstände, soweit sie sich in der Bundesrepublik Deutschland in
ihrem Besitz oder Eigentum befinden, zu vernichten.
86
IV.
87
Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten auf den kartellrechtlichen
Zwangslizenzeinwand.
88
1.
89
Allerdings gehen die Beklagten zu Recht davon aus, dass der Kartellrechtseinwand im
Prozess über die Verletzung eines Patents zu berücksichtigen ist (Kammer, InstGE 7, 70
– Videosignal-Codierung I).
90
2.
91
a)
92
Führt der Verletzungsbeklagte zu seiner Rechtsverteidigung an, der Patentinhaber sei
aufgrund kartellrechtlicher Vorschriften (z.B. Art. 82 EG, §§ 19, 20 GWB) verpflichtet, ihm
am Gegenstand des Klageschutzrechts eine (Zwangs-)Lizenz zu erteilen, so kann sich
eine solche Pflicht vordringlich aus europäischen Kartellvorschriften – und hier
namentlich aus Art. 82 EG – ergeben. Sie setzt voraus, dass der Patentinhaber eine
marktbeherrschende Stellung innehat und außergewöhnliche Umstände gegeben sind.
Solche liegen nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2004, 524 – IMS Health)
vor, wenn (kumulativ)
93
die begehrte Schutzrechtsbenutzung die Ausübung der Tätigkeit des Benutzers
dergestalt unentbehrlich ist, dass für sie auf gehörige eigene Anstrengung des
Schutzrechtsbenutzers kein tatsächlicher oder realistischer potentieller Ersatz
vorhanden ist,
das lizenzsuchende Unternehmen beabsichtigt, auf dem Markt neue Erzeugnisse
oder Dienstleistungen anzubieten, die der Schutzrechtsinhaber nicht offeriert und
für die eine potentielle Nachfrage der Verbraucher besteht,
94
die Lizenzverweigerung nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist und
durch die Verweigerung jeglicher Wettbewerb auf einem abgeleiteten
(benachbarten) Markt ausgeschlossen wird.
95
Diese Voraussetzungen sind vorliegend aus mehreren Gründen nicht gegeben.
Zunächst ist nicht zu erkennen, dass die Benutzung des Klageschutzrechts und weiterer
Schutzrechte der Klägerin für die Beklagten unentbehrlich ist, weil kein tatsächlicher
oder realistischer potentieller Ersatz besteht. Die Beklagten beschränken sich darauf,
dass das Verfahren der Lumineszenzkonversion als gegenüber Multi-LEDs vorteilhaft
zu beschreiben und zu behaupten, beim Verbraucher sei keine Substituierbarkeit mehr
gegeben. Dies genügt der – bei den Beklagten liegenden – Darlegungslast für das
Vorliegen einer Unentbehrlichkeit nicht. Erforderlich wäre es vielmehr gewesen, konkret
für die von den Beklagten vorgesehenen Anwendungsbereiche nachzuweisen, dass die
Verwendung von Multi-LEDs auf diesem Gebiet faktisch ausgeschlossen ist. Nicht
einmal im Ansatz zeigen die Beklagten hingegen auf, dass dies in technischer oder
wirtschaftlicher Hinsicht der Fall sei. Insbesondere ergibt sich aus den von den
Beklagten vorgelegten allgemeinen Unterlagen zur LED-Technik nichts, das diese
Behauptung stützen würde. Zwar werden Unterschiede zwischen Multi-LEDs und dem
Verfahren der Lumineszenzkonversion erörtert; es findet sich aber keine Aussage, dass
das letztgenannte Verfahren stets und in allen Belangen überlegen wäre und die Multi-
LED-Technik praktisch obsolet gemacht hätte. Vielmehr weist die
Grundlageninformation zu Multi-LEDs (Anlage TW 3) auch für diese Technik
Anwendungsbereiche aus.
96
Ebenso wenig ist zu erkennen, dass die Beklagten beabsichtigen, auf dem Markt neue
Erzeugnisse oder Dienstleistungen anzubieten, die der Schutzrechtsinhaber nicht
offeriert. Es bleibt unklar, worin ein etwaiges neues Produkt der Beklagten bestehen
soll. Nachdem die Klägerin ihre Angebotspalette dargelegt hat, zu der auch
Spezialanfertigungen gehören, haben die Beklagten nur noch auf zwei konkrete LED-
Produkte verwiesen, ohne jedoch zu erläutern, was diese auszeichnet und aus welchem
Grund sie im Vergleich zur Produktpalette der Klägerin einzigartig sein sollen.
97
b)
98
Der Klägerin als Schutzrechtsinhaberin kann ebenso wenig vorgehalten werden, dass
ihre Lizenzierungspraxis diskriminierend ist (weil Lizenzsucher ohne sachlichen Grund
ungleich behandelt werden) oder dass von ihr unangemessene Lizenzgebühren
verlangt werden (sogenannter Ausbeutungsmissbrauch), wobei insoweit Art. 82 EG
(EUGH, Slg 1988, 6039 [6073] – Renault; Slg 1988, 6211 [6235] – Volvo/Veng) und
§ 19 Abs. 4 Nr. 2 und 3, § 20 GWB einschlägig sind.
99
aa)
100
Soweit es um den Einwand der Diskriminierung geht, sind zwei Fallkonstellationen
auseinander zu halten, die sich darin unterscheiden, ob das Schutzrecht, um dessen
zwangsweise Lizenzierung nachgesucht wird, Inhalt eines standardsetzenden
Regelwerks ist oder nicht.
101
Ist die patentgemäße Gestaltung nicht Teil einer Norm oder eines sonstigen zumindest
faktisch standardsetzenden Regelwerks und ergibt sich die Marktbeherrschung des
Schutzrechtsinhabers allein aus der technischen oder wirtschaftlichen Überlegenheit
der mit der patentierten Erfindung zur Verfügung gestellten Lehre, so hat der
Schutzrechtsinhaber einen grundsätzlich weiten Spielraum für die Vergabe von
Lizenzen und deren Bedingungen. Denn eine unterschiedliche Behandlung von
Lizenzinteressenten ist ein wesentliches Element der Ausschließlichkeit des Patents,
deren Wirkung gerade darin besteht, Dritte von der Benutzung der Erfindung
auszuschließen. Diese Befugnis schließt das Recht ein, nicht jedem Lizenzsucher,
sondern nur einzelnen Bewerbern eine Nutzungserlaubnis zu erteilen. Für die sachliche
Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von Lizenzsuchern besteht daher ein weiter
Spielraum (BGH, GRUR 2004, 966, 968 – Standard-Spundfass). Er wird nur dort
überschritten sein, wo sich für die Zurückweisung eines Lizenzangebotes kein
sachlicher Grund (zu denen z.B. unternehmensstrategische Erwägungen gehören)
finden lässt.
102
Strengere Anforderungen an die sachliche Berechtigung einer Ungleichbehandlung von
Lizenzsuchern gelten nur dann, wenn der Zugang zu einem der Lizenzvergabe
nachgelagerten Markt aufgrund einer Industrienorm oder normähnlichen
Rahmenbedingung von der Einhaltung der patentgemäßen Lehre abhängig ist und der
Patentinhaber diesen Umstand dazu ausnutzt, den Marktzutritt für das Angebot und den
Vertrieb erfindungsgemäßer Produkte nach Kriterien zu beschränken, die der
Zielsetzung des GWB (die Freiheit des Wettbewerbs zu gewährleisten) widersprechen
(BGH, GRUR 2004, 966 – Standard-Spundfass). Will der Patentinhaber
Lizenzinteressenten unterschiedlich behandeln, indem er einzelne von ihnen entweder
vollständig von einer Lizenzerteilung ausschließt oder Lizenzen zu schlechteren
Konditionen anbietet als anderen Lizenznehmern, muss er hierfür sachliche Gründe
anführen können. An sie dürfen keine zu geringen Anforderungen gestellt werden, wenn
die technische Lehre des Lizenzpatents zu einer Industrienorm erhoben worden ist, so
dass der Schutzrechtsinhaber seine marktbeherrschende Stellung nicht allein dem in
der patentierten Erfindung liegenden technischen Fortschritt verdankt, sondern im
wesentlichen auch der Tatsache, dass sich aufgrund des bestehenden
Industriestandards von vornherein keine Nachfrage nach anderen konkurrierenden
technischen Lösungen entwickeln kann (BGH, GRUR 2004, 966, 968 – Standard-
Spundfass). Ob die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist, richtet sich danach,
ob die relative Schlechterbehandlung der betroffenen Unternehmen als
wettbewerbskonformer, durch das jeweilige Angebot im Einzelfall bestimmter
Interessenausgleich erscheint oder aber auf Willkür bzw. wirtschaftlich/unternehmerisch
unvernünftigem Handeln beruht kann (BGH, GRUR 2004, 966, 969 – Standard-
Spundfass). Die Ausübung der Macht des Marktbeherrschers darf die betroffenen
Unternehmen (d.h. Lizenznehmer und Lizenzsucher) nicht in ihrer Wettbewerbsfähigkeit
untereinander beeinträchtigen (BGH, GRUR 2004, 966, 969 – Standard-Spundfass).
103
bb)
104
Dies vorausgeschickt ist zunächst – nach dem Vortrag der Beklagten – nicht
festzustellen, dass die patentgemäße Lösung Gegenstand einer Industrienorm oder
eines sonstigen standardsetzenden Regelwerks für die Herstellung von weißen LEDs
ist. Eine dahingehende Vereinbarung zwischen Marktteilnehmern oder zwischen
Marktteilnehmern und Dritten oder irgendeine Regelsetzung haben die Beklagten nicht
dargetan. Mit dem Hinweis auf einen "De-facto-Standard" behaupten die Beklagten
105
lediglich eine Situation, Die sich dadurch auszeichnet, dass der Patentinhaber eine
beherrschende Marktstellung allein den überlegenen technischen Wirklungen und/oder
wirtschaftlichen Vorteilen seiner Erfindung gegenüber anderen Lösungen verdankt.
Selbst wenn davon abgesehen wird, dass die Beklagten – wie oben dargelegt – bereits
nicht hinreichend dargetan haben, dass sich die Technik des Klageschutzrechts – unter
Verdrängung alternativer Techniken – im Sinne eines Standards durchgesetzt hat,
besteht unter solchen Umständen nach dem Vorgesagten ein weiter Spielraum für die
sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung. Die insoweit darlegungspflichtigen
Beklagten sind für die Behauptung, die Klägerin habe mit ihren Lizenznehmern andere
als die angeblichen Standardbedingungen vereinbart, beweislos geblieben. Aufgrund
des weiten Spielraums für eine sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung ist
es der Klägerin zudem möglich, ungleiche Sachverhalte gleich zu behandeln.
Insbesondere ist es ihr in diesem Zusammenhang zuzugestehen,
Meistbegünstigungsklauseln mit ihren Lizenznehmern zu vereinbaren und diese beim
Abschluss weiterer Lizenzverträge zu beachten. Ebenso ist es ihr zur grundsätzlichen
Vereinfachung der Lizenzierung wie auch zur Vermeidung eines etwaig von dritter Seite
erhobenen Vorwurfs der Ungleichbehandlung erlaubt, Standardbedingungen
anzubieten, die gegebenenfalls für einen Teil der Lizenzsucher den Markteintritt
erschweren. Überdies bietet der Sachverhalt weder im Rahmen einer konkreten
Betrachtung einen Anhalt dafür, dass die Lizenzgebühren aus den erzielbaren
Umsätzen der Beklagten nicht unter Wahrung eines ausreichenden Eigengewinns
bestritten werden können, noch bestehen im Rahmen einer typisierenden Betrachtung
Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin angebotenen Bedingungen unzumutbar
sind. Im Hinblick auf die Beklagten fehlt es vollständig an konkreten Zahlenangaben zu
den Herstellungskosten und ihren Umsatzerlösen. Zu Recht verweist die Klägerin
darauf, dass die Zweitbeklagte selbst ihren Umsatz mit weißen LEDs für das Jahr 2008
auf nahezu 4 Mio. US-Dollar geschätzt hat. Angesichts dessen, dass es sich nach dem
übereinstimmenden Vortrag der Parteien um einen von starkem Wachstum geprägten
Markt handelt und gerade das Klagepatent, welches Bestandteil des Lizenzangebotes
ist, eine Höchstlaufzeit bis zum Jahr 2017, d.h. von noch weiteren zehn Jahren hat, kann
ohne nähere und insbesondere die Schätzung aktualisierende Angaben nicht auf eine
Unangemessenheit der Konditionen geschlossen werden. Gleichermaßen haben die
Beklagten nicht konkret dargelegt, dass allein die von Ihnen angebotene Höhe der
Lizenzzahlungen interessengerecht wäre.
Berücksichtigt man darüber hinaus, dass nur eine auf den Durchschnitt abstellende
Betrachtung sicherstellt, dass der Vorwurf eines Ausbeutungsmissbrauchs nicht
ungerechtfertigt an den betriebswirtschaftlichen Sonderbedingungen eines einzelnen
Wettbewerbers anknüpft, dessen Rationalisierungsgrad beispielsweise unzureichend ist
oder dessen sonstige betriebliche Effizienz verbesserungsdürftig ist, sondern die für den
beherrschten Markt typischen Produktions- und Vertriebsbedingungen maßgeblich sind
(vgl. Kammer, InstGE 7, 70 [103f.], Rn 122 – Videosignal-Codierung I), spricht der
Umstand, dass die Klägerin die im Streit stehenden Schutzrechte in einer Mehrzahl von
Fällen bereits lizenziert hat, dafür, dass die typischen Marktbedingungen die Zahlung
der von der Klägerin geforderten Lizenzvergütung sehr wohl ermöglichen.
106
Auch die im Lizenzangebot enthaltene Art der Vergütung, d.h. eine Pauschalsumme
einerseits und eine Stücklizenz andererseits, sowie die Beschränkung des Umfangs der
Lizenz, d. h. die Ausnahme bestimmter Bereiche, erscheint nicht unangemessen. In
Lizenzverträgen wird als Bemessungsgrundlage für die Vergütungsberechnung zwar
vielfach der vom Lizenznehmer mit der lizenzierten Vorrichtung oder Sachgesamtheit
107
erzielte Umsatz vereinbart. Dahinter steht die Erwägung, dass eine Umsatzlizenz auf
einfache Weise eine angemessene Beteiligung des Patentinhabers an denjenigen
Vorteilen gewährleistet, die der Lizenznehmer aus der Benutzung des
Lizenzschutzrechtes tatsächlich gezogen hat. Die Gebräuchlichkeit einer Umsatzlizenz
besagt jedoch nicht, dass eine andere Art der Vergütungsberechnung (namentlich eine
Pauschalsumme unkombiniert mit einer Stücklizenz) unangemessen wäre. In gleicher
Weise ist es grundsätzlich Sache des Lizenzgebers, den Umfang der Lizenzgewährung
bestimmen und insbesondere auf bestimmte Sachbereiche beschränken zu können.
Abgesehen davon, dass diese Entscheidung im Ermessen des Schutzrechtsinhabers
liegt, können sich die Beklagten auch aus anderen Gründen nicht auf diesen Umstand
berufen. Denn ausweislich der als Anlage TW 12 vorgelegten Email, in der die
Zweitbeklagte die entsprechende Anfrage der Klägerin (Anlage TW 11) beantwortet hat,
hat sie lediglich um eine Lizenz für die Bereiche "backlighting in cell phones, notebook
and information technology" nachgesucht.
Nachdem die Klägerin die Einbeziehung von nicht-weißen LEDs in die
Lizenzvereinbarung unwidersprochen damit begründet hat, dass in diesem Bereich
bereits Verletzungen von Schutzrechten der Klägerin durch die Beklagten festgestellt
worden seien, kann auch dies (kartell-)rechtlich nicht beanstandet werden.
108
Selbst wenn man das Lizenzangebot der Klägerin aufgrund der Bedingungen,
insbesondere der Höhe der Vergütung, praktisch als Lizenzverweigerung ansähe, wäre
die Klägerin hierzu aufgrund der – von den Beklagten nicht widerlegten – Erwägungen,
unter Berücksichtigung bereits vereinbarter Meistbegünstigungsklauseln lediglich
Standardbedingungen anzubieten, berechtigt, da auch in dieser Hinsicht eine sachliche
Rechtfertigung zu bejahen wäre.
109
V.
110
Anlass, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über den gegen das Klagepatent
gestellten Löschungsantrag einstweilen auszusetzen (§ 148 ZPO), besteht nicht. Die
entgegengehaltenen Schriften rechtfertigen nicht die Annahme, dass der Einspruch mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird.
111
Der als B 1 entgegengehaltene Zeitungsausschnitt ist nicht zu berücksichtigen, da er in
Bezug auf die technische Lehre des Klagepatents keinen berücksichtigungsfähigen
Stand der Technik darstellt. Das Klagepatent nimmt eine Priorität vom 26. Juni 1996 in
Anspruch, während der Zeitungsausschnitt vom 13. September 1996 datiert. Das
Prioritätsdokument (DE-X) verwendet zwar nicht das Wort "Leuchtstoff", jedoch ist doch
wiederholt davon die Rede, dass die Lumineszenzkonversionsschicht mit einem
Lumineszenzfarbstoff versetzt ist (Spalte 2, Zeilen 51 bis 54; Spalte 3, Zeilen 3 bis 11).
In dem Zusammenhang wird ebenfalls die Wirkung im Sinne der Merkmale 6 bis 8
angesprochen, so dass sich schon daraus dem Fachmann erschließt, dass die
Lumineszenzfarbstoffe die Aufgabe haben, das vom Halbleiterkörper ausgehende Licht
erster Wellenlänge teils passieren zu lassen und teils zu konvertieren, und damit genau
die Funktion der Leuchtstoffe nach der Begrifflichkeit des Klagepatents zu erfüllen. Die
Beklagten behaupten – auch auf die diesbezüglichen Erörterungen im
Verhandlungstermin vom 22. Februar 2007 – nicht, dass die von der Offenlegungsschrift
ausdrücklich als geeignet angeführten Lumineszenzfarbstoffe (Spalte 5, Zeilen 22 bis
27) von ihrer Funktion her keine Leuchtstoffe seien. Die Annahme, es könne sich um
Farbstoffe handeln, deren Eigenart nach dem Vorbringen der Beklagten in ihrer
112
Löslichkeit liegen soll, verbietet sich auch deshalb, weil im Falle einer Löslichkeit ein
Absorptionsvermögen ausgeschlossen wäre. Soweit die Beklagten darauf abstellen,
das Prioritätsdokument offenbare nur organische Lumineszenzfarbstoffe, nicht aber
anorganische, verweist die Klägerin zu Recht auf die in Spalte 5, Zeile 7 erwähnte
Dotierung mit Ti3+, einer anorganischen Substanz. Der Einwand, die besagte Variante
beziehe sich auf ein infrarot-strahlendes Halbleiterbauelement, greift nicht durch, da
weder die technische Lehre der Entgegenhaltung noch diejenige des Klagepatents eine
Einschränkung bezüglich der Wellenlänge der erzeugten Strahlung enthält und die
Entgegenhaltung überdies ein solches Halbleiterelement ausdrücklich als
erfindungsgemäß bezeichnet (Spalte 5, Zeile 4/5). Ob es sich des weiteren bei der
Strahlung erster Wellenlänge um (für das menschliche Auge) sichtbare Strahlung
handelt oder nicht, ist ebenfalls unmaßgeblich.
Nicht zu berücksichtigen ist die Entgegenhaltung B 2 (EP X), da das Klagepatent
prioritätsälter ist. Das Klagepatent nimmt – wie bereits ausgeführt – zu Recht die Priorität
vom 26. Juni 1996 in Anspruch; die früheste von der Entgegenhaltung B 2 in Anspruch
genommene Priorität datiert hingegen vom 29. Juli 1996.
113
Die als Anlage B 3 entgegengehaltene japanische Offenlegungsschrift X war bereits
Gegenstand des Erteilungsverfahrens des Klagepatents. Sie betrifft einen von der
technischen Lehre des Klagepatents verschiedenen Gegenstand. Während das
Klagepatent sich mit einem Halbleiterbauelement befasst, das ein
Lumineszenzkonversionselement aufweist, dient das Halbleiterbauelement bei der
Entgegenhaltung lediglich dazu, eine im Abstand zum Halbleiterbauelement befindliche
Lichtverteilerplatte anzustrahlen. Das Halbleiterbauelement der Entgegenhaltung
sendet blaues Licht aus, wohingegen die technische Lehre des Klagepatents sich
gerade mit einem Halbleiterbauelement befasst, das als solches unter Mitwirkung des
Lumineszenzkonversionselements Mischlicht abstrahlt. Das
Lumineszenzkonversionselement ist dabei Bestandteil des lichtabstrahlenden
Halbleiterbauelements, und nicht – wie bei der Entgegenhaltung – ein davon separates,
der LED nachgeschaltetes Bauteil.
114
Auch die als Anlage B 4 entgegengehaltene US-Patentschrift X steht der
Schutzfähigkeit des Klagepatents nicht entgegen, da sie eine Quecksilberdampflampe
betrifft, die gegenüber LEDs gattungsfremd ist, so dass eine Übertragung der
Erkenntnisse für den Fachmann nicht nahegelegt ist.
115
VI.
116
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Der Klägerin waren
nach der Rücknahme der Klage gegen die Beklagte zu 3) ein Drittel der Gerichtskosten
aufzuerlegen, da eine Gebührenermäßigung gemäß KV 1211 nicht eintritt. Diese
verlangt die Beendigung des gesamten Verfahrens, d. h. hinsichtlich aller Beteiligten
(vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl. 2006, KV 1211 Rn 3).
117
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 709, 108 ZPO.
118
VII.
119
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
120
Bis zum 10. Oktober 2006: 1.000.000,00 €,
121
danach: 667.000,00 €.
122