Urteil des LG Düsseldorf vom 05.09.2001

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Landgericht Düsseldorf, 11 O 250/98
Datum:
05.09.2001
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
11. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 O 250/98
Tenor:
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche
Verhandlung vom 22. August 2001 durch die Richterin am Landgericht x
als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.300,00 DM nebst 6 %
Zinsen seit dem 05.04.1998 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des beizutreibenden Betrages. Die Sicherheitsleistung kann
auch durch die Bürgschaft einer im Raum der Europäischen Union
ansässigen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
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Das Fahrzeug der Beklagten, ein Opel Omega mit dem amtlichen Kennzeichen x, war
beim Kläger teilkaskoversichert. Die Beklagte meldete dem Kläger am 07.07.1997
telefonisch, dass das versicherte Fahrzeug am 06.07.1997 zwischen 17.45 Uhr und
19.15 Uhr in Olumouc in Tschechien gestohlen worden sei. In der Folgezeit überwies
der Kläger der Beklagten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs in Höhe von
insgesamt 28.600,00 DM abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von
300,00 DM.
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Im Dezember 1997 erhielt der Kläger eine Liste, die Interpol Warschau dem
Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellt hatte. Danach ist das Fahrzeug der
Beklagten, ein Opel Omega mit dem amtlichen Kennzeichen x, bereits am 05.07.1997,
also einen Tag vordem behaupteten Diebstahl, über Polen in einen Staat der
ehemaligen Sowjetunion durch Herrn x gebracht worden.
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Der Kläger verlangt nun Schadensersatz bzw. die Rückzahlung des ausgezahlten
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Wiederbeschaffungswerts. Er behauptet, das Fahrzeug sei tatsächlich bereits am
05.07.1997 über Polen in die ehemalige Sowjetunion gebracht worden. Dies werde
durch die Unterlagen über die Fahrzeugüberprüfung sowie die Personalien des
Fahrers, welche beim Grenzkontrollposten in Hrebenne aufbewahrt werden, bestätigt.
Der Kläger beantragt
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.300,00 DM nebst 6 % Zinsen seit dem
05.04.1998 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hält das angerufene Gericht für örtlich unzuständig und behauptet, das
oben genannte Kfz sei wie angezeigt am 06.07.1997 in Tschechien gestohlen worden.
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Die Strafakten 36 Ds 516/98 und 517/98 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken haben
vorgelegen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten des
Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n de :
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Das angerufene Gericht ist örtlich zuständig. Die diesbezüglichen Bedenken der
Beklagten greifen nicht durch. Gemäß § 13 ZPO ist zwar der allgemeine Gerichtsstand
einer Person durch deren Wohnsitz bestimmt. Sind jedoch mehrere Gerichte örtlich
zuständig, so hat der Kläger gemäß § 35 ZPO, die Wahl. Im Falle einer Klage aus
unerlaubter Handlung, gilt gemäß § 32 ZPO der besondere Gerichtsstand desjenigen
Gerichtes, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Dabei gilt § 32 ZPO
sowohl im Falle einer Straftat, als auch dann, wenn eine bürgerlich rechtliche Haftung in
Betracht kommt. Es reicht dafür aus, dass nach dem Vortrag des Klägers irgendein
Tatbestandsmerkmal dort verwirklicht wurde (LG Berlin BB 83, 1818). In Düsseldorf
wurde die Vermögensverfügung seitens des Klägers durchgeführt und dort ist auch die
Vermögensschädigung eingetreten. Aufgrund der Ausübung des Wahlrechts des
Klägers ist das angerufene Gericht deshalb zuständig. Der Kläger hat gegen den
Beklagten einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in Höhe von 28,300,00
DM gemäß §812 Abs. 1 S. 1 BGB. Aufgrund der Auszahlung des
Wiederbeschaffungswerts in Höhe von 28.300,00 DM hat die Beklagte durch Leistung
des Klägers einen Vermögensvorteil der Beklagten der Vermögensnachteil des Klägers
unmittelbar und in gleicher Höhe gegenübersteht.
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Es gab weiterhin auch keinen rechtlichen Grund für die Auszahlung des
Wiederbeschaffungswertes, da es sich nicht um einen von der Versicherungspolice
gedeckten Diebstahl handelt, sondern um die Vortäuschung einer Entwendung. Dabei
kann die Frage offengelassen werden, inwieweit es sich hier um einen Betrug im Sinne
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von § 263 StGB handelt, da diese für das Fehlen eines rechtlichen Grundes hier keine
Bedeutung entfaltet.
Die Vortäuschung der Entwendung steht fest aufgrund des Ergebnisses der
Beweisaufnahme. Klagt der Versicherer auf Rückzahlung einer zu Unrecht geleisteten
Entschädigung, so obliegt ihm die volle Beweislast für die Vortäuschung der
Entwendung (BGH NJW-RR 94, 988) und nicht, wie lange vertreten, das es an einer
solchen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, insbesondere aufgrund des äußeren
Erscheinungsbildes fehlt (OLG Hamm OLG Köln VersR 90, 484 m.w.N.). Die
Bestätigung der Fahrzeugüberprüfung, die beim Grenzkontrollposten in Hrebenne
aufbewahrt wird, beweist, dass der Wagen der Beklagten mit dem amtlichen
Kennzeichen x bereits am 05.07.1997 über die polnische Grenze gebracht wurde. Dies
bekräftigt auch die Aussage des Zeugen x, der als Grenzbeamter an diesem
Kontrollposten tätig ist und sich ebenfalls an die Kontrolle eines Opel Omega Kombi
erinnert. Die Aussage ist glaubhaft. Dass der Zeuge sich hierbei nicht an das genaue
Kennzeichen erinnern kann, hat auf die Ergiebigkeit und Glaubhaftigkeit seiner Aussage
keine Auswirkungen, da bei dem herrschenden Fahrzeugaufkommen an solch einem
Grenzposten es unglaubhaft erschienen wäre, wenn sich der Zeuge an genaue Details
zum Zeitpunkt der Befragung gut drei Jahre nach der Kontrolle hätte erinnern können.
Dem Vortrag der Beklagten ist auch nichts zu entnehmen, was diese Beweise entkräften
könnte. Die Behauptung, es müsse sich hierbei um einen unerklärlichen Fehler des
Grenzposten handeln, da das Auto sich zu diesem Zeitpunkt in Tschechien befunden
habe, erscheint im Lichte der vorliegenden behördlichen Unterlagen aus der Aussage
des Grenzbeamten unglaubhaft. Es handelt sich bei der Grenzkontrollstelle um eine
Behörde, die kein Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hat. Die
Richtigkeit der Angaben kann aufgrund ihrer strukturierten und genauen
Datenaufnahme nicht in Zweifel gezogen werden.
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Zinsen in der geforderten Höhe von 6 % schuldet die Beklagte gemäß §§ 288 Abs. 1 S.
2, 284 BGB, da sie der Zahlungsaufforderung des Klägers trotz Fälligkeit der Forderung
und Verstreichen der gesetzten Frist nicht nachgekommen ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 108 ZPO.
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