Urteil des LG Düsseldorf vom 27.02.2007

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Landgericht Düsseldorf, 4a O 281/05
Datum:
27.02.2007
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 281/05
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche,
unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in
der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank
oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
1
Der Kläger zu 1) ist Mitinhaber des deutschen Teils des europäischen Patents X
(nachfolgend: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 12. Februar 1997 unter
Inanspruchnahme dreier Prioritäten vom 12. Februar 1996, 17. Mai 1996 und 20.
Mai 1996 angemeldet, die Patentanmeldung am 02. Dezember 1998 veröffentlicht.
Die Veröffentlichung und Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung
erfolgte am 17. Mai 2000. Das Klagepatent, dessen deutscher Teil unter dem
Aktenzeichen X des Deutschen Patent- und Markenamtes geführt wird, steht in der
Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
2
Neben dem Kläger zu 1) Miterfinder ist und ursprünglicher Mitinhaber des
Klagepatents war Herr X. Seit dem 07. November 2005 ist neben dem Kläger zu 1)
eingetragene Mitinhaberin des deutschen Teils des Klagepatents die X, ein
schwedisches Unternehmen. Von dieser erwarb die Muttergesellschaft der Klägerin
zu 2), die X mit Sitz in den Niederlanden, gemäß Vertrag vom 29./30. Dezember
2006 unter anderem den hälftigen Anteil am Klagepatent. Diesen Anteil erwarb
wiederum die Klägerin zu 2) von der niederländischen X mit Übertragungs- und
Annahmeerklärung vom 18. Januar 2007. Zum Zeitpunkt des Schlusses der
mündlichen Verhandlung war noch die X im Patent- und Gebrauchsmusterregister
3
des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragene Mitinhaberin des deutschen
Teils des Klagepatents, wobei ein Antrag auf Umschreibung gestellt wurde.
Die Kläger nehmen die Beklagten, von denen die Beklagte zu 1) ein Unternehmen
mit Sitz in Irland ist und die Beklagten zu 2) und 3) deren Geschäftsführer sind,
wegen Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Schadensersatz sowie
Auskunft und Rechnungslegung in Anspruch.
4
Mit Schriftsatz vom 04. Januar 2007 (Anlage B17) hat die Beklagte zu 1) bei dem
Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent eingereicht, mit der
sie die Nichtigerklärung des Klagepatents im Umfang sämtlicher Ansprüche (mit
Ausnahme der Ansprüche 14, 15, 19, 20, 21 und 22) beantragt. Über die
Nichtigkeitsklage ist bislang nicht entschieden worden.
5
Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, betrifft ein Verfahren und
eine Vorrichtung zur Kontaktierung eines auf einem Substrat angeordneten
Drahtleiters mit den Anschlussflächen einer Chipeinheit bei der Herstellung einer
die Chipeinheit und eine Drahtspule aufweisenden Transpondereinheit. Dabei
handelt es sich um Maßnahmen bei der Herstellung so genannter RFID-Karten
("RFID" für Radiofrequenzidentifizierung), die auch als "Smart-Cards" bezeichnet
werden und drahtlos und durch zahlreiche Materialien hindurch von einer externen
Sende- und Empfangseinheit geortet werden können. RFID-Karten werden zu
vielfältigen Zwecken eingesetzt, etwa zur automatischen Personenerkennung oder
im Rahmen der elektronischen Warensicherung.
6
Die im vorliegenden Rechtsstreit in erster Linie geltend gemachten Ansprüche 1, 4
und 10 des Klagepatents haben folgenden Wortlaut:
7
1. Verfahren zur Kontaktierung eines auf einem Substrat (111)
angeordneten Drahtleiters (113) bei der Herstellung einer auf einem
Substrat (111) angeordneten, eine Drahtspule (112) und eine Chipeinheit
(115) aufweisenden Transpondereinheit, bei dem in einer ersten Phase der
Drahtleiter (113) über eine Anschlussfläche (118, 119) der Chipeinheit oder
einen die Anschlussfläche aufnehmenden Bereich hinweggeführt und
relativ zur Anschlussfläche (118, 119) bzw. dem der Anschlussfläche
zugeordneten Bereich auf dem Substrat (111) fixiert wird, und in einer
zweiten Phase die Verbindung des Drahtleiters (113) mit der
Anschlussfläche (118, 119) mittels einer Verbindungseinrichtung (125, 137)
erfolgt.
8
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die
Anordnung der Drahtspule auf dem Substrat des Drahtleiters mittels einer
als Ultraschalleinrichtung ausgebildeten Verlegevorrichtung erfolgt, derart,
dass der Drahtleiter (20) in einer Richtung quer zur Verlegeebene (28) mit
Ultraschall beaufschlagt wird, und die durch die Ultraschallbeaufschlagung
erzeugte Querbewegung (24) der Verlegevorrichtung (22) der in der
Verlegeebene (28) verlaufenden Verlegebewegung (29) überlagert wird.
9
10. Anwendung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche
4 bis 9 zur Herstellung eines Kartenmoduls (64) mit einem Substrat (55),
einer auf dem Substrat verlegten Spule (50) und einer mit der Spule (50)
10
verbundenen Chipeinheit (58), wobei in einer Verlegephase mittels der
Verlegevorrichtung (22) eine Spule (50) mit einem Spulenanfangsbereich
(51) und einem Spulenendbereich (52) auf dem Substrat (55) ausgebildet
wird und in einer nachfolgenden Verbindungsphase mittels einer
Verbindungsvorrichtung (60) eine Verbindung zwischen dem
Spulenanfangsbereich (51) und dem Spulenendbereich (52) mit
Anschlussflächen (59) der Chipeinheit (58) durchgeführt wird.
Wegen der im Rahmen von "Insbesondere"-Anträgen geltend gemachten
Unteransprüche 12 und 25 wird auf die vorgelegte Klagepatentschrift (Anlage
advotec.1) Bezug genommen.
11
Die Beklagte zu 1) mit Sitz in Irland und den Beklagten zu 2) und 3) als ihren
Geschäftsführern bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland
Transpondereinheiten und Kartenmodule, die vom Gegenstand des Anspruchs 1
bzw. der kombinierten Ansprüche 1, 4 und 10 des Klagepatents – wie zwischen den
Parteien unstreitig ist – wortsinngemäß Gebrauch machen und nachfolgend als
angegriffene Ausführungsformen bezeichnet werden. Die Beklagten lieferten am 12.
September 2003 insgesamt 101 als "P-Lam" bezeichnete Nutzenbögen (jeweils
umfassend 3 x 7 Karteninlets, die als Muster in Anlage advotec.9 vorliegen) als
kostenlose Muster an die X in X. Des Weiteren stellen die Beklagten auf ihrer
Internetseite die Produktbeschreibung der "Pre-Laminated RFID Inlays" bzw. der
"Contactless Smart Cards" zur Verfügung, wozu im Einzelnen auf die als Anlagen
advotec.11 bis advotec.16 vorgelegten Ausdrucke Bezug genommen wird. Die
Beklagten berufen sich zur Rechtfertigung ihrer Benutzung des
klagepatentgemäßen Verfahrens auf eine ihnen gegenüber eingetretene
Erschöpfung der Verbietungsrechte aus dem Klagepatent.
12
Die Verwertung der technischen Lehre unter anderem des Klagepatents erfolgte
ursprünglich durch Unternehmen der X. Sowohl die X als auch die X waren
hundertprozentige Tochterunternehmen der X. Während sich die erstgenannte
Gesellschaft mit der Herstellung der für die Produktion von RFID-Karten benötigten
automatischen Produktionsmaschinen befasste, die von der X vertrieben wurden,
stellte die zweitgenannte Gesellschaft die RFID-Karten selbst her. Unter dem 30.
Mai 2000 schlossen die Miterfinder und damaligen Mitinhaber des Klagepatents, der
Kläger zu 1) und Herr X, mit der X eine Lizenzvereinbarung, die in Kopie als Anlage
advotec.B sowie als Anlage B1 vorliegt.
13
Unter Ziffer 1. der Lizenzvereinbarung vom 30. Mai 2000, welche die damaligen
Mitinhaber (unter anderem) des Klagepatents, die Herren X und X, als "F" und "M"
sowie die X
14
"F und R erteilen A eine einfache Lizenz zur Benutzung der durch die
Vertragsschutzrechte definierten Gegenstände. F und R verpflichten sich, ihr
Recht zur Vergabe weiterer einfacher Lizenzen auf die Vergabe einer weiteren
Lizenz an die X, zu beschränken. Weiterhin verpflichten sich F und R keine
ausschließliche Lizenz betreffend die Vertragsschutzrechte zu erteilen. Eine
Benutzung eines von einem Vertragsschutzrecht definierten Gegenstands durch
F und R selbst kann nur mit Zustimmung von A erfolgen."
15
Gemäß Ziffer 2. der Lizenzvereinbarung vom 30. Mai 2000 (Anlage advotec.B /
16
Anlage B1) ist die X berechtigt, im Rahmen der ihr erteilten Lizenz Unterlizenzen zu
vergeben, soweit dem nicht bereits bestehende Verträge entgegenstehen.
Als die Gesellschaften der X in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten, wurde Mitte
des Jahres 2001 das Geschäftsfeld der Herstellung von automatischen
Produktionsmaschinen zur Fabrikation von RFID-Karten ausgegliedert und auf die
zu diesem Zweck neu gegründete X übertragen, deren alleiniger Gesellschafter der
Miterfinder X war und die ihren Sitz ebenfalls in X hatte. Mit Lizenzvereinbarung vom
06. Juni 2001 (vorgelegt als Anlage B2) wurde der X von der X eine Unterlizenz
unter anderem am Klagepatent erteilt. In § 1 (Lizenzvergabe) dieser
Lizenzvereinbarung heißt es wörtlich:
17
"Die Lizenzgeberin erteilt der Lizenznehmerin eine zeitlich unbeschränkte,
exklusive Lizenz zur Nutzung dieser Technologien mit der Einschränkung, dass
diese Technologien nur in denjenigen Ländern vertrieben werden dürfen, in
denen für die entsprechende Technologie kein Schutzrecht vorliegt."
18
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die als Anlage B2 zu den Akten gereichte
Kopie Bezug genommen. Mit Zusatzvertrag vom 20. Dezember 2001 (vorgelegt als
Anlage B3) wurde die der X bereits erteilte Lizenz dahin erweitert, dass sie die
lizenzierten Technologien auch in Japan vertreiben dürfe, obwohl dort ein
entsprechendes Schutzrecht vorliegt.
19
Vor dem Hintergrund aufgelaufener Rückstände der X gegenüber der X schlossen
diese beiden Unternehmen unter dem 02. Mai 2002 eine weitere Vereinbarung, die
von der Beklagten in Kopie als Anlage B4 vorgelegt wurde und deren Abschluss die
Kläger ursprünglich bestritten haben. In der Vorbemerkung dieser Vereinbarung
verweisen die Vertragsparteien auf erhebliche Zahlungsrückstände von "X"
gegenüber der X und auf Verzug der "X auch in Ansehung einer "Promissory-Note
vom 31.10.01". Nachdem sich "X" in § 1 zu einer vollständigen Erfüllung sämtlicher
Verbindlichkeiten gegenüber der Excenga technologies GmbH verpflichtet hatte,
sieht § 2 unter Verweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen einen
Eigentumsvorbehalt folgenden Inhalts vor:
20
"§ 2 Eigentumsvorbehalt
21
Wie in den AGB´s als Vertragsbestandteil aufgeführt ist, bleiben sämtliche
Maschinen, Maschinenteile etc. bis zu vollständigen Bezahlung Eigentum der
Excenga."
22
Gemäß § 3 werden die Produktionsmaschinen erst nach vollständiger Bezahlung
ausgeliefert. Unter Ziffer 4. der in Kopie als Anlage B4 vorgelegten Vereinbarung
vom 02. Mai 2002 heißt es wörtlich:
23
"§ 4 Rechte
24
Sollte sich X weiterhin in Verzug befinden und seinen Zahlungsverpflichtungen
nicht in vollem Umfang nachkommen, hat X mit sofortiger Wirkung folgende
Rechte:
25
a) X kann alle betroffenen Systeme verkaufen und zwar weltweit an alle
26
potentiellen Käufer.
b) X kann alle auf diesen Maschinen zu fertigenden Produkte selbst
herstellen und ebenfalls weltweit an alle potentiellen Käufer verkaufen. In
diesem Fall fallen weder Lizenzgebühren noch sonstige Kosten an."
27
Nachdem sich die wirtschaftlichen Umstände der Unternehmen der X weiter
verschlechtert hatten, mussten sie im Juli 2002 Insolvenz anmelden. Die
Insolvenzverfahren sind unter den Aktenzeichen X bis X bei dem Amtsgericht X
anhängig. Am 13. September 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das
Vermögen der X eröffnet und Rechtsanwalt X aus München zum Insolvenzverwalter
bestellt.
28
In der Folge musste auch die X Insolvenz anmelden. Das Insolvenzverfahren über
ihr Vermögen wurde am 01. Dezember 2002 eröffnet und Rechtsanwalt X aus
München zum Insolvenzverwalter bestellt. Diesem gelang es, den Geschäftsbetrieb
bis zum 30. April 2003 aufrecht zu erhalten. Mit Unternehmenskaufvertrag vom 29.
April 2003 veräußerte der Insolvenzverwalter Rechtsanwalt X mit Wirkung ab dem
01. Mai 2003 den Geschäftsbetrieb der X an eine Auffanggesellschaft, die von der X
gegründet worden war. Da die Auffanggesellschaft auch die Namensrechte der
Gemeinschuldnerin erworben hatte, firmierte sie ebenfalls als X", während die
Gemeinschuldnerin nunmehr als "X." firmierte. Im Folgenden wird die ursprüngliche
X auch als "X die Auffanggesellschaft als "X" bezeichnet. Die Auffanggesellschaft
(d.h. die X) meldete im Herbst 2003 ebenfalls Insolvenz an.
29
Die Beklagte zu 1) ist Eigentümerin zweier Produktionsmaschinen, auf denen sie
die streitgegenständlichen RFID-Cards nach der technischen Lehre des
Klagepatents herstellt. Diese Maschinen tragen die Seriennummern 100-027 und
100-022.
30
Die Maschine mit der Seriennummer 100-027 wurde im Jahre 2002 als
Gebrauchtmaschine von der X an die X verkauft und übereignet. Die Beklagte legt
hierzu als Anlage B9 die Kopie eines "Richtangebots" der X vom 07. Februar 2002
über zwei "AEC-HV Verlegelinien" vor, das mit der (X-) Seriennummer "100-011" -
wie zwischen den Parteien unstreitig ist - die Maschine mit der späteren (X
Seriennummer 100-027 bezeichnet. Mit Bestellung vom 11. Februar 2002 (Anlage
B10) erteilte die X den Lieferauftrag, der mit Rechnung der X vom 16. April 2002
(Anlage B11) abgerechnet wurde. Von der X wurde diese Maschine mit Vertrag vom
21./22. Mai 2003 (in Kopie vorgelegt als Anlage B6/6a) an die Beklagte zu 1)
veräußert.
31
Die Maschine mit der Seriennummer 100-022 wurde von der X hergestellt. Auf
wessen Auftrag und mit welcher ursprünglichen Bestimmung dies geschah, ist
zwischen den Parteien umstritten. Nach der Insolvenz auch der Auffanggesellschaft
(X) veräußerte Rechtsanwalt Dr. X, der auch zum Insolvenzverwalter über das
Vermögen der X bestellt worden war, die Maschine mit der Seriennummer 100-022
gemäß Kaufvertrag vom 23. Dezember 2003 bzw. 15. Januar 2004 (in Kopie
vorgelegt als Anlage B7) an die Beklagte zu 1). Ob Verkauf und Veräußerung in der
Eigenschaft des Rechtsanwalts X als Insolvenzverwalter der ersten oder der
zweiten Excenga erfolgt sind, ist auch nach dem Sachvortrag der Beklagten offen.
32
Nach Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen der X am 13. September 2002
schloss deren Insolvenzverwalter Rechtsanwalt X am 07. Oktober 2002 einen
Kaufvertrag über betriebliches Anlage- und Umlaufvermögen mit der Klägerin zu 2),
der in Kopie als Anlage advotec.18 vorliegt. In den Vorbemerkungen dieses
Vertrags heißt es betreffend die X (Schuldnerin) wörtlich:
33
"Das Unternehmen verfügt über eigene gewerbliche Schutzrechte, welche der
Verkäufer zu übertragen beabsichtigt.
34
Weiterhin ist die Schuldnerin Inhaberin verschiedener einfacher Lizenzen an
Schutzrechten der Herren X und X. Diesbezüglich beabsichtigt der Verkäufer,
Unterlizenzen zu vergeben. Hinsichtlich dieser Schutzrechte verpflichten sich
die Inhaber, weder ausschließliche noch weitere einfache Lizenzen zu
vergeben. Ausgenommen hiervon ist lediglich die X der ebenfalls eine einfache
Lizenz eingeräumt wurde."
35
§ 1 Ziffer 1 (Anlagevermögen) lit. b) (Unterlizenzen) des Kaufvertrags unter Ziffer II.
lautet in den Absätzen 2 bis 4 (Anlage advotec.18, Seite 3/4) wie folgt:
36
"Der Verkäufer erteilt der Käuferin die einfache Lizenz zur Benutzung der durch
die Vertragsschutzrechte definierten Gegenstände. Die Lizenz gilt für alle
Länder, in denen die Patente gemäß Anlage 2 durch Registrierung zu Gunsten
der Inhaber geschützt sind.
37
Die Käuferin ist berechtigt, im Rahmen der ihr erteilten Unterlizenz weitere,
eigene Unterlizenzen zu vergeben, soweit dem nicht bereits bestehende
Verträge entgegenstehen. Die Erlöse aus der Vergabe von Unterlizenzen
kommt der Käuferin zu.
38
Die Käuferin erhält die Befugnis, gerichtlich gegen Schutzrechtsverletzungen
vorzugehen. Die Kosten der Rechtsverfolgung sind von der Käuferin zu tragen."
39
In der von den Klägern als Anlage advotec.A vorgelegten notariellen Urkunde vom
16. September 2003, die sich auf eine "Fassung vom 13. August 2003" bezieht,
unterbreitet der Insolvenzverwalter Rechtsanwalt X der X als Verkäufer gegenüber
der Klägerin zu 2) als Käuferin das Angebot zum Erwerb sämtlicher
Geschäftsanteile an der X. Zugleich werden in dieser Urkunde "Klarstellungen"
hinsichtlich des Kaufvertrags vom 07. Oktober 2002 (Anlage advotec.18)
vorgenommen. So seien sich die Vertragsparteien darüber einig, dass sich "aus
dem Normenkontext" der Lizenzvereinbarung vom 30. Mai 2000 (Anlage advotec.B
und Anlage B1), "der tatsächlichen Sachlage sowie der Aussage des
Patentinhabers X" ergebe, dass es sich faktisch um eine ausschließliche Lizenz
handele. Gemäß Ziffer II. Absatz 4 der notariellen Urkunde gemäß Anlage advotec.A
erteilt der Insolvenzverwalter der Klägerin zu 2) "die ausschließliche Lizenz zur
Benutzung der durch die Vertragsschutzrechte definierten Gegenstände".
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf Anlage advotec.A Bezug genommen.
40
Die Klägerin zu 2) hält sich für aktivlegitimiert, die Klageansprüche auf
Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung gerichtlich geltend
zu machen. Vorrangig ergebe sich dies aus dem Erwerb des deutschen Teils des
Klagepatents gemäß den Erwerbsvorgängen vom 29./30. Dezember 2006 und 18.
41
Januar 2007. Des Weiteren handele es sich entgegen dem Wortlaut des
Kaufvertrags vom 07. Oktober 2002 (Anlage advotec.18) und entsprechend der
"Klarstellung" in der notariellen Urkunde vom 16. September 2003 (Anlage
advotec.A) bei der ihr von dem Insolvenzverwalter der X eingeräumten Lizenz nicht
lediglich um eine einfache, sondern der Sache nach um eine "faktische
ausschließliche Lizenz", aus der die Klägerin zu 2) ihre Aktivlegitimation herleiten
könne.
Die Kläger behaupten, die Maschine mit der Seriennummer 100-022 sei nicht im
Auftrag der X, sondern im Auftrag der X hergestellt worden. Sie sind der Ansicht, aus
diesem Grunde unterfalle sie nicht der Klausel in § 4 der Vereinbarung vom 02. Mai
2002 (Anlage B4); die X sei daher nicht zu einer Veräußerung nach Irland (wo
unstreitig ein dem Klagepatent entsprechender Patentschutz bestand) berechtigt
gewesen. § 4 lit. a) der Vereinbarung nach Anlage B4 meine mit dem Bezugsobjekt
"alle betroffenen Systeme" nur diejenigen, die dem Eigentumsvorbehalt nach dem
vorangehenden § 2 dieser Vereinbarung unterfallen, also von der X aufgrund einer
vertraglichen Beziehung zur X gefertigt und von der X an die X geliefert wurden. Auf
die Maschine 100-022 treffe § 4 der Vereinbarung nach Anlage B4 daher ebenso
wenig zu wie auf die Maschine 100-027. Eine Erschöpfung der Verbietungsrechte
der Patentinhaber aus dem Klagepatent sei hinsichtlich keiner der beiden
Maschinen eingetreten. Die Beklagten könnten daher keine Erlaubnis zum Vertrieb
der auf diesen Maschinen hergestellten Transpondereinheiten nach Deutschland
geltend machen.
42
Die Kläger beantragen,
43
I. die Beklagten zu verurteilen,
44
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 50.000,00, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt
zwei Jahren,
45
zu unterlassen,
46
im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents X
47
auf einem Substrat angeordnete, eine Drahtspule und eine Chipeinheit
aufweisende Transpondereinheiten anzubieten, in den Verkehr zu
bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder
einzuführen oder zu besitzen,
48
bei deren Herstellung die Kontaktierung des auf dem Substrat
angeordneten Drahtleiters mit einer Anschlussfläche der Chipeinheit
derart erfolgt, dass zur Kontaktierung eines auf dem Substrat
angeordneten Drahtleiters bei der Herstellung einer auf dem Substrat
angeordneten, die Drahtspule und die Chipeinheit aufweisenden
Transpondereinheit in einer ersten Phase der Drahtleiter über eine
Anschlussfläche der Chipeinheit hinweggeführt und relativ zur
Anschlussfläche auf dem Substrat fixiert wird, und in einer zweiten
49
Phase die Verbindung des Drahtleiters mit der Anschlussfläche mittels
der Verbindungseinrichtung erfolgt
oder
50
Kartenmodule mit einem Substrat, einer auf dem Substrat verlegten
Spule und einer mit der Spule verbundenen Chipeinheit anzubieten, in
den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten
Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
51
bei denen in einer Verlegephase mittels einer Verlegevorrichtung eine
Spule mit einem Spulenanfangsbereich und einem Spulenendbereich
auf dem Substrat ausgebildet wird,
52
derart, dass in der Verlegephase die Anordnung der Drahtspule auf dem
Substrat eines Drahtleiters mittels der als Ultraschalleinrichtung
ausgebildeten Verlegevorrichtung erfolgt, mittels der Verlegevorrichtung
der Drahtleiter in einer Richtung quer zur Verlegeebene mit Ultraschall
beaufschlagt wird, und die durch die Ultraschallbeaufschlagung
erzeugte Querbewegung der Verlegevorrichtung der in der
Verlegeebene verlaufenden Verlegebewegung überlagert wird,
53
und in einer nachfolgenden Verbindungsphase mittels einer
Verbindungsvorrichtung eine Verbindung zwischen dem
Spulenanfangsbereich und dem Spulenendbereich mit
Anschlussflächen der Chipeinheit durchgeführt wird,
54
derart, dass zur Kontaktierung eines auf dem Substrat angeordneten
Drahtleiters bei der Herstellung einer auf dem Substrat angeordneten,
die Drahtspule und die Chipeinheit aufweisenden Transpondereinheit in
einer ersten Phase der Drahtleiter über eine Anschlussfläche der
Chipeinheit hinwegführt und relativ zur Anschlussfläche auf dem
Substrat fixiert wird, und in einer zweiten Phase die Verbindung des
Drahtleiters mit der Anschlussfläche mittels der Verbindungseinrichtung
erfolgt;
55
2. den Klägern unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten
Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die
zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 02. Januar 1999
(einschließlich der Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung)
begangen haben, und zwar unter Angabe
56
a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
57
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -
zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen
und Anschriften der Abnehmer,
58
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -
zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen
und Anschriften der Angebotsempfänger,
59
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern,
deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
60
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
61
wobei der Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und
Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und ihrer
Angebotsempfänger einem von den Klägern zu bezeichnenden, zur
Verschwiegenheit gegenüber den Klägern verpflichteten vereidigten
Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigen, den
Klägern darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder
Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
62
II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägern allen
Schaden zu ersetzen, der diesen durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten,
seit dem 02. Januar 1999 begangenen Handlungen bereits entstanden ist
und noch entstehen wird.
63
Die Beklagten beantragen,
64
die Klage abzuweisen,
65
hilfsweise, den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss der gegen das
Klagepatent gerichteten Nichtigkeitsklage auszusetzen,
66
weiter hilfsweise, den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung
gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden.
67
Die Beklagten stellen die Aktivlegitimation der Klägerin zu 2) unter jedem der
klägerseits vorgetragenen Gesichtspunkte in Abrede. Sie halten die
Verbietungsrechte der Kläger aus dem Klagepatent für erschöpft, weil die
vorbehaltlosen Veräußerungsvorgänge beide Maschinen mit den Seriennummern
100-027 und 100-022 hätten patentfrei werden lassen. Aus diesem Grunde seien
auch die Verbietungsrechte der Patentinhaber im Hinblick auf die auf diesen
Maschinen hergestellten Transpondereinheiten und Kartenmodule erschöpft.
Unabhängig von einer Erschöpfung hinsichtlich der Maschine 100-022 sei die Klage
schon wegen des Verkaufs der Maschine 100-027 von der X an die erste Excenga
unbegründet. Da die im September 2003 als Muster an die X gelieferten
Transpondereinheiten auf der Maschine 100-027 hergestellt worden und damit
patentfrei gewesen seien, fehle es sowohl an einer Wiederholungs- als auch an
einer Erstbegehungsgefahr. Denn die Beklagten beabsichtigten nicht, auf der
Maschine 100-022 hergestellte Transpondereinheiten nach Deutschland zu liefern,
bevor die Rechtmäßigkeit dieses Verhaltens durch den vorliegenden Rechtsstreit
verbindlich geklärt sei.
68
Die Beklagten tragen mit dem ihnen im Termin vom 23. Januar 2007
nachgelassenen Schriftsatz vom 02. Februar 2007 in Erwiderung auf den
Triplikschriftsatz der Kläger vom 22. Januar 2007 vor, die Maschine 100-022 sei
zwar an die erst am 22. April 2002 von Mitarbeitern der X gegründete X am 08.
69
August 2002 geliefert worden. Von dort sei sie (wie als solches zwischen den
Parteien nicht in Streit steht) aufgrund eines Eigentumsvorbehalts an die X
zurückgefallen. Die Herstellung dieser Maschine durch die X habe aber noch auf
einem Auftrag der X beruht. Dieser sei der X nach Einstellung des
Geschäftsbetriebs durch die X zum 30. Juni 2001 und Gründung der X zum 01. Juli
2001 erteilt worden. Erst als die von der X in den Blick genommene
Weiterveräußerung der Maschine 100-022 gescheitert sei, sei diese Maschine bis
zur Veräußerung an die X auf dem Lager der X verblieben. Die Beklagten meinen,
deshalb unterfalle auch die Maschine 100-022 der Regelung in § 4 lit. a) der
Vereinbarung vom 02. Mai 2002 (Anlage B4) und habe daher patentfrei an die
Beklagte zu 1) veräußert werden können.
Jedenfalls sei die Verhandlung in dem vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen, weil
die technische Lehre des Klagepatents neuheitsschädlich vorweggenommen sei, es
ihr zumindest an der erforderlichen Erfindungshöhe fehle. Insoweit nehmen die
Beklagten auf den Vortrag der Beklagten zu 1) im Nichtigkeitsverfahren vor dem
Bundespatentgericht (Anlage B17 nebst Anlagen NK01 bis NK05) Bezug.
70
Dem treten die Kläger entgegen. Sie stellen in Abrede, dass sowohl hinsichtlich der
Maschine 100-027 als auch der Maschine 100-022 sowie der auf ihnen hergestellten
Transpondereinheiten und Kartenmodule Erschöpfung eingetreten sei. Die von
berechtigter Seite erfolgte Veräußerung einer Vorrichtung, mit deren Hilfe ein
patentgeschütztes Verfahren ausgeübt werden kann, führe bereits aus grundsätzlichen
Erwägungen nicht zur Erschöpfung des betroffenen Verfahrenspatents. Einfache
Lizenzen, wie sie die Vereinbarungen nach Anlagen B2, B3 und B4 darstellten, seien
nicht ohne Zustimmung des Lizenzgebers, hier der X übertragbar, zumal ein Übergang
der Lizenzverträge nach Anlagen B2, B3 und B4 von der X auf die Auffanggesellschaft
(X) von den Beklagten nicht dargetan sei. Die Kläger vermissen einen Nachweis der
Beklagten, dass die Maschine mit der Seriennummer 100-027 wirksam auf die X
übergegangen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Den Klägern stehen die geltend gemachten
Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung aus
Art. 64 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2; 140b Abs. 1 und 2 PatG; §§ 242;
259 BGB nicht zu.
Soweit die Herstellung von Transpondereinheiten und Kartenmodulen auf der
Maschine 100-027 vorgenommen wird, erfolgt die Benutzung des von den Ansprüchen
1, 4 und 10 des Klagepatents geschützten Verfahrens unter Ausnutzung eines bereits
bei Veräußerung der Maschine von der X an die X konkludent eingeräumten
Benutzungsrechts am Verfahrenspatent, auf das sich die Beklagten berufen können.
Dieses Benutzungsrecht steht einer von den Klägern hier geltend gemachten
Verletzung des Klagepatents nach § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG entgegen. Ob den Beklagten
auch hinsichtlich der Maschine 100-022 ein Benutzungsrecht am klagepatentgemäßen
Verfahren zur Herstellung von Transpondereinheiten und Kartenmodulen zusteht, kann
für die vorliegende Entscheidung offen bleiben. Denn für Benutzungshandlungen durch
71
auf dieser zweiten Maschine hergestellte Kartenmodule bzw. Transpondereinheiten
fehlt es sowohl an einer Wiederholungs- als auch an einer Erstbegehungsgefahr.
Im Einzelnen:
I. Das Klagepatent betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zum Kontaktieren eines
auf einem Substrat angeordneten Drahtleiters mit den Kontaktflächen einer Chipeinheit
bei der Herstellung einer so genannten Transpondereinheit, wobei die
Transpondereinheit eine Drahtspule und eine Chipeinheit aufweist ("Transponder" für
engl. "transmitter" = Sender und "responder" = Antworter). Eine solche auf einem
Substrat angeordnete Transpondereinheit mit zumindest einer Chipeinheit und einer
Drahtspule vermag mit einer anderen elektrischen Einheit ohne mechanische
Kontaktierung durch Strominduktion zusammenzuwirken. Die Drahtspule - bestehend
aus einer Mehrzahl von Windungen eines elektrischen Leiterdrahts - dient der
Erzeugung von Induktionsstrom und fungiert als Sende- und Empfangsantenne.
Bei der Herstellung der Transpondereinheiten erweist sich die erforderliche
Kontaktierung der Spulenenden mit den Anschlussflächen der Chipeinheit als
besonderes Problem, weil die miteinander zu verbindenden Komponenten sehr kleine
Abmessungen aufweisen. Die Klagepatentschrift nennt für die in der Regel quadratisch
ausgebildeten Anschlussflächen der Chipeinheit Kantenlängen von 10 bis 15
Hundertstel Millimetern, für den Spulendraht beispielhaft einen Durchmesser von
üblicherweise 5 Hundertstel Millimetern (Anlage advotec.1, Abschnitt [0002]).
Aus dem Stand der Technik kennt die Klagepatentschrift ein Verfahren (nach der WO
91/16718; Anlage advotec.2, zugleich Anlage NK05 zu Anlage B17), bei dem eine
direkte Kontaktierung der Spulenenden mit den Anschlussflächen der Chipeinheit
dadurch umgangen wird, dass ein Kopplungselement zwischen den Spulendrahtenden
einer auf einem Spulensubstrat angeordneten Drahtspule und den Anschlussflächen
der Chipeinheit angeordnet wird. Als Kopplungselement wird, wie die
Klagepatentschrift beschreibt, nach dieser Lösung ein Kontaktsubstrat verwendet, das
im Vergleich zum Spulendrahtdurchmesser sehr groß bemessene Anschlussflächen
aufweist, auf denen eine Kontaktierung ohne große Anforderungen an die Genauigkeit
der Relativpositionierung zwischen den Spulendrahtenden und den Kontaktflächen
erfolgen könne. An diesem Verfahren kritisiert es die Klagepatentschrift als nachteilig,
dass die vergrößerten Anschlussflächen ihrerseits mit zusätzlichen Kontaktleitern
versehen werden müssen, so dass insgesamt mindestens drei Kontaktierungsschritte
erforderlich seien, um schließlich einen elektrisch leitenden Kontakt zwischen den
Anschlussflächen der Chipeinheit und der Drahtspule herzustellen (Anlage advotec.1,
Abschnitt [0003]).
Nach dem weiteren vorbekannten Verfahren aus der X (Anlage advotec.3, zugleich
Anlage NK02 zu Anlage B17) erfolge die Ausbildung und Fixierung der Spule sowie
die Verbindung der Spulendrähte mit den Anschlussflächen eines Chips ineinander
übergehend. Bei diesem Verfahren wird der Chip vor der Kontaktierung mit den
Spulendrahtenden auf dem Substrat angeordnet; die Kontaktierung erfolgt dann in
einem gemeinsamen Verfahrensschritt mit der Ausbildung und Fixierung der Spule auf
dem Spulensubstrat (Anlage advotec.1, Abschnitt [0004]), so dass zunächst ein
Spulendrahtende mit der ersten Anschlussfläche verbunden, sodann die Drahtspule
auf dem Spulensubstrat ausgebildet und schließlich das laufende (andere)
Spulendrahtende mit der zweiten Anschlussfläche der Chipeinheit verbunden wird.
Davon ausgehend liegt der technischen Lehre des Klagepatents die Aufgabe ("das
technische Problem") zugrunde, ein Verfahren sowie eine Vorrichtung vorzuschlagen,
die die unmittelbare Kontaktierung von Drahtenden auf den Anschlussflächen einer
Chipeinheit ermöglichen (Anlage advotec.1, Abschnitt [0005]) und es zugleich
vermeiden, die Ausbildung und Fixierung der Drahtspule sowie die Verbindung der
Spulendrahtenden mit den Anschlussflächen der Chipeinheit in einem unmittelbar
ineinander übergehenden Vorgang durchzuführen.
Zur Lösung schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 ein Verfahren zur
Herstellung einer auf einem Substrat angeordneten Transpondereinheit, die eine
Drahtspule und eine Chipeinheit aufweist, mit folgenden Merkmalen vor:
1.1 Verfahren zur Kontaktierung eines auf einem Substrat (111) angeordneten
Drahtleiters (20, 113) bei der Herstellung einer auf einem Substrat (111) angeordneten,
eine Drahtspule (112) und eine Chipeinheit (115) aufweisenden Transpondereinheit
mit folgenden Schritten:
1.2 In einer ersten Phase wird der Drahtleiter (113) über eine Anschlussfläche (118,
119) der Chipeinheit bzw. über einen die Anschlussfläche aufnehmenden Bereich
hinweggeführt und
1.3 relativ zur Anschlussfläche (118, 119) bzw. relativ zu dem der Anschlussfläche
zugeordneten Bereich auf dem Substrat (111) fixiert;
1.4 in einer zweiten Phase erfolgt die Verbindung des Drahtleiters (113) mit der
Anschlussfläche (118, 119) mittels einer Verbindungseinrichtung (125, 137).
Der unter anderem auf Patentanspruch 4 und dadurch auf Anspruch 1 rückbezogene
Anspruch 10 schützt ein Verfahren zur Herstellung eines Kartenmoduls. Das
Spulensubstrat dient als Substrat zur Aufnahme der Drahtspule im Zusammenhang mit
der Herstellung einer Chipkarte. Spulensubstrate, die in ihren Dimensionen dem
Format einer Chipkarte entsprechen, werden in Kombination mit der darauf
angeordneten Transpondereinheit auch als "Kartenmodule" (oder "Karteninlets")
bezeichnet, die zur Fertigstellung der Chipkarte in der Regel beidseitig mit
Decklaminatschichten versehen werden. Insoweit sieht Anspruch 10, rückbezogen auf
Ansprüche 4 und 1, die Kombination folgender Merkmale vor, wobei die nachfolgende
Gliederung die Herkunft der einzelnen Merkmale deutlich werden lässt:
10.1 Verfahren zur Herstellung eines Kartenmoduls (64) mit einem Substrat (55), einer
auf dem Substrat verlegten Spule (50) und einer mit der Spule verbundenen
Chipeinheit (58);
10.2 in einer Verlegephase wird mittels einer Verlegevorrichtung (22) eine Spule (50)
mit einem Spulenanfangsbereich (51) und einem Spulenendbereich (52) auf dem
Substrat (55) ausgebildet;
4.1 in der Verlegephase erfolgt die Anordnung der Drahtspule auf dem Substrat des
Drahtleiters mittels der als Ultraschalleinrichtung ausgebildeten Verlegevorrichtung;
4.2 mittels der Verlegevorrichtung wird der Drahtleiter (20) in einer Richtung quer zur
Verlegeebene (28) mit Ultraschall beaufschlagt;
4.3 die durch die Ultraschallbeaufschlagung erzeugte Querbewegung (24) der
Verlegevorrichtung (22) wird der in der Verlegeebene (28) verlaufenden
Verlegebewegung (29) überlagert;
10.3 in einer nachfolgenden Verbindungsphase wird mittels einer
Verbindungsvorrichtung (60) eine Verbindung zwischen dem Spulenanfangsbereich
(51) und dem Spulenendbereich (52) mit Anschlussflächen (59) der Chipeinheit (58)
durchgeführt;
1.1 zur Kontaktierung des auf dem Substrat (111) angeordneten Drahtleiters (113) bei
der Herstellung einer auf dem Substrat (111) angeordneten, eine Drahtspule (112) und
eine Chipeinheit (115) aufweisenden Transpondereinheit wird
1.2 in einer ersten Phase der Drahtleiter (113) über eine Anschlussfläche (118, 119) der
Chipeinheit bzw. über einen die Anschlussfläche aufnehmenden Bereich
hinweggeführt
1.3 und relativ zur Anschlussfläche (118, 119) bzw. relativ zu dem der Anschlussfläche
zugeordneten Bereich auf dem Substrat (111) fixiert;
1.4 in einer zweiten Phase erfolgt die Verbindung des Drahtleiters (113) mit der
Anschlussfläche (118, 119) mittels einer Verbindungseinrichtung (125, 137).
II. Da bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen unstreitig von der
technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht wird, handelt es sich - wie von
den Beklagten zu Recht nicht in Abrede gestellt wird - um unmittelbare Erzeugnisse
des patentgemäßen Verfahrens in Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG. Für die Frage der
Verwirklichung der geltend gemachten Patentansprüche bedarf es der näheren
Auslegung des Anspruchswortlauts daher nicht.
Auch im Hinblick auf den mit Rücksicht auf die gegen das Klagepatent angestrengte
Nichtigkeitsklage gestellten Aussetzungsantrag der Beklagten ist keine weitere
Auslegung der Ansprüche 1, 4 und 10 des Klagepatents vorzunehmen, weil die
vorliegende Klage mangels Verletzung abgewiesen wird. Es kann daher an dieser
Stelle ausdrücklich dahin gestellt bleiben, ob den Beklagten in ihrer Auslegung des
Merkmalsbestandteils "Substrat" dahin gefolgt werden kann, "Substrat" im
klagepatentgemäßen Sinne sei nicht nur ein dauerhaft vorhandenes Substrat,
sondern auch jede nur vorübergehende Unterlage, die dazu bestimmt und geeignet
sei, den Spulendraht und den Chip zumindest vorübergehend, nämlich für die Dauer
des beanspruchten Verfahrens zur Kontaktierung gemäß Anspruch 1, in einer
definierten Position relativ zueinander zu halten.
72
III. Des Weiteren kann die Frage der Aktivlegitimation für die zu treffende
Entscheidung im Ergebnis dahin stehen, wobei die Klägerin zu 2) ihre
Aktivlegitimation mangels ihrer Eintragung als Mitinhaberin des deutschen Teils des
Klagepatents im Patentregister zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen
Verhandlung (vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG) allenfalls aus einer vermeintlich
ausschließlichen Lizenz kraft des Vertrags vom 07. Oktober 2002 (Anlage
advotec.18) ableiten könnte. Ob ihr in der Annahme, die ihr an sich nur als einfache
Lizenz eingeräumte Benutzungserlaubnis stelle sich in Wahrheit als eine "faktisch
ausschließliche Lizenz" dar, zu folgen ist, bedarf hier keiner Klärung, weil die
Klägerin zu 2) selbst bejahendenfalls weder Unterlassungs- noch
Schadensersatzansprüche geltend machen noch vorbereitende Auskunft und
Rechnungslegung verlangen könnte.
73
Denn zumindest hinsichtlich der auf der Maschine mit der Seriennummer 100-027
hergestellten Transpondereinheiten und Kartenmodule handelt die Beklagte zu 1),
vertreten durch die Beklagten zu 2) und 3), als zur Benutzung der geltend
gemachten Verfahrensansprüche Berechtigte (vgl. nachfolgend unter 1.). Eine für
das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungs- oder
74
Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf Transpondereinheiten und Kartenmodule, die
unter Benutzung des patentgemäßen Verfahrens auf der zweiten Maschine mit der
Seriennummer 100-022 hergestellt wurden, ist nicht zu erkennen (vgl. 2.).
1. Im Tatsächlichen ist zwischen den Parteien in Bezug auf die Maschine mit der
Seriennummer 100-027 unstreitig, dass diese in der ersten Hälfte des Jahres 2002
von der X an die X (die erste Excenga) verkauft und übereignet wurde. Dies belegen
die als Anlagen B9 bis B12 in Kopie vorgelegten Dokumente, einschließlich der
gegenständlichen Identität der Einbettungsmaschine, die in den Unterlagen über
den Verkaufsvorgang (Anlagen B9 bis B11) als zweite dort jeweils genannte "AEC-
HV Verlegelinie" mit der (X Seriennummer "100.011" bezeichnet wird, mit der
Maschine, die von der Erwerberin (X) sodann mit der eigenen Seriennummer "100-
027" versehen und schließlich weiterveräußert wurde. Diesem insbesondere durch
die Anlage B12 substantiierten Vorbringen der Beklagten sind die Kläger weder im
Triplikschriftsatz vom 22. Januar 2007 noch in der mündlichen Verhandlung
entgegengetreten.
75
Mit dieser Veräußerung von der X an die X und dem Inverkehrbringen durch die X
als am Klagepatent Berechtigte war unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung (BGH, GRUR 1980, 38-40 – Fullplastverfahren) die konkludente
Einräumung eines Benutzungsrechts an dem klagepatentgemäßen Verfahren nach
den Ansprüchen 1, 4 und 10, das mit der veräußerten Maschine unstreitig
ausgeführt werden kann, verbunden. Wie der Bundesgerichtshof in der
Entscheidung "Fullplastverfahren" ausgesprochen hat, tritt durch die Veräußerung
einer Vorrichtung, mit deren Hilfe ein patentgeschütztes Verfahren ausgeübt werden
kann, eine Erschöpfung des Verfahrenspatents auch dann nicht ein, wenn der
Veräußerer zugleich Inhaber des Verfahrenspatents ist. Erschöpfung bezeichnet
den Verbrauch des Patentrechts hinsichtlich eines bestimmten patentgemäßen
Erzeugnisses (BGH, GRUR 1997, 116-118 – Prospekthalter; Benkard/Scharen,
PatG, GebrMG, 10. Auflage 2006, § 9 PatG Rn. 16 m.w.N.) und ist Rechtsfolge der
Tatsache, dass der Patentinhaber oder ein mit seiner Zustimmung handelnder
Dritter den betreffenden patentgeschützten Gegenstand (oder ein bestimmtes
unmittelbares Erzeugnis eines patentierten Verfahrens) innerhalb der
Bundesrepublik Deutschland, der EU oder des EWR in den Verkehr gebracht hat
(BGH, GRUR 1997, 116ff. – Prospekthalter; GRUR 2001, 223-226 –
Bodenwaschanlage). Allerdings wird durch das Inverkehrbringen einer zur
Ausübung eines geschützten Verfahrens erforderlichen Vorrichtung das Verfahren
selbst nicht in den Verkehr gebracht und es wird auch keine unmittelbare
Benutzungshandlung in Ausübung des Verfahrenspatents vorgenommen. Aus
diesem Grund hat das Inverkehrbringen der zur Verfahrensausübung geeigneten
Vorrichtung durch den Patentinhaber oder einen berechtigten Dritten keine
Erschöpfung des Verfahrenspatents zur Folge, soweit das Verfahren mit dieser
Vorrichtung ausgeübt wird. Der Grundsatz von der Erschöpfung des Patentrechts
findet daher hinsichtlich des Verfahrenspatents keine Anwendung (BGH, GRUR
1980, 38, 39 – Fullplastverfahren).
76
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob derjenige, der von einem Berechtigten
eine zur Ausübung des geschützten Verfahrens erforderliche Vorrichtung erworben
hat, diese bestimmungsgemäß benutzen darf. Dies ist mangels abweichender
ausdrücklicher Abreden regelmäßig der Fall, was auf eine stillschweigende
Lizenzerteilung am Verfahrenspatent gestützt werden kann (vgl. Benkard/Scharen,
77
a.a.O., § 9 PatG Rn. 25). Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(GRUR 1980, 38, 39 – Fullplastverfahren), dass es bei der Veräußerung einer
Vorrichtung, die nach dem Vertragszweck zur Ausübung des geschützten
Verfahrens bestimmt ist, dem Sinn des Vertrags widersprechen würde, wenn der
Veräußerer nunmehr dem Erwerber der Vorrichtung deren bestimmungsgemäße
Benutzung unter Berufung auf sein Verfahrenspatent verbieten könnte. Nach dem
Zweck eines solchen Veräußerungsvertrags sei deshalb regelmäßig anzunehmen,
dass der Veräußerer den Erwerber eine Erlaubnis zur Anwendung des geschützten
Verfahrens mit Hilfe der Vorrichtung auch dann erteilt hat, wenn ausdrückliche
Vereinbarungen über eine solche Lizenz weder in dem Kaufvertrag noch sonst
getroffen worden sind. Diese Rechtsfolge beruhe allerdings allein auf den
vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten und habe mit einer
Erschöpfung der das Verfahren betreffenden Schutzrechte nichts zu tun.
Legt man diese Grundsätze für die Veräußerung der Maschine 100-027 von der X
an die X zugrunde, so ist dieser von der X stillschweigend eine
Benutzungserlaubnis an dem Verfahrenspatent eingeräumt worden, wobei die X
kraft der Lizenzvereinbarung mit den damaligen Inhabern des Klagepatents vom 30.
Mai 2000 (Anlage advotec.B / Anlage B1) zur Nutzung unter anderem des
Klagepatents berechtigt war. Denn nur in Verbindung mit einer Benutzungserlaubnis
betreffend die klagepatentgemäßen Verfahrensansprüche machte eine
Veräußerung der zu ihrer Durchführung erforderlichen Vorrichtung an die X Sinn.
Dem stehen auch nicht die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens zwischen der X
und der X bestehenden Lizenzvereinbarungen vom 06. Juli 2001 (Anlage B2) und
vom 20. Dezember 2001 (Anlage B3) mit ihrer territorialen Einschränkungen
entgegen. Die genannten Vereinbarungen sind erkennbar nicht auf eine etwaige
Weiterveräußerung durch die X von der X erworbener Gebrauchtmaschinen
zugeschnitten, sondern betreffen allein die "Nutzung" der lizenzierten Technologien
durch Herstellung patentgemäßer Vorrichtungen durch die X und den
anschließenden Vertrieb dieser von der X selbst hergestellten Maschinen. Denn wie
zwischen den Parteien unstreitig ist, wurde die X eigens zu dem Zweck gegründet,
den Geschäftsbetrieb der X d.h. die Herstellung von patentgemäßen
Einbettungsmaschinen, fortzuführen, während die X zugleich ihren Geschäftsbetrieb
einstellte. Auf den Erwerb und die Weiterveräußerung von Gebrauchtmaschinen
sind diese Lizenzvereinbarungen daher nicht gerichtet. Dies gestehen die Kläger im
Ergebnis selbst zu, wenn sie angesichts der weiteren Vereinbarung vom 02. Mai
2002 (Anlage B4), welche die territorialen Beschränkungen der vorangegangenen
Lizenzvereinbarungen aufhob, zu § 4 lit. a) eine Vertragsauslegung vertreten, nach
der die territorial uneingeschränkte Vertriebslizenz nur für solche Maschinen gelten
soll, die dem Eigentumsvorbehalt nach § 2 unterfallen und folglich von der X an die
X geliefert worden sind. Nach Auffassung der Kläger unterfalle die Maschine 100-
027 der Vereinbarung nach Anlage B4 gerade deshalb nicht, weil sie im Gegensatz
zum Verständnis der Vertragsparteien von X an die X - und damit "in anderer
Richtung" als von der Vereinbarung nach Anlage B4 vorausgesetzt - geliefert wurde.
Wenn folglich die Vereinbarungen nach Anlagen B2 und B3 der X keine
Benutzungserlaubnis an der Maschine 100-027 im Hinblick auf die
Verfahrensansprüche vermitteln konnten, bedurfte es der konkludenten Einräumung
einer Benutzungserlaubnis bei Inverkehrbringen der Maschine 100-027 durch die X
als Berechtigte gegenüber der X.
78
Zwischen den Parteien steht hinsichtlich der Maschine 100-027 lediglich in Streit,
79
ob diese im Zeitpunkt ihres Inverkehrbringens - wie die Beklagten behaupten -
ausschließlich dazu ausgebildet war, RFID-Karten nach dem klagepatentgemäßen
Verfahren zur Kontaktierung eines Drahtleiters (Anspruch 1) bzw. dem Verfahren zur
Herstellung eines Kartenmoduls (Ansprüche 10, 4 und 1) herzustellen, oder ob die
Maschine nicht "in zwingend patentverletzender Ausführungsform" - wie die Kläger
vortragen - veräußert und in Verkehr gebracht wurde, also nicht ausschließlich zur
Herstellung von RFID-Karten nach dem durch das Klagepatent geschützten
Verfahren geeignet war. Diese Unterscheidung ist für die rechtliche Beurteilung, ob
mit dem Inverkehrbringen die konkludente Einräumung einer Benutzungsbefugnis
verknüpft war, jedoch nicht von Relevanz. Denn selbst wenn die Behauptung der
Beklagten nicht zuträfe, die Maschine also auch zur Ausübung anderer Verfahren,
die das Klagepatent nicht benutzen, geeignet gewesen wäre, ist nicht erkennbar,
dass die Veräußerung an die X unter Beschränkung auf die Benutzung bestimmter
Verfahren beschränkt gewesen wäre. Wenn die X die (nach dem Vorbringen der
Kläger: lediglich alternative) Benutzung des klagepatentgemäßen Verfahrens mit
der veräußerten Maschine 100-027 hätte ausschließen wollen, wäre ihr dies ohne
weiteres möglich gewesen. Dass eine solche Beschränkung vorgenommen worden
wäre, haben die Kläger jedoch selbst nicht behauptet. Es genügt für die konkludente
Einräumung einer Benutzungserlaubnis im Hinblick auf das klagepatentgemäße
Verfahren, dass die ohne Einschränkungen in Verkehr gebrachte Maschine zu
diesem Zeitpunkt auch zur Ausübung des geschützten Verfahrens in der Lage war,
was zwischen den Parteien nicht umstritten ist.
Es kann damit für die vorliegende Entscheidung dahin stehen, ob der Ansicht der
Beklagten zu folgen ist, im vorliegenden Fall sei es (über die Entscheidung
"Fullplastverfahren" hinaus) zu einer Erschöpfung auch der Verfahrensansprüche
gekommen, weil den Inhabern des Klagepatents hier - anders als im vom
Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - in Gestalt des Patentanspruchs 29 auch ein
Vorrichtungsanspruch zustehe, der im Ergebnis vollumfänglich eine Vorrichtung
betreffe, die zur Durchführung des Verfahrens nach einem der patentgemäßen
Verfahrensansprüche geeignet ist. Im Fall "Fullplastverfahren" sei der
Bundesgerichtshof für einen patentgeschützten Teil der Anlage davon
ausgegangen, dass dieser gemeinfrei geworden sei. Die Beklagten meinen, dies
auf den vorliegenden Fall, in dem für die gesamte Vorrichtung Sachschutz bestehe,
übertragen zu können, weshalb hier die gesamte Vorrichtung gemeinfrei geworden
sei. Dies müsse wiederum auf den Verfahrensanspruch durchschlagen, um die
durch das Inverkehrbringen bereits in vollem Umfang eingetretene Erschöpfung der
Vorrichtung nicht durch den Verfahrensanspruch wieder zu konterkarieren. Dabei
übersehen die Beklagten aber zum einen, dass der Bundesgerichtshof in der
Entscheidung "Fullplastverfahren" für den sachgeschützten Teil der Anlage nur
davon spricht, dass dieser "gegebenenfalls" gemeinfrei geworden sei (BGH, GRUR
1980, 38, 39 im viertletzten Absatz der Entscheidungsgründe unter II.). Zum anderen
wird das von den Beklagten postulierte Ziel, die eingetretene Erschöpfung des
Vorrichtungsanspruchs dürfe nicht durch den Verfahrensanspruch wieder
rückgängig gemacht werden, auch mit der hier im Einklang mit der
höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommenen konkludenten
Benutzungserlaubnis im Hinblick auf das parallel geschützte Verfahren erreicht. Das
von den Beklagten angenommene Bedürfnis nach einer "Erschöpfung" (auch) des
Verfahrenspatents besteht daher in Wahrheit gar nicht.
80
Ob die X die ihrerseits von der X als der Berechtigten erworbene Maschine 100-027
81
zugleich mit der konkludent eingeräumten Erlaubnis zur Benutzung des Verfahrens
weiterveräußern durfte, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. Benkard/Scharen, a.a.O.,
§ 9 PatG Rn. 25 mit Verweis auf RGZ 142, 168, 169f.). Diese Frage ist im
vorliegenden Fall nach dem Zweck des Veräußerungsgeschäfts zwischen der X
und der X – und zwar unabhängig von der Auslegung des § 4 lit. a) der
Vereinbarung vom 02. Mai 2002 (Anlage B4) - zu bejahen. Die zur Fortführung des
Geschäftsbetriebs der X eigens gegründete X war, wie den auf Seiten der
Verkäuferin verantwortlich Handelnden bekannt sein musste, ihrem Geschäftszweck
nach ausschließlich mit der Herstellung und der Veräußerung von
Fertigungsmaschinen für Transpondereinheiten und Kartenmodule befasst. Sie
setzte mit dieser Tätigkeit den Geschäftsbetrieb der Verkäuferin inhaltlich fort. Die
Benutzung der herzustellenden Maschinen zur Herstellung der Karten selbst - d.h.
die Tätigkeit der X - gehörte hingegen nicht zu den Aufgaben der Erwerberin X. Der
Erwerb der Gebrauchtmaschine 100-027 von der X im Frühjahr 2002 konnte daher
in für beide Vertragsparteien erkennbarer Weise allein zu dem Zweck erfolgen, die
Maschine weiter zu veräußern. Um der Erwerberin eine sachgemäße Nutzung der
erworbenen Maschine durch Weiterveräußerung zu ermöglichen, musste die
Benutzungserlaubnis daher an die Maschine geknüpft sein und mit dieser weiter
veräußert werden können. Andernfalls wäre die von der X zu einem für eine
Gebrauchtmaschine angemessenen Preis erworbene Vorrichtung schlechthin
unverkäuflich gewesen. Der an die X gezahlte Preis von 269.338,30 € (vgl. Anlage
B11) spricht daher neben dem Geschäftszweck der X weiter dafür, dass seitens der
Erwerberin (allein) eine Weiterveräußerung beabsichtigt war, weil eine Investition
dieser Größenordnung sinnvoller Weise nur vor dem Hintergrund eines
beabsichtigten Weiterverkaufs getätigt werden konnte. Zugleich musste der X die
Absicht der Weiterveräußerung durch die Erwerberin bekannt sein.
Die Weiterveräußerung der Maschine in das nicht patentfreie Ausland umfasst bei
interessengerechter Auslegung der konkludent eingeräumten Benutzungserlaubnis
auch das weitergehende Recht, im Ausland patentgemäß hergestellte Produkte
nach Deutschland zu vertreiben, weil es sich bei dem deutschen Markt um einen
potentiell bedeutsamen Absatzmarkt handelt, an dessen Belieferung etwaige
Abnehmer der Maschine ein legitimes Interesse haben konnten. Zugleich hatte
damit die X gegenüber der X ein schützenswertes Interesse daran, eine
Benutzungserlaubnis für weitere Erwerber eingeräumt zu bekommen, die auch eine
Belieferung des deutschen Marktes mit im Ausland hergestellten Karteninlets
einschließt, um bei der Weiterveräußerung der Maschine in das Ausland einen
ihrem Einkaufspreis angemessenen Verkaufspreis erzielen zu können. Territoriale
Beschränkungen analog den zum damaligen Zeitpunkt für von der X selbst
hergestellte Maschinen bestehenden Vereinbarungen gemäß Anlagen B2 und B3
wären deshalb im Hinblick auf die Gebrauchtmaschine 100-027 nicht
interessengerecht gewesen. Es ist nicht davon auszugehen, dass eine
Weiterveräußerung nach Irland und ein Vertrieb dort hergestellter Produkte nach
Deutschland von dem eingeräumten Recht zur Benutzung des Verfahrenspatents
ausgenommen sein sollte.
82
Schon der Verkauf der Maschine 100-027 von der X an die X und das mit dieser
Veräußerung verbundene Inverkehrbringen durch eine Berechtigte führte damit zu
einer konkludenten Einräumung eines Benutzungsrechts an den mit der
vorliegenden Klage geltend gemachten Verfahrensansprüchen, soweit diese
Verfahren mit der Maschine 100-027 ausgeübt werden. Dieses Benutzungsrecht
83
war nach den Umständen der Veräußerung nicht auf die erste Erwerberin, die X,
beschränkt, sondern konnte mit der Maschine weiterveräußert werden. Die von den
Klägern mit Schriftsatz vom 22. Januar 2007 erstmals aufgeworfene Frage der
Auslegung des § 4 lit. a) der Vereinbarung vom 02. Mai 2002 (Anlage B4) ist für die
Reichweite dieses Benutzungsrechts nicht von Bedeutung. Denn es resultiert allein
aus der konkludenten Einräumung durch die X gegenüber der X im Zusammenhang
mit dem ersten Inverkehrbringen der Maschine 100-027 durch die X als Berechtigte.
Die Beklagte zu 1) hat das Benutzungsrecht an den Verfahrensansprüchen des
Klagepatents mit der Maschine 100-027 wirksam erworben und kann es einer
Verletzung der geltend gemachten Verfahrensansprüche entgegenhalten, soweit es
sich um unmittelbare Verfahrenserzeugnisse handelt, die auf dieser Maschine
hergestellt wurden. Die Kläger haben ihren Vortrag aus der Replik, der bei
Abschluss des Kaufvertrags mit der Beklagten zu 1) vom 21./22. Mai 2003 (Anlage
B6/6a) für die Verkäuferin "X handelnde Geschäftsführer Herr X sei zu diesem
Zeitpunkt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X am 01.
Dezember 2002 gar nicht mehr zu Verfügungen über Vermögensgegenstände der
Gemeinschuldnerin befugt gewesen, zu Recht nicht mehr aufrecht erhalten. Denn
bei Abschluss des Kaufvertrags mit der Beklagten zu 1) und bei anschließender
Verfügung über die Maschine 100-027 bestand bereits die hier auch als X
bezeichnete Auffanggesellschaft, welche die Namensrechte von der X erworben
hatte und deshalb ebenfalls als "X" firmierte. Über ihr Vermögen wurde erst im
Herbst 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet. Für diese X konnte ihr Geschäftsführer
X daher im Mai 2003 noch wirksam Verfügungen treffen und hat dies mit der
Veräußerung der Maschine 100-027 an die Beklagte zu 1) wirksam getan.
84
Da das Recht zur Benutzung der klagepatentgemäßen Verfahrensansprüche der
Vorrichtung als solcher anhaftete, bedarf es für einen wirksamen Erwerb des
Benutzungsrechts durch die Beklagte zu 1) nicht der von den Klägern vermissten
Feststellung, dass auch das Benutzungsrecht durch die Xvon der X wirksam
erworben wurde. Hinreichend ist vielmehr, dass die Maschine 100-027 mit dem
übrigen Geschäftsbetrieb der insolventen X auf die Auffanggesellschaft (X)
überging. Nach dem insoweit vorliegenden Sach- und Streitstand bestehen keine
Zweifel daran, dass ein solcher vollständiger Betriebsübergang von der ersten auf
die X stattgefunden hat. Der als Anlage B14a vorgelegte Schlussbericht des
Insolvenzverwalters Rechtsanwalt X beschreibt auf Seite 2 unter Ziffer 2. einleitend,
dass der Produktionsbetrieb der Gemeinschuldnerin (d.h. der X) mit erheblichen
Schwierigkeiten bis zum Verkauf des laufenden Geschäftsbetriebes "einschließlich
des gesamten Inventars" mit Wirkung zum 01. Mai 2003 an eine neu gegründete
Auffanggesellschaft habe fortgeführt werden können. Dass es sich bei der neu
gegründeten Auffanggesellschaft um die X handelte, steht zwischen den Parteien
nicht in Streit. Vor diesem Hintergrund hätten die Kläger qualifiziert bestreiten und
Anhaltspunkte dafür vorbringen müssen, dass gerade die Maschine 100-027
(anders als das gesamte übrige Inventar) nicht auf die X übergegangen sei.
Nachdem sich dem Schlussbericht des Insolvenzverwalters jedoch keine
Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass einzelne Gegenstände nicht an die
Auffanggesellschaft verkauft worden sein könnten, dieser das "gesamte Inventar"
vielmehr als Einheit behandelt, genügte es nicht, dass die Kläger lediglich (wie noch
im Triplikschriftsatz vom 22. Januar 2007, Seite 5 unten) einen Nachweis dafür
vermissen, dass die Maschine 100-027 von der ersten an die X verkauft worden sei.
85
Damit sind jedenfalls solche Transpondereinheiten und Kartenmodule, die auf der
Maschine 100-027 unter Verwendung des patentgemäßen Verfahrens hergestellt
wurden, von einer Benutzungserlaubnis gedeckt. Ihr Angebot und Vertrieb in die
Bundesrepublik Deutschland stellt daher keine Verletzungshandlung nach § 9 Satz
2 Nr. 3 PatG dar.
86
2. Ob dies auch für unmittelbare Erzeugnisse des patentgemäßen Verfahrens, die
auf der Maschine 100-022 hergestellt wurden, zutrifft, hängt zum einen in rechtlicher
Hinsicht von der Auslegung des § 4 lit. a) der Vereinbarung vom 02. Mai 2002
(Anlage B4) und zum anderen davon ab, welcher der von den Parteien
gegensätzlich vorgetragenen Geschehensabläufe betreffend die Auftragserteilung
zur Herstellung dieser Maschine bei der X in tatsächlicher Hinsicht zutrifft. Einer
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angesichts des Vorbringens der
Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 02. Februar 2007 sowie einer
etwaigen Beweiserhebung bedurfte es jedoch nicht, weil die Feststellung einer
Patentverletzung durch Angebot und Vertrieb auf der Maschine 100-022
hergestellter Produkte in Deutschland für die vorliegende Entscheidung nicht
erheblich ist. Selbst dann, wenn den Beklagten der gegebenenfalls erforderliche
Beweis des von ihnen nunmehr vorgetragenen Sachverhalts zur ursprünglichen
Bestellung der Maschine durch die X trotz ihrer späteren Auslieferung an die X nicht
gelingen sollte, käme auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach- und
Streitstandes auch keine auf diese Maschine beschränkte Verurteilung in Betracht.
87
Denn es fehlt in jedem Fall an einer für die Verurteilung zur Unterlassung
erforderlichen Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. Voraussetzung eines
jeden Unterlassungsanspruchs nach § 139 Abs. 1 PatG, der zur Abwehr zukünftiger
Eingriffe dient, ist es, dass in Zukunft rechtswidrige Eingriffe in das Patent seitens
der beklagten Partei zu besorgen sind (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139
PatG Rn. 27). Sie kann sich regelmäßig als Wiederholungsgefahr aus einer bereits
erfolgten Patentverletzung, als Gefahr einer erstmaligen Verletzung aber auch aus
sonstigen Umständen ergeben. Für Wiederholungs- und Erstbegehungsgefahr ist
die klagende Partei darlegungs- und beweispflichtig, wobei sie sich im Falle der
Wiederholungsgefahr zumeist auf den Beweis des ersten Anscheins berufen kann.
Maßgebend ist die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung
(Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 PatG Rn. 31). Im vorliegenden Fall ist
weder eine Wiederholungs- noch eine Erstbegehungsgefahr gegeben.
88
a) Eine Wiederholungsgefahr ließe sich nur dann annehmen, wenn die einzige von
den Klägern vorgetragene Benutzungshandlung in Deutschland, die Lieferung von
Kartenmodulen entsprechend Anlage advotec.9 in 101 Nutzenbögen an die X vom
12. September 2003, solche angegriffenen Ausführungsformen umfasst hätte, die
auf der Maschine 100-022 gefertigt wurden. Nach den unstreitigen tatsächlichen
Umständen kann dies aber ausgeschlossen werden.
89
Die mit Lieferung vom 12. September 2005 nach Deutschland gelieferten
Kartenmodule können unter Berücksichtigung der unstreitigen Chronologie nur auf
der Maschine 100-027 gefertigt worden sein. Dem entsprechenden schlüssigen
Vortrag der Beklagten im Duplikschriftsatz vom 04. Januar 2007 (Seite 28; Bl. 203
GA) sind die Kläger nicht entgegengetreten. Der Kaufvertrag über die Maschine
100-022 (Anlage B7) wurde am 23. Dezember 2003 seitens des Beklagten zu 2) für
die Beklagte zu 1) und am 15. Januar 2004 durch den Insolvenzverwalter der
90
Verkäuferin unterzeichnet (vgl. Anlage B7, Seite 2. Soweit die als Anlage B7 in
Kopie vorgelegte Urkunde mit "ENTWURF - Kaufvertrag" überschrieben ist, misst
die Kammer dem keine Bedeutung bei. Der von den Beklagten vorgetragene
Abschluss eines Kaufvertrags gemäß Anlage B7 ist von den Klägern nicht bestritten
worden und daher als unstreitig zugrunde zu legen.)
Die bereits im September 2003 nach Deutschland gelieferten Karten sind daher auf
einer Maschine (der Maschine mit der Seriennummer 100-027) unter Verwendung
des patentgemäßen Verfahrens hergestellt worden, für welche die Beklagten über
eine Benutzungserlaubnis verfügten und verfügen (vgl. 1.). Die Lieferung dieser
Karteninlets nach Deutschland stellt daher keine Verletzungshandlung dar und kann
mithin auch keine Wiederholungsgefahr begründen.
91
Der Internet-Auftritt der Beklagten zu 1), wie er durch die Anlagen advotec.11 bis
advotec.16 dokumentiert ist, lässt keinen klaren Bezug der dargestellten Produkte
und Herstellungsverfahren zur Maschine 100-022 erkennen. Etwaige
Angebotshandlungen durch die Darstellung des patentierten Verfahrens oder der
patentgemäß hergestellten Produkte stellen jedenfalls kein patentverletzendes
Anbieten unmittelbarer Verfahrenserzeugnisse dar, da die Beklagten zur Benutzung
der patentgeschützten Verfahren zumindest auf der Maschine 100-027 berechtigt
sind (vgl. die Ausführungen unter 1.).
92
b) Eine Erstbegehungsgefahr ist selbst dann, wenn man zugunsten der Kläger
unterstellt, dass hinsichtlich der Maschine 100-022 weder eine Erschöpfung der
Verfahrensansprüche eingetreten ist noch der Beklagten zu 1) ein Recht zur
Benutzung des geschützten Verfahrens auf dieser Maschine zusteht, nicht zu
erkennen. Insbesondere lässt sie sich weder aus dem Verteidigungsvorbringen der
Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit noch aus dem Internet-Auftritt der Beklagten
zu 1) ableiten.
93
Die Beklagten haben im Rahmen ihrer Rechtsverteidigung ausdrücklich klargestellt,
dass sie nicht beabsichtigten, auf der Maschine 100-022 hergestellte
Transpondereinheiten nach Deutschland zu liefern, solange nicht geklärt ist, ob dies
in rechtmäßiger Weise erfolgt. Die Gefahr einer Erstbegehung lässt sich aus ihrem
prozessualen Vorbringen, auch zu einer Herstellung nach dem geschützten
Verfahren auf der Maschine 100-022 berechtigt zu sein, daher nicht ableiten.
94
Auch der Internet-Auftritt der Beklagten bietet schließlich keine Grundlage für die
Annahme einer Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf unmittelbare
Verfahrenserzeugnisse, die auf der Maschine 100-022 hergestellt wurden. So heißt
es zwar auf der Internet-Seite der Beklagten zu 1) zu den "RFID Smart Cards &
Inlays" unter "Patents" gemäß Anlage advotec.14 auszugsweise:
95
"The technology used by Aontec to automatically lay down the antenna to the
substrate using ultrasonic energy and to bond the antenna to the chip module is
a process protected under patent no´s EP880754 and US6233818.
96
(…)
97
Amatech Automation, which was the machine building division of Amatech, built
a limited number of machines that incorporated the patented technology.
98
Following the liquidation of Amatech in 2003, these machines were purchased
by a small number of companies involved in the production of smart card inlays
including Aontec.
99
All such former Amatech built machines contain an inherent user licences for the
patented technology.
100
Therefore, all products produced by Aontec using the wire embedding
technology are fully in compliance with all relevant intellectual property rights.
(…)"
101
Auch aus der dort getroffenen Aussage, "alle" von der früheren X gebauten
Maschinen seien mit einer Benutzungserlaubnis für die in ihnen verkörperte
Technologie verknüpft, so dass alle auf ihnen hergestellten Produkte in
Übereinstimmung mit gewerblichen Schutzrechten stünden, lässt sich nicht ableiten,
dass sich die Beklagten einer Benutzungsberechtigung auch für die Maschine 100-
022 berühmen würden. Denn wenn man den genauen Wortlaut der zitierten
Aussage berücksichtigt, bezieht sie sich ausschließlich auf alle von der X gebauten
Maschinen. Das trifft auf die Maschine 100-027 zu, nicht jedoch auf die Maschine
100-022, die unstreitig nicht mehr von X, sondern bereits von der X gebaut wurde,
wobei zwischen den Parteien nur streitig ist, in wessen Auftrag dies geschah. Selbst
wenn man aber bei dem Wortlaut der Aussage nicht stehen bleiben wollte und
hinsichtlich der Herstellung der Produktionsmaschinen auch die X der X zurechnet,
weil sie deren Geschäftstätigkeit fortgeführt hat, ist kein ausreichender Bezug der
Berühmung zu Lieferungen in die Bundesrepublik Deutschland erkennbar. Im
vorliegenden Verfahren haben die Beklagten vielmehr ausdrücklich betont, bis zu
einer Klärung ihrer Berechtigung, auch auf der Maschine 100-022 hergestellte
Produkte nach Deutschland liefern zu dürfen, davon abzusehen. Dies ist ihnen
wegen ihrer Berechtigung zu Benutzungshandlungen in Deutschland durch solche
Kartenmodule und Transpondereinheiten, die auf der Maschine 100-027 hergestellt
wurden, ohne weiteres möglich, ohne dass die Beklagten von einer Belieferung des
deutschen Marktes vollständig absehen müssten.
102
3. Der Feststellung, ob auch solche Transpondereinheiten bzw. Kartenmodule nach
Deutschland geliefert werden dürfen, die auf der Maschine 100-022 gefertigt
wurden, bedarf es damit nicht. Dabei wird nicht verkannt, dass die Beklagten an
einer gerichtlichen Klärung dieser Frage interessiert sein mögen (vgl. die Duplik
vom 04. Januar 2007, Seite 29 unter 4., wo die Beklagten die Ansicht äußern, diese
Frage müsse "natürlich" geklärt werden). An dieser Feststellung sieht sich die
Kammer allerdings schon aus prozessökonomischen Gründen gehindert, weil nicht
entscheidungserhebliche Sachverhalte (auch im Interesse der Parteien) keiner
Klärung zuzuführen sind. Im Hinblick auf etwaige zukünftige Lieferungen nach
Deutschland werden die Beklagten daher im eigenen Interesse sicherzustellen
haben, dass die Herstellung der betreffenden Produkte auf der Maschine 100-027
belegbar ist, wenn sie nicht das Risiko in Kauf nehmen wollen, wegen einer
Verfahrensbenutzung durch die Maschine 100-022 erneut in Anspruch genommen
zu werden und in diesem Fall die Voraussetzungen einer Erschöpfung oder eines
Rechts zur Benutzung des patentgemäßen Verfahrens auf dieser Maschine
nachweisen zu müssen (zur Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen
der Erschöpfung vgl. BGH, GRUR 2000, 299-302 – Karate).
103
IV. In Ermangelung einer Verletzung des Klagepatents durch Benutzungshandlungen
der Beklagten (d.h. durch Angebot und Lieferung nicht in Ausübung des
Benutzungsrechts hergestellter unmittelbarer Verfahrenserzeugnisse nach Deutschland)
sind die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 64 EPÜ i.V.m. §
139 Abs. 2 PatG schon dem Grunde nach nicht gegeben.
104
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz); 100 Abs. 1
ZPO.
105
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2;
108 ZPO.
106
Der Streitwert wird auf 500.000,- € festgesetzt.
107