Urteil des LG Düsseldorf vom 17.06.2009

LG Düsseldorf: recht am eigenen bild, gutgläubiger erwerb, firma, sportler, veröffentlichung, public relations, internetseite, werbung, verfügung, eingriff

Landgericht Düsseldorf, 12 O 441/08
Datum:
17.06.2009
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Zivilkamemr
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 441/08
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,00 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
20.10.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 20 % und die
Beklagte zu 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Rechte wegen Persönlichkeitsverletzungen
geltend.
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Der Kläger ist X und Mitglied der X.. Er nahm an der X-Fußball-Weltmeisterschaft 2006
und der Europameisterschaft 2008 teil. Zur Zeit steht er unter Vertrag bei dem
Fußballclub X.
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Im Alter von 23 Jahren absolvierte der Kläger bereits 56 Länderspiele für die X. Der
Kläger ist einer der populärsten Fußballspieler Deutschlands.
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Der Kläger generiert wesentliche Einnahmen über die Vermarktung seiner
Persönlichkeit. In diesem Zusammenhang schloss der Kläger mit zwei Unternehmen
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Werbeverträge ab. Unter anderem schloss er mit der X einen Werbevertrag ab. In
diesem Vertrag, bezeichnet als Ausrüstungsvertrag, vom 19.05.2006 räumt der Kläger
der X Rechte an der Vermarkung seiner Persönlichkeit ein. Unter anderem heißt es dort
wie folgt:
"4. VERWENDUNG VON NAMEN UND BILD SOWIE
PERSONENBEZOGENEN DATEN
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4.1 Der
Sportler
dass sein Name und/oder Bild von X, deren Konzerngesellschaften,
Lizenznehmern und Distributoren zum Zwecke der Werbung und Public
Relations in jeder in Betracht kommenden Weise, u.a. auch für X-
bezogene Gemeinschaftswerbung mit Kunden, weltweit verwendet wird.
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4. 2 X erhält vom
Sportler
Sportlers
Produkten im Wege der Lizenznahme weltweit exklusiv zu benutzen.
Falls der Sportler beabsichtigt, Lizenz- oder Werbeverträge mit Dritten
für Produktkategorien abzuschließen, für die X keine Exklusivität gemäß
Ziffer 6. erhält, für die X aber Lizenzen erteilt hat (z. Zt. Brillen, Kosmetik
und Uhren) so ist er verpflichtet, diese Lizenz- oder Werberechte
zunächst den Lizenznehmern von X
anderweitig vergibt.
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4.3 Der
Sportler
Daten des
Sportlers
Bundesdatenschutzgesetzes speichert, verarbeitet und für Zwecke der
Werbung und Promotion in Medien aller Art (z. B. im Internet)
veröffentlichen darf.
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4.4 Der
Sportler
Bild und personenbezogene Daten auch nach Vertragsbeendigung auf
Dauer für nichtkommerzielle Zwecke intern wie extern nutzen darf z.B.
im Rahmen des adidas Sportmuseums und für Publikationen aller Art,
die die Entwicklung des Sports, des Unternehmens sowie seiner
Sportpartner darstellen.
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6. AUSSCHLIESSLICHKEIT
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6.1 Der
Sportler
Vertrages Unternehmen des Wettbewerbs von X keine gleichartigen
Rechte zu gewähren oder ihnen Leistungen zu erbringen, wie sie dieser
Vertrag beinhaltet.
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6.2 Der
Sportler
Vertrages keine irgendwie gearteten Vereinbarungen der vorstehend
bezeichneten Art bestehen oder verhandelt werden.
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6.3 Im Übrigen wird der
Sportler
wahren und insbesondere jede negative Äußerung über X und deren
Produkte unterlassen.
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6.4 Sollten Namen oder Bild des
Sportlers
benutzt werden, so ist X berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, die Rechte
des
Sportlers
Kosten außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen. Der
Sportler
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Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Ausrüstungsvertrag Bezug genommen.
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Die Beklagte betreibt die Internetseite X. Auf dieser Seite befand sich das Bildnis des
Klägers dreimal in unterschiedlicher Ausprägung. Bei dem Bild handelt es sich um eine
Werbefotografie, welche im Rahmen seines Ausrüstungsvertrages mit der Firma X
erstellt wurde. Unter dieser Internetseite vertreibt die Beklagte Trikots von
Fußballspielern.
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Auf der oberen Leiste des genannten Internetauftrittes, und zwar auf allen Seiten des
Auftritts X, waren Abbildungen des Klägers eingestellt. Desweiteren fand sich unter der
Seite X eine seitens der Beklagten kreierte Werbemaßnahme der Firma X. Dort war ein
Bildnis des Klägers zu sehen.
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Eine Einwilligung hierfür erteilte der Kläger dem Beklagten nicht. Das Bildnis im
Rahmen der X Werbeaktion war für einen Dritten erst nach Teilnahme an dem
Gewinnspiel auf der Internetseite der Beklagten sichtbar. Dabei wurde die Internetseite
insgesamt 19mal aufgerufen.
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Im einstweiligen Verfügungsverfahren untersagte die Kammer der Beklagten per
einstweiliger Verfügung vom 04.07.2008 Abbildungen des Klägers unter der
Internetseite X zu verwenden. Die Beklagte gab eine dahingehende strafbewehrte
Unterlassungserklärung mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20.08.2008 ab.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass die Veröffentlichungen der Bildnisse des Klägers
rechtswidrig erfolgt seien. Eine diesbezügliche Zustimmung habe der Kläger nicht
erteilt.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.500,00 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2008 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, dass sie unter die Regelung des § 4.1 Ausrüstungsvertrag falle;
sie sei Distributor. Nach Ziff. 6 des Ausrüstungsvertrags könne der Kläger die Rechte
selber nicht mehr geltend machen, da die Fotografien unstreitig im Rahmen des
Ausrüstungsvertrages mit der Firma X erstellt wurden. Die Fotografien sind - unstreitig -
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von der Firma X der Beklagten zur Verfügung gestellt worden. Hieraus ergebe sich,
dass eine rechtswidrige Veröffentlichung nicht vorliegen könne. Dies ergebe sich auch
aus der E-Mail vom 17.09.2007. Eine Rechtswidrigkeit scheide deshalb aus, weil es
sich bei den Fotografien um Werbemittel handele, deren Nutzung zu dulden der Kläger
verpflichtet sei. Der Betrag der beabsichtigten Entschädigung sei zu hoch.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie
die Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.09 inhaltlich Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten im tenorierten Umfang ein Anspruch auf
Herausgabe des geldwerten Vorteils aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative BGB zu.
Die Beklagte hat in rechtswidriger Weise in das dem Kläger zustehende Recht am
eigenen Bild eingegriffen und damit zugleich sich auf Kosten des Klägers einen
Vermögensvorteil verschafft. Dass die Beklagte sich durch die rechtswidrige
Veröffentlichung der Bilder des Klägers im Rahmen ihrer Werbemaßnahmen einen
Vermögensvorteil verschafft hat, gilt sowohl für die Werbemaßnahme der Beklagten
hinsichtlich des Banners (I.) als auch für die Werbemaßnahme in Bezug auf die Firma X
(II.).
30
I.
31
Die Beklagte hat eine Fotografie des Klägers ohne dessen Zustimmung in
rechtswidriger Weise genutzt und damit in den Zuweisungsgehalt des dem Kläger
zustehenden Rechts des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingegriffen (vgl. BGH NJW
2008, 3782; BGH NJW 2007, 689; BGH NJW 1992, 2084).
32
1.
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Unstreitig hat die Beklagte in dem Werbebanner ein Bildnis des Klägers zu Zwecken
der Werbung genutzt und damit in das dem Kläger zustehende Recht am eigenen Bild
eingegriffen.
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Allein die Möglichkeit, dass der Kläger Dritten die vermögensrechtlichen Rechte am Bild
des eigenen Bildnisses eingeräumt hat, lässt die Sachbefugnis zur Geltendmachung
von Schadensersatzansprüchen nach § 6 des Ausrüstungsvertrages nicht entfallen.
Dass Recht am eigenen Bild ist untrennbar mit der Person des Abgebildeten verbunden,
so dass – vergleichbar mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht – dieses von dem Kläger
geltend gemacht werden kann. Denn das Recht am eigenen Bild ist als solches nicht zu
übertragen (Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kapital 7.
Rz. 61). Lediglich Nutzungsrechte können eingeräumt werden.
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Dies ist jedoch mit der Regelung des § 6.4 Ausrüstungsvertrages nicht der Fall. Danach
ist die Firma adidas berechtigt, nicht jedoch verpflichtet, Rechtsverletzungen Dritter
geltend zu machen. Die Konsequenz der Auffassung der Beklagten wäre, dass der
Kläger von der Geltendmachung seiner Rechte ausgeschlossen wäre und dass nicht
zwangsläufig Rechtsverstöße seines Persönlichkeitsrechts verfolgt würden. Dies ist
jedoch mit der Regelunginhalt des § 6.4 Ausrüstungsvertrages nicht gemeint. Der
Regelung kann auch nicht entnommen werden, dass der Firma X die diesbezüglichen
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ausschließlichen Nutzungsrechte eingeräumt wurden. Ein solcher Inhalt ist dem
Wortlaut nicht zu entnehmen und ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zwecke des
Vertrags.
2.
37
Der Eingriff erfolgte in rechtswidriger Weise, weil er weder nach § 23 Abs. 1 KUG
gerechtfertigt noch aufgrund vertraglich eingeräumter Nutzungsrechte erfolgte.
Entscheidend ist, ob dem Handelnden ein Recht zum Eingriff nicht oder jedenfalls nicht
alleine zustand (Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl., § 812 Rz. 44). Ein solches Recht stand
der Beklagten nicht zu.
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a)
39
Eine Ausnahme nach § 23 KUG ist vorliegend nicht einschlägig. Nach § 22 KUG
erfordert die Veröffentlichung eines Bildnisses die Einwilligung des Abgebildeten. Eine
ausdrückliche Einwilligung hat der Kläger der Beklagten nicht erteilt. Die
Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers müsste zur Erfüllung der Voraussetzung
des § 23 KUG einem Informationsinteresse gedient haben. Hier erfolgte die
Veröffentlichung zu Werbezwecken. Damit erfolgte die Veröffentlichung allein zur
Befriedigung der Geschäftsinteressen der Beklagten. Dies ist für ein
Informationsinteresse nicht ausreichend (vgl. BGH NJW 1992, 2084).
40
b)
41
Von eingeräumten Nutzungsrechten kann vorliegend ebenfalls nicht ausgegangen
werden. Eine Ermächtigung des Klägers an die Beklagte wird nicht vorgetragen. Eine
derart erfolgte Einräumung von Nutzungsrechten über die Firma X zu Gunsten der
Beklagten scheidet aus, da ein gutgläubiger Erwerb von Rechten ausgeschlossen ist.
42
c)
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Es liegt auch keine Werbemaßnahme seitens der Beklagten als Distributor für die Firma
X nach § 4.1 Ausrüstungsvertrag vor. Zwar trägt die Beklagte vor, sie sei Distributorin
der Firma X, indes fehlt es trotz des Bestreitens des Sachvortrags durch den Kläger an
einem weitergehenden Sachvortrag der Beklagten. Im vorliegenden Fall trägt die
Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ihr die erforderlichen
Nutzungsrechte zustehen. Eine Rechtseinräumung ist von demjenigen zu beweisen, der
sich auf sie beruft (vgl. BGH, NJW 1995, 3252 – Pauschale Rechtseinräumung; OLG
Hamburg, NJW-RR 1999, 1495).
44
Einen schriftlich geschlossenen Distributionsvertrag hat die Beklagte nicht vorgelegt.
Auch ein mündlicher Distributionsvertrag ist dem Sachvortrag der Beklagten nicht zu
entnehmen. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass die Beklagte Fachhändlerin
ist. Als Fachhändlerin ist die Beklagte jedoch nicht Distributorin. Dies gilt unabhängig
davon, ob die Beklagte Fanartikel der Firma X vertreibt.
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Soweit sich die Beklagte auf die vorgelegte E-Mail-Korrespondenz mit der Firma X
beruft, kann dem eine Einräumung von Nutzungsrechten ebenfalls nicht entnommen
werden. Der Kläger hat der Firma X ausdrücklich nur das Recht eingeräumt, Werbung
mit seinem Bild in Bezug auf Konzerngesellschaften, Lizenznehmer und Distributoren
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zu ermöglichen. Mithin konnte die Firma adidas der Beklagten weitergehende Rechte
nicht einräumen, da ihr diese nicht zustanden. Ein gutgläubiger Erwerb von Rechten
scheidet aus.
d)
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Die Beklagte kann sich ebenfalls nicht auf die Option nach § 4.2 des
Ausrüstungsvertrages berufen. Die Beklagte legt nicht dar, dass die Firma X diese
Option irgendwie ausgeübt hat.
48
3.
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Der Ausgleich des rechtsgrundlosen Vermögenszuwachses findet durch Zahlung einer
angemessenen Vergütung ("Lizenzgebühr") statt. Unerheblich ist dabei, ob der Verletzer
bereit oder in der Lage gewesen wäre, eine Vergütung zu zahlen (BGH NJW 2007, 689;
BGH, NJW 1992, 2085). Auch hängt der Eingriff in den vermögensrechtlichen
Zuweisungsgehalts des Rechts am eigenen Bild nicht davon ab, ob ein grundsätzliches
Einverständnis des Abgebildeten mit der Vermarktung seines Rechts am Eigenbild
bestanden hat (BGH NJW 2007, 689). Die Nutzung der Bilder erfolgte über einen
Zeitraum von 9 Wochen u.a. auch in der Endphase der Deutschen Fußballmeisterschaft.
Die Nutzung wurde der Beklagten durch Verfügung des Landgerichts untersagt. Die
Kammer hält einen Betrag für die Widergabe der beiden Bilder in der Menüleiste in
Höhe von 5.000,00 € (Menüleiste) bzw. für das Bild selbst in Höhe von 2.500,00 € für
ausreichend.
50
II.
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Im Ergebnis zu Recht macht der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Anspruch
wegen der unrechtmäßigen Wiedergabe seiner Fotografie bezüglich der
Werbemaßnahme X geltend. Auch hier kann sich die Beklagte nicht auf den
Ausrüstungsvertrag gemäß Ziff. 4.1 berufen.
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Die Werbemaßnahme muss sich die Beklagte auch als eigene zurechnen lassen, da auf
einer von ihr betriebenen Homepage eine Abbildung des Klägers vorhanden war. Der
Einwand der Beklagten, die Abbildung des Klägers werde nur genutzt, um Kunden die
Auswahl eines Gewinnes zu ermöglichen und dies sei zulässig, verfängt nicht. Es geht
um die Veröffentlichung eines Bildnisses gegenüber Dritten. Gerade bei der Auswahl
eines Trikots ist das Bildnis des Klägers zu erkennen und deshalb wird in den
Zuweisungsgehalt eingegriffen. Eine Kooperation mit weiteren Dritten, hier der Firma X,
war selbst nach dem Ausrüstungsvertrag nicht zulässig.
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Da jedoch auch der Umfang der Veröffentlichung bei der Höhe den Entschädigung zu
berücksichtigen ist, erachtet die Kammer eine Entschädigungssumme von 2.500,00 €
als streit- und sachangemessen.
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III.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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Streitwert: 12.500,00 €.
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