Urteil des LG Düsseldorf vom 21.02.2007
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Landgericht Düsseldorf, 19 T 343/06
Datum:
21.02.2007
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
19. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 T 343/06
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Zwangsverwalters wird der Beschluss
des Amtsgerichts Neuss vom 08.11.2006 - 032 L 028/06 - unter
Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und
insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Vergütung und die Auslagen des Zwangsverwalters Olaf Stiller für
den Abrechnungszeitraum vom 12.06.2006 bis zum 31.07.2006 werden -
einschließlich Umsatzsteuer von 16 % - festgesetzt auf € 995,28.
I.
1
Mit Beschluss vom 08.06.2006 ordnete das Amtsgericht auf Antrag der Beteiligten zu 2.)
die Zwangsverwaltung über den im Eigentum des Beteiligten zu 1.) stehenden
Grundbesitz - ein zu einem monatlichen Mietzins von € 1.099,28 vermietetes
Einfamlienreihenhaus - an und bestellte den weiteren Beteiligten zum Zwangsverwalter.
Diesem wurde der Anordnungs- und Bestellungsbeschluss am 12.06.2006 zugestellt.
Mit Schreiben vom 13.06.2006 informierte der Zwangsverwalter über die am 12.06.2006
durchgeführte Inbesitznahme; mit Schreiben vom 06.07.2006 erstattete er Bericht über
die Besitzergreifung.
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Mit Beschluss vom 31.07.2006 hob das Amtsgericht das Zwangsverwaltungsverfahren
auf Antrag der Beteiligten zu 2.) auf. Einen Schlussbericht erstattete der
Zwangsverwalter unter dem 14.08.2006. Die Mieteinnahmen während der Anordnung
der Zwangsverwaltung beliefen sich auf insgesamt € 2.198,56.
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Mit Antrag vom 14.08.2006 beantragte der Zwangsverwalter, die Verwaltervergütung auf
der Grundlage des § 19 Abs. 2 und Abs. 1 ZwVwV auf insgesamt € 1.136,-
(einschließlich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer von 16 %) festzusetzen. Er macht
im Wesentlichen geltend, eine Vergütung gemäß § 18 ZwVwV auf der Grundlage der
Mieteinnahmen sei unangemessen. Für die - als durchschnittlich einzustufende -
Verwaltung sei ein Zeitaufwand von 12 Stunden erforderlich gewesen, dabei entfielen
auf die Inbesitznahme und Eröffnung des Verfahrens ein Aufwand von 6 Stunden, auf
die zweimonatliche Verwaltung ein Aufwand von 2 Stunden und auf die Abwicklung des
Verfahrens ein Aufwand von 4 Stunden. Als Stundensatz sei ein Betrag von € 75,-
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angemessen.
Mit Beschluss vom 08.11.2006 setzte das Amtsgericht die Vergütung auf der Grundlage
der Mindestvergütung gemäß § 20 Abs. 1 ZwVwV auf insgesamt € 765,60
(einschließlich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer von 16 %) fest. Zur Begründung
hat es ausgeführt, dass der geltend gemachte Zeitaufwand von 12 Stunden nicht
schlüssig sei; anzusetzen seien vielmehr 10 Stunden. Auch der geltend gemachte
Stundensatz von € 75,- sei zu hoch; für ein durchschnittliches Verfahren sei ein
Stundensatz von € 65,- in Ansatz zu bringen. Der sodann vorzunehmende Vergleich
einer Abrechnung nach Zeitaufwand mit der Regelvergütung, die auf die
Mindestvergütung anzuheben sei, rechtfertige nicht die Annahme eines
Missverhältnisses, die zur Abrechnung nach Zeitaufwand berechtige.
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Gegen den am 15.11.2006 zugestellten Beschluss hat der Zwangsverwalter mit bei
Gericht am 29.11.2006 eingegangenen Schreiben sofortige Beschwerde eingelegt.
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II.
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Die zulässige sofortige Beschwerde des Zwangsverwalters gegen die amtsgerichtliche
Festsetzung der Verwaltervergütung für den Zeitraum der Verwaltung vom 12.06.2006
bis zum 31.07.2006 hat teilweise Erfolg.
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Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts steht dem Zwangsverwalter nicht lediglich
eine auf die Höhe der Mindestvergütung gemäß § 20 Abs. 1 ZwVwV angehobene
Regelvergütung (nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) zu. Vielmehr war der
Verwalter berechtigt, auf der Grundlage von § 19 Abs. 2 und Abs. 1 ZwVwV nach
Zeitaufwand abzurechnen. Dabei ist zwar der vom Verwalter in Ansatz gebrachte
Zeitaufwand von 12 Stunden zugrunde zu legen, nicht jedoch der begehrte Stundensatz
von € 75,-; vielmehr ist von einem Stundensatz von € 65,- auszugehen.
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Im Einzelnen:
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Nach § 17 Abs. 1 ZwVwV hat der Zwangsverwalter Anspruch auf eine angemessene
Vergütung für seine Geschäftsführung, deren Höhe an seiner Leistung sowie an der Art
und dem Umfang der Aufgabe auszurichten ist. Für die Berechnung der
Vergütungshöhe hält die ZwVwV zwei Wege bereit: Bei der Zwangsverwaltung von
Grundstücken, die - wie hier - durch Vermietung genutzt werden, erhält der Verwalter
nach § 18 ZwVwV zwischen 5 % und 15 % - regelmäßig 10 % - des für den Zeitraum der
Verwaltung an Mieten eingezogenen Bruttobetrages (Regelvergütung). Fehlen die
Voraussetzungen für den Ansatz der Regelvergütung oder sind diese offensichtlich
unangemessen, bemisst sich die Vergütung nach der für die Verwaltung erforderlichen
Zeit auf der Grundlage eines für den jeweiligen Abrechnungszeitraum einheitlichen
Stundensatzes von mindestens € 35,- und höchstens € 95,- (§ 19 ZwVwV). Nach § 20
Abs. 1 ZwVwV beträgt die Vergütung des Verwalters mindestens € 600,-, wenn er das
Zwangsverwaltungsobjekt in Besitz genommen hat.
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Unter Berücksichtigung der Mieteinnahmen von insgesamt € 2.198,56 beträgt die
Regelvergütung nach § 18 ZwVwV hier zwischen € 109,93 (5 % der Mieteinnahmen)
und € 329,78 (15 % der Mieteinnahmen); 10 % der Mieteinnahmen belaufen sich auf €
219,86.
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Zur Beurteilung der Frage, ob die Regelvergütung offensichtlich unangemessen i. S.
des § 19 Abs. 2 ZwVwV ist und sich deshalb die Vergütung nach dem Zeitaufwand
bemisst, ist die nach § 18 ZwVwV ermittelte Regelvergütung mit der nach § 19 Abs. 1
ZwVwV zu berechnenden Vergütung zu vergleichen.
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Dabei ist die in den Vergleich einzustellende Regelvergütung - entgegen der
Auffassung des Amtsgerichts - nicht auf den Betrag der Mindestvergütung i. S. des § 20
Abs. 1 ZwVwV anzuheben, wenn - wie hier - die Regelvergütung unter der
Mindestvergütung von € 600,- liegt. Denn die Regelung des § 20 Abs. 1 ZwVwV legt
lediglich die Untergrenze der beiden Berechnungsvarianten nach §§ 18, 19 ZwVwV fest
(vgl. BGH, Beschluss vom 01.06.2006, Az. V ZB 29/06, zitiert nach Juris). Auf diese
Untergrenze ist erst dann zurückzugreifen, wenn der Mindestbetrag von € 600,- weder
durch die Bestimmung der Regelvergütung nach § 18 ZwVwV noch durch die
Anwendung des § 19 ZwVwV erreicht wird (vgl. auch LG Dortmund, Beschluss vom
31.08.2004, Az. 9 T 494/04, zitiert nach Juris). Für die Berechnung der Abweichung,
durch die die Unangemessenheit der Regelvergütung festgestellt werden soll, sind also
- worauf der Zwangsverwalter zu Recht hinweist - ausschließlich die Regelvergütung
nach § 18 ZwVwV und die Vergütung nach Zeitaufwand gemäß § 19 ZwVwV ins
Verhältnis zu setzen.
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Für die Berechnung der Vergütung nach Zeitaufwand ist von einem Aufwand von
insgesamt 12 Stunden auszugehen.
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Der Verwalter hat den Stundenaufwand nachzuweisen. Dabei genügt regelmäßig eine
plausible, nachvollziehbare Darlegung des Zeitaufwandes (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl.
2006, § 152a Rn. 5, Anm. 5.3, m. w. Nachw.).
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Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Verwalters in seinem
Vergütungsantrag. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hat der Verwalter zur
Begründung des Zeitaufwandes nicht lediglich auf Durchschnittswerte einer Studie
hingewiesen. Vielmehr hat er in seinem Vergütungsantrag Folgendes ausgeführt: Ein
Zeitaufwand von 6 Stunden sei angefallen für die Einrichtung des Verfahrens mit
Eröffnung des Treuhandkontos, die Inbesitznahme des Grundstücks, die Ermittlung
bestehender Mietverhältnisse, die Mitteilung an Mieter und Versorger über die
Anordnung der Zwangsverwaltung, die Beschaffung von Mietvertragsunterlagen, die
Klärung des Gebäudeversicherungsschutzes und die Anfertigung des
Inbesitznahmeberichts. Weitere 2 Stunden seien angefallen für den monatlichen
Verwaltungsaufwand. Weitere 4 Stunden habe er aufwenden müssen für die
Abwicklung des Verfahrens in Gestalt der Benachrichtigung der Mieter und Versorger,
der Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben, der Rechnungslegung mit
Schlussbericht, der Erstellung des Vergütungsantrags und der Kontolöschung.
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Diese - sicherlich pauschalen - Angaben sind jedenfalls plausibel und rechtfertigen
nicht die vom Amtsgericht in seiner Vergleichsberechnung vorgenommene Kürzung des
Zeitaufwandes auf 10 Stunden, - zumal weder der Schuldner noch die Gläubigerin dem
Vergütungsantrag entgegen getreten sind.
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Entgegen der Auffassung des Zwangsverwalters ist allerdings nicht ein Stundensatz
von € 75,-, sondern lediglich von € 65,- zugrunde zu legen.
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Zur Ermittlung des Stundensatzes ist in der amtlichen Begründung zur ZwVwV
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ausgeführt (BR-Drs. 842/03 vom 06.11.2003): Der Stundensatz nach § 19 Abs. 1 S. 1
ZwVwV ist gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 ZwVwV unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten
der Aufgabe des Verwalters sowie seiner Leistung festzusetzen. Zu berücksichtigen ist
hierbei auch, in welchem Umfang zur Erfüllung der Aufgabe Hilfskräfte eingesetzt
werden, für die der Verwalter keinen gesonderten Auslagensatz erhalten kann. Dabei
kommt die Zugrundelegung des Mindestsatzes von € 35,- dann in Betracht, wenn die
Verwaltungstätigkeit ganz überwiegend aus einfachen Aufgaben besteht, die
hauptsächlich von Mitarbeitern und Hilfskräften erledigt werden können. Der Höchstsatz
von € 95,- setzt dagegen einen Verwaltungsaufwand voraus, der ganz überwiegend das
Tätigwerden des hochqualifizierten Verwalters oder gleich qualifizierter Mitarbeiter
erfordert.
Die Anforderungen an die Zwangsverwaltung waren hier - auch nach der Auffassung
des Verwalters - als durchschnittlich zu bewerten. Dieser Umstand rechtfertigt die
Zugrundelegung eines auch nur durchschnittlichen Vergütungssatzes. Dieser beläuft
sich als rechnerischer mittlerer Stundensatz - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt
hat - auf € 65,- (vgl. zum mittleren Stundensatz auch Stöber, ZVG, 18. Aufl. 2006, § 152a
Rn. 5, Anm. 5.2). Ein höherer Stundensatz ist hier nicht gerechtfertigt. Dabei ist
insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Zwangsverwaltungsobjekt
lediglich um ein Einfamilienreihenhaus gehandelt hat, das vollständig lediglich an eine
Partei vermietet worden ist. Diese zeigte sich - soweit dies aus dem Schreiben des
Zwangsverwalters vom 13.06.2006 und dem Bericht vom 06.07.2006 hervorgeht -
kooperativ und hat die Mietzahlungen für Juni und Juli 2006 jeweils pünktlich erbracht.
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Die nach Zeitaufwand berechnete Vergütung beträgt € 780,- (12 Stunden x € 65,-).
Dieser Betrag liegt mehr als 100 % über der Regelvergütung i. H. von € 329,78 (bei 15
% der Mieteinnahmen), die ohnehin erheblich unter der Mindestvergütung liegt.
Angesichts der erheblichen Differenz ist die Regelvergütung als offensichtlich
unangemessen i. S. des § 19 Abs. 2 ZwVwV zu werten.
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Die nach Zeitaufwand insgesamt festzusetzende Vergütung nebst Auslagen und
Umsatzsteuer berechnet sich wie folgt:
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12 Stunden zu je € 65,- € 780,- (§ 19 Abs. 2 und 1 ZwVwV)
24
Auslagenpauschale (10 %) € 78,- (§ 21 Abs. 2 S. 2 ZwVwV)
25
(((((
26
€ 858,-
27
zzgl. Umsatzsteuer 16 % € 137,28 (§ 17 Abs. 2 ZwVwV)
28
(((((
29
€ 995,28
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