Urteil des LG Düsseldorf vom 25.01.2006

LG Düsseldorf: räumung, fahrzeug, transportmittel, rücknahme, analogie, beförderung, arbeiter, zwangsvollstreckung, vergütung, einwendung

Landgericht Düsseldorf, 25 T 40/06
Datum:
25.01.2006
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
25 T 40/06
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewie-sen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 375,46 EUR.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Gläubigerin und Beschwerdeführerin beauftragte den zuständigen
Gerichtsvollzieher XXX mit der Durchführung der Zwangsräumung der Wohnung des
Schuldners im Hause XXX in XXX aufgrund Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf vom 1.
März 2005. (Az.: 21 C 17409/04).
3
Der Gerichtsvollzieher beraumte den Termin zur Zwangsräumung auf den 10. März
2005, 8.00 Uhr, an.
4
Zum vorgesehenen Räumungstermin am 10. März 2005 erschienen neben dem
Gerichtsvollzieher auch Mitarbeiter der XXX, die der Gerichtsvollzieher zur
Durchführung der Räumung beauftragt und hinzugezogen hatte. Nach Erscheinen der
Mitarbeiter der Speditionsfirma nahm die Gläubigerin sodann den Räumungsauftrag
zurück, da sie inzwischen erfolgversprechende Vergleichsverhandlungen mit dem
Schuldner geführt hatte. Die Räumung wurde aufgrund der Rücknahme des
Räumungsauftrages sodann nicht durchgeführt.
5
Die Firma XXX stellte unter dem 10.05.2005 unter Bezugnahme auf § 21 Abs. 1 der
Pfandkammerordnung den Mindestsatz von 3 Stunden für ein großes Fahrzeug und drei
Arbeiter in Rechnung mit insgesamt 323,67 EUR zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer (51,79
EUR), insgesamt mithin 375,46 EUR.
6
Der Gerichtsvollzieher XXX stellte diese Kosten in seine Kostenrechnung vom
13.05.2005 ein.
7
Dagegen legte die Gläubigerin unter dem 9.06.2005 Erinnerung ein, mit der sie
zunächst geltend machte, die Erhebung von Umsatzsteuer sei unzulässig, da es sich
der Sache nach um einen Schadensersatzbetrag handele, für den Umsatzsteuer nicht
erhoben werden dürfe. Mit Schreiben vom 30.08.2005 hat die Gläubigerin die
Erinnerung auf den gesamten Rechnungsbetrag in Höhe von 375,46 EUR erweitert und
vorgetragen, diese Kosten dürfen nicht geltend gemacht werden.
8
Der Bezirksrevisor bei dem Amtsgericht Düsseldorf als Vertreter der Landeskasse hat zu
der Erinnerung Stellung genommen.
9
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Düsseldorf die Erinnerung
zurückgewiesen.
10
Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt:
11
"Der Gerichtsvollzieher hat der Gläubigerin zu Recht die Kosten der
12
Spedition in Höhe von 323,67 EUR in Rechnung gestellt. Die Gläubigerin erteilte dem
Gerichtsvollzieher einen Räumungsauftrag. Der Gerichtsvollzieher beauftragte die
Spedition XXX mit der Räumung unter den Bedingungen der Pfandkammerordnung für
den Amtsgerichtsbezirk Düsseldorf. Nach § 8 der Pfandkammerordnung wird die
Gestellung der Transportmittel bei Räumungen nach den Sätzen des § 21
Pfandkammerordnung vergütet. Nachdem die Spedition mit einem großen Fahrzeug
und drei Arbeitern am 10.05.2005 am Räumungsort erschienen war, wurden die
Transportmittel in Form des Wagens und der Arbeitskräfte in diesem Sinne gestellt. Die
Rücknahme des Auftrages vor Ort ändert hieran nichts mehr. Entgegen der Ansicht der
Gläubigerin kommt es bei §§ 8 und 21 der Pfandkammerordnung nicht darauf an, ob die
Räumung tatsächlich durchgeführt wird, sondern lediglich darauf, ob ein
Räumungsauftrag oder ein anderer Transportauftrag erteilt wurde.
13
Der Gerichtsvollzieher hat der Gläubigerin zu Recht Umsatzsteuer in Höhe von 51,79
EUR auf die oben genannten Kosten in Rechnung gestellt. Entgegen der Ansicht der
Gläubigerin handelt es sich bei den oben genannten Kosten um steuerbaren Umsatz
nach § 1 UstG. Gemäß § 1 Abs. 1 UstG unterliegen neben Lieferungen auch sonstige
Leistungen der Umsatzsteuer. Eine derartige Leistung ist bereits in der
Organisationsleistung und Anfahrt der Spedition zu sehen (vgl. hierzu Hessisches
Finanzgericht, Urteil vom 01.12.1999, 6 K 2927/97, in DGVZ 2001, 88). Das Gericht folgt
der genannten Ansicht des Hessischen Finanzgerichtes; die von der Gläubigerin
angeführte Gegenansicht (LG Mannheim, Beschluss vom 25.09.1996, 1 T 94/96, in
DGVZ 2003, 140) vermag nicht zu überzeugen. Aus ihr wird nicht ersichtlich, weshalb
keine Leistung i.S. v. § 1 Abs. 1 UstG verliegen soll.
14
Die Mindestsätze nach § 21 Abs. 1 Satz 2 der Pfandkammerordnung stellen keinen
pauschalierten Schadensersatz dar, der nach der Rechtsprechnung des
Bundesgerichtshofs (BGHZ 101, 130) und auch des Hessischen Finanzgerichts (a.a.O.)
nicht umsatzsteuerpflichtig wäre. Die Mindestsätze des § 21 Abs. 1 Satz 2 der
Pfandkammerordnung fallen auch dann an, wenn die Räumung tatsächlich durchgeführt
wurde, jedoch weniger als drei Stunden in Anspruch nahm. Hierin zeigt sich, dass die
Spedition die Berechnung der Mindestsätze als Entgelt für die üblicherweise mit einem
Räumungsauftrag verbundenen Leistungen unerheblich ob und in welchem Umfang es
15
zu der Durchführung kommt, sieht.
Der Gerichtsvollzieher ist berechtigt, der Gläubigerin die oben genannten Kosten nebst
Umsatzsteuer nach § 9 GvKostG i.V.m. Nr. 707 KV GvKostG in Rechnung zu stellen.
Die Kostentragungspflicht der Gläubigerin steht außer Zweifel. Die Einwendung der
Gläubigerin, es stelle eine zu ihren Ungunsten unzulässige Analogie dar, die Kosten
eines bloßen Beförderungsversuches als Auslagen nach Nr. 707 KV GvKostG zu
werten, da dies nicht vom Wortlaut der Nr. 707 KV GvKostG gedeckt sei, entbehrt
jeglicher Grundlage. Es handelt sich nicht um eine Analogie, sondern lediglich um die
Auslegung des Tatbestandes der Nr. 707 KV GvKostG. Die oben genannten Kosten
nebst Umsatzsteuer sind an Dritte zu zahlende Beträge für die Beförderung von Sachen
i.S. d. Nr. 707 KV GvKostG. Es kommt nicht darauf an, ob die Beförderung tatsächlich
durchgeführt wurde, sondern nur darauf, ob ein Beförderungsauftrag vorlag und die
Kosten tatsächlich entstanden sind. Hieran besteht kein Zweifel. Die Gläubigerin hat
durch ihren Auftrag die Kosten verursacht, da der Gerichtsvollzieher zur Ausführung
ihres Auftrages die Räumung vorbereiten musste und hierzu eine Spedition beauftragen
durfte."
16
Gegen diesen ihr am 4. Januar 2006 zugestellten Beschluss wendet sich die
Gläubigerin mit ihrer rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde. Sie wiederholt und
vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und ist nach wie vor der Ansicht, die
Berechnung von Mehrwertsteuer sei unzulässig, da es sich der Sache nach um einen
Schadensersatz handelt.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
18
II.
19
Die sofortige Beschwerde ist zulässig gemäß den §§ 793, 766 Abs. 2, 567 Abs. 1 und
Abs. 2, 569 ZPO, in der Sache jedoch nicht begründet.
20
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht die Erinnerung
zurückgewiesen, denn der Obergerichtsvollzieher XXX hat zu Recht für die versuchte
Räumung Kosten in Höhe von 375,46 EUR in Ansatz gebracht.
21
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des
Amtsgerichts Düsseldorf in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen, der sich
die Kammer in vollem Umfang anschließt.
22
Zu Recht hat das Amtsgericht ausgeführt, dass nach § 8 der einschlägigen
Pfandkammerordnung die
Gestellung
Sätzen des § 21 Pfandkammerordnung zu vergüten ist. Nachdem die Spedition mit
einem Fahrzeug und Arbeitern zum vorgesehenen Räumungstermin am Räumungsort
erschienen war, hat die Speditionsfirma Transportmittel und Arbeiter im Sinne dieser
Vorschrift gestellt. Die Spedition hat daher eine Leistung im Sinne der
Pfandkammerordnung erbracht, die zu vergüten ist und daher auch der Umsatzsteuer
gemäß § 1 Abs. 1 UstG unterliegt.
23
Jedenfalls in Fällen wie dem Vorliegenden, in dem das Speditionsunternehmen
vereinbarungsgemäß am Räumungsort erscheint und erst danach der Räumungsauftrag
zurückgenommen wird, handelt es sich nach zutreffender Ansicht bei der hierdurch fällig
24
gewordenen Vergütung gemäß § 21 Pfandkammerordnung nicht um einen
pauschalierten Schadensersatz sondern um einen Vergütungsanspruch für eine
erbrachte Leistung. Das Speditionsunternehmen war daher berechtigt und verpflichtet,
Umsatzsteuer in Ansatz zu bringen. Dementsprechend entspricht auch die Übernahme
der fälligen Umsatzsteuer in den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers der Rechtslage.
Soweit sich die Gläubigerin auf die Beschlüsse des Landgerichts Mannheim vom
25.09.1996 und Landgericht Kassel vom 26.05.2003 bezieht, sind diese bereits der
Sache nach nicht einschlägig, da es sich dort um eine Zurücknahme des
Räumungsauftrages vor dem vorgesehenen Räumungstermin handelte und eine
Leistung des Umzugsunternehmens im Sinne einer Gestellung von Arbeitern und
Fahrzeug vor Ort zum vorgesehenen Räumungstermin tatsächlich gerade nicht erbracht
worden ist. Dies stellt jedoch den wesentlichen Unterschied zu dem vorliegenden
Sachverhalt dar.
25
Darüber hinaus überzeugen die Begründungen der aufgeführten Beschlüsse nicht. Die
Kammer schießt sich vielmehr der überzeugenden Begründung des hessischen
Finanzgerichts in dem Urteil vom 1. Dezember 1999 (DGVZ 2001, S. 88) an, wonach
eine Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 UstG bereits dann vorliegt, wenn der
Räumungsauftrag noch vor Beginn der Zwangsvollstreckung zurückgenommen wird.
26
Aus den dargelegten Gründen hat das Amtsgericht die Erinnerung der Gläubigerin somit
zu Recht zurückgewiesen.
27
Auch die Beschwerde unterlag demgemäß der Zurückweisung.
28
III.
29
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
30
IV.
31
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache sowie zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung hat die Kammer die Rechtsbeschwerde zugelassen (§
574 Abs. 2 und Abs. 3).
32