Urteil des LG Düsseldorf vom 01.06.2006
LG Düsseldorf: stand der technik, luft, angemessene entschädigung, patentanspruch, eingriff, erfindung, rechnungslegung, form, kunststoff, abrede
Landgericht Düsseldorf, 4a O 138/05
Datum:
01.06.2006
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 138/05
Tenor:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III.
Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im
Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin
zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist ein Vertriebsunternehmen auf dem Gebiet von Sportartikeln,
insbesondere Fahrradzubehör. Sie vertreibt mit Zustimmung der Patentinhaber unter
anderem in Deutschland Produkte, die nach der Lehre des deutschen Patentes X
(Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent) ausgebildet sind. Das Klagepatent wurde am 24.
März 1998 angemeldet; die Offenlegung erfolgte am 20. Mai 1999. Die Veröffentlichung
der Patenterteilung fand am 31. Mai 2000 statt. Die eingetragenen Patentinhaber haben
die Klägerin ermächtigt, sich aus einer Patentverletzung ergebenden
Unterlassungsansprüche im eigenen Namen bis zum 31. März 2008 geltend zu machen.
Weiterhin haben sie der Klägerin die wegen der behaupteten Patentverletzung etwaig
bestehenden Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Schadenersatzansprüche
abgetreten, wie sich aus dem "X" vom 14., 15. und 21. März 2005 ergibt.
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Das Klagepatent betrifft ein Ventilkuppelstück. Der für den vorliegenden Rechtsstreit
maßgebliche Patentanspruch 1 hat mit Bezugszeichen folgenden Wortlaut:
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Ventilkuppelstück, umfassend: einen Hautkörper (10) mit einem darin vorgesehenden
Durchlass (14), der mit einer Luftquelle verbindbar ist, wobei der Hauptkörper weiter
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einen darin vorgesehenen abgeteilten Raum (11) aufweist, der mit dem Durchlass in
Verbindung steht, einen Halter (20), der im Raum (11) des Hauptkörpers (10)
verschiebbar aufgenommen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Halter (20) eine darin
vorgesehene Kammer (26) aufweist, die mit dem Durchlass des Hauptkörpers (10) in
Verbindung steht, ein Ansatzstück (29) in der Kammer (26) des Halters (20)
aufgenommen ist und einen Ansatzdurchlass (291) aufweist, der mit der Kammer in
Verbindung steht, ein Ansatzkopf (50) fest im Raum (11) des Hauptkörpers (10)
angebracht ist, wobei ein Ende des Ansatzkopfes (50) mit dem Ansatzstück in Eingriff
steht und der Ansatzkopf (50) weiter eine Ventilkammer (51) darin aufweist, die mit dem
Ansatzdurchlass (291) in Verbindung steht, und Mittel zum Schalten des Halters (20)
zwischen einer ersten Außer-Betätigungsposition und einer zweiten Betätigungsposition
vorgesehen sind, wodurch, wenn der Halter (20) zur zweiten Betätigungsposition
geschaltet ist, eine einwärts gerichtete Kraft auf den Außenumfang des Ansatzstückes
ausübt.
Wegen des Wortlauts der lediglich insbesondere geltend gemachten Ansprüche 6 und 8
wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
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Die Beklagte ist eine in Frankreich ansässige Wettbewerberin der Klägerin, die
ebenfalls Sportartikel wie insbesondere Fahrradzubehör vertreibt. Unter anderem über
ihre Internet-Homepage bietet die Beklagte Fahrradpumpen an. Die von der Beklagten
angebotenen Fahrradpumpen können entweder über einen Händler bundesweit
bezogen werden oder aber direkt über die genannte Homepage, wie sich insbesondere
aus der als Anlage K 6 vorgelegten Ablichtung der Internetseite der Beklagten ergibt.
Die Ausgestaltung der angegriffenen Luftpumpe, von der die Klägerin als Anlage K 7 ein
Original zur Gerichtsakte gereicht ha, auf das Bezug genommen wird, ergibt sich auch
anhand der nachfolgend gezeigten Fotografie der auseinander genommenen Luftpumpe
der Beklagten (Anlage K 8), welche von der Klägerin angebrachte Bezeichnungen der
einzelnen Bestandteile des Ventilkuppelstücks zeigt.
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Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass das angegriffene Ventilkuppelstück von der
Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen, hilfsweise äquivalenten Gebrauch. Das
Klagepatent stelle in seinem Anspruch 1 nicht eine bestimmte Raumform des
Ventilkuppelstückes unter Schutz, sondern ein Ventilkuppelstück, bei dem zwei
Bestandteile gegeneinander verschieblich sind. Entsprechend sei auch nicht ein
bestimmter Strömungsweg der Luft Gegenstand des Anspruches. Vielmehr bleibe es
dem Fachmann überlassen die einzelnen Vorrichtungsbestandteile miteinander zu
verbinden. Eine äquivalente Verletzung ergebe sich unter dem Gesichtspunkt einer
kinematischen Umkehr. Als Hauptkörper sei der an dem röhrenförmigen Zylinder der
Luftpumpe angebrachte Hülse anzusehen, auf welcher der Halter fest angebracht sei.
Auf diesen Halter aufgeschoben sei ein verschieblich angeordnetes Kunststoffteil. Der
so bezeichnete Halter nehme die Feder und das Ansatzstück auf. Mit dem Hebel als
Betätigungsmittel werde das Kunststoffteil auf dem Halter verschoben. Bei einer solchen
Ausgestaltung handelt es sich lediglich um eine Umkehr der Bewegungsrichtung. Statt
eines verschieblich angeordneten Halters sei das Kunststoffteil verschieblich
angeordnet.
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Die Klägerin beantragt,
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I. die Beklagte wird verurteilt,
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1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder
einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu
insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
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ein Ventilkuppelstück, insbesondere als Bestandteil von Luftpumpen umfassend: einen
Hautkörper (10) mit einem darin vorgesehenden Durchlass (14), der mit einer Luftquelle
verbindbar ist, wobei der Hauptkörper weiter einen darin vorgesehenen abgeteilten
Raum (11) aufweist, der mit dem Durchlass in Verbindung steht, einen Halter (20), der
im Raum (11) des Hauptkörpers (10) verschiebbar aufgenommen ist,
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anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten
Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
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bei denen der Halter (20) eine darin vorgesehene Kammer (26) aufweist, die mit dem
Durchlass des Hauptkörpers (10) in Verbindung steht, ein Ansatzstück (29) in der
Kammer (26) des Halters (20) aufgenommen ist und einen Ansatzdurchlass (291)
aufweist, der mit der Kammer in Verbindung steht, ein Ansatzkopf (50) fest im Raum (11)
des Hauptkörpers (10) angebracht ist, wobei ein Ende des Ansatzkopfes (50) mit dem
Ansatzstück in Eingriff steht und der Ansatzkopf (50) weiter eine Ventilkammer (51) darin
aufweist, die mit dem Ansatzdurchlass (291) in Verbindung steht, und Mittel zum
Schalten des Halters (20) zwischen einer ersten Außer-Betätigungsposition und einer
zweiten Betätigungsposition vorgesehen sind, wodurch, wenn der Halter (20) zur
zweiten Betätigungsposition geschaltet ist, eine einwärts gerichtete Kraft auf den
Außenumfang des Ansatzstückes ausübt,
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insbesondere wenn,
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in der Kammer (26) des Halters (20) ein elastisches Element (28) angebracht ist, von
dem ein erstes Ende fest am Ansatzstück (29) befestigt ist und ein zweites Ende an
einer Stirnwand befestigt ist, die die Kammer abgrenzt, damit der Halter zur ersten
Außer-Betätigungsposition zurückgeführt wird (Anspruch 6)
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und/oder
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das Ventilkuppelstück nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet,
dass der Ansatzkopf (50) aus Kunststoff ist (Anspruch 8);
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2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses
vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1.
bezeichneten Handlungen seit dem 20.05.1999 begangen hat, und zwar unter Angabe
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a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und
Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
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b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach
Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den
Namen und Anschriften der Abnehmer,
20
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der
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gewerblichen Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen
und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu
bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und
in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die
Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn
ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger
in der Rechnungslegung enthalten ist,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs-
und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
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e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und
des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen
Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im
Urteilsausspruch zu Ziffer I. 1. Genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet
werden,
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wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Bestell-, Lieferscheine und
Rechnungen vorzulegen hat,
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wobei die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 31.06.2000 zu machen sind;
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wobei die Angaben zu a) bis e) auch für die mit Ventilkuppelstücken, gemäß Ziffer I. 1.
ausgerüsteten Sachgesamtheiten, insbesondere Luftpumpen zu machen sind;
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3. die im unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten
befindlichen unter Ziffer I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl
der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der
Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
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II. festzustellen,
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1. dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die unter Ziffer I. 1. bezeichneten,
in der Zeit vom 20.05.1999 bis zum 31.06.2000 begangenen Handlungen eine
angemessene Entschädigung zu zahlen;
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2. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der von ihr
durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 31.06.2000 begangenen Handlungen
entstanden ist und noch entstehen wird.
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In der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2006 erklärte die Klägerin, dass sie den
geltend gemachten Unterlassungsanspruch bis zum 31. März befristet.
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Die Beklagte stimmte der teilweisen Klagerücknahme zu und beantragt weiterhin,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise der Beklagten für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung
nachzulassen, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und der
Empfänger von Angeboten nicht der Klägerin, sondern einem von ihr zu bezeichnenden,
ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer
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mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Entscheidung trägt und ihn
ermächtigt, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmt bezeichneter
Angebotsempfänger oder nicht gewerblicher Abnehmer in der Rechnungslegung
enthalten ist.
Die Beklagte stellt eine Verletzung des Klagepatentes sowohl mit wortsinngemäßen als
auch äquivalenten Mitteln in Abrede. Eine wortsinngemäße Verletzung liege nicht vor,
da das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 eine konkrete räumlich-körperliche
Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Ventilkuppelstückes unter Schutz stelle, welche
einen bestimmten Strömungsfluss der Luft bedinge. Eine solche Ausgestaltung weise
die angegriffene Ausführungsform nicht auf. Das von der Klägerin in der Anlage K 8 als
Halter bezeichnete Bauteil stelle keinen Halter im Sinne des Klagepatentes dar, da
diese Halter nicht in einem Raum des Hauptkörpers verschiebbar aufgenommen sei.
Auch das als Hauptkörper bezeichnete Kunststoffteil stelle keinen Hautkörper dar, da es
keinen abgeteilten Raum aufweise, der mit dem Durchlass in Verbindung stehe, der
wiederum mit einer Luftquelle verbindbar ist. Eine äquivalente Verletzung scheide aus,
da die abgewandelte Lösung nicht gleichwertig sei. Für einen Fachmann ergebe sich
anhand des Patentanspruches kein Anhaltspunkt für die von der angegriffenen
Ausführungsform gewählte Lösung einer einstückigen Ausbildung von Hauptkörper und
Halter und dem darauf verschieblich angeordneten hülsenartigen Kunststoffteil.
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Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten
Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung und
Feststellung der Schadenersatzverpflichtung nicht zu, da die angegriffene
Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch macht.
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Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin bestehen nach Vorlage des als Anlage K 2
a vorgelegten "X" vom 14., 15. und 21. März 2005 nicht mehr. Hierin wurde die Klägerin
ausdrücklich ermächtigt bis zum 31. März 2008 Ansprüche aus dem Klagepatent
gerichtlich im eigenen Namen durchzusetzen. Darüber hinaus wurden ihr etwaige
bestehende Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatentes auf Auskunft,
Rechnungslegung, Vernichtung und Schadenersatzfeststellung abgetreten ("to assign").
Die Klägerin hat die Abtretung angenommen. Die Beklagte hat daraufhin die
Aktivlegitimation der Klägerin nicht mehr in Abrede gestellt.
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I.
41
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft ein Ventilkuppelstück. Im Stand der Technik
sind - so das Klagepatent in seiner einleitenden Beschreibung - verschiedene
Pumpvorrichtung zum Aufblasen von Fahrradreifen geschaffen worden, da es viele
Arten von Ventilen für Fahrradreifen gibt, zum Beispiel das französische Ventil, das
amerikanische Ventil und das englische Ventil. Zur Verwendung bei diesen
unterschiedlichen Ventilen ist eine Pumpe von sogenannten "Doppelkopf"-Typ mit
einem Schaltmittel vorgeschlagen worden. Nichts desto weniger haben die
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herkömmlichen Pumpvorrichtungen einen häufig komplizierten Aufbau und es ist eine
mühselige Betätigung erforderlich, damit sie auf unterschiedliche Ventile passen.
Aus der deutschen Offenlegungsschrift X ist ein Ventilkuppelstück mit einem
Hauptkörper mit einem darin vorgesehenen Durchlass bekannt, der mit einer Luftquelle
verbindbar ist. Weiterhin weist der Hauptkörper eine Kammer auf, die mit dem Durchlass
in Verbindung steht und in der ein Halter verschiebbar aufgenommen ist. Nachfolgend
abgebildet ist die einzige Zeichnung der Offenlegungsschrift, welche im Längsschnitt
schematisch ein aus dem Stand der Technik bekanntes Kuppelstück zeigt.
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Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik hat es sich die Erfindung nach dem
Klagepatent zur Aufgabe gemacht, einen in dieser Hinsicht unterschiedliche
Konstruktion bzw. System zu schaffen. Hierzu schlägt das Klagepatent in seinem
Patentanspruch 1 ein Ventilkuppelstück mit folgenden Merkmalen vor:
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Das erfindungsgemäße Ventilkuppelstück umfasst, so die Ausführungen des
Klagepatentes, ein Hauptkörper mit einem darin abgegrenzten Durchlass, der mit einer
Luftquelle in Verbindung steht. Der Hauptkörper umfasst weiter einen darin
abgetrennten, abgeteilten Raum, der mit dem Durchlass in Verbindung steht. Ein Halter
ist verschiebbar im abgeteilten Raum des Hauptkörpers aufgenommen und weist eine
darin abgegrenzte Kammer auf, die mit dem Durchlass des Hauptkörpers in Verbindung
steht. In der Kammer des Halters ist ein Auslassteil (Düse) in Form eines Ansatzrohres
aufgenommen und weist einen Ansatzdurchlass auf, der mit der Kammer in Verbindung
steht. Ein Ansatzkopf aus Kunststoff ist sicher im abgeteilten Raum des Hauptkörpers
angebracht und weist ein gesichert mit dem Ansatzrohr ein Eingriff stehendes Ende auf.
Der Ansatzkopf weist weiter eine darin abgetrennte Ventilkammer auf, die mit dem
Durchlass des Ansatzrohres in Verbindung steht. Es ist ein Mittel zum Schalten des
Halters zwischen einer ersten Außerbetätigungsposition und einer zweiten
Betätigungsposition vorgesehen. Wenn der Schalter zur zweiten Betätigungsposition
geschaltet ist, übt der Halter eine einwärts gerichtete Kraft auf den Außenumfang des
Kunststoffansatzrohres aus (Klagepatent, Spalte 1, Zeilen 28 bis 49).
45
II.
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Von einer solchen erfindungsgemäßen Ausgestaltung macht die angegriffene
Ausführungsform weder wortsinngemäß noch äquivalenten Gebrauch. Das Klagepatent
beschreibt in seinem Patentanspruch 1 konkret das erfindungsgemäße
Ventilkuppelstück in seiner räumlich körperlichen Ausgestaltung und dem damit in
Zusammenhang stehenden Fluss des Luftstromes. Die entsprechende Ausgestaltung
findet sich in den erfindungsgemäßen zeichnerischen Darstellungen bevorzugter
Ausführungsformen der Erfindung wieder. Nach der erfindungsgemäßen Lösung besteht
das Ventilkuppelstück aus einem Hauptkörper (10), der nach Merkmal 1 einen
bestimmte Innenaufteilung aufweist, nämlich zum einen einen Durchlass (14), der mit
einer Luftquelle verbindbar ist, und einen abgeteilten Raum (11), der auf der einen Seite
mit dem Durchlass (14) in Verbindung steht und auf der anderen Seite auf das Ventil
aufgesteckt wird. Nach Merkmal 2 ist in dem Hauptkörper (10) ein Halter (20)
verschiebbar aufgenommen. Durch im Patentanspruch 1 nicht näher beschriebene
Mittel (30) wird der Halter (20) im Raum des Hauptkörpers in verschiedene Positionen -
Außerbetätigungs- und Betätigungsposition - verschoben. Beispielsweise ein Hebel
(13), wie er in Figur 3 und 4 in einer bevorzugten Ausführungsform gezeigt ist, drückt
den Halter (20) entgegen der Rückstellkraft der Feder (28) nach unten und damit den
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Gummiring (50) zusammen, so dass das Ventilkupplungsstück auf das Ventil
aufgepresst bzw. festgeklemmt wird. Der Halter besorgt dadurch die Halterung der
Luftpumpe auf den verschiedenartigen Ventilen. Dafür weist der Halter eine Kammer
auf, die mit dem Durchlass des Hauptkörpers in einer den Luftstrom in Verbindung steht.
In der Kammer des Halters ist ein Ansatzstück aufgenommen, das wiederum einen
Ansatzdurchlass aufweist, der einen weiteren Teil des Strömungsweges definiert. Im
Raum des Ansatzkörpers ist ein Ansatzkopf fest angebracht, wobei ein Ende des
Ansatzkopfes fest mit dem Ansatzstück in Eingriff steht. Der Ansatzkopf weist eine
Ventilkammer auf, die mit dem Ansatzdurchlass in Verbindung steht. In der
Einsatzsituation wird das Ventil in die Ventilkammer eingeschoben. Wird der Halter
durch das Mittel in die zweite Betätigungsposition geschaltet, wird über den sich
vorschiebenden Halter eine einwärts gerichtete Kraft auf den Außenumfang des
Ansatzstückes ausgeübt, so dass dieses mit dem Ventil in Eingriff tritt (Klagepatent,
Spalte 3, Zeilen 24 ff. 50 ff.).
Diese vom Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 konkret beschriebene räumlich
körperliche Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Ventilkuppelstückes bedingt einen
bestimmten erfindungsgemäßen Strömungsweg der Luft. Denn der Patentanspruch lässt
nicht offen wie die einzelnen Vorrichtungsbestandteile der Erfindungskuppelstückes
miteinander in Zusammenhang stehen. Vielmehr werden in den einzelnen Merkmalen
konkrete Anweisungen der Anordnung der einzelnen Bestandteile des
Ventilkuppelstückes zueinander gegeben. So steht nach Merkmal 1 der Hauptkörper mit
dem Durchlass in Verbindung. Merkmal 2 besagt, dass der Halter im Raum des
Hauptkörpers verschiebbar aufgenommen ist. Nach Merkmal 3 weist der Halter eine
Kammer auf, die mit dem Durchlass des Hauptkörpers in Verbindung steht. Diese
genaue Anordnung der einzelnen Bestandteile des Ventilkopfstückes bedingt einen
Strömungsweg der Luft von einer Luftzuführung (18) über einen Durchlass (14), über
eine Verengung in den abgeteilten Raum (11). Von diesem abgeteilten Raum (11)
gelangt die Luft in den Halter durch die Öffnung (24) in die Kammer (26) des Halters.
Aus dieser Kammer (26) des Halters (20) gelangt die Luft durch den Düsenaustritt (291)
in die Ventilkammer (51), in der das Ventil angeordnet ist.
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Die angegriffene Ausführungsform weist weder die vom Patentanspruch vorgegebene
räumlich körperliche Ausgestaltung des Ventilkuppelstückes auf, noch gleichen die
Strömungswege der Luft. Ausgehend von der als Anlage K 8 vorgelegten
Kennzeichnung der Bauteile der angegriffenen Ausführungsform wie sie von der
Klägerin vorgenommen wurde, stellt das mit Halter bezeichnete Bauteil, welches starr
auf der Luftpumpe befestigt ist, keinen Halter im Sinne des Klagepatentes dar. Denn
Merkmal 2 sieht vor, dass der Halter in dem Raum des Hauptkörpers verschiebbar
aufgenommen ist. Der Halter der angegriffenen Ausführungsform hingegen ist nicht in
den Raum des mit Hauptkörper bezeichneten Bauteils aufgenommen. Vielmehr ist der
Hauptkörper auf den Halter aufgeschoben. Hinzu kommt, dass das mit Halter
bezeichnete Bauteil der angegriffenen Ausführungsform auch nicht verschiebbar ist.
Denn bei der angegriffenen Ausführungsform wird vielmehr der Hauptkörper bei
Betätigung des Hebels verschoben. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht, wenn
die als Halter und Hauptkörper bezeichneten Bauteile miteinander vertauscht werden.
Denn dann würde der Hauptkörper, der mit der Luftpumpe in Verbindung steht, keinen
abgeteilten Raum vorsehen; dies sieht das Merkmal 1 hingegen vor. Auch wäre bei
einer solchen Konstellation der Halter nicht in den Raum des Hauptkörpers
aufgenommen, sondern lediglich auf diesen aufgeschoben.
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Durch diese abgewandelte Bauweise zeigt die angegriffene Ausführungsform auch
einen anderen Strömungsweg der Luft. Der Strömungsweg der Luft verläuft von der
Luftquelle in Gestalt einer Fahrradpumpe über das als in der Anlage K 8 als Halter
bezeichnete Bauteil, das Ansatzstück und das in den Ansatz hineingeschobene
Ansatzstück, welches mit der in dem Halter befindlichen Feder in Kontakt steht. Bei
dieser Ausgestaltung nimmt das als Hauptkörper bezeichnete Bauteil an dem
Strömungsweg der Luft im Gegensatz zu der erfindungsgemäßen Lösung (Merkmal 1)
nicht teil. Zudem wird in der Anwendungssituation der angegriffenen Ausführungsform
das als Hauptkörper bezeichnete Bauteil mit dem Betätigungsmittel (Hebel) von einer
Außer-Betätigungsposition in eine Betätigungsposition bewegt. Merkmal 8 hingegen
sieht vor, dass Mittel zum Schalten des Halters zwischen einer ersten Außen-
Betätigungsposition einer zweiten Betätigungsposition vorgesehen sind.
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Eine wortsinngemäße Verwirklichung des Patentanspruches 1 scheidet entsprechend
den vorstehenden Ausführungen mithin aus. Auch eine äquivalente Verwirklichung der
Lehre des Patentes liegt nicht vor. Eine äquivalente Benutzung der Lehre eines
Patentes liegt dann vor, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die an den
Sinngehalt der in den Ansprüchen des Patents unter Schutz gestellten Erfindung
anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten
Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der patentgeschützten
Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte. Dabei erfordert
es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der
erfinderischen Leistung stehenden Gebot der Rechtssicherheit, dass der sich
Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den
Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des
Schutzbereiches bildet, welche sich an den Patentansprüchen auszurichten hat
(ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. etwa GRUR 2002, 510, 512 -
Kunststoffrohrteil; GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser 1; GRUR 2002, 519, 521 -
Schneidmesser 2; GRUR 2002, 523, 524 - ................................. I; GRUR 2002, 527, 529 -
........................ II). Demnach ist es, um eine Benutzung eine Lehre des Patentes unter
dem Gesichtspunkt der Äquivalenz bejahen zu können, nicht nur erforderlich, dass die
vom Wortsinn des Patentanspruches abweichende Ausführungsform das der Erfindung
zugrundeliegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden
Mittel löst und dass der Durchschnittsfachmann mit den Fachkenntnissen des
Prioritätstages des Patentes ohne erfinderische Bemühung in der Lage war, die
abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden, sondern darüber hinaus auch,
dass die vom Fachmann dafür anzustellenden Überlegungen derart an den Sinngehalt
der in den Patentansprüchen unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind,
dass der Fachmann die abweichende Ausführungsform mit ihren abgewandelten Mitteln
als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH, a.a.O.).
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Die angegriffene Ausführungsform weist nach dem Verständnis der Kammer folgende
Ausgestaltung auf: Auf der Luftpumpe ist ein Kunststoffteil aufgesteckt welches der
Luftweiterführung dient. Auf diesem unbeweglichen Kunststoffteil befindet sich ein
Halter der mit einem Hohlraum ausgestattet ist und in welchem sich eine Feder befindet.
Auf den Halter aufgeschoben ist ein weiteres Kunststoffbauteil in Form einer Hülse
welches in Verbindung mit dem Hebel verschiebbar ist. Nach Auffassung der Kammer
kann die unbewegliche Kunststoffhülse, welche auf der Luftpumpe aufgesteckt ist, mit
der beweglichen Kunststoffhülse welche sich auf dem Halter befindet, als zweiteiliger
Hauptkörper angesehen werden. In diesem zweiteiligen Hauptkörper ist ein Halter
aufgenommen. Dieser Halter weist auch eine Kammer auf die mit dem Durchlass des
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zweiteiliges Hauptkörpers in Verbindung steht und in jedem Fall einen Teil des Halters
ist ein Ansatzstück aufgenommen. Das Ansatzstück weist einen Ansatzdurchlass auf
der mit der Kammer in dem Halter in Verbindung steht. Weiterhin ist auch im Raum des
Hauptkörpers ein Ansatzkopf in Form eines losen Gummiringes angebracht, weil auch
ein Ende des Ansatzkopfes fest mit dem Ansatzstück in Eingriff steht. Der Ansatzkopf
weist eine Öffnung auf, die mit dem Ansatzdurchlass in Verbindung steht. Im Gegensatz
zu der erfindungsgemäßen Lehre wird bei Betätigung des Hebels jedoch nicht der
Halter zwischen zwei Betätigungspositionen bewegt. Vielmehr wird der obere Teil des
Hauptkörpers, welcher beweglich auf dem Halter angebracht ist, in Richtung auf das
Fahrradventil bewegt, so dass der lose Gummiring mit dem Ventilkopf des
Fahrradschlauches in Verbindung tritt. Es ist für die Kammer nicht zu erkennen und von
der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht hinreichend deutlich gemacht
worden, aufgrund welcher Überlegungen ausgerichtet am Sinngehalt der in den
Patentansprüchen niedergelegten technischen Lehre ein Fachmann zu dieser
abgewandelten Ausführungsform gelangen sollte. Zwar wird auch bei der angegriffenen
Ausführungsform ein Prinzip des Klagepatentes, wonach zwei Körper zueinander
verschieblich angeordnet sind, verwirklicht. Im Gegensatz zu der Lehre des
Klagepatentes wonach ein in einem Hauptkörper aufgenommener Halter in Richtung auf
ein Ventil bewegt wird, während hingegen bei der angegriffenen Ausführungsform von
der Ausgestaltung eines einteiligen Hauptkörpers Abstand genommen wird und
vielmehr der bewegliche Teile des Hauptkörpers verschieblich angeordnet ist. Hinzu
kommt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform bei Betätigung des Hebels sich der
bewegliche Hauptkörper auf der Führung des Halters und des starren ersten Teils des
Hauptkörpers in Verbindung mit der Luftpumpe bewegt. Bei der erfindungsgemäßen
Lehre bleibt hingegen der Hauptkörper unbeweglich während sich der Halter in
Richtung auf das Ventil bewegt. Es ist daher nicht einzusehen, aus welchen Gründen
ein Fachmann zunächst auf einen zweiteiligen Hauptkörper zurückgreifen sollte, von
welchem ein Teil beweglich ist, um gleichzeitig von dem in der Lehre des Klagepatentes
beschriebenen verschiebbaren Halter Abstand zu nehmen und gleichzeitig die
Bewegungsrichtung bei Betätigung des Hebels zu ändern. Anhaltspunkte hierfür geben
die Patentansprüche nicht, wie von der Klägerin auch nicht konkret dargetan wurde.
Die angegriffene Ausführungsform macht mithin von der Lehre des Klagepatents keinen
Gebrauch.
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 709, 108 ZPO.
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Streitwert: 250.000,00 €.
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