Urteil des LG Düsseldorf vom 02.09.2002
LG Düsseldorf: schwierigkeit des verfahrens, verfahrenskosten, fürsorgepflicht, stundung, erforschung, rechtsform, geschäftsführer, zustellung, datum
Landgericht Düsseldorf, 25 T 324/02
Datum:
02.09.2002
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
25 T 324/02
Tenor:
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen
hat die 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
auf die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Düsseldorf vom 30. April 2002
am 2. September 2002
beschlossen:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen. Der
Antrag des Schuldners, ihm Verfahrenskostenstundung bzw.
Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen, wird
zurückgewiesen.
Gründe:
1
Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom
31.01.2002 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen zu eröffnen, ihm die
Restschuldbefreiung zu gewähren, Verfahrenskosten gemäß § 4 InsO zu stunden und
ihm seinen Verfahrensbevollmächtigten als Rechtsanwalt beizuordnen.
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Zur Begründung führte er aus, er sei im Jahre 1985 selbständig gewesen und habe
danach als Geschäftsführer verschiedene GmbHs geführt. Er verfüge über keinerlei
Vermögenswerte, die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens verwertbar seien und sei
quasi obdachlos, da er ständig wechselnd bei verschiedenen Freunden und Bekannten
übernachten müsse. Sein Verfahrensbevollmächtigter sei für das gesamte Verfahren
beizuordnen, da diffizile Forderungen, die an ihn gestellt würden, die Beiordnung eines
Rechtsanwaltes erforderten. Darüber hinaus sei aufgrund der ungeklärten Wohnungs-
und Anschriftenfrage eine Zustellung lediglich dann gewährleistet, wenn er von
anwaltlicher Seite vertreten werde. Das vom Antragsteller zu den Akten gereichte
Gläubiger- und Forderungsverzeichnis vom 1.02.2002 weist 22 Gläubiger auf.
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Das Amtsgericht hat das Verfahren als Regelinsolvenzverfahren behandelt und gemäß
Beschluss vom 6.02.2002 zur Aufklärung des Sachverhaltes gemäß § 5 InsO ein
schriftliches Gutachten darüber eingeholt, ob und gegebenenfalls welche
Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind, ob ein nach der Rechtsform des Schuldners
maßgeblicher Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussicht gegebenenfalls für eine
Fortführung des schuldnerischen Unternehmens bestehen sowie ob eine
kostendeckende Masse vorhanden ist. Es hat sodann durch den angefochtenen
Beschluss dem Schuldner für das Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren die
Verfahrenskosten gemäß § 4 a Abs. 1, 3 InsO gestundet und den Antrag auf Beiordnung
eines Rechtsanwalts zurückgewiesen.
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Hierzu hat es ausgeführt, dass mit Rücksicht auf die bestehende Fürsorgepflicht des
Gerichts die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich sei. Die Abwicklung des
Verfahrens werfe weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere
Schwierigkeiten auf.
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Gegen diesen am 6.05.2002 zugestellten Beschluss hat der Schuldner mit einem am
11.05.2002 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er
beantragt, ihm seinen Verfahrensbevollmächtigten beizuordnen und für das
Rechtsmittel ihm jedenfalls Stundung der Verfahrenskosten zu gewähren.
6
Der Amtsrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur
Entscheidung vorgelegt. Die Einzelrichterin hat das Verfahren wegen der
grundsätzlichen Bedeutung auf die Kammer in voller Besetzung übertragen.
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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Amtsgericht den
Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes zurückgewiesen. Der Gesetzgeber ging
bei der Einführung des § 4 a InsO davon aus, dass der Schuldner im Insolvenzverfahren
regelmäßig seine Rechte selbst wahrnehmen kann. Dabei hat der Gesetzgeber darauf
hingewiesen, dass dem Gericht gegenüber dem Schuldner grundsätzlich die
Fürsorgepflicht obliegt, den im Insolvenzverfahren häufig Rechtsunkundigen durch
begleitende Verfügungen die Führung des Verfahrens zu erleichtern (vgl.
Bundestagsdrucksache 14/5680 S. 21). Das Landgericht Koblenz (MDR 2002, 604) hat
deshalb entschieden, dass vor diesem Hintergrund nach dem gesetzgeberischen Willen
die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nur zulässig sein soll, wenn dies etwa nach der
Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich ist. Dabei rechtfertigte allein die
Schwierigkeit des Verfahrens als solche» es nicht, einen Rechtsanwalt beizuordnen, so
lange nicht im konkreten Ein- -zelfall besondere Schwierigkeiten hinzutreten. Hierzu
reicht es nicht aus, dass dem Schuldner eine Reihe von Gläubigern gegenüber steht.
Dies ist vielmehr weitgehend verfahrenstypisch. Allein die Mutmaßung, einzelne
Gläubiger könnten dazu übergehen, im Verfahren Forderungen gegen die GmbH als
solche aus unerlaubter Handlung auch gegen den Schuldner dar-steljen, macht die
Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten nicht notwendig. Eine besondere
Schwierigkeit ist auch nicht der Tatsache zu entnehmen, dass das Amtsgericht mit
Beschluss vom 06.02.2002 ein schriftliches Sachverständigengutachten gemäß § 5
InsO angeordnet hat. Dies entspricht vielmehr der Regel der Erforschung des
Sachverhalts von Amts wegen.
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Die Tatsache, dass der Schuldner keinen festen Wohnsitz hat und sich unter
verschiedenen Anschriften bei Freunden wechselseitig aufhält, macht die Beiordnung
eines Verfahrensbevollmächtigten ebenfalls nicht notwendig.
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Das Amtsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass insoweit ein
Zustellungsbeauftragter bestellt werden kann. Die Kostenentscheidung folgt aus § 4
InsO, § 97 ZPO.
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Verfahrenskostenstundung für das Beschwerdeverfahren war nicht zu bewilligen, da
dies nach § 4 a InsO nur für das Insolvenzverfahren bis zur Erteilung der
Restschuldbefreiung möglich ist. Der Rechtsmittelzug ist davon nicht umfasst.
Prozesskostenhilfe war ebenfalls nicht zu gewähren, da die Beschwerde keine
Erfolgsaussicht hat.
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