Urteil des LG Düsseldorf vom 03.09.2002

LG Düsseldorf: stand der technik, schlitten, ausführung der erfindung, anhalten, verkehr, gebrauchsmuster, rechnungslegung, auskunftserteilung, energie, vorbenutzung

Landgericht Düsseldorf, 4a O 232/01
Datum:
03.09.2002
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 232/01
Tenor:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,- EUR
vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte
Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin
zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des
europäischen Patentes xxxxxxxx und Verletzung des deutschen Gebrauchsmusters
xxxxxxxxx auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und
Schadensersatz in Anspruch.
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Das unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte
europäische Patent xxxxxxxxxx (Anlage K 2, Übersetzung Anlage K 3, im Folgenden:
Klagepatent), das die Bezeichnung "Stangenschubvorrichtung, insbesondere für dünne
Stangen in automatischen Zuführvorrichtungen" trägt und als dessen Inhaberin die
Klägerin eingetragen ist, wurde am 17. Dezember 1996 angemeldet. Die Anmeldung
wurde 2. Juli 1997 erstmalig veröffentlicht. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die
Patenterteilung beim Europäischen Patentamt (EPA) erfolgte am 19. April 2000.
3
Das deutsche Gebrauchsmuster xxxxxxxxxxx (Anlage K 1, im folgenden:
Klagegebrauchsmuster), welches aus der dem europäischen Patent zugrundeliegenden
Anmeldung abgezweigt wurde und eine Vorrichtung zur Zuführung von Stangen in
Drehautomaten betrifft, wurde am 17. Dezember 1996, unter Inanspruchnahme der
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Priorität des europäischen Patentes, angemeldet und am 20. April 2000 in die
Gebrauchsmusterrolle eingetragen.
Der Patentanspruch 1 des Klagepatentes lautet wie folgt:
5
Vorrichtung zum Vorwärtsbewegen von Stäben, insbesondere von dünnen Stäben, in
automatischen Beschickungsanordnungen, welche mit einem Ladesystem (18) für eine
Vielzahl von Stäben (17), einem Mechanismus zum einzelnen Abgeben dieser Stäbe
vom System (18) auf Tragelementen (22, 23) und mit einem Stabschieber (39)
ausgestattet sind, der mit einer zur Aufnahme des hinteren Endes eines abgegebenen
Stabes bestimmten Hülse versehen ist,
6
dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung die folgenden Bestandteile aufweist:
Führungsmittel (4, 5), auf denen die Tragelemente (22, 23) für einen vom System (18)
abgegebenen Stab (17) sowie ein mit Greifelementen (11, 14) für den Stab
ausgestatteter Tragschlitten (56) gleitbeweglich angebracht sind, wobei der
Tragschlitten (6) zwischen einer Ausgangsposition, in der die Greifelemente (11, 14) so
betätigt sind, dass sie einen auf den Tragelementen (22, 23) abgelegten Stab (17)
ergreifen, und einer Endposition, in der der Stab (17) von den Greifelementen (11, 14)
freigegeben wird, nachdem der Stab in die Hülse des Stabschiebers eingeführt und der
Stab in der Spindel einer automatischen Drehmaschine gehaltert wurde, hin- und
herbewegen kann, wobei der Stabschieber (39) so angebracht ist, dass er sich parallel
zu einer Achse bewegt; sowie Mittel zum Anhalten und zum Bewegen des
Stabschiebers (39) nach dem Tragschlitten (6) zwischen einer ausgestellten Position
und einer Position, in der er sich in paralleler Ausrichtung zum auf den Tragschlitten
abgelegten Stab befindet, wenn der Tragschlitten seine Endposition erreicht hat.
7
Der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters hat folgenden Wortlaut:
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Vorrichtung zur Zuführung von Stangen (17) in Drehautomaten, welche Vorrichtung ein
Stangenmagazin (18) mit einer Einrichtung zur vereinzelten Freigabe der Stangen und
mit einem Greifer versehenen Schieber (39) aufweist, wobei der Greifer geeignet ist, das
hintere Ende einer von der Einrichtung freigegebenen Stange zu ergreifen,
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dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung Führungsmittel (4, 5) für einen Schlitten
(6) aufweist, auf welchem Greifelemente (11, 14) zum Erfassen einer von der
Einrichtung freigegebenen Stange (17) angeordnet sind und welcher zwischen einer
Anfangsstellung und einer Endstellung bewegbar ist, wobei in der Anfangsstellung die
Greifelemente (11, 14) eine freigegebene Stange (17) erfassen und in der Endstellung
die Greifelemente (11, 14) die Stange (17) in der Spindel eines Drehautomaten frei
geben, und weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass Mittel (41 - 43) vorgesehen sind,
die den Schieber (39) parallel zu seiner eigenen Achse und zwischen einer mit einer der
Stange nicht fluchtenden und einer mit der Stange fluchtenden Stellung bewegen, und
Mittel (19-21) vorgesehen sind, die in der mit der Stange (17) fluchtenden Stellung eine
zwischen Schieber (39) und Schlitten (6) relative Bewegung erzeugen, um das hintere
Ende der Stange (17) mit dem Greifer zu ergreifen, wonach die Stange von den
Greifelementen (11, 14) freigegeben wird und vom Schieber (39) in die Spindel des
Drehautomaten eingeschoben wird.
10
Die nachfolgenden, verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus dem
Klagepatent und zeigen in Figur 1 eine schematische Vorderansicht der
11
erfindungsgemäßen Vorrichtung und in Figur 2 eine Aufsicht auf die Vorrichtung gemäß
Figur 1. Figuren 3 bis 5 zeigen eine konkrete Darstellung der Behandlung der Stangen,
die dem Drehautomaten zugeführt werden aus unterschiedlichen Perspektiven.
Die in der Schweiz ansässige Beklagte bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik
Deutschland eine Stangenschubvorrichtung "xxxxxxxxx". Die Klägerin hat einen
Prospekt und Photographien der Vorrichtung zu den Akten gereicht, auf welche wegen
der genauen Darstellung der Vorrichtung Bezug genommen wird (vgl. Anlage K 11 und
Anlagenkonvolut K 12 / 1-8).
12
Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 2. Oktober 2000 (vgl. Anlage K 14) hat die
Klägerin die Beklagte wegen Verletzung der Klageschutzrechte abgemahnt. Die
Patentanwälte der Beklagten haben mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 (vgl. Anlage
K 15) die Abgabe der geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt.
13
Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin, die im Angebot und dem Vertrieb der
Vorrichtung eine Verletzung der Klageschutzrechte sieht, die Beklagte in Anspruch.
14
Sie behauptet, die von der Beklagten angebotene und vertriebene
Stangenschubvorrichtung verwirkliche sämtliche Merkmale der Ansprüche 1 des
Klagepatentes und des Klagegebrauchsmusters, und zwar mit wortlautgemäßen,
jedenfalls aber mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Vom Wortlaut des
Patentanspruchs 1 des Klagepatentes weiche die angegriffene Ausführungsform
allenfalls insoweit ab, als bei ihr Tragelemente die Ebene S des Schlittens und der
Führungskanal seien. Im Sinne des Klagepatentes sei von diesen beiden
Tragelementen eines, die Ebene S, die auf dem Schlitten angeordnet ist, auf den
Führungsmitteln beweglich. Das zweite Tragelement, der Führungskanal sei dies nicht.
15
Die Klägerin beantragt,
16
die Beklagte zu verurteilen,
17
I. 1.
18
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu
insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
19
a) Vorrichtungen zur Zuführung von Stangen in Drehautomaten, welche Vorrichtung ein
Stangenmagazin mit einer Einrichtung zur vereinzelten Freigabe der Stangen und einen
mit einem Greifer versehenen Schieber aufweist, wobei der Greifer geeignet ist, das
hintere Ende einer von der Einrichtung freigegebenen Stange, die nach der Freigabe
aus der Einrichtung vom Führungskanal und dem zwischen den Greifelementen
befindlichen Teil gestützt wird, zu ergreifen,
20
anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten
Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen
21
die Vorrichtung Führungsmittel für einen Schlitten aufweist, auf welchem Greifelemente
zum Erfassen einer Stange angeordnet sind und welcher zwischen einer
22
Anfangsstellung und einer Endstellung bewegbar ist, wobei in einer Anfangsstellung die
Greifelemente eine freigegebene Stange erfassen und in der Endstellung die
Greifelemente die Stange in der Spindel eines Drehautomaten freigeben, und weiterhin
Mittel vorgesehen sind, die den Schieber parallel zu seiner eigenen Achse und
zwischen einer mit der Stange nicht fluchtenden und einer mit der Stange axial
fluchtenden Stellung bewegen, und weitere Mittel vorgesehen sind, die in der mit der
Stange fluchtenden Stellung eine zwischen Schieber und Schlitten relative Bewegung
erzeugen, um das hintere Ende der Stange mit dem Greifer zu ergreifen, wonach die
Stange von den Greifelementen freigegeben wird und vom Schieber in die Spindel des
Drehautomaten eingeschoben wird;
b) und/oder
23
Vorrichtungen zum Vorwärtsbewegen von Stäben, insbesondere von dünnen Stäben, in
automatischen Beschickungsanordnungen, welche mit einem Ladesystem für eine
Vielzahl von Stäben, einem Mechanismus zum einzelnen Abgeben dieser Stäbe vom
System auf Tragelemente und mit einem Stabschieber ausgestattet sind, der mit einer
zur Aufnahme des hinteren Endes eines abgegebenen Stabes bestimmten Hülse
versehen ist,
24
anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten
Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen
25
die Vorrichtung die folgenden Bestandteile aufweist: ein Führungskanal, auf dem ein
vom System abgegebener Stab lagert; Führungsmittel, auf denen ein mit Greifelementen
für den Stab ausgestatteter Tragschlitten, auf dem ein vom System abgegebener Stab
lagert, gleitbeweglich angebracht ist, wobei der Tragschlitten zwischen einer
Ausgangsposition, in der die Greifelemente so betätigt sind, dass sie einen auf den
Tragelementen abgelegten Stab ergreifen, und einer Endposition, in der der Stab von
den Greifelementen freigegeben wird, nachdem der Stab in die Hülse des
Stabschiebers eingeführt und der Stab in der Spindel einer automatischen
Drehmaschine gehaltert wurde, hin- und herbewegt werden kann, wobei der
Stabschieber so angebracht ist, dass er sich parallel zu seiner Achse bewegt; sowie
Mittel zum Anhalten und zum Bewegen des Stabschiebers nach dem Tragschlitten
zwischen einer ausgestellten Position und einer Position, in der er sich in paralleler
Ausrichtung zum auf den Tragelementen abgelegten Stab befindet, wenn der
Tragschlitten seine Endposition erreicht hat;
26
2.
27
der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I.1. a)
und b) bezeichneten Handlungen seit dem 20. Mai 2000 begangen hat, und zwar unter
Angabe
28
a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
29
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen
unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der
Abnehmer,
30
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen
31
und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe,
Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
32
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und
des erzielten Gewinns,
33
II.
34
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen,
der ihr durch die unter Ziffer I.1. a) und b) bezeichneten, seit dem 20. Mai 2000
begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
35
Die Beklagte beantragt,
36
zu erkennen, wie geschehen.
37
Sie stellt eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede.
38
Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass die Klägerin keine Rechte aus dem
Klagegebrauchsmuster herleiten könne. Die Abzweigung des Klagegebrauchsmusters
aus dem Klagepatent sei unzulässig, da sich das Klagegebrauchsmuster nicht auf
dieselbe Erfindung beziehe wie das Klagepatent. Insoweit komme eine Vorverlegung
des Anmeldetages des Klagegebrauchsmusters vor dessen Einreichungstag am 14.
Juni 1999 nicht in Betracht. Der Beklagten stehe demgegenüber ein
Vorbenutzungsrecht zu. Sie habe bereits im Juli 1996 einen Prototypen der
angegriffenen Ausführungsform angefertigt und daraufhin die Serienproduktion und den
Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland begonnen. Diese Vorrichtungen
entsprächen der angegriffenen Ausführungsform.
39
Darüber hinaus sei das Klagegebrauchsmuster nicht schutzfähig. Es fehle an einem
erfinderischen Schritt; auch stehe das Vorbenutzungsrecht der Beklagten entgegen.
40
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
41
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
42
Entscheidungsgründe:
43
Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche auf
Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz gemäß §§ 9,
14, 139 Abs. 1 und Abs. 2, 140 b Abs. 1 und Abs. 2 PatG, §§ 11, 12 a, 24 Abs. 1 und
Abs. 2, 24a Abs.1, 24b Abs. 1 und Abs. 2 GebrMG, §§ 242 und 259 BGB nicht zu, da die
Beklagte das Klagepatent nicht verletzt (A.) und das Klagegebrauchsmuster (B.) nicht
schutzfähig ist.
44
A.
45
Klagepatent xxxxxxxxxx
46
I.
47
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Vorwärtsbewegen von Stäben,
insbesondere von dünnen Stäben, in automatischen Beschickungsanordnungen.
Automatische Zuführvorrichtungen dienen dazu, in Drehmaschinen zu bearbeitende
Stangen, insbesondere dünne Stangen, automatisch diesen Drehmaschinen
zuzuführen. Eine in der Vergangenheit durchgeführte manuelle Zuführung von Stangen
war wenig produktiv und anfällig für Betriebsstörungen.
48
Das Klagepatent führt in seiner Einleitung zum Stand der Technik die europäische
Patentschrift xxxxxxxxxx an (Anlage K 5, deutsche Übersetzung Anlage B 1), die eine
Beschickungsvorrichtung betrifft, welche mit einem Ladesystem für eine Vielzahl von
Stäben versehen ist, einem Mechanismus zum einzelnen Abgeben dieser Stäbe vom
System auf Tragelemente und mit einem Stabschieber ausgestattet ist, der mit einer zur
Aufnahme des hinteren Endes abgebenden Stabes bestimmten Hülse versehen ist. Bei
Betätigung der Vorrichtung werden Stäbe von Gleitrutschen 16 durch Hebeelemente 22
heruntergehoben und durch Absenken der Hebeelemente 22 auf den axialen
Gleitführungen 20‘, 20 abgelegt. Schubmittel 37, 38 führen die Stäbe dann in zwei
Schritten der Werkzeugmaschine 14 zu. Dazu wird zunächst das Schubmittel 37
aktiviert. Es schiebt den Stab 13, 15 so weit in Richtung auf die Werkzeugmaschine 14,
bis der Anfang des Schubmittels die in der Figur 1 als 37‘ gekennzeichnete Position
erreicht hat. Da das Schubmittel 37 über die gesamte Länge der Gleitführungen 20‘
hinüberragen muss, um schließlich die Position 37‘ einnehmen zu können, muss es
eine entsprechende Längserstreckung aufweisen. In einem zweiten Schritt übernimmt
das Schubmittel 38 den Vorschub des Stabes 13, 15. Hierzu werden zunächst dessen
Gleitführungen 30 derart verschwenkt, dass das Schubmittel 38 hinter dem Stab 13, 15
angeordnet ist. Mit der Hülle 42 wird dann das Ende des Stabes 13, 15 ergriffen und das
Schubmittel 38 schiebt den Stab 13, 15 in die Werkzeugmaschine 14. Das Klagepatent
bemängelt an dieser Vorrichtung die übermäßige Längendimensionierung und die
Schwierigkeiten beim Vorwärtsbewegen von Stäben mit sehr kleinen Durchmessern
von etwa 1 bis 2 mm (Anlage K 3, Spalte 1 Zeilen 12 bis 15).
49
Weiteren Stand der Technik, der im Erteilungsverfahren geprüft wurde, stellt die
europäische Patentschrift xxxxxxxxx (Anlage K 4, deutsche Übersetzung Anlage B 2)
dar. Auch diese betrifft eine Einrichtung zum Zuführen von Stangenmaterial in
Längsrichtung, während das Material um seine Längsachse rotiert. Die technische
Lehre hat einerseits zum Ziel, den Raum längs der Schienen der Vorrichtung effizient
auszunutzen. Andererseits sollen Beschädigungen der Stangen, wie sie aus fixiert
angeordneten Gleitführungen bekannt sind, verhindert werden. Dies soll erreicht werden
durch beweglich angeordnete Stützelemente mit Gehäusen, in denen die Stangen
gestützt werden, wodurch auch der Zufuhrweg für das Stangenmaterial besser
ausgenutzt werden kann.
50
Hiervon ausgehend liegt der Erfindung nach dem Klagepatent das technische Problem
("die Aufgabe") zugrunde, eine Vorrichtung zu beschreiben, welche die dargestellten, für
herkömmliche Beschickungsanordnungen typischen Nachteile vermeidet.
51
Zur Lösung dieses Problems schlägt der Schutzanspruch 1 des Klagepatentes eine
Vorrichtung zum Vorwärtsbewegen von Stäben, insbesondere von dünnen Stäben, in
automatischen Beschickungsanordnungen vor, welche
52
I. mit einem Ladesystem (18) für eine Vielzahl von Stäben (17),
53
II. einem Mechanismus zum einzelnen Abgeben dieser Stäbe vom System (18) auf
Tragelementen, und
54
III. mit einem Stabschieber (39) ausgestattet ist, der mit einer zur Aufnahme des hinteren
Endes eines abgebenden Stabes bestimmten Hülse versehen ist;
55
IV. die Vorrichtung weist folgende Bestandteile auf: Führungsmittel (4, 5), auf denen
56
a) die Tragelemente (22, 23) für einen vom System (18) abgegebenen Stab (17) sowie
57
b) ein mit Greifelementen (11, 14) für den Stab ausgestatteter Tragschlitten (6)
58
gleitbeweglich angebracht sind, wobei
59
V. der Tragschlitten
60
a) in einer Ausgangsposition, in der die Greifelemente (11, 14) so betätigt sind, dass sie
einen auf den Tragelementen (22, 23) abgelegten Stab (17) ergreifen, und
61
b) in einer Endposition, in der der Stab (17) von den Greifelementen (11, 14)
freigegeben wird, nachdem der Stab in die Hülse des Stabschiebers (39) eingeführt und
der Stab in der Spindel einer automatischen Drehmaschine gehaltert wurde,
62
hin- und herbewegt werden kann, wobei
63
VI. der Stabschieber (39) so angebracht ist, dass er sich parallel zu seiner Achse
bewegt, sowie
64
VII. Mittel zum Anhalten und zum Bewegen des Stabschiebers (39) nach dem
Tragschlitten (6) zwischen einer ausgestellten Position und einer Position, in der er sich
in paralleler Ausrichtung zum auf den Tragelementen abgelegten Stab befindet, wenn
der Tragschlitten seine Endposition erreicht hat.
65
Die erfindungsgemäße Vorrichtung ist damit in ihrer Längendimensionierung kürzer und
auf Grund der Anordnung der einzelnen Elemente auch zum Vorwärtsbewegen von
Stäben mit einem kleinen Durchmesser geeignet.
66
II.
67
Mit der angegriffenen Ausführungsform macht die Beklagte von der technischen Lehre
des Klagepatentes keinen Gebrauch.
68
Entgegen der Ansicht der Klägerin verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das
Merkmals IV. a) des Klagepatentes nicht.
69
Nach dem Merkmal IV. a) soll die Vorrichtung zum Vorwärtsbewegen von Stäben in
automatischen Beschickungsanordnungen Führungsmittel aufweisen, auf denen –
neben einem mit Greifelementen für den Stab ausgestatteten Tragschlitten (Merkmal IV.
70
b)) – die Tragelemente für einen vom System abgegebenen Stab gleitbeweglich
angebracht sind. Die gleitbewegliche Ausgestaltung der Tragelemente für den vom
System angegebenen Stab trägt zum einen dazu bei, die übermäßigen
Längendimensionierungen - wie mit der technischen Lehre angestrebt – der aus dem
Stand der Technik bekannten Beschickungsanordnungen zu vermeiden. Denn während
bei der aus der xxxxxxxxxx bekannten Vorrichtung das Schub- und Greifmittel 37, das
den Stab auf den Gleitführungen 20, 20‘ so weit in Richtung auf die Werkzeugmaschine
14 schieben muss, bis es die Position 37‘ erreicht, was eine entsprechende
Verlängerung der Gesamtvorrichtung mindestens entsprechend der Länge des ersten
Abschnitts 11 der Vorrichtung bedingt (vgl. Anlage K 5, Figuren 1 und 6), wird die Länge
der erfindungsgemäßen Vorrichtung auf Grund der Beweglichkeit sowohl der
Tragelemente als auch des mit Greifelementen ausgestatteten Tragschlittens im
Wesentlichen allein an der Länge der vorwärts zu bewegenden Stangen ausgerichtet.
Dies zeigt sich beispielsweise an der in der Beschreibung der Klagepatentschrift
erwähnten und in den Figuren der Klagepatentschrift gezeigten Ausführungsform, bei
der die Tragelemente (22, 23) zusammengeschoben werden, wenn sich der
Tragschlitten 6 von seiner Ausgangsposition, in der die Greifelemente (11, 14) den auf
den Tragelementen (22, 23) abgelegten Stab (17) ergreifen, nach links in Richtung auf
seine Endposition bewegen, in der der Stab von den Greifelementen (11, 14) wieder
freigegeben wird (vgl. Anlage K 3, Seite 4 f.).
Der Vorteil hingegen, dass der Abstand der Tragelemente an die Länge der zu
verarbeitenden Stäbe angepasst werden kann, ist nicht allein auf die Beweglichkeit der
Tragelemente (22, 23) zurückzuführen und daher für die Funktionsbestimmung des
Merkmals unbeachtlich. Dieser Vorteil beruht bei einer bevorzugten Ausführungsform
darauf, dass die Tragelemente (22) mit Zugstangen verbunden sind (vgl. Anlage K 3,
Seite 5, Absatz 3). Zugstangen sind bei der in Anspruch 1 geschützten Lehre jedoch
nicht vorhanden.
71
Für einen Durchschnittsfachmann ist ohne weiteres zu erkennen, dass es die in
Merkmal IV. beschriebenen Führungsmittel ermöglichen, die Länge der patentgemäßen
Vorrichtung dahingehend zu verringern, dass die Länge der Vorrichtung nur noch durch
die Länge der zu bearbeitenden Stäbe bestimmt wird, die auf den Tragelementen
abgelegt werden. Die Vorschubelemente – Schlitten bzw. Stabschieber – können auf
diese Weise kurz ausgebildet sein, da sie nicht über die Länge der Tragelemente
hinweg reichen müssen, um den Stab zur weiteren Verarbeitung der
Werkzeugmaschine zuzuführen. Vielmehr werden die Tragelemente im Wege der
Vorwärtsbewegung des Stabes zusammengeschoben, so dass das Ende des Stabes
mit kurzen Schubmitteln in Kontakt treten kann.
72
Die Beweglichkeit der Tragelemente beinhaltet weiterhin den Vorteil – wie der
Fachmann aufgrund seines Fachwissens erkennt -, dass bei der Vorwärtsbewegung der
Stäbe diese nicht über Gleitelemente hinweg geschoben werden müssen, wodurch
Beschädigungen auftreten können und mehr Energie wegen des Verlustes derselben
durch die Reibung aufgewandt werden muss. Die gleitbeweglichen Tragelemente
unterstützen vielmehr die Bewegungsrichtung der Stäbe, insbesondere auch die
Vorwärtsbewegung dünner Stäbe.
73
Entgegen der Ansicht der Klägerin wird das Erfordernis der gleitbeweglichen
Tragelemente bei der angegriffenen Ausführungsform nicht durch den Führungskanal
(10) und die Ebene "S" des Schlittens (5) verwirklicht.
74
Die angegriffene Ausführungsform weist keine Führungsmittel, auf denen die
Tragelemente gleitbeweglich angebracht sind, auf. Denn bei der angegriffenen
Ausführungsform wird aus einem Ladesystem ein Stab unmittelbar in den
Führungskanal verbracht. In Abhängigkeit von der Länge des Stabes reicht dieser mehr
oder weniger aus dem Führungskanal hinaus. Die Stäbe sollen ausschließlich auf dem
Führungskanal aufliegen, wie sich anhand der von der Beklagten überreichten
Abbildung B der Anlage 6 und einer Photographie der angegriffenen Ausführungsform
(vgl. Anlage B 7) ergibt. In einem nächsten Verfahrensschritt wird der Tragschlitten
derart positioniert, dass die Greifelemente das Ende des Stabes ergreifen können.
Daran anschließend fährt der Tragschlitten auf den Führungskanal zu. Dann kann ein
Teil des Führungskanals derart verschwenkt werden, dass er mit dem Führungskanal für
den Stab fluchtet. Die Hülse an dem Stabschieber ergreift nun das Ende des Stabes und
der Stabschieber führt den Stab weiter über die gesamte Länge des Führungskanals in
die Werkzeugmaschine ein. Im Gegensatz zu der patentgemäßen Lehre werden bei der
angegriffenen Ausführungsform durch den Schlitten lediglich der Stab, nicht aber die
Tragelemente, bewegt.
75
Die angegriffene Ausführungsform weist daher als Tragelement einen aus vier
Abschnitten bestehenden Führungskanal auf. Als bewegliches Element dient der
Tragschlitten; auf diesem liegt ein aus der Separiervorrichtung für Stäbe abgegebener
Stab jedoch nicht auf. Zwar hat die Klägerin ausgeführt, dass sich der Stab auf Grund
des Verbiegens oder der Kürze jedenfalls bei bestimmten Dimensionierungen so
durchbiege, dass er auch auf der Ebene "S" aufgelegt würde und diese sei
gleitbeweglich. Darauf kommt es jedoch nicht an. Für einen Durchschnittsfachmann ist
erkennbar, dass dies nicht die von der Vorrichtung vorgesehene Anordnung für einen
Stab ist. Es ist für einen Durchschnittsfachmann offensichtlich, dass es bei einer solchen
Anordnung zu Betriebsstörungen kommt, denn ein Stab, der auf die von der Klägerin
behaupteten Weise auf dem Führungskanal bzw. der Ebene S des Tragschlittens zum
Liegen kommt, kann nicht ordnungsgemäß in eine Spindel verbracht werden. Die Hülse
kann das Ende des Stabes nicht gerade fassen. Eine ordnungsgemäße Bearbeitung
des Stabes in der Drehmaschine ist durch die Schrägstellung nicht gewährleistet. Des
weiteren kann ein solcher Stab bei einer Schräglage je nach Länge des Stabes
zwischen die Abschnitte des Führungskanals gelangen und so die ordnungsgemäße
Funktionsweise der Vorrichtung blockieren.
76
Letztlich wäre ein Aufliegen des Stabes selbst für eine Verletzung unerheblich. Die
Tragelemente haben erfindungsgemäß zum einen die Funktion, den vom System
abgegebenen Stab aufzunehmen und zum anderen – unter Mitwirkung des mit den
Greifelementen ausgestatteten Tragschlittens – den Stab von der in Merkmal V. a)
beschriebenen Ausgangsposition zu der in Merkmal V. b) genannten Endposition zu
transportieren. Gleitbeweglich müssen die Tragelemente allein im Hinblick auf die
Transportfunktion sein. Für die Aufnahmefunktion ist dies ohne Bedeutung. Es ist daher
unerheblich, ob Stäbe auf der Ebene "S" des Schlittens aufgelegt werden, wenn sie aus
dem Magazin nachgeladen werden; sie liegen jedenfalls dort nicht mehr auf, wenn sie
von dieser Ausgangsposition weg bewegt werden, da sie zuvor von den auf dem
Schlitten der angegriffenen Ausführungsform oberhalb der Ebene "S" angeordneten
Greifelementen gegriffen werden. Nach dem Wortlaut des Merkmals IV. ist es jedoch
nicht vorgesehen, dass das gleitbewegliche Greifelement zugleich das gleitbewegliche
Tragelement ist.
77
Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die gleitbeweglichen Tragelemente kein
unwichtiges Merkmal dar. Zwar ist es wesentlich, dass die Stäbe überhaupt transportiert
werden. Gerade die gleitbeweglich angeordneten Tragelemente ermöglichen die
Lösung der dem Klagepatent zugrunde liegenden Aufgabe einer übermäßigen
Längendimensionierung der Vorrichtung entgegenzuwirken und gleichzeitig die nach
dem Stand der Technik bekannten Schwierigkeiten beim Vorwärtsbewegen von Stäben
mit kleinem Durchmesser zu vermeiden. Die Verringerung der Längenmaße wird
dadurch erreicht, dass die Tragelemente gleitbeweglich angeordnet sind, so dass die
Greifelemente bzw. Stabschieber zur Zuführung der Stäbe in die automatische
Drehmaschine nur eine kurze Strecke über die Greifelemente hinüber geführt werden
müssen. Der Fachmann entnimmt dem Klagepatent auch, dass die Vorwärtsbewegung
dünner Stäbe durch die Beweglichkeit der Tragelemente verbessert wird. Fixierte
Tragelemente waren aus dem Stand der Technik bekannt. Diese hatten jedoch gerade
den Nachteil, dass durch die Reibung der Stäbe auf den Trägern Verkantungen
auftreten können und damit zu Betriebsstörungen führen können. Vor diesem
Hintergrund stellt sich das Merkmal IV. a) als wesentlicher Teil der Erfindung dar.
78
Auch eine patentrechtlich äquivalente Verletzung des Patentes scheidet aus. Zwar
umfaßt der Schutzbereich eines Patentes nach § 14 PatG nicht nur den
wortlautgemäßen bzw. wortsinngemäßen (identischen) Gegenstand, sondern er schließt
auch äquivalente (inhaltsgleiche) Ausführungsformen ein (vgl. hierzu BGH GRUR 1986,
803, 805 – Formstein; GRUR 1988, 896, 899 – Ionenanalyse; GRUR 1991, 436, 439 –
Befestigungsvorrichtung II; GRUR 1994, 597, 599 f. – Zerlegvorrichtung für
Baumstämme). Äquivalente (inhaltsgleiche) Mittel sind dabei solche, die den
patentgemäßen Mitteln in ihrer technischen Funktion entsprechen und mit ihnen im
wesentlichen gleichwirkend sind. Außerdem muss der Fachmann beim Studium der in
den Patentansprüchen beschriebenen Erfindung die bei der angegriffenen
Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seines Fachwissens
auffinden können. Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen im
Hinblick auf das Merkmal IV. a) nicht vor.
79
Der Austausch von gleitbeweglichen Tragelementen zur Stützung biegeempfindlicher
dünner Stäbe durch einen nicht beweglichen Führungskanal und einen Tragschlitten
stellt kein inhaltsgleiches Mittel dar, die den gleitbeweglichen Tragelementen in ihrer
technischen Funktion entsprechen und mit ihnen im wesentlichen gleichwirkend sind.
80
Nach der Lehre des Klagepatentes sollen eine patentgemäße Vorrichtung die
Längendimensionierung einer Beschickungsanordnung verringern und zugleich die
Schwierigkeit beim Vorwärtsbewegen von Stäben mit sehr kleinen Durchmessern
verringern, insbesondere sollen die Stangen gestützt werden, wo dies auf Grund der
Biegeelastizität erforderlich ist, damit die Stangen gehalten werden und die Zuführung in
die Spindel des Drehautomaten möglich wird, wenn sich der Schlitten in Hubrichtung
bewegt.
81
Dieses Ziel wird durch die angegriffene Ausführungsform jedoch nicht mit Hilfe der
Ebene S des Tragschlittens erreicht. Denn die Ebene S spielt bei der Zuführung der
Stäbe in die Spindel des Drehautomaten keine Rolle. Die Stäbe werden lediglich durch
den Führungskanal – der fixiert ist – gestützt und von den Greifelementen des
Tragschlittens gehalten. Der lange Führungskanal ist weder dazu geeignet eine
Reduzierung der Längendimensionierung der Vorrichtung zu erreichen noch die Stäbe
durch eine eigene Beweglichkeit bei ihrer Einführung in den Drehautomaten zu
82
unterstützen. Die angegriffene Ausführungsform löst daher die patentgemäße Aufgabe
in keiner Weise.
Die Lösung, welche die angegriffene Ausführungsform gewählt hat, ist auch für einen
Fachmann nicht auffindbar gewesen. Es ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich,
aufgrund welcher an der erfindungsgemäßen Lehre ausgerichteter Überlegungen der
Fachmann abweichend vom Wortlaut auf die Idee kommen konnte, das gleitbewegliche
Tragelement durch das gleitbewegliche Greifelement zu ersetzen.
83
B.
84
Klagegebrauchsmuster xxxxxxxx
85
Eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters liegt mangels Schutzfähigkeit des
Klagegebrauchsmusters nicht vor.
86
I.
87
Das Klagegebrauchsmuster betrifft ebenso wie das Klagepatent eine Vorrichtung zum
Vorwärtsbewegen von Stäben, insbesondere von dünnen Stäben, in automatisierten
Beschickungsanordnungen. Ebenso wie dem Klagepatent liegt der Erfindung des
Klagegebrauchsmusters das technische Problem ("die Aufgabe") zugrunde, eine
Vorrichtung zu beschreiben, bei der die nach dem Stand der Technik bekannten
Nachteile vermieden werden.
88
Zur Lösung des Problems schlägt das Klagegebrauchsmuster eine Vorrichtung zur
Zuführung von Stangen (17) in Drehautomaten mit nachfolgenden Merkmalen vor:
89
1. Die Vorrichtung weist ein Stangenmagazin (18) mit einer Einrichtung zur vereinzelten
Freigabe der Stangen und einen mit einem Greifer versehenen Schieber (39) auf;
90
2. der Greifer ist geeignet, das hintere Ende einer von der Einrichtung freigegebenen
Stange zu ergreifen;
91
3. die Vorrichtung weist Führungsmittel (4, 5) für einen Schlitten (86) auf,
92
4. auf dem Schlitten sind Greifelemente (11, 14) zum Erfassen einer von der Einrichtung
freigegebenen Stange (17) angeordnet,
93
5. der Schlitten ist zwischen einer Anfangsstellung und einer Endstellung bewegbar;
94
6. in der Anfangsstellung erfassen die Greifelemente (11, 14) die Stange (17) eine
freigegebene Stange;
95
7. in der Endstellung geben die Greifelemente (11, 14) die Stange (17) in der Spindel
eines Drehautomaten frei;
96
8. es sind Mittel (41 – 43) vorgesehen, die den Schieber (39) parallel zu seiner eigenen
Achse und zwischen einer mit der Stange nicht fluchtenden und einer mit der Stange
axial fluchtenden Stellung bewegen;
97
9. es sind weiter Mittel (19 – 21) vorgesehen, die in der mit der Stange (17) fluchtenden
Stellung eine zwischen Schieber (39) und Schlitten (6) relative Bewegung erzeugen,
98
10. um das hintere Ende der Stange (17) mit dem Greifer zu ergreifen, wonach
99
11. die Stange von den Greifelementen (11, 14) freigegeben wird und vom Schieber (39)
in die Spindel des Drehautomaten eingeschoben wird.
100
Der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters entspricht bis auf die Unterschiede,
welche in der Übersetzung des Klagepatentes beruhen, im wesentlichen dem
Schutzanspruch 1 des Klagepatentes. Da ein dem Merkmal IV. a) des Klagepatentes
entsprechendes Merkmal in dem Schutzanspruch des Klagegebrauchsmusters nicht
enthalten ist, verletzt die angegriffene Ausführungsform nach den vorstehenden
Ausführungen unstreitig das Klagegebrauchsmuster.
101
II.
102
Die geltend gemachten Ansprüche stehen der Klägerin mangels Schutzfähigkeit des
Klagegebrauchsmusters dennoch nicht zu. Die Abzweigung des
Klagegebrauchsmusters nach § 5 GebrMG aus dem Klagepatent ist unzulässig. Das
Klagegebrauchsmuster bezieht sich nicht auf dieselbe Erfindung. Eine Vorverlegung
des Anmeldetages des Klagegebrauchsmusters vor dessen Einreichungstag am 14.
Juni 1999 kommt daher nicht in Betracht. Ein etwaiger Schutzanspruch des
Klagegebrauchsmusters bezogen auf den 14. Juni 1999 scheidet wegen der
Vorbenutzung der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte aus. Im
Einzelnen:
103
1.
104
Nach § 5 GebrMG kann ein Anmelder eines Gebrauchsmusters für eine zulässige
Abzweigung eines Gebrauchsmusters aus einem Patent den Patentanmeldetag
beanspruchen, wenn er für dieselbe Erfindung bereits früher ein Patent nachgesucht
hat. Wesentliche Voraussetzung ist, dass Gebrauchsmuster- und Patentanmeldung
denselben Gegenstand haben, also inhaltlich übereinstimmen und dieselbe Erfindung
betreffen.
105
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, was unter "dieselbe Erfindung" zu
verstehen ist. Nach einer Meinung in der Literatur muss es sich um eine wörtliche
Übereinstimmung und damit um eine Unterlagenidentität handeln (Bühring, GebrMG 5.
Aufl., § 5 GebrMG Rdnr. 17). Dies wird im wesentlichen mit Praktikabilitätsüberlegungen
begründet. Nach einer weiten Auffassung (Benkhard/Schäfers, PatG 9. Aufl., § 5
GebrMG Rdnr. 4) sollen die zur Identitätsprüfung bei der Inanspruchnahme einer
Priorität entwickelten Grundsätze gelten. Das BPatG vertritt demgegenüber eine
vermittelnde Ansicht, wenn es überprüft, ob der Gegenstand in der früheren Anmeldung,
wenn zwar nicht wortwörtlich, für den Fachmann jedoch ohne weiteres erkennbar
offenbart ist (BPatG GRUR 1995, 486 f. – Scheibenzusammenbau; so auch
Busse/Keukenschrijver, PatentG 5. Aufl., § 5 GebrMG, Rdnr. 11 und die Praxis des
Deutschen Patent- und Markenamtes in: BlPMZ 1996, 389). Danach reicht es nicht aus,
wenn sich der Gegenstand der Gebrauchsmusteranmeldung im Gesamtinhalt der
Unterlagen der zugrunde liegenden Patentanmeldung lediglich wiederfinden lässt. Eine
wirksame Abzweigung kann nur im Umfang dessen erfolgen, was bei Einreichung der
106
Patentanmeldung mit dem erkennbaren Willen, dafür ein Patent zu beantragen,
offenbart worden ist. Danach ist für die Bestimmung des Gegenstands der
Patentanmeldung die Gesamtheit der Anmeldeunterlagen heranzuziehen.
Abwandlungen sind eingeschlossen, wenn sie sich dem Fachmann bei aufmerksamer,
an ihrem Sinn orientierten Betrachtung ohne weiteres erschließen, so dass er sie
gewissermaßen in Gedanken gleich als zur Erfindung gehörend und daher
mitbeansprucht liest (Busse/Keukenschrijver,a.a.O.). Eine solche Identität der
Erfindungen liegt hier nicht vor.
Das Klagegebrauchsmuster enthält im Gegensatz zu Anspruch 1 der dem Klagepatent
zugrunde liegenden Anmeldung (Anlage B 9) das Merkmal IV. a) - gleitbewegliche
Tragelemente – nicht. Dieses Merkmal wurde in dem Klagegebrauchsmuster gestrichen.
Bei den gleitbeweglichen Tragelementen handelt es sich jedoch, wie vorstehend
ausgeführt, um eine wesentliche Anordnung zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe –
Reduzierung der Vorrichtungsdimensionierung und Verbesserung der
Vorwärtsbewegung kleiner Stangen. Denn durch die gleitbewegliche Anordnung der
Tragelemente wird die Verwendung von langgestreckten Schubmitteln, wie sie sich aus
der Anlage K 5 ergeben, obsolet. Erst die erfindungsgemäße gleitbewegliche
Anordnung von Tragelementen ermöglicht es durch deren sukzessives
Zusammenschieben mittels eines Schlittens, einen auf den Tragelementen abgelegten
Stab ohne große Dimensionierung vorwärts zu bewegen. Die Tragelemente dienen
zudem einer verbesserten und genaueren Zuführung des Stabes in eine
Werkzeugmaschine, was eine Verbesserung gegenüber dem vorbekannten Stand der
Technik ist.
107
Aus dem Klagepatent lässt sich weder in seiner ursprünglichen Anmeldung noch in der
veröffentlichten Form ein Hinweis darauf entnehmen, dass die erfindungsgemäße Lehre
auch ohne die gleitbeweglichen Tragelemente zu verwirklichen ist. Da das
Klagegebrauchsmuster dieses Merkmal nicht enthält, fehlt ihm ein wesentliches
Lösungsmerkmal des Klagepatentes und betrifft insoweit eine andere Lösung des
gestellten Problems bzw. eine unzureichende Lösung eines gestellten Problems, da
durch das Klagegebrauchsmuster nunmehr keine Lösungsmöglichkeit für eine Führung
des Stabes in die Drehmaschine vorgeschlagen ist, so dass wegen Fehlens dieses
Merkmals eine unzulässige Abzweigung vorliegt. Dem abgezweigten
Klagegebrauchsmuster kommt daher der für die frühere Patentanmeldung maßgebende
Anmeldetag nicht zu.
108
2.
109
Ein Schutzanspruch bezüglich der Anmeldung des Klagegebrauchsmusters am 14.
September 1999 besteht nicht, da der Beklagten gegenüber dem
Klagegebrauchsmuster insoweit ein Vorbenutzungsrecht zusteht, §§ 13 Abs. 3 GebrMG,
12 PatG. Der Erwerb des Vorbenutzungsrechtes setzt voraus, dass sich der Vorbenutzer
im Zeitpunkt der Anmeldung des Gebrauchsmusters im Erfindungsbesitz befunden, d.h.
den durch die Raumform verkörperten Erfindungsgedanken derart erkannt hat, dass ihm
die tatsächliche Ausführung der Erfindung, mithin die Nachbildung des durch die
spätere Eintragung unter Schutz gestellten Musters möglich gewesen ist (RGZ GRUR
1929, 220 – farbige Papierbahnen I; BGH GRUR 1960, 546, 548 – Bierhahn; GRUR
1964, 491, 493 – Chloramphenicol; GRUR 1964, 673, 674 – Kasten für Fußabtrittsroste;
Kammer Entsch. 1998, 28, 30; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 12 PatG Rdnr. 15).
110
Die Beklagte hat dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform bereits auf der "xx x"
in xxxxxxx vom 10. September bis 17. September 1997 ausgestellt worden war. Dort
wurde die Klägerin erstmalig auf die angegriffene Ausführungsform aufmerksam. Soweit
die Klägerin den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik
Deutschland mit Nichtwissen bestreitet, ist ein solches Bestreiten nicht zulässig, worauf
die Beklagte hingewiesen hat. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen
zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen
Wahrnehmung gewesen sind, § 138 Abs. 4 ZPO. Der Vertrieb der angegriffenen
Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland war jedoch Gegenstand der
eigenen Wahrnehmung der Klägerin. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass
der Klägerin die angegriffene Ausführungsform vor Einreichung des
Klagegebrauchsmusters bekannt war. Bereits mit Schreiben vom 21. Oktober 1997
(Anlagekonvolut B 17, deutsche Übersetzung Anlagenkonvolut B 18) richtete die
Klägerin eine Berechtigungsanfrage gestützt auf das Klagepatent an die Beklagte,
wobei sie auf die Maschine "xxxxxxxxxxxx" der Beklagten, welche auf der "xxx" in
xxxxxx ausgestellt war, Bezug nimmt. An das vorgenannte Schreiben schloss sich eine
ausführliche Korrespondenz der Parteien an, die dazu führte, dass die Beklagte der
Klägerin auf einer Messe am 5. Oktober 1998 erlaubte, die "xxx xxxxxxxxx" zu
besichtigen. Auf diese Besichtigung nimmt das Schreiben vom 28. September 1998
(Schreiben 2 des Anlagenkonvoluts B 17 und 18) Bezug. An diese Besichtigung schloss
sich ein Schriftwechsel über eine etwaige Schutzrechtsverletzung durch die
angegriffene Ausführungsform an. So wies der Patentanwalt der Klägerin die Beklagte
mit Schreiben vom 15. Juni 1999 (Anlage B 12) auf eine mögliche Verletzung des
Klagepatentes hin. Gegenstand der Auseinandersetzung war auch zum damaligen
Zeitpunkt die Frage der Verletzung des Merkmals IV. a) des Klagepatentes. Den
Verletzungsvorwurf hat die Klägerin daraufhin nicht mehr weiter verfolgt.
111
Das Klagegebrauchsmuster ist jedoch unabhängig davon, dass zugunsten der
Beklagten ein Vorbenutzungsrecht besteht, auch nicht schutzfähig. Die
vorveröffentlichte Klagepatentanmeldung ist für den Rechtsbestand des
Klagegebrauchsmusters schädlich. Zum Zeitpunkt der Anmeldung des
Klagegebrauchsmusters am 14. Juni 1999 bestand der Schutzanspruch des
Klagepatentes schon. Gegenüber dem vorveröffentlichten Klagepatent beruht das
Klagegebrauchsmuster daher nicht auf einem erfinderischen Schritt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
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Der Streitwert beträgt 255.645,94 EUR.
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