Urteil des LG Düsseldorf vom 11.12.2003
LG Düsseldorf: mieter, aufrechnung, widerklage, reduktion, form, rückzahlung, verrechnung, gegenforderung, zustand, agb
Landgericht Düsseldorf, 21 S 112/03
Datum:
11.12.2003
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richter/in
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
21 S 112/03
Tenor:
hat die 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 20.11.2003
durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht X,
die Richterin am Landgericht X
und den Richter X
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4.2.2003 verkündete Urteil
des Amtsge-richts Düsseldorf - 48 C 12629/02 - abgeändert und wie folgt
neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagten 380,13
Euro nebst 2% Zinsen ab dem 20.6.2002 sowie weiterer 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz ab dem 1.10.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
G r ü n d e
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I.
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Von der Darstellung tatsächlicher Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. §
313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
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Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihr erstinstanzliches Begehren vollumfänglich
weiter.
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II.
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden.
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Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg.
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1. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz aus § 326
Abs. 1 BGB a.F. wegen unterlassener Schönheitsreparaturen, weil die in § 8 Ziffer 2 des
Mietvertrages enthaltene Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen,
einer allgemeinen Geschäftsbedingung im Sinne des § 1 AGBGB a.F., unwirksam ist.
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Die Klausel verstößt gegen § 9 AGBG a.F., weil sie die Beklagten unangemessen
benachteiligt. Denn die in § 8 Ziffer 3 des Mietvertrages bezeichneten Fristen sind zu
kurz und verstoßen deshalb gegen den wesentlichen Grundgedanken des § 536 BGB
a.F.
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(vgl. LG Berlin, WuM 2000, 183; LG Aachen, ZMR 1988, 60; LG Köln, WuM 1989, 506).
Zwar ist auch die formularmäßige Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter
grundsätzlich unbedenklich. Dies setzt jedoch voraus, dass die Renovierungspflichten
auf den Mieter in üblichem und angemessenem Umfang übertragen werden. Ausgehend
von einem normalen Wohnungsgebrauch betrachtet die Rechtsprechung folgende
Fristen als allgemein ausreichend und angemessen: in Küchen, Bädern und Duschen
alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre und
in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre (LG Berlin, WuM 2000, 183; LG Hamburg, WuM
1992, 476; Blank/Börstinghaus, Miete, § 536 BGB Rn. 66).
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§ 8 Ziffer 2 des Mietvertrages sieht demgegenüber vor, dass die Beklagten in der Küche
mindestens alle zwei Jahre, in der Diele mindestens alle drei Jahre und in den
Wohnräumen mindestens alle vier Jahre Renovierungsarbeiten durchzuführen haben.
Bezüglich der genannten Räume weicht die Klausel von den angemessenen Fristen
zum Nachteil der Beklagten ab. Hierin liegt eine unangemessene Benachteiligung, da in
der Regel ein Renovierungsbedarf bei normaler Wohnungsnutzung nicht innerhalb der
verkürzten Fristen entsteht. Die unangemessene Benachteiligung wird entgegen der
Auffassung des Klägers auch nicht dadurch kompensiert, dass die Klausel allein für das
Schlafzimmer mit sechs Jahren gegenüber der von der Rechtsprechung für
angemessen gehaltenen fünf Jahr ein längeres Renovierungsintervall vorsieht. Da
nämlich die Renovierungsintervalle für Küche, Diele und Wohnräume deutlich kürzer
sind, weicht § 8 Ziffer 2 des Mietvertrages entgegen der Auffassung des Amtsgerichts
erheblich von den angemessenen Fristen ab und benachteiligt deshalb die Beklagten
unangemessen. Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Kläger zitierten
Rechtsentscheid des BGH (NJW 1987, 2575 ff.), in welchem beiläufig - die hier in Streit
stehende Frage war nicht Gegenstand des Rechtsentscheids - auf die Möglichkeit
hingewiesen wird, dass der Mieter durch ein Übermaß ihm auferlegter
Renovierungspflichten im Sinne von § 9 AGBG unangemessen benachteiligt sein kann.
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Die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel hat zur Folge, dass die Verpflichtung zu
Schönheitsreparaturen nicht - auch nicht hinsichtlich der als angemessen betrachteten
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Fristenpläne - wirksam auf die Kläger als Mieter übertragen wurde. Die Annahme einer
geltungserhaltenden Reduktion des Klauselwerks würde nämlich zu einem Schutz des
Vermieters, der unwirksame Fristen vereinbart, führen, wenn die wirksamen Fristen
gelten würden (vg. LG Berlin,, WuM 2000, 183; WuM 1996, 758, 759; LG Köln, WuM
1989, 506; LG Hamburg, WuM 1992, 476). Nach dem Sinn und Zweck des AGBG soll
der Vertragspartner des Verwenders vor unangemessener Benachteiligung unter
anderem auch dadurch geschützt werden, dass das Risiko der Wirksamkeit einer
Klausel grundsätzlich beim Verwender liegt. Das AGBG wertet die Verwendung von
verbotswidrigen Klauseln als eine objektiv zur Täuschung geeignete Störung des
Rechtsverkehrs und zwar vor allem deshalb, weil es der rechtsunkundige
Verwendungsgegner regelmäßig nicht auf einen Prozess ankommen lässt, sondern
eine Vertragsabwicklung nach Maßgabe der AGB einschließlich der unwirksamen
Klauseln hinnimmt. Ein solches Verhalten darf die Rechtsordnung nicht dadurch
risikolos machen und fördern, dass es eine verbotswidrige Klausel durch Reduktion auf
das gesetzlich gerade noch zulässige Maß teilweise aufrecht erhält (Palandt-Heinrichs,
BGB 60. Aufl., Vorbem v § 8 AGBG Rn. 9). Eine Verpflichtung zu Schönheitsreparaturen
bestand daher für die Kläger nicht.
Da die Beklagten zur Durchführung der Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet waren,
hat der Kläger auch keinen Anspruch auf den geltend gemachten Mietausfall.
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2. Die Widerklage hat Erfolg.
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Den Beklagten steht gegen den Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des
Kautionsguthabens in der geltend gemachten Höhe aus § 812 Abs. 1 BGB zu. Der
Anspruch ist nämlich nicht durch Aufrechnung des Klägers nach § 389 BGB erloschen.
Die in der mit Schreiben vom 14.7.2002 vorgenommenen Verrechnung enthaltene
konkludene Aufrechnung geht ins Leere, da dem Kläger gemäß den obigen
Ausführungen die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung, ein
Schadenersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen aus § 326 Abs. 1
BGB a.F., nicht zustand.
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 543 Abs.
2 ZPO. Danach ist die Revision nur dann zuzulassen, wenn die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts erfordert
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(Nr. 2). Keiner der beiden Zulassungsgründe liegt vor. Der Sache kommt keine
grundsätzliche Bedeutung zu, da es sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung
handelt, deren Auftreten nicht in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist.
Sie stellt auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung dar, da
der BGH in dem vom Kläger zitierten Rechtsentscheid (NJW 1987, 2575), der die hier in
Streit stehende Frage nicht explizit zu beantworten hatte, gerade auf die Möglichkeit
hinweist, dass der Mieter durch ein Übermaß ihm auferlegter Renovierungspflichten im
Sinne von § 9 AGBG unangemessen benachteiligt sein kann.
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Streitwert:
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-für die 1. Instanz: bis zum 22.9.2002 4.132,15 Euro
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danach: 4.512,28 Euro
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-für die 2. Instanz: 4.512,28 Euro
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Bei der Festsetzung war der der Widerklage zugrundeliegende Anspruch gemäß § 19
Abs. 1 Satz 1 GKG hinzuzurechnen.
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