Urteil des LG Düsseldorf vom 03.05.2007

LG Düsseldorf: stand der technik, stoff, eigenes verschulden, erfindung, gebrauchsmuster, rechnungslegung, neuenburg, produktion, druck, abmahnung

Landgericht Düsseldorf, 4a O 182/06
Datum:
03.05.2007
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 182/06
Tenor:
I.
Die Beklagten zu 1), 3) und 4) werden als Gesamtschuldner verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle
mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu
unterlassen,
Homogenisatoren zum Homogenisieren fließfähiger Stoffe, mit einem
Behälter, insbesondere Rührwerksbehälter und mit einem in einem
Homogenisatorgehäuse drehbar gelagerten und mittels einer
Antriebseinrichtung antreibbaren Rotor,
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen
oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu
besitzen,
bei denen das Homogenisatorgehäuse an der Unterseite des
Rührwerksbehälters so angeordnet und befestigbar ist, dass der
fließfähige Stoff aus dem Innenraum des Behälters durch eine
Einlassöffnung axial in den Innenraum des Homogenisatorgehäuses
einströmen kann, und ein in dem Homogenisatorgehäuse drehbar
gelagertes und mittels einer Antriebseinrichtung unabhängig von dem
Rotor antreibbares Element zum Homogenisieren und/oder Fördern des
fließfähigen Stoffes vorgesehen ist;
2. der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die
zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 25.06.2000 begangen
haben, und zwar unter Angabe,
a) der Herstellungsmengen und –zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -
zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -
zeiten, -preisen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen
Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei die Gemeinkosten
nur abgezogen werden dürfen, wenn und soweit sie ausnahmsweise
den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet
werden können;
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1), 3) und 4)
gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu
ersetzen, der ihr durch die in Ziff. I. 1. bezeichneten und seit dem
25.06.2000 begangenen Handlungen entstanden sind oder noch
entstehen wird.
III.
Die Beklagten zu 1), 3) und 4) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an
die Klägerin 6.764,00 € zu zahlen.
IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V.
Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen
Kosten des Beklagten zu 2) tragen die Beklagten zu 1), 3) und 4) als
Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2)
trägt die Klägerin.
VI.
Dieses Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
1.000.000,00 EUR, für den Beklagten zu 2) gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Gebrauchsmusters xxx xx xxx
2
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Gebrauchsmusters xxx xx xxx
(im Folgenden: Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung, Rechnungslegung und
Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des
Klagegebrauchsmusters, das am 18.02.2000 angemeldet und dessen Eintragung am
25.05.2000 veröffentlicht wurde. Das Klagegebrauchsmuster bezieht sich auf einen
Homogenisator zum Homogenisieren fließfähiger Stoffe.
2
Gegen das Gebrauchsmuster hat die Beklagte zu 1) einen Löschungsantrag beim xxxx
eingereicht. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.03.2006 ihre
Gebrauchsmusteransprüche durch das Hinzufügen neuer Merkmale eingeschränkt.
Diesen im Löschungsverfahren eingereichten Schriftsatz hat die Klägerin in der
mündlichen Verhandlung vom 13.03.2007 überreicht. Zugleich hat sie klargestellt, dass
die vorliegende Klage auf die dort genannten Ansprüche gestützt wird und nicht auf die
Ansprüche wie sie sich aus der Anlage K 2 ergeben. Dort war an Stelle von "an der
Unterseite" die Formulierung "am tiefsten Punkt" enthalten.
3
Der von der Klägerin im Löschungsverfahren verteidigte
Klagegebrauchsmusteranspruch 1 lautet:
4
Homogenisator zum Homogenisieren fließfähiger Stoffe, mit einem Behälter,
insbesondere Rührwerksbehälter und mit einem in einem Homogenisatorgehäuse
(2) drehbar gelagerten und mittels einer Antriebseinrichtung (8) antreibbaren Rotor
(4), wobei das Homogenisatorgehäuse an der Unterseite des Rührwerksbehälters
so angeordnet und befestigbar ist, dass der fließfähige Stoff aus dem Innenraum des
Behälters durch eine Einlassöffnung (14) axial in den Innenraum (16) des
Homogenisatorgehäuses (2) einströmen kann, dadurch gekennzeichnet, dass ein in
dem Homogenisatorgehäuse drehbar gelagertes und mittels einer
Antriebseinrichtung (8) unabhängig von dem Rotor antreibbares Element (6) zum
Homogenisieren und/oder Fördern des fließfähigen Stoffes vorgesehen ist.
5
Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter
Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagegebrauchsmusterschrift
stammen. Figur 1 zeigt einen erfindungsgemäßen Homogenisator gemäß einem ersten
Ausführungsbeispiel in einer Seitenansicht. Figur 2 zeigt eine Teilschnittdarstellung des
Homogenisators gemäß Figur 1. Figur 3 zeigt eine weitere Teilschnittdarstellung des
Homogenisators gemäß Figur 1.
6
Die Beklagte zu 1) stellte im Mai 2006 auf der Messe xxx in xxxx einen Homogenisator
aus (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), den sie vertreibt. Die Beklagten zu
3) und 4) sind die derzeitigen Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Der Aufbau der
angegriffenen Ausführungsform ist in der Anlage K 20 dargestellt, die nachfolgend
wiedergegeben werden.
7
In dem als Anlage K 22 vorgelegten Prospekt der Beklagten zu 1) beschreibt diese den
von ihr angebotenen Homogenisator ausschnittsweise wie folgt:
8
"Der Homogenisator arbeitet im Gleichlauf als Pumpe, bei gegenläufigen Rotoren
und voller Umfangsgeschwindigkeit als leistungsfähigster Homogenisator. Die
Möglichkeit, beide Motoren unabhängig voneinander anzusteuern, erlaubt dem
Anwender, den Scherenenergieeintrag und die Verweildauer flexibel einzustellen."
9
Die Beklagte zu 1) stellt selbst Homogenisatoren in ihrem Werk in Neuenburg in
10
Deutschland her, allerdings nicht die angegriffene Ausführungsform.
Mit Schreiben vom 14.05.2006 (Anlage K 23) mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1) ab
und forderte sie auf, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen.
Dies lehnte die Beklagte zu 1) ab.
11
Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze das
Klagegebrauchsmuster. Sie meint, im Hinblick auf die Herstellung der angegriffenen
Ausführungsform bestehe bei der Beklagten zu 1) eine Erstbegehungsgefahr. Denn die
Beklagte zu 1) könne ihre Produktion von Homogenisatoren in Neuenburg ohne
weiteres auf Homogenisatoren umstellen, die die Merkmale der angegriffenen
Ausführungsform erfüllten. Mit dem Zahlungsantrag zu III. verlangt die Klägerin
Erstattung der Rechts- und Patentanwaltskosten, die auf der Grundlage eines
Gegenstandswerts von 1.000.000,00 € für die Abmahnung vom 14.05.2006 angefallen
sind. Dabei legt sie eine 1,5 Geschäftsgebühr jeweils für Rechts- und Patentanwalt zu
Grunde. Wegen der Berechnung des geforderten Betrages wird auf Bl. 20 GA
verwiesen.
12
Die Klägerin beantragt,
13
- wie tenoriert, wobei unter Ziffer III. zusätzlich zu dem Betrag von 6.764,00 €
"Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz" beantragt
begehrt wurden -.
14
15
Die Beklagten beantragen,
16
die Klage abzuweisen.
17
hilfsweise,
18
das Verletzungsverfahren gemäß § 19 GebrMG bis zur Entscheidung über
den Löschungsantrag auszusetzen.
19
Die Beklagte zu 1) meint, ein Herstellungsverbot komme nicht in Betracht, da sie die
angegriffene Ausführungsform nicht herstelle. Die angegriffene Ausführungsform weise
kein unabhängig vom Rotor antreibbares Element zum Homogenisieren und/oder
Fördern des fließfähigen Stoffes auf. Vielmehr verfüge die angegriffene
Ausführungsform über einen mit einem ersten Zahnkranz versehenen Rotor, einen nur
gegenläufig zum Rotor antreibbaren, mit einem zweiten Zahnkranz versehenen
Gegenstromläufer und über einen mit dem Gegenstromläufer als kompakte Einheit
ausgebildeten, als Fördereinrichtung wirkenden Inducer. Der Gegenstromläufer sei –
wie in der PCT-Anmeldung xx xxx/xxxxxx beschrieben - so konzipiert, dass er durch
eine bestimmte Anschrägung der Zähne Druck in Richtung des Zentrums der
Zahnkränze aufbaue. Er wirke damit gerade der Förderrichtung des fließfähigen Guts
entgegen und trage auch nicht zur Homogenisation bei. Die Homogenisation werde nur
durch den Rotor bewirkt.
20
Ferner seien die Merkmale, die die Klägerin in die Anspruchsfassung des
Gebrauchsmusters im Einspruchsverfahren aufgenommen habe und die nun dem
21
Verletzungsverfahren zu Grunde gelegt würden, im ursprünglich eingetragenen
Klagegebrauchsmuster nicht offenbart gewesen.
Das Klagegebrauchsmuster sei in seiner eingetragenen und im Löschungsverfahren
verteidigten Fassung nicht schutzfähig.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
23
Entscheidungsgründe:
24
Die Klage ist – bis auf den Zinsantrag unter Ziffer III. - zulässig und begründet.
25
Nachdem die Klägerin die Klage gegen den Beklagten zu 2) mit Zustimmung des
Beklagten zu 2) wirksam zurückgenommen hat, war nur noch über die gegen die
Beklagten zu 1), 3) und 4) gerichtete Klage zu entscheiden. Der Klägerin kann von den
Beklagten zu 1), 3) und 4) Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz aus
§ 24 Abs. 1, 2 GebrMG; §§ 242, 259 BGB verlangen.
26
I.
27
Das Klagegebrauchsmuster schützt im Anspruch 1 einen Homogenisator zum
Homogenisieren fließfähiger Stoffe. Homogenisieren bedeutet die Herstellung einer
einheitlichen Mischung verschiedener nicht ineinander löslicher Komponenten einer
Lösung. Beispielsweise in der kosmetischen, pharmazeutischen oder chemischen
Industrie bei der Herstellung von Cremes, Salben oder Pasten wird eine
Homogenisierung durchgeführt. Bei dem Vorgang des Homogenisierens werden auf
den zu homogenisierenden Stoff Scherkräfte aufgebracht, um die Stoffe zu zerkleinern
und dadurch eine Vermischung zu ermöglichen.
28
Im Stand der Technik war es – so die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters –
bekannt, Homogenisatoren so zu konstruieren, dass er ein rotierendes Teil (den sog.
Rotor) und ein ortsfestes Teil (den sog. Stator) enthält. Rotor und Stator greifen
ineinander, so dass auf fließfähige Stoffe, die durch die sich zwischen beiden Teilen
vorhandenen Spalte getrieben werden, Scherkräfte wirken. Je höher die Drehzahl des
Rotors gestellt wurde, desto höher war die Scherwirkung.
29
Neben der Scherwirkung müssen in einem Homogenisator Förderkräfte wirken, die
dafür sorgen, dass der fließfähige Stoff nach erfolgter Homogenisation entweder zurück
in den Behälter, aus dem er in das Homogensatorgehäuse einfließt, oder zu einer
Abfüllanlage gepumpt wird.
30
Das Klagegebrauchsmuster beschreibt es als Nachteil dieser bekannten
Homogenisatoren, dass die Scherwirkung und die Förderwirkung unmittelbar
miteinander gekoppelt seien. Ferner müssten die Antriebseinrichtungen des Rotors
aufwändig ausgestaltet werden, wenn hohe Scherkräfte erreicht werden sollten. Wenn
die Scherkräfte zu hoch seien, könne der zu homogenisierende Stoff beschädigt
werden.
31
Aus dem Stand der Technik, insbesondere aus den xx xx xx xxx und xx xx xx xxx
(Anlage K 3), sei – so das Klagegebrauchsmuster – weiter ein Homogenisator bekannt,
32
bei dem der Rotor relativ zum Stator axial verschoben werden könne. So könne bei
einer hohen Drehzahl des Rotors, die erforderlich sein könne, um eine ausreichende
Förderwirkung zu erzielen, vermieden werden, dass zugleich hohe Scherkräfte wirkten.
Allerdings sei es konstruktiv aufwändig, eine solche Verstellbarkeit zu ermöglichen.
Dem Klagegebrauchsmuster liegt vor diesem Hintergrund das Problem zu Grunde,
einen Homogenisator bereit zu stellen, mit dem auf konstruktiv einfache Weise der
Homogenisierungseffekt beeinflussbar ist und die Scherwirkung und die Pumpwirkung
an die jeweiligen Erfordernisse anpassbar sind.
33
Dies soll durch den Gebrauchsmusteranspruch 1 in der verteidigten Version erreicht
werden, der folgende Merkmale aufweist:
34
1. Homogenisator zum Homogenisieren fließfähiger Stoffe, mit
2. einem Behälter, insbesondere Rührwerksbehälter und
3. einem Homogenisatorgehäuse (2),
35
1. in welchem ein Rotor (4) drehbar gelagert und mittels einer Antriebseinrichtung (8)
antreibbar ist;
36
das Homogenisatorgehäuse ist an der Unterseite des Rührwerkbehälters so
befestigbar, dass der fließfähige Stoff aus dem Innenraum des Rührwerksbehälters
durch eine Einlassöffnung (14) axial in den Innenraum (16) des
Homogenisatorgehäuses einströmen kann;
es ist in dem Homogenisatorgehäuse ein Element (6) zum Homogenisieren und/oder
Fördern des fließfähigen Stoffes vorgesehen, das
37
1. drehbar gelagert und
2. mittels einer Antriebseinrichtung (8) unabhängig von dem Rotor antreibbar ist.
38
39
40
II.
41
Die Klägerin kann die Gebrauchsmusteransprüche in der im Klageantrag genannten
eingeschränkten Form geltend machen. Der Inhaber eines Gebrauchsmusters kann in
einem Verletzungsstreit seine Schutzansprüche in der Weise eingeschränkt geltend
machen, dass er Elemente aus der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters mit in
den Anspruch aufnimmt. Nicht entscheidend ist, ob der eingeschränkte Schutzanspruch
bereits zu den Unterlagen des Gebrauchsmusters eingereicht bzw. schon eingetragen
42
worden sind (BGH GRUR 2003, xxx, xxx – Momentanpol). Es kommt lediglich darauf an,
ob der geltend gemachte Schutz eine durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckte
Beschränkung darstellt, ob er sich also im Rahmen der der Eintragung zu Grunde
liegenden Schutzansprüche des Klagegebrauchsmusters hält (BGH, a.a.O. -
Momentanpol). Dies ist vorliegend der Fall.
Die Klägerin hat den Gebrauchsmusteranspruch 1 zum einen dahingehend ergänzt,
dass der Homogenisator "einen Behälter, insbesondere Rührwerksbehälter" aufweisen
soll. Dieses neue Merkmal ist im Klagegebrauchsmuster auf Seite 5, Zeile 6 offenbart.
Dort wird beschrieben, dass der Homogenisator mittels eines Gehäuses oder eines
Adapters an einem Rührwerksbehälter oder dergleichen befestigbar ist. Dem entnimmt
der Fachmann, dass vom Schutz des Gebrauchsmusters in der ursprünglichen Form
auch eine solche Konstellation erfasst werden sollte, in der der näher beschriebene
Homogenisator an einen Rührwerksbehälter angeschlossen ist. Auch im Unteranspruch
12 ist dieser Behälter, aus dem das fließfähige Material in das Homogenisatorgehäuse
eingeleitet wird, erwähnt.
43
Zum anderen hat die Klägerin den Gebrauchsmusteranspruch 1 dadurch geändert, dass
sie den Begriff des "Gehäuses" durch "Homogenisatorgehäuse" ersetzt hat. Dieses
Merkmal ist bereits in dem ursprünglichen Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters
offenbart. Denn wenn nunmehr an Stelle eines "Gehäuses" von einem
"Homogenisatorgehäuse" die Rede ist, in dem sich der Rotor befinden soll, dann stellt
dies nur etwas klar, was für einen Fachmann aufgrund der Klagegebrauchsmusterschrift
bereits auf der Hand liegt. Wenn in Anspruch 1 ein "Gehäuse" genannt ist, ist für den
Fachmann erkennbar das Gehäuse des Homogenisators gemeint. Ein weiteres
Gehäuse ist nicht beschrieben.
44
Schließlich hat die Klägerin in den Gebrauchsmusteranspruch 1 den Zusatz eingefügt,
dass "das Homogenisatorgehäuse an der Unterseite des Rührwerksbehälters so
angeordnet und befestigbar ist, dass der fließfähige Stoff aus dem Innenraum des
Behälters durch eine Einlassöffnung axial in den Innenraum des
Homogenisatorgehäuses einströmen kann". Dieses neue Merkmal findet in der
ursprünglichen Klagegebrauchsmusterschrift zunächst Erwähnung im Unteranspruch
12, in dem es heisst:
45
"dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse (2) des Homogenisators eine
Einlassöffnung, durch die fließfähiges Material aus einem Behälter axial in den
Innenraum 16 einströmen kann, ...".
46
Dieselben Angaben finden sich auf Seite 5, Zeilen 5-9. Dort heißt es:
47
"Der Homogenisator ist mittels eines Gehäuses oder Adapters 10 an einem
Rührwerksbehälter oder dgl., dessen Wand 12 dargestellt ist, so befestigbar, dass
aus dem Innenraum des Rührwerksbehälters ein fließfähiger Stoff durch eine
Einlassöffnung 14 in den Innenraum 16 des Homogenisators axial, d.h. in Richtung
einer Längsachse 18 einströmen kann."
48
Auf Seite 1, Zeile 6 wird – im Rahmen einer allgemeinen Beschreibung herkömmlicher
Homogenisatoren – erwähnt, dass der Homogenisator
49
"z.B. am tiefsten Punkt eines Behälters angeordnet"
50
ist.
51
In diesen Textstellen wird zum einen offenbart, dass der fließfähige Stoff aus dem
Rührwerksbehälter axial in das Homogenisatorgehäuse einströmen kann und zum
anderen die Möglichkeit, das Homogenisatorgehäuse an der Unterseite des
Rührwerksbehälter zu befestigen. Die Möglichkeit, das Homogenisatorgehäuse an der
Unterseite des Rührwerksbehälters zu befestigen, offenbart sich dem Fachmann zudem
in der Figur 1 des Klagegebrauchsmusters. Dort ist mit der Bezugsziffer 12 die Wand
des Rührwerksbehälters bezeichnet, die – ebenso wie auf der nicht eingezeichneten
gegenüber liegenden Seite – ausgehend von dem Homogenisatorgehäuse unmittelbar
in die Höhe führt. Es ist also erkennbar, dass das Homogenisatorgehäuse an der
Unterseite des Rührwerksbehälters befestigt ist und dass diese Konstellation von
vornherein von dem Schutzbegehren umfasst sein sollte (vgl. BGH GRUR 2005, 316,
319 – Fußbodenbelag). Schutzanspruch 1 in der neuen Fassung ist auch kein aliud –
wie die Beklagten meinen. Vielmehr wird der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 in der
eingetragenen Fassung durch die weiteren Merkmale der nunmehr geltend gemachten
Fassung lediglich eingeschränkt.
52
III.
53
Das Gebrauchsmuster ist gemäß § 1 Abs. 1 GebrMG schutzfähig.
54
Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit kommt es auf den Gebrauchsmusteranspruch in der
nunmehr geltend gemachten Fassung an. Denn nur in dieser Fassung beansprucht die
Klägerin im Löschungsverfahren noch Schutz. Durch ihren im Löschungsverfahren
eingereichten Schriftsatz vom 10.03.2006 (Anlage K 9) hat die Klägerin deutlich
gemacht, dass sie das Gebrauchsmuster nur eingeschränkt verteidigt. Darin ist eine
Einschränkung des zunächst unbeschränkt eingelegten Widerspruchs zu sehen (BGH
GRUR 1995, 210 – Lüfterklappe). Die beschränkte Verteidigung ist auch zulässig, weil
sich das Gebrauchsmuster – wie unter II. dargestellt - durch die umgestellten
Schutzansprüche auf einen Gegenstand erstreckt, der von den eingetragenen
Schutzansprüchen bereits erfasst war (BGH GRUR 2005, 316 - Fußbodenbelag).
55
Etwas anderes – nämlich die Unzulässigkeit einer Beschränkung der Schutzansprüche
im Löschungsverfahren – ist auch der von den Beklagten zitierten Entscheidung des
Bundespatentgerichts (BPatG GRUR 1991, 313, 315 – Verpackungsbehälter mit
Diebstahlssicherung) nicht zu entnehmen. In dem dort zur Entscheidung vorliegenden
Fall hatte die Antragstellerin uneingeschränkt die Löschung lediglich des
Hauptanspruchs 1 des Gebrauchsmusters beantragt. Die Antragsgegnerin hatte sich
daraufhin dahingehend beschränkt verteidigt, dass der Schutzanspruch 1 mit der
Maßgabe aufrecht erhalten werden solle, dass sämtliche Merkmale des Unteranspruchs
2 mit aufgenommen würden. Dies hat das Bundespatentgericht für unzulässig gehalten,
weil die Schutzfähigkeit des Schutzanspruchs 2 von der Antragstellerin nicht angegriffen
worden sei. Unabhängig von dieser Sonderkonstellation hat aber auch das
Bundespatentgericht in der Entscheidung klargestellt, dass eine eingeschränkte
Verteidigung eines Gebrauchsmusters durch Hinzufügen von bereits offenbarten
Merkmalen zulässig ist (BPatG, a.a.O. - Verpackungsbehälter mit Diebstahlssicherung).
56
1.
57
Die dem Gebrauchsmuster zu Grunde liegende technische Lehre ist neu im Sinne des
§ 1 Abs. 1 GebrMG. Die von den Beklagten vorgelegten Entgegenhaltungen sind nicht
neuheitsschädlich.
58
a)
59
Die xx xx xx xxx (= D1, Anlage K 11) ist nicht neuheitsschädlich. Sie beschreibt eine
Vorrichtung zum Rühren eines strömungsfähigen Mediums. Diese Vorrichtung besteht
aus einem Behälter G, in dem sich eine Welle befindet. An der Welle sind mindestens
zwei Rührorgane 4a-d befestigt, die konisch ausgebildet sind (vgl. Figur 1). Die
Entgegenhaltung offenbart aber kein vom Rotor unabhängig antreibbares Element im
Sinne des Merkmals 5.2.
60
b)
61
Die xx xx xx xxx (= D 2, Anlage K 12) offenbart eine Misch- und Dispergiervorrichtung,
bei der sich eine als Rotor fungierende Scheibe 2 gegen Rillen und Einfräsungen dreht,
die unmittelbar in den Gehäusedeckel 1 eingebracht werden (vgl. Figur 2).
62
Die Beklagten meinen, in der Entgegenhaltung sei auch offenbart, dass ein drehbares
Element unabhängig von dem Rotor antreibbar sei. Tatsächlich führt die
Entgegenhaltung in Bezug auf die im Stand der Technik bekannten Misch- und
Dispergiervorrichtungen auf, dass es denkbar sei, zwei Werkzeugkränze, die um einen
freien Hohlraum herum angeordnet sind, gegenläufig zueinander zu bewegen (Seite 2,
vorletzter Satz). Dies sei aber mit einem unvorteilhaft hohen Energiebedarf verbunden.
Auf Seite 3, 1. Satz werden zwei im Abstand voneinander angebrachte, gegenläufige
Scheiben erwähnt. Selbst wenn man aber aus diesen Textstellen herleiten wollte, dass
die Entgegenhaltung ein Element offenbart, das unabhängig vom Rotor antreibbar ist,
fehlt es in der Entgegenhaltung jedenfalls an einer Erwähnung eines
Rührwerksbehälters (Merkmal 2). Auch ist nicht erwähnt, dass der fließfähige Stoff axial
in den Innenraum des Homogenisatorgehäuses einströmen kann (Merkmal 4). Auch die
Zeichnungen legen dies nicht nahe. Vielmehr ist dort (Figur 2) die Eintrittsöffnung
unterhalb des Homogenisatorgehäuses eingezeichnet. Der Fachmann kann also auch
aus der Zeichnung nicht schließen, dass das Homogenisatorgehäuse an der Unterseite
eines Rührwerksbehälters anzubringen ist.
63
c)
64
Die xx xx xxx xxx (= D 4, Anlage K 19) ist lediglich von der Klägerin und auch nur auf
Französisch vorgelegt worden. Indem die Beklagten diese Druckschrift, auf die sie sich
berufen, nicht ins Deutsche übersetzt hat, haben sie gegen die im frühen ersten Termin
erteilte Auflage verstoßen, nach der von fremdsprachigen Anlagen deutsche
Übersetzungen zu den Akten zu reichen sind. Die Beklagten tragen auch schriftsätzlich
nicht näher dazu vor, welchen Inhalt die D 4 haben soll. In den Ausführungen im
Löschungsantrag, auf die die Beklagten verweisen (Seite 8 des Löschungsantrags,
Anlage K 8), setzt sich die Beklagte zu 1) nicht im Einzelnen damit auseinander, welche
Merkmale durch diese Druckschrift offenbart sein sollen.
65
Ebensowenig kann die xx xxx xxx xx (= D 6, bei Anlage K 19) berücksichtigt werden,
von der keine deutschsprachigen Übersetzungen vorgelegt wurden.
66
d)
67
Auch die xx xxx xx xxx xx (= D 9, Anlage K 15) nimmt den Gegenstand des
Klagegebrauchsmusters nicht neuheitsschädlich vorweg. Die D 9 beschreibt eine
Vorrichtung zum Nassmahlen von Feststoffpartikeln in Flüssigkeiten. Die Druckschrift
sieht vor, dass sich die Mahlkammer 1, in die das Mahlgut 4 über eine Hohlwelle 5 von
oben eingeführt wird, angetrieben von der Hohlwelle in eine Richtung dreht, während
eine weitere Welle einen in der Mahlkammer vorhandenen Rotor 2 antreibt (vgl. Figur 1).
68
Die Mahlkammer entspricht dem Bauteil, das bei dem Klagegebrauchsmuster als
Homogenisatorgehäuse 2 bezeichnet wird. Bei beiden Erfindungen ist dies der
Behälter, in dem sich das zu homogenisierende Gut und der Rotor befinden. Wenn aber
bei der D 9 die Mahlkammer dem Homogenisatorgehäuse entspricht, dann fehlt es bei
der D 9 an einer Offenbarung des Merkmals 5. Danach muss in dem
Homogenisatorgehäuse ein Element vorhanden sein, das unabhängig vom Rotor
antreibbar ist. Bei der D 9 dreht sich aber das Homogenisatorgehäuse (bzw. die
Mahlkammer) selbst. Es fehlt an einem zusätzlichen, in dem Homogenisatorgehäuse
befindlichen Element.
69
e)
70
Soweit sich die Beklagte zu 1) in ihrem Löschungsantrag (Anlage K 8) im Hinblick auf
die Neuheit weiterhin auf die Entgegenhaltung xx xxx xx xxx (= D 10) berufen hat,
konnte diese im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden, nachdem die
Beklagten diese Druckschrift nicht vorgelegt haben. Gleiches gilt für die
Entgegenhaltungen xx xx xx xxx xx (= D 20), xx-xx x xxx xxx (= D 21), xx xxxx xxx (= D
22) und xx xx xx xxx xx (= D 26), die die Beklagte zu 1) im Schriftsatz vom 30.06.2006 im
Löschungsverfahren (Anlage B 5) angeführt hat.
71
2.
72
Die Erfindung gemäß dem Klagegebrauchsmuster beruht auch auf einer erfinderischen
Tätigkeit. Nach der Entscheidung "Demonstrationsschrank" des BGH vom 20.06.2006
(GRUR 2006, xxx) ist bei der Beurteilung des "erfinderischen Schritts" im
Gebrauchsmusterrecht derselbe Maßstab anzuwenden wie bei der Beurteilung des
Beruhens auf einer "erfinderischen Tätigkeit" im Sinne von § 1 Abs. 1 PatG.
Entsprechend § 4 PatG liegt demnach ein "erfinderischer Schritt" vor, wenn sich die
Erfindung, die Gegenstand des Gebrauchsmusters ist, für den Fachmann nicht in
naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Dass die
klagegebrauchsmustergemäße Erfindung angesichts des Standes der Technik für den
Fachmann nahe lag, haben die Beklagten nicht zur Überzeugung der Kammer
dargelegt.
73
Die Beklagten meinen, die Lehre des Klagegebrauchsmusters sei für den Fachmann
naheliegend, wenn er die D 9 oder die xx xx xxx xxx x x (= D 3, Anlage K 13) mit
weiteren Entgegenhaltungen kombiniere (vgl. Seiten 11ff des Löschungsantrags,
Anlage K 8). Denn in den D 9 und D 3 seien insbesondere die Merkmale 5, 5.1 und 5.2
offenbart, nach denen in dem Homogenisatorgehäuse ein Element vorhanden sei, das
unabhängig von dem Rotor antreibbar sei.
74
Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Die D 9 und D 3 zeigen ein solches
75
unabhängig antreibbares Element gemäß Merkmal 5 nicht. Die D 9 zeigt eine
Mahlkammer, in der sich das zu dispergierende Gut befindet, und die sich gegenläufig
zu einem Rotor drehen kann. Es ergibt sich also aus der D 9 nicht die Möglichkeit, ein
vom Homogenisatorgehäuse verschiedenes Element vorzusehen, das sich in dem
Homogenisatorgehäuse befindet und das von dem Rotor unabhängig drehbar wäre.
Wenn die D 9 vorschlägt, das gesamte Homogenisatorgehäuse zu drehen, dann ist dies
eine Ausführung, die nicht gleichgesetzt werden kann mit einer weit
energiesparenderen und unaufwändigeren Drehbarkeit eines in dem
Homogenisatorgehäuse vorhandenen Elements.
Auch die D 3 offenbart die Merkmale 5 bis 5.2 nicht. Die D 3 beschreibt eine Vorrichtung
zum Mischen und Homogenisieren von fließfähigen Produkten. Innerhalb des
Homogenisators dreht sich ein Rotor, so dass der fließfähige Stoff zwischen Rotor und
Stator homogenisiert wird (vgl. D 3, Spalte 4, Zeile 49f; Spalte 7, Zeile 22; Spalte 8,
Zeile 29ff). Darüber hinaus wird mittels einer unabhängigen Antriebswelle der Rührkorb
angetrieben, an dem der Stator befestigt ist (D 3, Spalte 7, Zeile 22ff).
76
Dies bedeutet aber, dass sich auch hier – ebenso wie bei der D 9 – das
Homogenisatorgehäuse selbst bzw. ein fest mit diesem verbundener Stator gegen den
Rotor bewegt. Keine der Entgegenhaltungen offenbart daher ein drehbar gelagertes
Element, das nicht zugleich das Homogenisatorgehäuse darstellen würde, also ein
Element, das von diesem Gehäuse trennbar ist. Merkmal 5 des Klagegebrauchsmusters
ist nicht offenbart.
77
Da die D 9 und D 3 bereits das Merkmal 5 nicht offenbaren, kommt es auf den Inhalt
derjenigen Entgegenhaltungen, mit denen der Fachmann die D 9 und D 3 nach Ansicht
der Beklagten zur Auffindung der klagegebrauchsmustergemäßen Erfindung kombiniert
hätte, nicht mehr an. Soweit sich die Beklagte zu 1) im Löschungsverfahren schließlich
darauf berufen hat, auch die xx xx xx x xx (= D 19) offenbare das Merkmal 5 und könne
kombiniert werden, war dies vorliegend nicht zu berücksichtigen, da die Beklagten die D
19 nicht vorgelegt und auch zu deren Inhalt nicht näher vorgetragen haben.
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IV.
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Die angegriffene Ausführungsform verletzt Gebrauchsmusteranspruch 1
wortsinngemäß. Zwischen den Parteien ist die Verwirklichung der Merkmale 1 bis 4 – zu
Recht – nicht umstritten, so dass sich insoweit weitere Ausführungen erübrigen.
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Die Parteien streiten lediglich darüber, ob die Merkmale 5 und 5.2 erfüllt sind. Nach
Merkmal 5 muss in dem Homogenisatorgehäuse ein Element zum Homogenisieren
und/oder Fördern des fließfähigen Stoffes vorhanden sein. Die Beklagten meinen, der
Gegenstromläufer (im Folgenden: Rotor 2) bei der angegriffenen Ausführungsform
erfülle weder die Funktion, die fließfähige Substanz zu homogenisieren noch sie zu
fördern. Die Homogenisation erfolge vielmehr durch den Rotor und die Förderung durch
den Inducer. Der Rotor 2 diene lediglich dazu, einen gegen die Förderrichtung
wirkenden Druck auf den fließfähigen Stoff auszuüben, um zu verhindern, dass sich
Kavitäten bilden, d.h. Hohlräume, die sich in Flüssigkeiten aufgrund von
Druckschwankungen ergeben können. Derartige Kavitäten würden die Pumpleistung
beeinträchtigen und eine Korrosion und damit einen vorzeitigen Materialverschleiss
begünstigen.
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Das streitgegenständliche Merkmal 5 ist dahingehend auszulegen, dass das
unabhängig vom Rotor antreibbare Element dazu geeignet sein muss, auf den
fließfähigen Stoff eine homogenisierende oder eine fördernde Wirkung auszuüben.
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Zweck- und Funktionsangaben wie Merkmal 5 kommen grundsätzlich bei einem
Sachpatent keine schutzbeschränkende Wirkung zu (BGH GRUR 1991, xxx, 441f –
Befestigungsvorrichtung II; GRUR 1996, xxx, 750 - Lichtbogen-Plasma-
Beschichtungssystem). Wenn allerdings eine Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangabe
ein Vorrichtungselement, auf das sie sich bezieht, als ein solches definiert, das so
ausgebildet ist, dass es die betreffende Funktion erfüllt, dann bestimmt und begrenzt sie
den Gegenstand des Schutzrechtsanspruchs (BGH GRUR 2006, xxx, 925 –
Luftabscheider für Milchsammelanlage). Denn die Funktionsangabe beschreibt in
diesem Fall mittelbar das betreffende Vorrichtungsteil und veranlasst den Fachmann
dazu, dieses räumlich-körperlich in einer bestimmten Weise auszugestalten (BGH
GRUR 1996, 747, xxx – Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem). Vorliegend
entnimmt der Fachmann der Funktionsbeschreibung, dass das drehbare Element
entweder so auszugestalten ist, dass es durch das Ausüben von Scherkräften zur
Homogenisation beitragen kann oder aber so zu konzipieren ist, dass es geeignet ist,
zur Förderung des fließfähigen Stoffes beizutragen.
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Bei der angegriffenen Ausführungsform trägt der Rotor 2 jedenfalls zur Homogenisation
bei. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargetan, dass dieser Rotor 2, der unstreitig
gegenläufig zum Rotor 1 betrieben werden kann, eine Homogenisationswirkung auf den
zu verarbeitenden Stoff ausübt. Ein Homogenisationseffekt wird generell dann erzielt,
wenn Scherkräfte auf den fließfähigen Stoff aufgebracht werden. Die Klägerin hat in der
mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, es ergebe sich aus der von den Beklagten
vorgelegten Skizze der angegriffenen Ausführungsform gemäß Anlage B 2, dass in den
Zwischenräumen zwischen dem Rotor 1 und dem Rotor 2 Scherkräfte entstünden.
Dadurch, dass der Rotor 2 mit den Fluidmolekülen in Kontakt komme, trage er dazu bei,
diese zu homogenisieren. Dem sind die Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht
erheblich entgegen getreten. Sie haben ihre Behauptung, der Rotor 2 trage nicht zur
Homogenisierung bei, nicht näher substantiiert. Die Beklagten haben darauf verwiesen,
dass der Zweck des Einsatzes des Rotors 2 darin bestehe, Kavitäten zu verhindern,
indem die Flüssigkeit vom Rotor 2 weg hin zum Zentrum des Homogenisators gedrückt
werde. Dass der Rotor 2 mit dieser Zielsetzung eingesetzt wird, kann zu Gunsten der
Beklagten unterstellt werden. Unabhängig davon, dass der Rotor 2 diese Funktion
erfüllen mag, ist er aber auch ein Element, das die Homogenisation des fließfähigen
Stoffes bewirkt. Die Behauptung der Beklagten, die Homogenisation erfolge allein durch
den Rotor 1 und nicht durch den Rotor 2, ist nicht nachvollziehbar und in sich
widersprüchlich. Denn die Beklagten behaupten, die angegriffene Ausführungsform
funktioniere entsprechend den Vorgaben der als Anlage B 1 vorgelegten
Patentanmeldung. Die dort beschriebene Erfindung funktioniert aber ebenso wie das
Klagegebrauchsmuster nach dem Prinzip, dass die Homogenisation dadurch erfolgt,
dass der fließfähige Stoff durch einen Zwischenraum zwischen zwei Zahnkränzen
geleitet wird. In diesem Zwischenraum wirken Scherkräfte auf die einzelnen Moleküle
des fließfähigen Stoffes, wodurch der Stoff homogenisiert wird. Weil in dem
Zwischenraum zwischen den beiden Zahnkränzen die für die Homogenisation
entscheidenden Scherkräfte wirken, wird dieser Spalt in der Patentanmeldung, auf die
sich die Beklagten berufen, auch als "Scherspalt" bezeichnet (Anlage B 1, Seite 7).
Dieser Scherspalt, in dem die Homogenisation erfolgt, wird bei der angegriffenen
Ausführungsform aber gerade erst durch den Rotor 1 zusammen mit dem Rotor 2
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gebildet. Entsprechend hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung
auch eingeräumt, dass der Rotor 2 unter anderem auch bewirke, dass der zu
homogenisierende Stoff länger beim Rotor 1 verweile. Dies sei dadurch bedingt, dass
der Rotor 2 die Flüssigkeit jeweils in Richtung des Homogenisatorzentrums – und damit
auch in Richtung des Rotors 1 - drücke. Wenn der Rotor 2 aber für die Flüssigkeit einen
sich drehenden Widerstand darstellt und zusammen mit dem Rotor 1 einen Scherspalt
bildet, dann trägt auch der Rotor 2 zur Homogenisation bei, auch wenn der Scherspalt in
den abgeschrägten Bereichen der Zähne des Rotors 2 vergrößert ist, was die
Homogenisationswirkung vermindert. Nichts anderes ergibt sich schließlich auch aus
dem Prospektauszug gemäß Anlage K 22: die Beklagten haben den Widerspruch
zwischen ihrem Vorbringen und den dortigen Angaben, nach denen der Homogenisator
bei Gleichlauf als Pumpe und bei gegenläufigen Rotoren und voller
Umfangsgeschwindigkeit als leistungsfähigster Homogenisator arbeitet, nicht
aufzulösen vermocht.
Ob der Rotor 2 darüber hinaus dazu beiträgt, den fließfähigen Stoff im Sinne des
Merkmals 5 zu fördern, liegt nahe, weil der sich drehende Rotor Zentrifugalkräfte auf die
Flüssigkeit ausübt, die durch die angeschrägten Zähne allenfalls abgemildert werden
können, kann aber letztlich dahinstehen. Das Merkmal 5 ist bereits dadurch erfüllt, dass
der Rotor 2 ein Homogenisationswirkung ausübt.
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Auch das Merkmal 5.2 ist erfüllt. Dies gilt selbst dann, wenn die Behauptung der
Beklagten zutrifft, wonach der Rotor 2 – entgegen der Angaben im Prospekt gemäß
Anlage K 22 - nur gegenläufig zum Rotor 1 antreibbar ist. Denn der
Gebrauchsmusteranspruch 1 setzt nicht voraus, dass das drehbare Element in beide
Richtungen drehbar ist. Es ist im Rahmen des Gebrauchsmusteranspruchs 1 – anders
als beim Unteranspruch 3 - lediglich erforderlich, dass dieses Element unabhängig vom
Rotor antreibbar ist. Dies ist aber bei der angegriffenen Ausführungsform unstreitig der
Fall. Auch die Beklagten bestreiten nicht, dass der Rotor 1 und Rotor 2 von
unterschiedlichen Antriebseinrichtungen angetrieben wird. Auch in der
Patentanmeldung gemäß Anlage B 2, der die angegriffene Ausführungsform nach
Angaben der Beklagten entsprechen soll, ist vorgegeben, dass die verschiedenen
Zahnkränze unabhängig voneinander antreibbar sein sollen.
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V.
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Da die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform im Mai 2006 auf der Messe xxx
in xxxxxx angeboten hat, besteht eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich der
Benutzungshandlungen des Anbietens, Inverkehrbringens und Gebrauchens.
Hinsichtlich der Benutzungshandlung des Herstellens besteht eine
Erstbegehungsgefahr. Unstreitig verfügt die Beklagte zu 1) über ein Werk in Neuenburg,
in dem aktuell Homogenisatoren hergestellt werden. Da die Beklagten der Ansicht sind,
die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagegebrauchsmuster nicht, ist die
Besorgnis gerechtfertigt, dass die Beklagte zu 1) auch Homogenisatoren mit den
Merkmalen des Klagegebrauchsmusters in ihre Produktion aufnimmt.
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VI.
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Aus der Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Anspruchs 1 ergeben sich die
tenorierten Rechtsfolgen. Da die Beklagten widerrechtlich von der technischen Lehre
des Klagegebrauchsmusters Gebrauch machen, sind sie der Klägerin zur Unterlassung
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verpflichtet (§ 24 Abs. 1 GebrMG).
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, § 24 Abs. 2
GebrMG. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1), vertreten durch ihre
Geschäftsführer, die Beklagten zu 3) und 4), die Gebrauchsmusterverletzung durch die
angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen
Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Die Beklagten haften nach § 840
Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner.
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Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da jedoch hinreichend
wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der
Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht
beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den
Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse
der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach
anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
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Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden
Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur
Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten
Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die
Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünften nicht unzumutbar
belastet.
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VII.
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Die Klägerin kann auch Erstattung der ihr entstandenen Rechts- und
Patentanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Abmahnung in Höhe von 6.764,00 € aus
§ 24 Abs. 2 GebrMG verlangen. Denn die Inanspruchnahme rechtlichen Beistands
beruht adäquat kausal auf der Verletzung des Gebrauchsmusters. Die nicht
anrechenbaren Rechts- und Patentanwaltskosten sind der Höhe nach korrekt bestimmt
worden, was auch von den Beklagten nicht in Abrede gestellt wurde. Soweit die
Klägerin darüber hinaus beantragt hat, diesen Schadensersatzanspruch zu verzinsen,
ist dieser Antrag unzulässig. Er ist nicht bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO, da nicht angegeben ist, ab welchem Zeitpunkt eine Verzinsung begehrt wird.
Eines Hinweises auf diesen Umstand bedurfte es gemäß § 139 Abs. 2 ZPO nicht, da
eine Nebenforderung im Sinne des § 4 Abs. 1 2. HS ZPO betroffen ist.
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VIII.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 Abs. 1 ZPO.
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Streitwert: 1.000.000 EUR.
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