Urteil des LG Düsseldorf vom 02.09.2008

LG Düsseldorf: treu und glauben, versicherung, geschäftsbeziehung, markt, verfügung, patentanspruch, datum, patentverletzung, tochtergesellschaft, lieferung

Landgericht Düsseldorf, 4a O 185/08
Datum:
02.09.2008
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 185/08
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften Patentgesetz
Tenor:
Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu
vollziehen an der Geschäftsführerin Dorothee Rose, aufgegeben,
zu unterlassen,
Antriebe für Lattenroste als Teile von Liegen oder Betten, mit
schwenkbarem Kopfteil, Mittelteil und schwenkbarem Fußteil,
herzustellen oder herstellen zu lassen, anzubieten, in Verkehr zu
bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder
einzuführen oder zu besitzen, wenn
der in den Längsholmen um eine Achse schwenkbare Kopfteil durch
einen an Seitenstäben gleitend eingreifbaren Bügel verschwenkbar ist,
der mit einer in den Längsholmen gelagerten Welle drehfest verbunden
ist; der Fußteil durch eine Gelenkver-bindung mit einer in den
Längsholmen gelagerten zweiten Welle drehfest verbunden ist; jede der
beiden Wellen einen in Gebrauchslage des Lattenrostes abwärts
ragenden Steuerhebel trägt und drehfest mit diesem verbunden ist; die
beiden Steuerhe-bel an je einen unabhängigen Antrieb angelenkt sind;
die beiden Antriebe sich in einem gemeinsamen Gehäuse befinden, das
un-terhalb des festen Mittelteils des Lattenrostes zwischen den bei-den
Wellen angeordnet und an diesen lösbar befestigt ist; jeder Antrieb
einen Elektromotor mit Getriebe, eine jeweils mit diesem gekuppelte, in
Längsrichtung des Gehäuses verlaufende Schub-spindel, eine von
dieser geführte Führungsmutter und ein Schub-stück umfasst, das fest
mit einer zugehörigen Führungsmutter verbunden ist; die Elektromotoren
mit Getriebe an den Seitenwän-den bzw. Zwischenwänden des
Gehäuses angeordnet sind und die Führungsmutter verdrehungssicher
und längsverschiebbar im Gehäuse geführt sind; das Schubstück
rechtwinklig so ausgebildet ist, dass dessen einer parallel zur
Spindelachse verlaufender Hal-teschenkel mit der Führungsmutter
verbunden ist und dessen an-derer, senkrecht zur Spindelachse
stehender Druckschenkel das Ende des zugeordneten Steuerhebels
lose beaufschlagt, so dass in der Ausgangsstellung, in der Kopfteil und
Fußteil des Lattenros-tes infolge ihres Gewichts abgesenkt sind, das
Ende des jeweili-gen Steuerhebels sich im geringsten Abstand von dem
zugeord-neten Getriebe befindet und in dieser Stellung an dem
zugeordne-ten Druckschenkel anliegt und bei Drehung der
Schubspindel der am Steuerhebel anliegende Druckschenkel diesen
vom Getriebe fortdrückt, so dass die mit dem Steuerhebel verbundene
Welle gedreht und der Fußteil bzw. Kopfteil angehoben wird.
II. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Tatbestand:
1
Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents X (nachfolgend:
Verfügungspatent). Das Verfügungspatent wurde am 14.12.1988 unter
Inanspruchnahme der Priorität der X vom 14.01.1988 angemeldet, die Anmeldung
wurde am 27.07.1989 offengelegt. Die Veröffentlichung der Erteilung des
Verfügungspatents erfolgte am 23.07.1992.
2
Das Verfügungspatent trägt die Bezeichnung "Antrieb für Lattenroste". Sein
Patentanspruch 1 lautet:
3
Antrieb für Lattenroste als Teile von Liegen oder Betten, mit schwenkbarem Kopfteil,
Mittelteil und schwenkbarem Fußteil, wobei der in den Längsholmen (3, 4) um eine
Achse (11) schwenkbare Kopfteil durch einen an Seitenstäben (7, 8) gleitend
eingreifenden Bügel (10) verschwenkbar ist, der mit einer in den Längsholmen (3, 4)
gelagerten Welle (9) drehfest verbunden ist, der Fußteil durch eine
Gelenkverbindung (20) mit einer in den Längsholmen (3, 4) gelagerten zweiten
Welle (21) drehfest verbunden ist, jede der beiden Wellen (9, 21) einen in
Gebrauchslage des Lattenrostes (1) abwärts ragenden Steuerhebel (40, 41) trägt
und drehfest mit diesem verbunden ist, die beiden Steuerhebel (40, 41) an je einen
unabhängigen Antrieb angelenkt sind, die beiden Antriebe sich in einem
gemeinsamen Gehäuse (2) befinden, das unterhalb des festen Mittelteils des
Lattenrostes (1) zwischen den beiden Wellen (9, 21) angeordnet ist und an diesen
lösbar befestigt ist, jeder Antrieb einen Elektromotor (38, 39) mit Getriebe, eine
jeweils mit diesem gekuppelte, in Längsrichtung des Gehäuses (2) verlaufende
Schubspindel (46, 53), eine von dieser geführte Führungsmutter (44, 51) und ein
Schubstück umfasst, das fest mit einer zugehörigen Führungsmutter (44, 51)
verbunden ist, die Elektromotoren (38, 39) mit Getriebe an den Seitenwänden bzw.
Zwischenwänden (63, 64, 69, 70) des Gehäuses (2) angeordnet sind und die
Führungsmuttern (44, 51) verdrehungssicher und längsverschiebbar im Gehäuse (2)
geführt sind, das Schubstück rechtwinklig so ausgebildet ist, dass dessen einer
parallel zur Spindelachse verlaufender Halteschenkel (44, 51) [mit der
Führungsmutter (44, 51)] verbunden ist und dessen anderer, senkrecht zur
4
Führungsmutter (44, 51)] verbunden ist und dessen anderer, senkrecht zur
Spindelachse stehender Druckschenkel (43, 50) das Ende des zugehörigen
Steuerhebels (40, 41) lose beaufschlagt, so dass in der Ausgangsstellung, in der
Kopfteil und Fußteil des Lattenrostes (1) infolge ihres Gewichts abgesenkt sind, das
Ende des jeweiligen Steuerhebels (40, 41) sich in geringstem Abstand von dem
zugeordneten Getriebe befindet und in dieser Stellung an dem zugeordneten
Druckschenkel (43, 50) anliegt und bei Drehung der Schubspindel (46, 53) der am
Steuerhebel (40, 41) anliegende Druckschenkel (43, 50) diesen vom Getriebe fort
drückt, so dass die mit dem Steuerhebel (40, 41) verbundene Welle (9, 21) gedreht
und der Fußteil bzw. Kopfteil angehoben wird.
Nachfolgend werden einige Figuren aus der Verfügungspatentschrift wiedergegeben,
die bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung betreffen.
5
Figur 1 zeigt die Seitenansicht eines Lattenrostes mit schwenkbarem Kopfteil und
zweigeteiltem schwenkbaren Fußteil und dem Gehäuse des Antriebes. Figur 2 bildet
eine Draufsicht auf den Lattenrost in Richtung des Pfeiles II in Figur 1 ab. In Figur 4 ist
eine perspektivische Darstellung des Antriebs ersichtlich.
6
Die Antragsgegnerin gehört zu der Unternehmensgruppe X, einem Unternehmen,
welches Schlaflösungen herstellt und weltweit vertreibt. Auf der Internetseite der
Unternehmensgruppe www.X.de ist die Antragsgegnerin als Ansprechpartnerin für die
Bundesrepublik Deutschland angegeben.
7
Die Antragstellerin behauptet, sie habe am 20.05.2008 über ihr Tochterunternehmen,
die X. mit Sitz in den USA, erfahren, diese habe ein Kunde in den USA darauf
aufmerksam gemacht, dass die Antragsgegnerin Betten herstelle und anbiete, die den
durch das Verfügungspatent geschützten Antrieb enthielten und über ein schwenkbares
Kopfteil, ein Mittelteil und ein schwenkbares Fußteil verfügten. Die X habe daraufhin ein
solches Bett bestellt. Der Geschäftsführer der Antragstellerin habe den ausgebauten
Antrieb dieses Bettes am 11.06.2008 erhalten und an die mitwirkenden Patentanwälte
übersandt. Dieser Antrieb weise keinerlei Kennzeichnung auf. Der Geschäftsführer der
Antragstellerin habe daraufhin ein komplettes Bett angefordert, um sich ein
vollständiges Bild machen zu können. Nach Erhalt des kompletten Bettes am
25.06.2008 habe er dieses an die mitwirkenden Patentanwälte zur Überprüfung
übersandt. Das Bett sei an seiner Unterseite wie folgt gestaltet:
8
Des Weiteren sei an dem erworbenen Bett folgender Einnäher angebracht:
9
Auch sei das folgende Typenschild auf dem Gehäuse des Antriebes zu finden:
10
Schließlich sei in dem Benutzerhandbuch der X, welches dem erworbenen Bett
beigefügt gewesen sei, angegeben, dass es sich zu 100 Prozent um ein deutsches
Produkt handele.
11
Eine Überprüfung des von der X. erworbenen Bettes habe ergeben, dass das gelieferte
Bett von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 des Verfügungspatents Gebrauch
mache.
12
Des Weiteren sei die Angelegenheit dringlich, da die Antragsgegnerin kurz vor Ablauf
der Laufzeit des Verfügungspatents versuche, zu Dumpingpreisen auf den Markt zu
treten und die Lieferbeziehungen der Antragsstellerin erheblich zu beeinträchtigen. Der
13
Antrieb der Antragsgegnerin koste nur etwa 70 Prozent des Preises, den die
Antragstellerin für ihr Produkt verlange. Die Antragstellerin habe am 25.06.2008,
nachdem sie die angegriffene Ausführungsform von ihrer amerikanischen
Tochtergesellschaft erhalten habe, selbst überprüft und durch ihre mitwirkenden
Patentanwälte überprüfen lassen. Sie habe somit Ende Juni 2008 – nachdem die
mitwirkenden Patentanwälte die Verletzung des Verfügungspatents bestätigt hätten –
Kenntnis der Patentverletzung erlangt.
Die wesentlichen Wettbewerber der Antragstellerin auf dem deutschen Markt für
Doppelantriebe seien die X und die X, wobei Letztere mit Doppelantrieben seit
2006/2007 auf dem deutschen Markt vertreten sei. Die Antragstellerin habe auf dem
deutschen Markt für elektromotorisch verstellbare Doppelantriebe in den letzten drei
Jahren einen Umsatz von 33 Millionen Euro erzielt. Das Gesamtvolumen des "X" habe
im Jahr 2007 rund 66 Millionen Euro betragen, wovon etwa 36 Millionen Euro auf die
Antragstellerin entfallen seien.
14
Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin deshalb mit Schreiben vom 18.07.2008
erfolglos abgemahnt.
15
Die Antragstellerin beantragt,
16
zu erkennen wie geschehen.
17
Die Antragsgegnerin beantragt,
18
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
19
Sie trägt vor, es fehle unabhängig von einer Verwirklichung von Patentanspruch 1 des
Verfügungspatents jedenfalls an einer Verletzungshandlung in Deutschland. Zwar habe
die Antragsgegnerin ihren Sitz in X. Jedoch erfolge dort weder die Produktion, noch der
Vertrieb der der angegriffenen Ausführungsform entsprechenden Betten. Diese würden
ausschließlich im Ausland an verschiedenen Produktionsstätten hergestellt und von dort
aus auf dem Seeweg in die USA transportiert. Die Betten seien ausschließlich für den
US-amerikanischen Markt bestimmt, weshalb sie mit den für Amerika geeigneten
elektrischen Anschlüssen ausgestattet seien. Die Antragsgegnerin unterhalte in
Deutschland auch keine Ausstellung und kein Vorratslager. Die angegriffene
Ausführungsform werde weiterhin nicht auf Messen in Deutschland ausgestellt. Auch
werde das Bett weder nach Deutschland ein-, noch von dort ausgeführt. Zwar habe die
Antragstellerin in der Vergangenheit Motoren an die Antragsgegnerin geliefert, welche
ihre Betten mit diesen Motoren ausgestattet und die Betten in die USA geliefert habe.
Jedoch lasse sich auch von dem an dem Bett befindlichen Einnäher nicht auf eine
Herstellung in Deutschland schließen. Die Einnäher seien, als die Antragsgegnerin
noch mit der Antragstellerin zusammengearbeitet habe, in großer Stückzahl hergestellt
worden. Auf dem Einnäher sei ein Code angegeben, der sogenannte "X". Es handele
sich um ein Erfordernis, um das Produkt seit dem 01.07.2007 in die USA einführen zu
können. Da die Zertifizierung auf die Antragsgegnerin laute, die ihren Sitz in
Deutschland habe, seien die Etiketten entsprechend gestaltet und mit dem Datum
"10/2007" versehen worden. Nach dem Ende der Geschäftsbeziehung zu der
Antragstellerin seien diese Etiketten nicht aufgebraucht gewesen, so dass diese von
den Fertigungsstätten einfach weiter verwendet worden seien.
20
Die Antragstellerin tritt dem entgegen.
21
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug
genommen.
22
Entscheidungsgründe:
23
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat in der Sache Erfolg.
Die Antragstellerin hat sowohl das Bestehen eines Verfügungsanspruchs, als auch das
Vorliegen eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht. Die angegriffene
Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Verfügungspatents, dessen
Rechtsbestand hinreichend gesichert ist, Gebrauch. Da die Antragsgegnerin den
Gegenstand des Verfügungspatents rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Antragstellerin
zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG.
24
I.
25
Das Verfügungspatent betrifft einen Antrieb für Lattenroste als Teile von Liegen oder
Betten mit schwenkbarem Kopfteil, Mittelteil und schwenkbarem Fußteil.
26
Antriebe für derartige Lattenroste sind aus der X bekannt, wobei der dort offenbarte
Antrieb am Mittelteil des Bettes in dem Gehäuse fest angebracht ist. Der Elektromotor
und das Getriebe sind an den Seiten- bzw. Zwischenwänden des Gehäuses
schwenkbar befestigt. Um den Motor und das Getriebe aus dieser schwenkbaren
Befestigung zu entfernen, sind mehrere zu dieser Befestigung gehörende Teile
abzumontieren. Bei einem Schadensfall der Mechanik oder des elektrischen Antriebs ist
deshalb ein erheblicher Zeitaufwand erforderlich, um die Aggregate auszubauen, zu
reparieren und anschließend wieder einzubauen. In dieser Zeit kann der Lattenrost
beziehungsweise das Bett nicht eingesetzt werden. Die Befestigung des Antriebs im
Gehäuse ist darüber hinaus mit einer relativ aufwendigen Konstruktion und daher mit
hohen Herstellungskosten verbunden (vgl. Anlage PBP 1, Spalte 1, Z. 5 – 58).
27
Weiterhin offenbart die X einen Antrieb zum Verstellen von Rahmenteilen an
Kantenbetten, der ebenfalls fest und darüber hinaus unverschwenkbar am
Bettgestellrahmen angeordnet ist. Jedoch ist es auch bei dieser Konstruktion schwierig
und zeitraubend, den Antrieb am Krankenbett zu montieren und wieder zu lösen (vgl.
Anlage PBP 1, Spalte 1, Z. 60 – 66).
28
Das Verfügungspatent verfolgt deshalb die Aufgabe (das zu lösende technische
Problem), einen Antrieb für Lattenroste zu schaffen, der auf einfache und schnelle Weise
in ein vorhandenes Bett eingebaut und von diesem, zum Beispiel zu Reparaturzwecken,
gelöst werden kann.
29
Dies geschieht gemäß Patentanspruch 1 mit einer Kombination der folgenden
Merkmale:
30
(1) Antrieb für Lattenroste als Teile von Liegen oder Betten, mit schwenkbarem
Kopfteil, Mittelteil und schwenkbarem Fußteil.
31
(a) Der Kopfteil ist in den Längsholmen (3, 4) um eine Achse (11) durch
32
einen an den Seitenstäben (7, 8) gleitend eingreifbaren Bügel (10)
schwenkbar.
(i) Der Bügel ist mit einer in den Längsholmen (3, 4) gelagerten Welle
(9) drehfest verbunden.
33
(b) Der Fußteil ist durch eine Gelenkverbindung (20) mit einer in den
Längsholmen (3, 4) gelagerten zweiten Welle (21) drehfest verbunden.
34
(2) Jede der beiden Wellen (9, 21) trägt einen in Gebrauchslage des
Lattenrostes (1) abwärts ragenden Steuerhebel (40, 41) und ist drehfest mit
diesem verbunden.
35
(3) Die beiden Steuerhebel (40, 41) sind an je einem unabhängigen Antrieb
angelenkt.
36
(4) Die beiden Antriebe befinden sich in einem gemeinsamen Gehäuse (2).
37
(5) Das Gehäuse (2) ist unterhalb des festen Mittelteils des Lattenrostes (1)
zwischen den beiden Wellen (9, 21) angeordnet und an diesen lösbar befestigt.
38
(6) Jeder Antrieb umfasst
39
a. einen Elektromotor (38, 39) mit Getriebe,
b. eine jeweils mit diesem gekuppelte, in Längsrichtung des Gehäuses (2)
verlaufende Schubspindel (46, 53),
c. eine von dieser geführte Führungsmutter (44, 51) und
d. ein Schubstück, das fest mit einer zugehörigen Führungsmutter (44, 51) verbunden
ist.
40
41
(7) Die Elektromotoren (38, 39) mit Getriebe sind an den Seitenwänden (63, 64,
69, 70) des Gehäuses (2) angeordnet und die Führungsmuttern (44, 51) sind
verdrehungssicher und längsverschiebbar in dem Gehäuse geführt.
42
(8) Das Schubstück ist rechtwinklig so ausgebildet, dass
43
(a) dessen einer parallel zur Spindelachse verlaufender Halteschenkel (42,
49) [mit der Führungsmutter (44, 51)] verbunden ist und
44
(b) dessen anderer, senkrecht zur Spindelachse stehender Druckschenkel
(43, 59) das Ende des zugeordneten Steuerhebels (40, 41) lose
beaufschlagt, so dass
45
(i) in der Ausgangsstellung, in der Kopfteil und Fußteil des Lattenrostes
(1) infolge ihres Gewichts abgesenkt sind, das Ende des jeweiligen
46
Steuerhebels (40, 41) sich in geringstem Abstand von dem
zugeordneten Getriebe befindet und
(ii) in dieser Stellung an dem zugeordneten Druckschenkel (43, 50)
anliegt und
47
(iii) bei Drehung der Schubspindel (46, 53) der am Steuerhebel (40, 41)
anliegende Druckschenkel (43, 50) diesen vom Getriebe fort drückt, so
dass die mit dem Steuerhebel (40, 41) verbundene Welle (9, 21) gedreht
und der Fußteil bzw. Kopfteil angehoben wird.
48
III.
49
Die Antragstellerin hat das Bestehen eines Verfügungsanspruchs glaubhaft gemacht.
Sie hat gegen die Antragsgegnerin wegen wortsinngemäßer Verletzung des
Verfügungspatents einen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 139 Abs. 1, 9 S. 2 Nr. 1
PatG.
50
1.
51
Zwischen den Parteien steht mit Recht die wortsinngemäße Verwirklichung aller
Merkmale von Patentanspruch 1 des Verfügungspatents außer Streit. Die angegriffene
Ausführungsform besitzt einen Antrieb für Lattenroste als Teile von Liegen oder Betten,
welche mit einem schwenkbaren Kopfteil, einem Mittelteil und einem schwenkbaren
Fußteil ausgestattet sind. Der Kopfteil ist in den Längsholmen (3, 4) um eine Achse (11)
durch einen an Seitenstäben (7, 8) gleitend eingreifbaren Bügel (10) verschwenkbar,
welcher mit einer in den Längsholmen (3, 4) gelagerten Welle (9) drehfest verbunden ist.
Der Fußteil ist durch eine Gelenkverbindung (20) mit einer in den Längsholmen (3, 4)
gelagerten zweiten Welle (21) drehfest verbunden, wobei jede der beiden Wellen (9, 21)
einen in Gebrauchslage des Lattenrostes (1) abwärts ragenden Steuerhebel (40, 41)
trägt und drehfest mit diesem verbunden ist. Die beiden Steuerhebel (40, 41) sind an je
einem unabhängigen Antrieb angelenkt. Die beiden Antriebe befinden sich in einem
gemeinsamen Gehäuse (2), das unterhalb des festen Mittelteils des Lattenrostes (1)
zwischen den beiden Wellen (9, 21) angeordnet und an diesen lösbar befestigt ist. Jeder
Anrieb umfasst einen Elektromotor (38, 39) mit einem Getriebe, eine jeweils mit diesem
gekuppelte, in Längsrichtung des Gehäuses (2) verlaufende Schubspindel (46, 53), eine
von dieser geführte Führungsmutter (44, 51) und ein Schubstück, das fest mit einer
zugehörigen Führungsmutter verbunden ist (44, 51). Die Elektromotoren (38, 39) sind
mit dem Getriebe an den Seiten- bzw. Zwischenwänden (63, 64, 69, 70) des Gehäuses
(2) angeordnet. Weiterhin sind die Führungsmuttern (44, 51) verdrehungssicher und
längsverschiebbar im Gehäuse (2) geführt. Das Schubstück ist rechtwinklig so
ausgebildet, dass dessen einer parallel zur Spindelachse verlaufender Halteschenkel
(44, 51) verbunden und dessen anderer, senkrecht zur Spindelachse drehender
Druckschenkel (43, 50) das Ende des zugeordneten Steuerhebels (40, 41) lose
beaufschlagt, so dass in der Ausgangsstellung das Kopfteil und das Fußteil des
Lattenrostes (1) infolge ihres Gewichts abgesenkt sind, das Ende des jeweiligen
Steuerhebels (40, 41) sich in geringstem Abstand von dem zugeordneten Getriebe
befindet und in dieser Stellung an dem zugeordneten Druckschenkel (43, 50) anliegt
und bei Drehung der Schubspindel (46, 53) der am Steuerhebel (40, 41) anliegende
Druckschenkel (43, 50) diesen vom Getriebe fort drückt, so dass die mit dem
Steuerhebel (40, 41) verbundene Welle (9, 21) gedreht und der Fußteil bzw. Kopfteil
52
angehoben wird.
2.
53
Des Weiteren hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass die durch ihre
Tochtergesellschaft in den USA erworbene angegriffene Ausführungsform durch die
Antragsgegnerin in Deutschland sowohl hergestellt, als auch angeboten wurde.
54
a)
55
Die Antragstellerin hat zunächst eine Herstellung der angegriffenen Ausführungsform in
Deutschland glaubhaft gemacht.
56
(1)
57
Ausweislich Anlage 2 der als Anlage PBP 6 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung,
dort Bild 5, ist die angegriffene Ausführungsform mit einem auf die Antragsgegnerin
verweisenden Einnäher ausgestattet, welcher folgenden Inhalt aufweist:
58
x
59
Date of Manufacture:
60
10/2007”
61
Die Kammer verkennt nicht, dass die Antragsgegnerin insoweit vorträgt, die Einnäher
seien, als sie noch mit der Antragstellerin zusammengearbeitet habe, in großer
Stückzahl hergestellt worden. Die Antragsgegnerin habe am 29.03.2007 206 und am
31.07.2007 147 X-Motoren erhalten und danach im Ausland verbauen lassen. Auf dem
Einnäher sei ein Code angegeben, der sog. "X". Es handele sich um ein Erfordernis, um
das Produkt in den USA einführen zu können. Der Code bestätige, dass ein bestimmter
Flammenschutztest, der seit dem 01.07.2007 für Betten in den USA vorgeschrieben sei,
bestanden wurde. Da die Zertifizierung auf die Fa. X laute, die ihren Sitz in Deutschland
habe, seien die Etiketten entsprechend gestaltet und mit dem Datum "10/2007"
versehen worden. Die Etiketten seien nach dem Ende der Geschäftsbeziehung mit X
nicht aufgebraucht und deshalb von den Fertigungsstätten weiterbenutzt worden, da sie
erforderlich seien, um die Betten in den USA zu verkaufen.
62
Jedoch überzeugt dieses Vorbringen nicht. Wie der Prokurist der Antragsgegnerin, Herr
X, in der als Anlage AG 4 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ausführt, hat die
Antragsgegnerin auch die von der Antragstellerin erworbenen Motoren im Ausland
einbauen lassen. Insoweit legte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 20.08.2008 dar,
sie habe die mit den Motoren der Antragstellerin ausgestatteten Betten nicht in
Deutschland hergestellt, sondern nur von dort aus angeboten. Somit hat die
Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt Betten in Deutschland produziert. Dies hat Herr X
in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich bestätigt. Es
erscheint somit nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Etiketten die Betten als
"Made in Germany" ausweisen. Im Übrigen steht dieses Vorbringen im Widerspruch zu
der als Anlage AG 2 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung von Frau X, der
Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH der Antragsgegnerin. Diese führt aus, die
Antragsgegnerin habe früher Betten mit Motoren der Antragstellerin ausgestattet und die
63
mit den Motoren der Antragstellerin ausgestatteten Betten in die USA geliefert. Des
Weiteren hat die Antragsgegnerin auch nicht substantiiert dargelegt, warum die
entsprechenden Etiketten durch die Fertigungsstätten weiterbenutzt wurden. Einer
solchen Klarstellung hätte es um so mehr bedurft, als auf den Etiketten ausdrücklich das
Datum "10/2007" aufgedruckt ist. Das Herstellungsdatum stellt nach der durch die
Antragstellerin im Termin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihres
Patentanwaltes von Rohr nebst der zugehörigen Anlagen auch eine zwingende Angabe
auf den Brandschutzlabels dar, so dass die Antragsgegnerin bereits aus diesem Grund
gezwungen war, ihre Einnäher regelmäßig zu aktualisieren.
(2)
64
Darüber hinaus weist auch das Gehäuse des Antriebes ausweislich des Bildes 9 der
Anlage 2 der als Anlage PBP 6 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ein auf die
Antragsgegnerin verweisendes Typenschild mit dem Hinweis "Made in Germany" auf.
Die Herkunft dieses Schildes hat die Antragsgegnerin nicht hinreichend erläutert. Sie
führt insoweit mit Schriftsatz vom 11.08.2008 lediglich aus, die Antragstellerin habe ihre
Motoren früher selbst mit "Made in Germany" gekennzeichnet. Der Antragsgegnerin
lägen noch einige dieser Motoren vor. Die weiteren Ausführungen der Antragsgegnerin
beziehen sich demgegenüber ausschließlich auf die in Bild 5 der als Anlage 2 zu der
als Anlage PBP 6 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ersichtlichen Einnäher.
65
(3)
66
Schließlich findet sich in dem als Anlage PBP 22 vorgelegten Auszug aus einem
Benutzerhandbuch der X, welcher unstreitig der angegriffenen Ausführungsform
beigefügt war, der ausdrückliche Hinweis:
67
"Our bed is a 100% German product. All our motors, massage and BetterRest Metal
bed construction are produced under the highest quality standards.”
68
Soweit sich die Antragsgegnerin insoweit darauf beruft, dieser Hinweis sei dahingehend
unrichtig, dass es heißen müsse: "Our bed is 100% designed in Germany.", lässt sich
auch dies mit ihrem sonstigen Vorbringen, insbesondere in der mündlichen
Verhandlung, nicht vereinbaren. Dort berief sich der Prokurist der Antragsgegnerin
entsprechend der als Anlage AG 4 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung darauf,
bei dem Büro in X handele es sich um ein kleines Büro in Deutschland, welches
eingerichtet worden sei, um die Möglichkeiten einer Produktion in Deutschland zu
prüfen. Mit der Verschlechterung des Dollarkurses habe man jedoch erkannt, dass sich
eine solche Produktion nicht lohne und deshalb von dieser Abstand genommen. Dass
die Antragsgegnerin demgegenüber ihre Betten in Deutschland tatsächlich "designed"
und damit entworfen hat, ist dem übrigen Vortrag der Antragsgegnerin nicht zu
entnehmen.
69
(4)
70
Somit hat die Antragstellerin zahlreiche Umstände vorgetragen und glaubhaft gemacht,
welche die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland als
überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen (§ 294 ZPO). Mithin hätte es nunmehr
der Antragsgegnerin oblegen, substantiiert darzustellen, wo sie tatsächlich die
angegriffene Ausführungsform herstellt, wie diese in die USA gelangt und aus welchen
71
Gründen diese – soweit sie nicht in Deutschland hergestellt wird – gleichwohl auf eine
Herstellung durch die Antragsgegnerin in Deutschland deutende Kennzeichnungen
aufweist. Zwar hat im Verletzungsprozess der Antragsteller die Darlegungs- und
Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen. Jedoch war von der
Antragstellerin weiterer Vortrag zu einer Herstellung der angegriffenen Ausführungsform
in Deutschland nach den auch im Prozessrecht geltenden Grundsätzen von Treu und
Glauben nicht zu verlangen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich unter
bestimmten Voraussetzungen bei Beachtung dieser Grundsätze eine Verpflichtung der
nicht beweisbelasteten Partei ergeben kann, dem Gegner gewisse Informationen zur
Erleichterung seiner Beweisführung zu bieten, wozu namentlich die Spezifizierung von
Tatsachen gehören kann, wenn und soweit diese der mit der Beweisführung belasteten
Partei nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während
ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne Weiteres möglich als auch zumutbar
erscheint. Diese Grundsätze finden auch im Patentverletzungsverfahren Anwendung
(vgl. BGH GRUR 2004, 268, 269 – Blasenfreie Gummibahn).
Jedenfalls danach ist es der Antragsstellerin nicht zuzumuten, den Vortrag der
Antragsgegnerin, sie produziere nicht in Deutschland und lasse auch nicht in
Deutschland produzieren, zu widerlegen. Die Antragstellerin hat anhand zahlreicher
Indizien glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin die angegriffene
Ausführungsform in Deutschland herstellt oder zumindest in Deutschland herstellen
lässt. Der Antragsgegnerin, welche die Hersteller der angegriffenen Ausführungsform
sowie die Transportwege derselben kennt, ist es ohne Weiteres möglich, die
entsprechenden Informationen anzugeben. Somit hätte es dieser nach Treu und
Glauben im Wege der sekundären Darlegungslast oblegen, substantiiert vorzutragen,
warum die angegriffene Ausführungsform trotz der durch die Antragstellerin glaubhaft
gemachten Indizien gleichwohl nicht in Deutschland hergestellt wird. Dem ist die
Antragsgegnerin jedoch – wie bereits dargelegt – nicht nachgekommen.
72
b)
73
Im Übrigen hat die Antragsgegnerin die angegriffene Ausführungsform zumindest von
Deutschland aus angeboten.
74
Grundsätzlich ist der Begriff des Anbietens im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG rein im
wirtschaftlichen Sinne zu verstehen (BGH GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für
optische Geräte). Dies folgt aus dem Zweck dieser Vorschrift, dem Inhaber des
Schutzrechts einerseits alle wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich aus der
Benutzung der Erfindung ergeben können, und ihm andererseits effektiven Rechtschutz
zu gewähren. Deshalb umfasst der Tatbestand des Anbietens nicht nur ein Angebot im
Sinne von § 145 BGB. Einbezogen sind vielmehr auch vorbereitende Handlungen, die
den Abschluss eines späteren Geschäfts über den geschützten Gegenstand
ermöglichen oder fördern sollen (BGH GRUR 2005, 665, 666 – Radschützer). Der
Sachverhalt ist somit dahin zu würdigen, ob wirtschaftlich eine Tangierung der
Vorzugsstellung des Schutzrechtsinhabers droht (Schricker, Anbieten als
Verletzungstatbestand im Patent- und Urheberrecht, GRUR-Int. 2004, 786). In diesem
Sinne wurde in der Rechtsprechung auch das Maklerangebot als selbstständige
Verwirklichung des Tatbestandes des Anbietens gewertet (OLG Hamburg GRUR-Int.
1999, 67, 68 f. – Enroflaxacin). Auch dort ist eine erhebliche Gefährdung des
Schutzrechtsinhabers zu bejahen. Wer als Makler zu gewerblichen Zwecken
Bezugsquellen nachweist, Anfragen entgegennimmt und dem Lieferanten zuleitet sowie
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den Vertragsschluss vermittelt, und sei es auch nur als Bote, tätigt wesentliche
Handlungen der Vertragsanbahnung. Dass der Makler selbst nicht Vertragspartner des
Kaufgeschäfts werden soll, spielt für das Anbieten im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG
keine Rolle, denn es handelt sich dabei um eine selbstständige Verletzungsform, die
insbesondere vom Inverkehrbringen unabhängig ist. Es kommt deshalb nicht darauf an,
wer die Ware liefert. Auch wer lediglich als Vertreter eines Dritten anbietet, handelt
patentverletzend. Damit wird der Grundsatz bekräftigt, dass das Anbieten unabhängig
von der Lieferung zu sehen ist. In diese Richtung deutet auch, dass nach ganz
herrschender Meinung bereits das Anbieten eines noch gar nicht produzierten
Erzeugnisses ein relevantes Feilhalten oder Anbieten darstellt (vgl. Schricker, a. a. O.,
S. 789).
Es kann dahinstehen, ob der bloße Hinweis an einen (potentiellen) Erwerber, er könne
die angegriffene Ausführungsform von einem Unternehmen im Ausland erwerben,
bereits den Tatbestand des Anbietens verwirklicht. Jedenfalls ist dies dann der Fall,
wenn der in Deutschland Sitzende, die Erwerbsmöglichkeit Offenbarende bereits zuvor
mit dem Patentinhaber in einer Geschäftsbeziehung stand und entsprechende
Bestellungen eines bisherigen Abnehmers nach Beendigung der Geschäftsbeziehung
mit dem Patentinhaber nunmehr an ein anderes Unternehmen mit Sitz außerhalb des
Geltungsbereichs des Patents verweist. In diesem Fall hat der die Erwerbsmöglichkeit
Offenbarende von Deutschland aus einen wesentlichen Beitrag zum Erwerb der
angegriffenen Ausführungsform geleistet, indem er die Vertragspartner
zusammengebracht und den Abschluss des Kaufvertrages ermöglicht hat. Zumindest
dann, wenn zuvor eine geschäftliche Beziehung des die Erwerbsmöglichkeit
Offenbarenden mit dem Patentinhaber im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform
bestand, welche nunmehr vor Mitteilung der Erwerbsmöglichkeit beendet wurde, stellt
die Übermittlung der Informationen über eine entsprechende Erwerbsmöglichkeit eine
wirtschaftliche Gefährdung des Patentinhabers dar, die ohne Weiteres mit den durch die
Rechtsprechung entschiedenen Fällen, in denen die Tätigkeit des Anbietenden über
eine bloße Maklertätigkeit nicht hinausgeht, vergleichbar ist.
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So liegt der Fall hier. Die Parteien standen zunächst in einer Geschäftsbeziehung, im
Rahmen derer die Antragsstellerin der Antragsgegnerin eine nicht unerhebliche Zahl
von Motoren lieferte, welche der durch Anspruch 1 des Verfügungspatents
beanspruchten Lehre entsprechen. Diese Motoren verbaute die Antragsgegnerin in den
durch sie hergestellten Betten und lieferte diese über die X . in den USA aus. Nachdem
die Antragsgegnerin die Geschäftsbeziehung mit der Antragstellerin als Patentinhaberin
beendet hatte, verwies sie die X ausweislich der als Anlage AG 2 vorgelegten
eidesstattlichen Versicherung von Frau X an eine andere Gesellschaft, die ihren Sitz
außerhalb der Eurozone und damit außerhalb des territorialen Geltungsbereichs des
Verfügungspatents hatte. Die Beklagte selbst hatte zu diesem Zeitpunkt ihren Sitz
weiterhin in Deutschland und mithin im Geltungsbereich des Verfügungspatents. Damit
hat die Beklagte nach Beendigung der Geschäftsbeziehung zu der Antragstellerin als
Patentinhaberin durch die Übermittlung der Informationen für eine entsprechende
Erwerbsmöglichkeit der angegriffenen Ausführungsform von im patentfreien Ausland
agierenden Dritten eine solche wirtschaftliche Gefährdung der Antragstellerin als
Patentinhaberin herbeigeführt, die ohne Weiteres mit den durch die Rechtsprechung
entschiedenen Fällen, in denen die Tätigkeit des Anbietenden über eine bloße
Maklertätigkeit nicht hinausgeht, vergleichbar ist.
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Dem steht nicht entgegen, dass die X nach der als Anlage AG 2 vorgelegten
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eidesstattlichen Versicherung an die Antragstellerin herangetreten ist. Grundsätzlich
kommt es nicht darauf an, ob der Anbietende die Herstellung und Lieferung des
angebotenen Gegenstandes in der patentverletzenden Form von sich aus anbietet und
dafür wirbt oder ob er sich erst auf Wunsch eines Interessenten zu der Herstellung und
Lieferung des Gegenstandes in der patentverletzenden Form bereit erklärt. Auch im
letzteren Fall liegt ein patentverletzendes Angebot des Anbietenden vor, so dass auch
damit der Tatbestand der Patentverletzung durch Feilhalten erfüllt ist (vgl. BGH GRUR
1960, 423, 426 – Kreuzbodenventilsäcke).
IV.
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Die Antragstellerin kann den ihr zustehenden Unterlassungsanspruch im Wege des
einstweiligen Verfügungsverfahrens geltend machen. Die Regelung ist dringlich. Das
vorläufige Verbot der Herstellung und des Vertriebs (und der darauf zielenden
Vorbereitungshandlungen) der angegriffenen Ausführungsform erscheint zur
Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin nötig (§§ 935, 940 ZPO). Bei
der hierzu vorzunehmenden Abwägung der sich gegen-überstehenden Interessen
haben diejenigen der Antragstellerin als verletzter Schutzrechtsinhaberin den Vorrang
gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin, die Herstellung und den Vertrieb der
angegriffenen Ausführungsform bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren
fortsetzen zu können.
80
1.
81
Die Antragstellerin hat durch ihr vorgerichtliches Verhalten nicht zu erkennen gegeben,
auf eine vorläufige Regelung nicht angewiesen zu sein. Sie hat die Stellung des
Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht unangemessen hinausgezögert.
Die Dringlichkeit ist dann zu verneinen, wenn der Verletzte ohne einleuchtenden Grund
mit dem Vorgehen gegen die Patentverletzung längere Zeit zugewartet hat (vgl.
Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Auflage, § 139 Rz. 153 c). Sobald der Antragsteller
Kenntnis des mutmaßlich patentverletzenden Erzeugnisses erlangt hat, ist es seine
Pflicht, anhand des ihm vorliegenden Produkts den Verletzungstatbestand aufzuklären,
genauso wie es seine Obliegenheit ist zu klären, welche Schutzrechte bei der
gegebenen Ausgestaltung verletzt sein können (vgl. Kühnen/Geschke, Die
Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Auflage, Rz. 676).
82
Diesen Anforderungen hat die Antragstellerin durch ihr Verhalten entsprochen. Die
Antragstellerin hat am 25.06.2008, nachdem sie die Verletzungsform von ihrer
amerikanischen Tochtergesellschaft erhalten hat, diese selbst überprüft und zur
weiteren Prüfung an die mitwirkenden Patentanwälte übergeben. Nachdem die
Antragstellerin Ende Juni 2008 Kenntnis von der Verletzung des Verfügungspatents
erlangt hatte, hat sie die Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schreiben vom 18.07.2008
abgemahnt. Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 24.07.2008 die Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt, woraufhin die Antragstellerin
unmittelbar einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt hat.
83
3.
84
Angesichts der glaubhaft gemachten Verletzung des Verfügungspatents sowie des
unstreitig hinreichend gesicherten Rechtsbestandes streitet im Rahmen der
vorzunehmenden Interessenabwägung für den Erlass einer einstweiligen Regelung der
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Umstand, dass die Antragsgegnerin die angegriffene Ausführungsform unstreitig 30
Prozent günstiger als die Antragstellerin anbietet und damit kurz vor Ablauf des
Verfügungspatents die Lieferbeziehungen der Antragstellerin erheblich beeinträchtigt.
Dadurch verursacht die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin fortlaufend einen sich
vergrößernden Schaden, der nicht umkehrbar ist, wenn die Antragsgegnerin durch ihre
Verletzungshandlung erst einmal eine Position am Markt etabliert hat. Dies gilt um so
mehr, als dass der Markt für Doppelantriebe vorrangig zwischen drei Wettbewerbern
aufgeteilt ist, wobei die Antragstellerin derzeit Marktführerin ist. Schließlich ist der Erlass
einer einstweiligen Verfügung auch aufgrund der kurzen Restlaufzeit des
Verfügungspatents geboten, da andernfalls ein effektiver Rechtschutz im Hinblick auf
die Verfahrensdauer eines Hauptsacheverfahrens nicht gewährleistet werden könnte.
V.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.
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Eines Ausspruchs der vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es aufgrund des
Eilcharakters des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht.
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Der Streitwert wird auf 150.000,- EUR festgesetzt.
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