Urteil des LG Düsseldorf vom 13.08.2008
LG Düsseldorf: einstweilige verfügung, ablauf der frist, auflage, vollziehung, zustellung, vollstreckung, form, trennung, bedürfnis, vollstreckbarkeit
Landgericht Düsseldorf, 12 O 512/07
Datum:
13.08.2008
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 512/07
Tenor:
für R e c h t erkannt:
1.
Das Urteil vom 14. November 2007 der Kammer wird einschließlich des
Kostenaus-spruchs aufgehoben.
2.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfügungsverfahrens
einschließlich der des Aufhebungsverfahrens zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Antragsteller können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des aus diesem Urteil beizutreibenden Betrags
abwenden, wenn nicht zuvor die An-tragsgegner Sicherheit in dieser
Höhe leisten.
Tatbestand:
1
Mit Urteil vom 14.11.2007 hat die Kammer nach mündlicher Verhandlung gegen die
Antragsgegner eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung verschiedener
Äußerungen erlassen; hinsichtlich einiger von den Antragstellern beanstandeter
Äußerungen ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen
worden.
2
Das Urteil wurde den Antragsgegnern von Amts wegen zugestellt; eine Parteizustellung
erfolgte nicht.
3
Die Antragsgegner sind der Auffassung, die einstweilige Verfügung sei wegen
unterlassener Vollziehung aufzuheben, und beantragen,
4
die durch Urteil des Landgerichts vom 14.11.2007 erlassene einstweilige Ver-
5
fügung einschließlich des Kostenausspruchs aufzuheben.
6
Die Antragsteller beantragen,
7
den Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
8
Die Antragsteller sind der Auffassung, auf den Nachweis der Zustellung im Parteibetrieb
komme es im vorliegenden Fall nicht an, da es zumindest dann zur wirksamen
Vollziehung einer durch Urteil ergangenen einstweiligen Verfügung einer Zustellung im
Parteibetrieb nicht bedürfe, wenn sich die Verfügung ausschließlich zu zukünftig zu
beachtenden Unterlassungshandlungen verhalte.
9
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
10
Entscheidungsgründe:
11
Der Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung ist gerechtfertigt.
12
Die Vollziehbarkeit der einstweiligen Verfügung ist wegen des Ablaufs der in § 929 Abs.
2 ZPO bezeichneten Frist entfallen, §§ 936, 927, 929 Abs. 2 ZPO. Der Ablauf der Frist
des § 929 Abs. 2 ZPO zählt zu den "veränderten Umständen" im Sinne des § 927 ZPO
(vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Auflage, § 927 ZPO, Randnr. 6). Das Gericht
schließt sich der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur an, die die
Vollziehbarkeit auch einer Urteilsverfügung bejaht und zu diesem Zweck die Zustellung
der Urteilsverfügung im Parteibetrieb für erforderlich hält (vgl. Gloy/Loschelder,
Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Auflage, § 95 Randziffer 7 m.w.N.; Teplitzky,
wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Auflage, 55. Kapitel, Randnr. 42).
Sinn der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO ist, dass der Antragsteller gezwungen
werden soll, sich möglichst umgehend darüber schlüssig zu werden, ob er von der
einstweiligen Verfügung Gebrauch machen wolle oder nicht, und zu verhindern, dass
der Schuldner noch nach längerer Zeit mit einer Vollstreckung überrascht wird, obwohl
die Verhältnisse sich inzwischen geändert haben können. Allerdings stellt die
Parteizustellung nicht die einzige denkbare Form der Vollziehung, d.h. des
"Gebrauchmachens des Titels durch den Gläubiger" dar. Hierfür genügt jedoch nicht
jedwede den Vollziehungswillen erkennbar machende Handlung des Gläubigers;
vielmehr muss es sich um entsprechende Maßnahmen des Gläubigers handeln, die
hinreichend formalisiert sind, um sie der Parteizustellung jedenfalls vergleichbar
erscheinen zu lassen (z.B. Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen oder eine vom
Schuldner vereitelte und deshalb unwirksame Vollziehungsmaßnahme; vgl. Teplitzky,
a.a.O.). Die Antragsteller haben indes auch nicht auf eine der Parteizustellung
vergleichbar erscheinende Weise von dem Titel innerhalb der Vollziehungsfrist
"Gebrauch gemacht".
13
Die Kosten des gesamten Verfügungsverfahrens sind den Antragstellern aufzuerlegen,
§ 91 Abs. 1 ZPO. Ist eine einstweilige Verfügung wegen Versäumung der
Vollziehungsfrist aufzuheben, erscheint eine Trennung der Kosten des
Anordnungsverfahrens und der des Aufhebungsverfahrens nicht gerechtfertigt. Macht
der Gläubiger von der erwirkten einstweiligen Verfügung nicht innerhalb der gesetzlich
vorgesehenen Frist Gebrauch, muss er sich so behandeln lassen, als sei von vornherein
ein Bedürfnis für diese Maßnahme nicht vorhanden gewesen. Der Gläubiger hat in
diesem Falle zu erkennen geben, dass er auf die einstweilige Verfügung nicht
angewiesen war (vgl. OLG Hamm NJW-RR 90, 1214).
14
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf den §§ 708
Nr. 6 und 711 Satz 1 ZPO.
15