Urteil des LG Düsseldorf vom 03.12.1999

LG Düsseldorf: grobes verschulden, beratung, umwandlung, steuerberater, gespräch, werbung, warnung, abrede, erfahrung, mindestkapital

Landgericht Düsseldorf, 45 StL 12/97
Datum:
03.12.1999
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
45 StL 12/97
Tenor:
Gegen den Berufsangehörigen wird wegen Berufspflichtverletzung eine
Warnung ausgesprochen .
Der Berufsangehörige trägt die Kosten des Verfahrens und seine
notwendigen Auslagen.
Angewandte Vorschriften:
§§ 57 Abs. 1 und Abs. 2, 89, 90 StBerG
Gründe
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I.
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Der Berufsangehörige wurde am 3. November 1957 in E geboren und absolvierte nach
Ablegung der Reifeprüfung in der Zeit von 1976 bis 1980 ein
wirtschaftwissenschaftliches Studium an der S-Universität in C, das er als Diplom-
Ökonom abschloß.
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Von November 1980 bis Juli 1982 war er sodann als wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Betriebswirtschaftlichen Institut der Eisenhütten-Industrie in E2 beschäftigt. Daran
schloß sich ab September 1982 eine Tätigkeit bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Q
GmbH in E2 an.
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Im April 1984 beantragte der Berufsangehörige erstmals die Zulassung zur Prüfung als
Steuerberater und wurde schließlich nach am 27. März 1987 bestandener Prüfung am
selben Tage durch die Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen als
Steuerberater bestellt.
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Seit 1990 betreibt der Berufsangehörige eine eigene Praxis in E. Der Berufsangehörige
ist weder berufsrechtlich oder strafrechtlich in Erscheinung getreten.
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II
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Die noch in der Anschuldigungsschrift vom 13. Oktober 1997 enthaltenen zahlreichen
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Vorwürfen wegen unzulässiger Werbung sind in der Hauptverhandlung mit Zustimmung
des Berufsangehörigen und der Generalstaatsanwaltschaft auf den Vorwurf zu 1. c) der
Anschuldigungsschrift beschränkt worden. Die Hauptverhandlung hat insoweit zu
folgenden Feststellungen geführt:
In den Ausgaben April und Mai 1996 warb der Berufsangehörige in der Zeitschrift "IHK-
Nachrichten" sowie in den Ausgaben Oktober und November der Zeitschrift der IHK E2
"Unsere Wirtschaft" mit dem fettgedruckten Slogan: "Kleine AG anstatt einer GmbH". Er
bot Hinweise zur Gründung einer Aktiengesellschaft statt Beibehaltung der
Unternehmensform GmbH an, auch als Alternative für die Unternehmensnachfolge. Im
Internet erfolgten dann auch nähere Angaben zum Umfang der Prüfungspflicht bei
Kapitalgesellschaften und zur Umwandlung einer GmbH in eine kleine AG. Dabei wurde
der Wirtschaftsprüfer als idealer Unternehmensberater herausgestellt. Abschließend
wurden weitere Informationen auf Nachfrage angeboten. Jedenfalls in einem Fall bot der
Berufsangehörige einem Interessenten per e-mail am 03.02.1997 eine kostenlose
Erstberatung im Büro des Berufsangehörigen zur Frage der Umwandlung einer GmbH
in eine kleine AG an. Der Berufsangehörige teilte dabei weiter mit, daß für ein solches
Gespräch nach seiner Erfahrung drei Stunden veranschlagt werden sollten, um ein
solches Gespräch effektiv zu gestalten.
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III.
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Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassung des Berufsangehörigen. Er hat
den Inhalt der Anzeigen, den Text der Internetseiten und der e-mail nicht in Abrede
gestellt. Bezüglich der e-mail hat er sich dazu eingelassen, diese sei versehentlich in
einem Einzelfall so abgesandt worden.
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Der Berufsangehörige hat sich weiter dahin eingelassen, grundsätzlich müsse er mit
den Interessenten bezüglich der Umwandlung einer GmbH in eine kleine AG ein
Vorgespräch führen, um die gesetzlichen Voraussetzungen zu klären. Dazu sei es
erforderlich, daß Mindestkapital, die Verlustvorträge und die Vorräte zu prüfen. Neun
von zehn. Anfragen seien aussichtslos, oftmals wegen Überschuldung.
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IV.
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Der Berufsangehörige hat durch das Angebot einer kostenlosen dreistündigen
Erstberatung gegen seine Berufspflichten verletzt. Denn eine, solche Beratung darf nicht
kostenfrei erfolgen, sondern muß entsprechend der Steuerberatergebührenverordnung
abgerechnet und honoriert werden. Da bei dieser Beratung auch die Unterlagen des
Interessenten geprüft und im einzelnen mit dem Interessenten besprochen werden
müssen, liegt auch eine konkludente Auftragserteilung für eine solche Prüfung durch
den Interessenten vor. Durch diese Beratung erhält der Interessent einen Überblick über
die Vermögenssituation seiner Gesellschaft. Eine derartige umfangreiche Beratung
hätte daher durch den Berufsangehörigen keinesfalls kostenlos angeboten werden
dürfen.
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Damit liegt ein berufswidriges Verhalten im Sinne des § 57 Abs. 1 und Abs. 2
Steuerberatergesetz vor. Denn durch das Angebot zu einer kostenlosen, dreistündigen
Beratung hat der Berufsangehörige die Pflicht zur gewissenhafter Berufsausübung
verletzt. Es liegt ein grobes Verschulden gegen diese Pflichten vor, da dem
Berufsangehörigen hätte bewußt sein müssen, daß derartige Beratungen nicht
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kostenfrei erbracht werden dürfen.
Weiterhin hat der Berufsangehörige dadurch gegen § 57 a Steuerberatergesetz
verstoßen, in dem er eine unzulässige Werbung ausgebracht hat. Denn durch das
Angebot einer kostenfreien dreistündigen Beratung hat er gleichzeitig den Anreiz zu
einer weiteren Mandatserteilung gegeben.
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Gleichzeitig hat der Berufsangehörige dadurch das Ansehen des Berufsstands
geschädigt, da die Verstöße dem Interessenten und damit einem außenstehenden
Dritten bekannt geworden sind, der sie auch der Steuerberaterkammer mitgeteilt hat.
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IV.
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Bei der Wahl der berufsgerichtlichen Maßnahme war zu. berücksichtigen, daß der
Berufsangehörige den Sachverhalt eingeräumt hat. Er hat zuletzt auch eingesehen, daß
in seiner Handlungsweise ein Verstoß gegen Berufspflichten lag. Da nur ein einzelner
Verstoß festgestellt werden konnte und aus dem Verhalten des Berufsangehörigen in
der Hauptverhandlung geschlossen werden kann, daß derartige Verstöße in der Zukunft
ausgeschlossen sind, hielt die Kammer die mildeste berufsrechtliche Maßnahme, die
Warnung, für ausreichend, um den Berufsangehörigen an die Einhaltung der
Berufspflichten zu erinnern.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 148 Steuerberatergesetz.
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