Urteil des LG Düsseldorf vom 03.04.2008

LG Düsseldorf: abtretung, inhaber, rechtshängigkeit, geschäftsführer, firma, anleger, verwaltung, finanzen, verurteilter, anwaltskosten

Landgericht Düsseldorf, 3 O 269/07
Datum:
03.04.2008
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richter am Landgericht Meurer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 269/07
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger
20.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Ba-
siszinssatz seit dem 15.11.2007 Zug um Zug gegen Abtretung der
Forderung gegen den Insolvenzverwalter aus der Anmeldung zur In-
solvenztabelle zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger
1253,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Ba-
siszinssatz seit dem 15.11.2007 zu zahlen.
Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechts-
streits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizu-
treibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Kläger erwarben im Dezember 2004 und im Juli 2006 von der XXXXX
ausgegebene Inhaber-Teilschuldverschreibungen in Höhe von jeweils 10.000 €. Die
GmbH stellte am 2.2.2007 bei dem Amtsgericht Düsseldorf Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens. Die Beklagte war Geschäftsführerin der GmbH, der Beklagte – ihr
Lebensgefährte – war ebenfalls für die Gesellschaft tätig. Dieser war im Jahr 2001 durch
einen Strafbefehl wegen Betreibens illegaler Bankgeschäfte zu einer Freiheitsstrafe von
einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt worden.
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Nach dem Bericht des Insolvenzverwalters waren die von der GmbH erworbenen
Immobilien selbst bei vollständiger Zahlung der Hausgelder nicht kostendeckend zu
betreiben, da es sich im Wesentlichen um kleine Eigentumswohnungen in schlechter
Lage gehandelt habe.
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Die Kläger behaupten: Die Beklagte sei als Strohfrau für den Beklagten aufgetreten, der
eigentlich die Geschicke der GmbH bestimmt habe. Sie beziehen sich insbesondere auf
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den Bericht des Insolvenzverwalters und werfen den Beklagten vor, sie betrogen zu
haben.
Die Kläger beantragen,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 20.000 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Abtretung der Forderung gegen den
Insolvenzverwalter aus der Anmeldung zur Insolvenztabelle zu zahlen,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger vorgerichtliche
Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1253,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behaupten: Der Beklagte sei nur als Projektleiter für das Geschäft in Dubai für die
GmbH tätig geworden, was in etwa einem Abteilungsleiter entspreche. Er sei kein
Entscheidungsträger gewesen, was beispielhaft dadurch belegt werde, dass keine von
dem Beklagten unterschriebene Verträge, Bankdokumente pp. existierten. Die
Darlegung der Kläger reiche nicht aus, eine faktische Geschäftsführerstellung des
Beklagten annehmen zu können.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet. Die Kläger können von den Beklagten jedenfalls nach § 826
BGB Ersatz des ihnen entstandenen Schadens, Zug um Zug gegen Abtretung des noch
zur Insolvenztabelle gegebenenfalls festzustellenden Anspruchs, verlangen. Nach den
Darlegungen der Parteien lässt sich zur Überzeugung des Gerichts feststellen, dass die
Beklagten das Vermögen der Kläger vorsätzlich in sittenwidriger Weise geschädigt
haben. Die Kläger haben unstreitig Inhaber-Teilschuldverschreibungen für 20.000 €
erworben; der gegen diese bestehende Rückzahlungsanspruch ist im Hinblick auf die
zwischenzeitlich eingetretene Insolvenz zumindest annähernd wertlos geworden. Steht
damit ein Vermögensschaden der Kläger fest, so kann weiter festgestellt werden, dass
die Beklagten diesen zumindest bedingt vorsätzlich in sittenwidriger Weise
herbeigeführt haben.
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Der Beklagte war der Hintermann, der die Geschicke der GmbH ohne offizielle Position
bestimmt hat. Das Gericht hat die Beklagten im Verhandlungstermin vom 21.2.2008
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es das dahingehende Bestreiten der Beklagten
für nicht ausreichend hält; daran hat sich auch im Hinblick auf den Inhalt des
nachgelassenen Schriftsatzes vom 6.3.2008 nichts geändert. Dass der Beklagte darauf
verweist, keine Verträge oder "Bankdokumente" unterzeichnet zu haben, stellt insoweit
kein Indiz dar, weil das für einen Hintermann oder faktischen Geschäftsführer geradezu
typisch ist. Die Kläger haben Auszüge aus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte
und dem Bericht des Insolvenzverwalters vorgelegt, deren inhaltlicher Richtigkeit die
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Beklagten nicht in ausreichender Weise entgegen getreten sind. Danach war es der
Beklagte selbst, der ausweislich der Anlage K5 "nach Belehrung" mitteilte, er sei
"Verantwortlicher der First Real Estate". Das stimmt überein mit der als Anlage K4
vorliegenden Kopie einer Aussage des Herrn Jakobs, Bl.1138 der Ermittlungsakte.
Danach war der Beklagte "eigentlich der Oberste der Firma", der "auch für die Finanzen
zuständig" war und "den Bereich Personal und Verwaltung nur an Frau Müller delegiert"
hatte. Das zeigt, dass der Beklagte derjenige war, der bei der First Real Estate GmbH
wie ein Geschäftsführer aufgetreten ist. Dem sind die Beklagten nicht hinreichend
entgegengetreten. Zu der inhaltlichen Richtigkeit der vorliegenden Anlagen und den
darin enthaltenen Bekundungen haben sie keine Erklärungen abgegeben.
Mithin haben die Beklagten dadurch, dass die Beklagte als Geschäftsführerin
eingetragen war, tatsächlich aber der Beklagte die Geschäfte der Firma führte, die
Anleger und damit die Kläger darüber getäuscht, dass ein wegen Betreibens illegaler
Bankgeschäfte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr Verurteilter maßgeblich für das
Gelingen oder Misslingen der Anlagegeschäfte verantwortlich war. Bereits das stellt sich
nach der Auffassung des Gerichts als sittenwidrig dar. Hinzu kommt, dass nach den
Feststellungen des Insolvenzverwalters die Gemeinschuldnerin realistisch keine
Gewinne erzielen konnte, um damit die Inhaber-Teilschuldverschreibungen
zurückzahlen zu können. Die erworbenen Immobilien waren danach selbst bei
vollständiger Zahlung der Hausgelder nicht kostendeckend zu betreiben (Bl.37 GA).
Angesichts monatlicher (!) Personalkosten von 200.000 € und weiterer monatlicher
Fixkosten von 180.000 € hätte die Gemeinschuldnerin den Überschuss nach Kosten im
Jahre 2006 mit einem nicht erzielbaren Ergebnis von 265 % anlegen müssen, um das
Renditeziel von durchschnittlich 9 % erreichen zu können (Bl.38 GA). Dem sind die
Beklagten nicht entgegen getreten. Das reicht nach der Auffassung des Gerichts aus,
um annehmen zu können, dass die Beklagten die Schädigung des Vermögens der
Anleger und damit der Kläger zumindest billigend in Kauf genommen haben.
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Das seitens der Beklagten vorgelegte Plausibilitätsgutachten vermag nach der
Auffassung des Gerichts eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Es beruht –
im Unterschied zu den Feststellungen des Insolvenzverwalters – auf den ungeprüften
Angaben der Auftraggeber. Ausdrücklich ist in der Einleitung, dort Ziffer 1.1, ausgeführt:
"Eine Prüfung des Zahlenswerks des Unternehmens war damit nicht verbunden.
Dementsprechend ist dieser Bericht nicht für andere Zwecke oder Personen
anzuwenden. ... Als Auskunftspersonen standen uns
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX zur
Verfügung". Mithin erscheinen die Ausführungen des Berichts vom 28.4.2006 nicht
geeignet, die vorstehend dargestellten Feststellungen des Insolvenzverwalters zu
entkräften.
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Der Zinsanspruch der Kläger folgt aus §§ 288, 291 BGB, der Anspruch auf Erstattung
der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus §§ 286, 280 BGB.
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Das Vorbringen der Parteien in den Schriftsätzen vom 6.3.2008 und "30.1.2008"
rechtfertigt keine andere Entscheidung und auch kein Vorgehen nach § 156 ZPO.
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Die Nebenentscheidungen des Urteils folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
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Der Streitwert wird auf 20.000 € festgesetzt.
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