Urteil des LG Düsseldorf vom 23.06.2006

LG Düsseldorf: darlehensvertrag, urkunde, treu und glauben, zwangsvollstreckung, schlüssiges verhalten, vollmacht, eigentümer, erwerb, genehmigung, kaufpreis

Landgericht Düsseldorf, 6 O 71/05
Datum:
23.06.2006
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 O 71/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger wendet sich aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau gegen
eine von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung.
2
Eine X bestellte mit notarieller Urkunde des Notars X vom 26.02.1991 (UR-Nr.: X) auf
ihrem Grundbesitz Richrather Straße in Düsseldorf-Langenfeld zugunsten der X eine
Gesamtgrundschuld in Höhe von 18.855.000,00 DM. Zugleich unterwarf sie sich in
dieser Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer
dieses Grundstücks. Die X beabsichtigte, auf diesem Grundbesitz eine Wohnanlage zu
errichten. Die Firma X (im folgenden: X) war mit dem Vertrieb der Wohnungen
beauftragt.
3
Im Dezember 1991 suchte der Vermittler X den Kläger und seine Ehefrau in ihrer
Wohnung auf und bot ihnen den Erwerb einer Wohnung in dem Objekt Richrather
Straße an.
4
Am 21.12.1991 unterzeichneten der Kläger und seine Ehefrau ein notariell
beurkundetes Angebot gegenüber der X zum Abschluss eines
Geschäftsbesorgungsvertrages, der den Erwerb einer Wohnungseinheit in dem Objekt
zum Gegenstand hatte. Zugleich erteilten sie der X eine unwiderrufliche Vollmacht zur
Vornahme aller Rechtsgeschäfte, die für den Erwerb des Kaufgegenstandes, dessen
Finanzierung und Vermietung erforderlich oder zweckmäßig sind. Wegen der
Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 21.12.1991, UR-Nr. X (Anlage K4)
verwiesen.
5
verwiesen.
Am 24.12.1991 stellte die X für den Kläger und seine Ehefrau bei der Beklagten einen
Finanzierungsantrag für den Erwerb einer 25,48 qm großen Wohnungseinheit zu einem
Gesamtaufwand von 173.311,00 DM. Dem Antrag waren neben Bonitätsunterlagen eine
von dem Kläger und seiner Ehefrau unterzeichnete Selbstauskunft, eine
Einzugsermächtigung sowie eine Bestätigung des Notars, dass ein
Geschäftsbesorgungsvertrag mit Vollmacht beurkundet worden war, beigefügt.
6
Am 27.12.1991 schloss die X für den Kläger und seine Ehefrau mit der Beklagten einen
Annuitätendarlehensvertrag über 173.311,00 DM mit einem Nominalzinssatz von 7,5%,
1,5% Tilgung p.a. unter Einbeziehung der Bedingungen für Baufinanzierungen der
Beklagten ab. In Ziffer 2.1.2 dieser Bedingungen heisst es:
7
"Ehegatten haben die gesamtschuldnerische Haftung für das Darlehen zu übernehmen.
Sämtliche Darlehensnehmer haben sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr
gesamtes Vermögen zu unterwerfen."
8
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.
9
Die Beklagte finanzierte in dem gesamten Objekt, das aus 109 Wohnungen besteht, drei
Erwerber.
10
Die X nahm am 30.12.1991 den Antrag des Klägers auf Abschluss des
Geschäftsbesorgungsvertrages an. Zugleich schloss sie für den Kläger und seine
Ehefrau mit der X einen notariell beurkundeten Kauf- und Werklieferungsvertrag über
die vorgenannte Wohnung ab. In Ziffer 6 b) der notariellen Urkunde übernahmen der
Kläger und seine Ehefrau zudem einen Teilbetrag der von der X zugunsten der X
bewilligten Grundschuld in Höhe von 173.311,00 DM (88.612,51 €) und unterwarfen
sich gegenüber der X wegen dieses Betrages der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr
gesamtes Vermögen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde
vom 30.12.1991,UR-Nr.: X (Anlage K2) verwiesen.
11
Am 28.01.1991 ging bei der Beklagten eine Ausfertigung der notariellen Urkunde vom
21.12.1991, UR-Nr. X ein.
12
Die Beklagte überwies auf Anweisung der X für den Kläger und seine Ehefrau am
11.03.1992 einen Betrag von 135.599,00 DM (69.330,67 €) an die X.
13
Im Juli 1992 beantragten der Kläger und seine Ehefrau persönlich eine Umstellung des
Annuitätendarlehens auf ein Festdarlehen mit Tilgung über eine Lebensversicherung. In
diesem Antrag (Anlage B8) heisst es: "Alle übrigen für das Darlehen bestehenden
Vereinbarungen....gelten unverändert weiter." Die Beklagte nahm den Antrag im August
1992 an. Bereits im Juni 1992 hatten der Kläger und seine Ehefrau ihre Ansprüche
gegen die X sowie die X an die Beklagte abgetreten. Die Lebensversicherungen
dienten als Sicherheiten für sämtliche bankmäßigen Ansprüche der Beklagten.
14
Im Oktober 1996 und Oktober 2001 vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau mit der
Beklagten jeweils Verlängerungen des Darlehens. In beiden Vereinbarungen (Anlagen
B9 und B10) wurde festgehalten, dass alle übrigen bisherigen
Darlehensvereinbarungen unverändert weiter gelten.
15
Die X trat der Beklagten einen Teil aus der Grundschuldbestellungsurkunde vom
26.02.1991 (UR-Nr.: E X) ab. Ebenso trat sie der Beklagten die Ansprüche aus der in
der notariellen Urkunde vom 30.12.1991 (UR-Nr.: X) unter Ziffer 6 b) erklärten
Haftungsübernahme in Höhe von 88.612,51 € ab. Der Beklagten wurde am 09.12.2003
für diesen Titel eine Vollstreckungsklausel erteilt.
16
Mit der Klageschrift vom 03.02.2005 hat der Kläger sämtliche geschlossenen Verträge
nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen.
17
Der Kläger behauptet, er und seine Ehefrau seien von dem Vermittler X im Dezember
2001 überrumpelt worden. Dieser habe unter Verwendung eines persönlichen
Berechnungsbeispiels u.a. fehlerhaft zugesichert, dass das angepriesene
Kapitalanlagepaket zu einem Gesamtkaufpreis von 173.311,00 DM von der Beklagten
"bankgeprüft" und deshalb absolut werthaltig sei und sich perfekt als zusätzliche
Altersvorsorge und Steuersparmodell eigne, aber genauso gut in wenigen Jahren mit
Gewinn veräußert werden könne. Weiter habe er zugesichert, dass sich die Zinskosten
bis auf einen geringen monatlichen Betrag von 238,45 DM aus Mieteinnahmen und
Steuervorteilen von selbst bezahlen würden und nur an die X eine Maklerprovision von
3% bezahlt werden müsse. Die tatsächliche Zinsbelastung habe er zu niedrig
angegeben. Verschwiegen habe er auch eine weitere Maklerprovision (sog. "versteckte
Innenprovision") in Höhe von 18,4%. Diese falschen Zusicherungen habe die Beklagte
gekannt, weshalb sie sich das betrügerische Verhalten des Herrn X und den
Hintermännern der X zurechnen lassen müsse. Sie habe mit der X vereinbart, dass
ausschließlich für sie Darlehensverträge bezüglich des Objekts vermittelt werden und
ihr dazu einen Vermittlerleitfaden übergeben.
18
Der Kläger meint daher, die Beklagte habe ihm gegenüber keine Ansprüche aus dem
Darlehensvertrag. Dieser Vertrag sei ohnehin unwirksam, da der mit der X
geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag und damit auch die Vollmacht wegen
Verstosses gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam seien. Durch die später
abgeschlossenen Darlehensverträge sei der am 27.12.1991 geschlossene
Darlehensvertrag nicht genehmigt worden.
19
Der Kläger begehrt nun neben der Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus
den notariellen Urkunden und der Feststellung, dass der Beklagten aus dem
Darlehensvertrag keine Ansprüche zustehen, einen nicht verjährten
Zinsrückforderungsanspruch in Höhe von 4.264,96 €.
20
Der Kläger beantragt,
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1. die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung
der Urkunde des Notars X aus Köln, UR-Nr. E X vom 30.12.1991
(Kauf- und Werklieferungsvertrag) für unzulässig zu erklären;
22
2. die Zwangsvollstreckung aus der
Grundschuldbestellungsurkunde des Notars X vom 26.02.1991,
Urkunds-Nummer E X für unzulässig zu erklären;
23
3. festzustellen, dass der Kläger der Beklagten zu keinerlei Leistung
aus dem Darlehensvertrag Nr. 2003648268-001 über 173.311,00
DM verpflichtet war und ist;
24
4. die Beklagte zu verurteilen, ihm die Ansprüche aus dem
Lebensversicherungsvertrag Nr. 900/132217-W-71 bei der X und
aus dem Lebensversicherungsvertrag Nr. 4756000 bei der X
rückabzutreten;
25
5. hilfsweise: festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem
Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Kündigung des
Lebensversicherungsvertrages Nr. 900/132217-W-71 bei der X und
aus der Kündigung des Lebensversicherungsvertrages Nr. 4756000
bei der X entstanden ist und noch entstehen wird;
26
6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.264,96 € nebst 5% über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
27
Die Beklagte beantragt,
28
die Klage abzuweisen.
29
Hilfsweise, für den Fall, dass der Darlehensvertrag unwirksam sein sollte, beantragt die
Beklagte widerklagend,
30
den Kläger zu verurteilen, an sie 69.330,67 € nebst 7,5% Zinsen vom
06.03.1992 bis 31.12.1996, weitere 6,0 % Zinsen vom 01.01.1997 bis
31.10.2001 sowie weitere 5,7% Zinsen seit dem 01.11.2001 zu zahlen.
31
Der Kläger beantragt,
32
die Hilfswiderklage abzuweisen.
33
Die Beklagte behauptet, sie habe lediglich im Vorfeld ihre Bereitschaft erklärt,
Enderwerber bei entsprechender Bonität zu finanzieren und sich damit auf ihre
Kreditgeberrolle beschränkt. Sie müsse sich daher auch nicht ein etwaiges
Fehlverhalten der X und deren Mitarbeiter zurechnen lassen.
34
Sie habe auf die Wirksamkeit der notariell beurkundeten Vollmacht vertrauen dürfen, so
dass der Darlehensvertrag wirksam sei. Jedenfalls habe der Kläger den Vertrag später
persönlich genehmigt. Sofern der Vertrag unwirksam sei, müsse der Kläger den
ausgezahlten Betrag an sie nach Bereicherungsrecht erstatten. Mit dieser Forderung
rechnet die Beklagte hilfsweise gegenüber dem Zahlungsanspruch auf und macht ihn
mit der Hilfs-Widerklage geltend.
35
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das
Sitzungsprotokoll vom 12.05.2006 (Bl. 182 – 184 GA) verwiesen.
36
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37
A.
38
Die Klage hat keinen Erfolg.
39
I.
40
Die Vollstreckungsgegenklagen sind zulässig, aber unbegründet.
41
1.
42
Die Vollstreckungsgegenklagen sind gemäß § 767 ZPO i.V.m. §§ 794 Abs.1 Nr. 5, 795
ZPO zulässig.
43
Die Klagen sind statthaft. Der Kläger macht materiell-rechtliche Einwendungen gegen
die titulierten Ansprüche geltend, indem er sich auf die Unwirksamkeit des mit der
Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrages beruft.
44
Die Wirksamkeit der Vollstreckungstitel selbst, insbesondere die
Vollstreckungsunterwerfung in der notariellen Urkunde vom 30.12.1991, greift der
Kläger hingegen nicht an, was im Wege einer prozessualen Gestaltungsklage analog §
767 ZPO zusammen mit einer Vollstreckungsgegenklage hätte geschehen können (vgl.
BGH NJW 2004, 59). Der Kläger beruft sich aber mit keinem Wort darauf, dass mangels
Vertretungsmacht der X schon kein wirksamer Titel hätte geschaffen werden können.
45
Das Landgericht Düsseldorf ist sachlich gemäß §§ 23 Nr.1, 71 Abs.1 GVG und örtlich
gemäß § 800 Abs.3 ZPO i.V.m. § 802 ZPO ausschließlich zuständig. Bei Klagen, durch
welche die den Anspruch selbst betreffenden Einwendungen gelten gemacht werden,
ist abweichend von § 797 Abs.5 ZPO gemäß § 800 Abs.3 ZPO das Gericht zuständig, in
dessen Bezirk das Grundstück belegen ist, wenn die Zwangsvollstreckung gegen den
jeweiligen Eigentümer zulässig ist. Diese Voraussetzung liegt zwar bezüglich der
notariellen Urkunde vom 30.12.1991 nicht vor. Unter Ziffer 6 b) hat sich der Kläger zwar
der Zwangsvollstreckung in sein gesamten Vermögen unterworfen. Diese Erklärung gilt
aber nicht "gegen den jeweiligen Eigentümer" dieses Grundstücks, wie dies § 800
Abs.3 ZPO voraussetzt. Allerdings hat sich die X, deren Rechtsnachfolger der Kläger ist,
in der notariellen Urkunde des Notars Dr. Etzbach vom 26.02.1991 (UR-Nr.: E X)
gegenüber der X mit der Maßgabe der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen,
dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer
zulässig sein soll. Dieser Anspruch ist an die Beklagte abgetreten worden.
46
Damit treffen dingliche und persönliche Haftung zusammen. In diesem Fall ist § 800
Abs.3 ZPO die speziellere Norm (vgl. BayObLG NJW-RR 2002, 1295; OLG Karlsruhe
NJW-RR 2001, 1728).
47
2.
48
Die Vollstreckungsabwehrklagen haben in der Sache aber keinen Erfolg. Der
Darlehensvertrag ist weder unwirksam, noch wirksam widerrufen worden. Dem Kläger
stehen auch keine Schadensersatzansprüche zu, die er der Beklagten entgegenhalten
könnte.
49
a)
50
Der am 27.12.1991 zwischen der X als Vertreter des Klägers und der Beklagten
abgeschlossene Darlehensvertrag war zwar zunächst schwebend unwirksam, da die X
51
keine Vertretungsmacht hatte. Die von dem Kläger und seiner Ehefrau in dem
notariellen Geschäftsbesorgungsvertrag vom 21.12.1991 erteilte Vollmacht ist nichtig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf derjenige, der ausschließlich
oder hauptsächlich die Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines
Bauträgermodells für den Käufer besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein ohne
diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag ist nichtig (BGHZ 145,
265; NJW 2001, 3774, NJW 2002, 2325; NJW 2003, 2088).
52
Auch im vorliegenden Streitfall oblag der X als Geschäftsbesorgerin nicht nur die
Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange, wie beispielsweise die Prüfung der Rentabilität
und Zweckmäßigkeit der Investitionsentscheidung. Vielmehr stellt die ihr eingeräumte
Befugnis, ein ganzes Bündel von Verträgen für die Kläger abzuschließen, eine
rechtsbesorgende Tätigkeit dar, die über das hinausgeht, was bei
Geschäftsbesorgungen wirtschaftlicher Art üblich und gewöhnlich ist; es handelte sich
nicht um einen bloßen Annex zu einer auf einem anderen – steuerrechtlichen – Gebiet
gelagerten Interessenwahrnehmung. Eine Erlaubnis i.S.d. Art. 1 § 1 RBerG hatte die X
hingegen nicht.
53
Der Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG führt wiederum unmittelbar und ohne weiteres auch
zur Nichtigkeit der Vollmacht, ohne dass es darauf ankommt, ob Grundgeschäft und
Vollmachtserteilung zu einem einheitlichen Geschäft i.S.d. § 139 BGB verbunden sind.
Denn nur so kann der Zweck des Art. 1 § 1 RBerG, den Rechtssuchenden vor
unsachgemäßer Beratung und Vertretung sowie deren häufig nachteiligen rechtlichen
und wirtschaftlichen Folgen zu schützen, erreicht werden (BGH NJW 2002, 66; NJW
2003, 2088).
54
Die notarielle Vollmacht kann gegenüber der Beklagten auch nicht gemäß §§ 171
Abs.1, 172 Abs.2 BGB als wirksam behandelt werden. Diese Rechtsscheinshaftung
setzt voraus, dass dem Vertragspartner bei Vertragschluss die Vollmacht im Original
bzw. bei notarieller Beurkundung in Ausfertigung vorliegt (BGH ZIP 2003, 984). Hier lag
der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages die Ausfertigung der notariellen
Urkunde 21.12.1991 unstreitig nicht vor; diese ist erst am 28.01.1992 bei ihr
eingegangen. Die "Notarbestätigung" (Anlage B3) reicht als Anknüpfungspunkt für eine
Rechtsscheinhaftung i.S.d. § 172 Abs.1 BGB nicht aus.
55
Der Kläger und seine Ehefrau haben den schwebend unwirksamen Darlehensvertrag
aber gemäß § 184 BGB genehmigt, indem sie persönlich im Juli / August 1992 mit der
Beklagten eine Vereinbarung über die Umstellung des Annuitätendarlehens auf ein
Festdarlehen mit Tilgung über die Lebensversicherungen getroffen haben. In diesem
Vertrag haben sie der Beklagten versprochen, dass alle übrigen für das Darlehen
bestehenden Vereinbarungen unverändert weiter gelten sollen. Die gleiche
Vereinbarung ist auch in den späteren Anpassungsverträgen geschlossen worden.
Damit haben der Kläger und seine Ehefrau ausdrücklich erklärt, der Darlehensvertrag
sollte – von den Änderungen abgesehen – fortbestehen. Darin ist eine ausdrückliche
Genehmigung des durch die X zuvor abgeschlossenen Darlehensvertrages zu sehen
(vgl. OLG München, Urt. v. 05.04.2005, Az.: 5 U 5195/04; Urt. v. 10.05.2005, Az.: 5 U
4975/04; OLG Frankfurt/M. OLG-Report 2005, 609).
56
Dem steht nicht entgegen, dass sich der Kläger und seine Ehefrau möglicherweise bei
Abschluss der Vereinbarung der schwebenden Unwirksamkeit des Darlehensvertrages
57
nicht bewusst waren. Bei einer ausdrücklichen Genehmigung ist – anders als bei einer
stillschweigenden oder durch schlüssiges Verhalten erklärten Genehmigung – nicht
erforderlich, dass der Zustimmende sich der schwebenden Unwirksamkeit des
Vertrages bewusst ist oder mit einer solchen Möglichkeit rechnet (OLG München, Urt. v.
05.04.2005, Az.: 5 U 5195/04; Urt. v. 10.05.2005, Az.: 5 U 4975/04; BGHZ 47, 341;
MüKo-Schramm, 4. Aufl., § 177 Rn 26).
Damit wäre im übrigen auch eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO
(s.o.) unbegründet. Da sich der Kläger und seine Ehefrau in dem Darlehensvertrag
schuldrechtlich verpflichtet haben, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr
gesamtes Vermögen zu unterwerfen (Ziffer 2.1.2 der Darlehensbedingungen), wären sie
nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehindert, sich auf die wegen fehlender
Vertretungsmacht unwirksame Unterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde vom
30.12.1991 zu berufen, da sie verpflichtet wären, sofort eine solche Erklärung erneut
abzugeben bzw. diese zu genehmigen (vgl. BGH NJW 2004, 59).
58
b)
59
Der Darlehensvertrag konnte von dem Kläger nicht widerrufen werden. Die
Voraussetzungen des hier noch anwendbaren § 1 HWiG lagen nicht vor. Für das
Vorliegen einer Haustürsituation kommt es bei einer Stellvertretung nach wie vor allein
auf die Situation des Vertreters bei Vertragsschluss an. Daran haben auch die Urteile
des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25.10.2005 (WM 2005, 2086,
2088), auf die sich der Kläger beruft, nichts geändert, die nicht das Vorliegen, sondern
die Zurechnung einer objektiv gegebenen Haustürsituation betreffen (BGH, Urt. v.
28.03.2006, Az.: XI ZR 239/04). Der Darlehensvertrag vom 27.12.2001 wurde von der X
abgeschlossen. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei den späteren, von
dem Kläger und seiner Ehefrau abgeschlossenen Anpassungsverträgen eine
Haustürsituation vorgelegen hätte.
60
Ein Widerrufsrecht gemäß § 7 Abs.1 VerbrKrG a.F. bestand ebenfalls nicht. Dieses
Widerrufsrecht ist gemäß § 3 Abs.2 Nr.2 VerbrKrG ausgeschlossen, da der Kredit von
der Absicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht worden war. Ein
Realkredit i.S.d. § 3 Abs.2 Nr.2 VerbrKrG liegt bei einem finanzierten
Grundstücksgeschäft auch dann vor, wenn der Erwerber – wie hier – ein
Grundpfandrecht nicht selbst bestellt, sondern ein bestehendes (teilweise) übernimmt
(BGH WM 2005, 127).
61
c)
62
Dem Kläger stehen schließlich auch keine Schadensersatzansprüche nach den
Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (c.i.c.) oder aus sonstigen
Anspruchsgrundlagen gegenüber der Beklagten zu, nach denen er verlangen könnte, so
gestellt zu werden, als sei der Darlehensvertrag nicht abgeschlossen worden. Nach
dem Vortrag des Klägers kann von einer Verletzung vorvertraglicher
Aufklärungspflichten seitens der Beklagten nicht ausgegangen werden. Sie muss sich
auch nicht etwaige Pflichtverletzungen der X oder des Herrn X zurechnen lassen.
63
Eine kreditgebende Bank ist bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und
Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz
besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass
64
die Kunden selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder
sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können
sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls
ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung,
der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin
hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden
besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen
begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den
Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte
verwickelt oder wenn sie in bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten
Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH
WM 2000, 1245; BGH ZIP 2003, 984). Dies ist hier nicht der Fall.
Entgegen der Ansicht des Klägers musste die Beklagte ihn nicht über die im Kaufpreis
angeblich versteckte Innenprovision von 18,4% ungefragt hinweisen (vgl. BGH WM
2005, 127; BGH WM 2004, 1221; BGH NJW-RR 2003, 1203). Die Innenprovision ist Teil
der Vertriebskosten, die grundsätzlich jeder gewerblich tätige Verkäufer in einen
Kaufpreis einkalkuliert, ohne sie dem Käufer offen zu legen, auch wenn hohe
Vertriebskosten dazu führen können, dass der Verkaufspreis den Verkehrswert des
Objektes mehr oder weniger deutlich übersteigt. Das Wissen der Bank, dass der vom
Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu
erwerbenden Objekts steht, begründet grundsätzlich keine Aufklärungspflicht (OLG
Köln, Urt. v. 02.02.2005, Az.: 13 U 35/04, m.w.N.). Tatsachen, die hier ausnahmsweise
eine Aufklärungspflicht begründen könnten, sind nicht vorgetragen worden.
65
Dem Vortrag des Klägers lassen sich auch keine Tatsachen entnehmen, die den
Schluss darauf zuliessen, dass die Beklagte ihre Rolle als Kreditgeberin überschritten
hätte. Sein Vortrag erschöpft sich im wesentlichen in der substanzlosen Behauptung,
dass die Beklagte in den Vertrieb der X oder einer "Schaulgruppe Köln" eingegliedert
gewesen sei.
66
Auf den Umstand, dass die Beklagte sich als Finanziererin des Projekts benennen lässt
oder der X Formulare für die Darlehensverträge zur Verfügung gestellt hat, kann sich der
Kläger nicht berufen. Das liegt im Rahmen ihrer Kreditgeberrolle. Daraus kann der
Kunde nicht eine weitergehende Zusammenarbeit der Bank mit den Initiatoren und auf
eine Gewährsübernahme für das Gelingen des Projekts schließen (OLG Köln, Urt. v.
02.02.2005, Az.: 13 U 35/04).
67
Die Beklagte muss sich auch nicht die behaupteten Zusicherungen des Herrn X gemäß
§ 278 BGB zurechnen lassen. Es ist keine zum Pflichtenkreis der Beklagten gehörende
Pflichtverletzung ersichtlich. Der im Rahmen von Bauherren-, Bauträger- oder
Erwerbermodellen auftretende Vermittler wird als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis der
in den Vertrieb nicht eingeschalteten Bank nur insoweit tätig, als sein Verhalten den
Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages betrifft (BGH WM 2004, 1221; OLG Köln,
Urt. v. 02.02.2005, Az.: 13 U 35/04). Die behaupteten Aussagen des Herrn Herrmann
zum Wert des Objekts, eventuellen Wertsteigerungen etc. gehören sämtlich nicht in den
Pflichtenkreis der finanzierenden Bank. Dies gilt namentlich auch für die angeblich
unrichtig angegebenen Zinskosten und den damit verbundenen höheren Belastungen
des Klägers. Auch dies betrifft allein die Rentabilität des Anlagegeschäftes.
68
II.
69
Nach den vorstehenden Ausführungen sind die Klageanträge zu 3.) – 5.) ebenfalls
unbegründet. Der Kläger ist der Beklagten gegenüber weiterhin aus dem
Darlehensvertrag verpflichtet. Aus diesem Grund kann er auch nicht die Rückabtretung
der zu Sicherheit abgetretenen Lebensversicherungen verlangen, noch muss die
Beklagte ihm den Schaden, der aus einer Kündigung der Versicherungsverträge
entsteht, ersetzen.
70
III.
71
Der Zahlungsantrag ist bereits als unzulässig abzuweisen. Mit dem schlichten Satz in
dem Schriftsatz vom 28.09.2005: "Mit dieser Klageerweiterung wird der noch nicht
verjährte Zinsrückforderungsanspruch geltend gemacht. " wird kein bestimmter
Streitgegenstand i.S.d. § 253 Abs.2 Nr.2 ZPO angegeben. Es ist überhaupt nicht
erkennbar, für welchen Zeitraum welche Beträge beansprucht werden. Ein auf dieser
Grundlage ergehendes Urteil wäre der materiellen Rechtskraft nicht fähig.
72
Davon abgesehen wäre dieser Anspruch auch unbegründet, da dem Kläger aufgrund
des wirksamen Darlehensvertrages kein Rückforderungsanspruch gegenüber der
Beklagten zusteht.
73
Die Klage ist damit insgesamt abzuweisen.
74
B.
75
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs.1 ZPO und § 709 ZPO.
76
C.
77
Streitwert: 88.612,51 € (§ 3 ZPO).
78
Schäfer
79