Urteil des LG Düsseldorf vom 08.03.2004

LG Düsseldorf: treu und glauben, rechtskräftiges urteil, aufrechnung, verfügung, produkt, antwortschreiben, patentgesetz, werbung, patentschutz, zwangsvollstreckung

Landgericht Düsseldorf, 4a O 104/01
Datum:
08.03.2004
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 104/01
Tenor:
In dem Rechtsstreit
hat die 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche
Verhandlung vom 31. Juli 2001 durch den Richter am Oberlandesgericht
x, den Richter am Landgericht x und die Richterin am Landgericht x
für Recht erkannt:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Teil-Kostenfestsetzungsbeschluss
des Landgerichts Düsseldorf vom 15. März 2001 (Az.: 4 O 70/00 Q) und
die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des
Landgerichts Düsseldorf vom 30. April 2001 (Az.: 4 O 70/00 Q) werden
für unzulässig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als
Gesamtschuldner auferlegt.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.100,-- DM vor
läufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in
Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank
oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
1
Die Parteien waren Parteien des vor dem Landgericht Düsseldorf geführten Verfahrens
umgekehrten Rubrums 4 O 70/00, in welchem die Beklagten den Erlass einer
einstweiligen Verfügung gegen die Klägerin begehrten. In dem vorgenannten Verfahren
wurde der Klägerin zunächst zugunsten der Beklagten zu 1. durch Beschlussverfügung
vom 16. März 2000 untersagt, Rasiermesser unter der Bezeichnung "FEATHER"
anzubieten und in den Verkehr zubringen. Außerdem wurde der Klägerin aufgegeben,
gegenüber der Beklagten zu 1. Auskunft zu erteilen. Durch im selben Verfahren
ergangenes Anerkenntnisurteil und Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Mai
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2000 wurde der Klägerin die Benutzung der Bezeichnung "FEATHER" auch auf den
Antrag der Beklagten zu 2. untersagt. Ferner wurde die Klägerin auf Antrag der
Beklagten zu 2. verurteilt, es zu unterlassen, bestimmte Nachbildungen von Produkten
der Beklagten anzubieten und zu vertreiben, und es wurde ihr auf Antrag beider
Beklagten untersagt, Rasiermesser unter der Bezeichnung "AB" zu vertreiben. Des
weiteren wurde die Klägerin auch zur Auskunftserteilung gegenüber der Beklagten zu 1.
verurteilt. Die Kosten des Verfügungsverfahrens 4 O 70/00 wurden der Klägerin zu 75%
und den Beklagten zu 25% auferlegt. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung
ein. Nachdem die Parteien im Berufungsverfahren (20 U 126/00) das Verfahren
übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt hatten, legte das Oberlandesgericht
Düsseldorf durch Beschluss vom 31. Oktober 2000 der Klägerin 3/4 und den Beklagten
1/4 der erstinstanzlichen Kosten und der Klägerin ferner die Kosten der Berufung auf.
Aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. Oktober 2000
erwirkten die Beklagten am 15. März 2001 beim Landgericht Düsseldorf einenTeil-
Kostenfestsetzungsbeschluss (4 O 70/00 Q; Anlage K 1). Gemäß diesem Teil-
Kostenfestsetzungsbeschluss, der sich nur über die Kosten des Berufungsverfahrens 20
U 126/00 verhält und der Klägerin am 23. März 2001 zugestellt wurde, hat die Klägerin
4.863,-- DM nebst 4% Zinsen seit dem 23. November 2000 an die Beklagten zu
erstatten.
3
Die Beklagten erwirkten sodann aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts
Düsseldorf vom 31. Oktober 2000 beim Landgericht Düsseldorf am 30, April 2001 einen
weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss (Anlage K 3). Gemäß diesem
Kostenfestsetzungsbeschluss, der sich über die in dem Verfahren 4 O 70/00 in erster
Instanz entstandenen Kosten verhält, sind von der Klägerin weitere 1.955,11 DM nebst
4% Zinsen ab dem 23. November 2000 an die Beklagten zu erstatten.
4
Bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 31. Januar 2001 (Anlage K 2) erklärte die
Klägerin die Aufrechnung gegen den dem Beschluss des Oberlandesgerichts
Düsseldorf vom 31. Oktober 2000 zugrundeliegenden prozessualen
Kostenerstattungsanspruch der Beklagten mit einem eigenen materiell-rechtlichen
Kostenerstattungsanspruch bzw. Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2. in
Höhe von DM 9.650,- DM. Den zur Aufrechnung gestellten Zahlungsanspruch leitet sie
aus folgendem Sachverhalt ab.
5
In dem Verfahren 4 O 70/00 überreichten die Beklagten ein Werbeblatt als Anlage, in
welchem ein Rasiermesser der Beklagten mit dem Hinweis
"patented/brevetatto/patentiert" beworben wurde (vgl. Anlage zur Anlage E 1). Daraufhin
wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 10. April 2000 an die
Beklagten und forderte diese unter Berufung auf § 146 Patentgesetz dazu auf, Auskunft
darüber zu erteilen, auf welches Patent sich die vorstehend wiedergegebene
Bezeichnung bezieht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. April 2000 antworteten die
Beklagten auf dieses Schreiben wie folgt:
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"1.
7
Es trifft zu, dass meine Mandanten das Produkt "Feather Styling Razor" mit dem
Zusatz "Patented/Brevettato/Patentiert" bewerben.
8
2.
9
Es trifft zu, dass meine Mandanten über ein Geschmacksmuster hinsichtlich des
Griffes des Rasiermessers verfügen. Dieser Umstand ist Ihnen aus der
Antragsschrift auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 15. März 2000 bekannt.
Gegenstand des Verfahrens vor dem LG Düsseldorf ist die verbotene Nachbildung
des Rasiermessergriffes, die von Ihrer Mandantin vertrieben wird, sowie ein
Markenverletzungstatbestand.
10
3.
11
Der Griff ist als Geschmacksmuster geschützt, da einem Patentschutz
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nicht zugänglich.
13
Daraus zu folgern, hinsichtlich des Rasiermessers bestünde kein Patentschutz, ist
rechtlich weder zwingend noch geboten. Vielmehr bezieht sich die Angabe
"patentiert" auf die diesbezüglich schutzfähige Klinge des Rasiermessers.
14
Entsprechend verfügt die Herstellerin der Messer hinsichtlich der Klinge über die
japanischen Patente Nr. 199 79 81 vom 22. Februar 1995 sowie Nr. 212 20 28 vom
13. März 1996.
15
Betrachten Sie diese Auskunft bitte als Auskunft i. S. v. § 146 Patentgesetz. Diese
Auskunft versetzt Sie in, den Stand, Nachforschungen über das tatsächliche
Vorliegen der Patente anzustellen, soweit gewünscht.
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Ich bitte davon abzusehen, Übersendung der Patentunterlagen in Kopie zu erbitten,
da ein solcher Anspruch erstens nicht besteht, der Unterzeichner zweitens auch
erhebliche Zweifel daran hat, ob vorliegend tatsächlich ein Wettbewerbsverhältnis
hinsichtlich der Rasiermesser gegeben ist.
17
Wir dürfen darauf hinweisen, dass das Konkurrenzverhältnis bislang dadurch
gegeben ist, dass Sie unter Verletzung der Marke und des Geschmacksmusters
meiner Mandanten Kopien von deren Produkten vertreiben. Ich glaube kaum, dass
sich damit in ausreichender Weise die Aktivlegitimation gemäß § 13 Abs. 2 A/r. 1
UWG begründen lässt.
18
Aus vorstehenden Gründen wird die von Ihnen gewünschte Unterlassungserklärung
nicht abgegeben werden."
19
Die Klägerin beantragte daraufhin am 26. April 2000 (Anlage E 1) beim Landgericht
Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen unzulässiger
Patentberühmung gegen die Beklagte zu 2., woraufhin dieser im Verfahren 4 O 126/00
durch Beschlussverfügung vom 27. April 2000 untersagt wurde, das Produkt "Feather
Styling Razor" in Deutschland als "patented/brevetatto/patentiert" und/oder als patentiert
zu bewerben. Gegen diese Beschlussverfügung legte die Beklagte zu 2. mit Schriftsatz
vom 15. Mai 2000 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass die Beklagte zu 1.
Inhaberin des deutschen Patents 42 25 197 sei, welches sich über die Klinge des von
ihr vertriebenen Produkts verhalte. Außerdem machte sie geltend, dass die Klägerin
keine "wettbewerbsrelevante Handlung" nachgewiesen habe. Im Hinblick auf das von
der Beklagten zu 2. angeführte deutsche Patent nahm die Klägerin ihren auf Erlass
20
einer einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag im Verfahren 4 O 126/00 zurück,
wobei sie beantragte, die Kosten des Verfahrens gleichwohl der Beklagten zu 1.
aufzuerlegen. Diesen Kostenantrag begründete sie damit, dass die Beklagte zu 1. durch
ihr Verhalten Anlass zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gegeben habe und ihr -
der Klägerin - gegen die Beklagte zu 1. ein materiell rechtlicher
Kostenerstattungsanspruch zustehe. Mit Beschluss vom 7. August 2000 legte das
Landgericht Düsseldorf die Kosten des Verfahrens 4 O 126/00 der Klägerin auf, wobei
es dahinstehen ließ, ob der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. ein materiell-rechtlicher
Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten zusteht.
Mit ihrer vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, die Zwangsvollstreckung aus den
beiden zugunsten der Beklagten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse für
unzulässig zu erklären.
21
Die Klägerin macht geltend, dass sie gegen den beiden
Kostenfestsetzungsbeschlüssen zugrundeliegenden prozessualen
Kostenerstattungsanspruch mit einem eigenen materiell-rechtlichen
Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 9.650,- DM wirksam aufgerechnet habe. Der ihr
zustehende Kostenerstattungsanspruch ergebe sich daraus, dass die Beklagte zu 2. im
Vorfeld des Verfahrens 4 O 126/00 mit ihrem anwaltlichen Schreiben vom 14. April 2000
eine nicht ordnungsgemäße Auskunft im Rahmen ihrer diesbezüglichen gesetzlichen
Verpflichtung erteilt habe, weil die Beklagte zu 2. erstmals in ihrer
Widerspruchsbegründung ein deutsches Patent genannt habe, auf das sie ihren
Schutzrechtshinweis in der beanstandeten Werbung habe stützen können. Im Hinblick
auf das nunmehr angeführte Patent, habe sie ihren Antrag auf Erlass einer Verfügung
zurücknehmen müssen, wodurch ihr Kosten in Höhe von insgesamt 9.650,-- DM
entstanden seien.
22
Die Klägerin beantragt,
23
zu erkennen wie geschehen.
24
Die Beklagten beantragen,
25
die Klage abzuweisen.
26
Die Beklagten machen geltend, dass der von der Klägerin geltend gemachte
Kostenerstattungsanspruch bereits Gegenstand des Verfahrens 4 O 126/00 gewesen
sei. Ein Kostenerstattungsanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Die Klägerin habe
seinerzeit allein durch die im Verfahren 4 O 126/00 überreichte Anlage von der sodann
beanstandeten Werbung Kenntnis erlangt. Diese Schrift sei zu keinem Zeitpunkt
Gegenstand einer Werbemaßnahme auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
gewesen. Es habe deshalb keine Handlung im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs vorgelegen, weshalb es an den tatbestandlichen Voraussetzungen für den
seinerzeit von der Klägerin geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen
Unterlassungsanspruch gefehlt habe. Bei gehöriger Prüfung habe die Klägerin deshalb
keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen dürfen. Da sie die
damals streitgegenständliche Werbebroschüre lediglich im Rahmen des gerichtlichen
Verfahrens vorgelegt hätten, habe auch kein Auskunftsanspruch bestanden. Die
Klägerin habe deshalb die Kosten des von ihr voreilig angestrengten
Verfügungsverfahrens selbst zu tragen.
27
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen
überreichten Anlagen Bezug genommen.
28
Entscheidungsgründe:
29
Die Klage, eine Vollstreckungsgegenklage gemäß §767 Zivilprozessordnung (ZPO), ist
zulässig. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen zwei
Kostenfestsetzungsbeschlüsse mit der Begründung, die titulierten
Kostenerstattungsansprüche sei durch Aufrechnung erloschen. Eine solche
Vollstreckungsgegenklage ist nach §§ 794 Nr. 2, 795 ZPO zulässig, wobei ohne
Bedeutung ist, ob die Aufrechnung vor oder nach Erlass des
Kostenfestsetzungsbeschlusses erklärt worden bzw. ob die geltend gemachte
Aufrechnungslage vorher oder nachher entstanden ist (vgl. BGH, NJW 1994,
3292,3293).
30
Die Klage ist auch begründet. Denn die zugunsten der Beklagten titulierten
Kostenerstattungsansprüche gemäß den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des
Landgerichts Düsseldorf vom 15. März 2001 und vom 30. April 2001 sind durch die
Aufrechnungserklärung der Klägerin erloschen (§§ 387, 389i; BGB). Die Klägerin hat
nämlich gegenüber den Kostenerstattungsansprüchen der Beklagten mit einem eigenen
materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 9.650,-- DM wirksam
aufgerechnet..
31
l.
32
Der Klägerin steht der bereits mit ihrem Schreiben vom 31. Januar 2001 (Anlage K 2)
zur Aufrechnung gestellte Zahlungsanspruch in Höhe von 9.650,-- DM gegen die
Beklagte zu 2. unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung zu.
33
Denn die Beklagte zu 2. hat ihre gegenüber der Klägerin bestehende gesetzliche
Auskunftsverpflichtung nach § 146 Patentgesetz (PatG) schuldhaft verletzt..
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Gemäß § 146 Abs. 1 PatG ist derjenige, der Gegenstände oder ihre Verpackung mit
einer Bezeichnung versieht, die geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass die
Gegenstände durch ein Patent oder eine Patentanmeldung nach dem Patentgesetz
geschützt seien, oder der in öffentlichen Anzeigen, auf Aushängeschildern, auf
Empfehlungskarten oder in ähnlichen Kundgebungen eine Bezeichnung solcher Art
verwendet, verpflichtet, gegenüber jedem, der ein berechtigtes Interesse an der
Kenntnis der Rechtslage hat, auf Verlangen Auskunft darüber zu geben, auf welches
Patent oder auf welche Patentanmeldung sich die Verwendung bezieht. Dieser
Auskunftsanspruch ist ein vorbereitender Anspruch für folgende wettbewerbsrechtliche
Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche; er dient dazu, die Grundlage für eine
Klage aus UWG zu schaffen (vgl. BGH, GRUR 1954, 391, 392 - Prahlmühle;
Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 146 Rdnr. 5; Benkard/Ullmann, PatG/GebrMG,
9. Aufl., § 146 Rdnr. 1). Den Interessenten soll hiermit ein Mittel an die Hand gegeben
werden, vor der Bekämpfung einer Patentberühmung die Schutzrechtslage überprüfen
zu können (Benkard/Ullmann, a.a.O., § 146 Rdnr. 1). Dadurch soll die ohnehin riskante
Prozessführung gegen den Patentberühmer erleichtert werden (Benkard/Ullmann,
PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 146 Rdnr. 1). § 146 PatG gewährt deshalb Dritten, gegenüber
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dem, der sich auf Patentschutz beruft, einen zivilrechtlichen Anspruch auf Auskunft. Die
Bestimmung begründet hierbei ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem, der
sich des Patentschutzes berühmt und jedem, der ein berechtigtes Interesse an der
Auskunft hat (vgl. Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 146 Rdnr. 8). Der nach § 146 PatG
Auskunftsverpflichtete hat die Schutzrechte, auf die die Patentberühmung gestützt wird,
zu nennen. Erteilt der Auskunftsverpflichtete unvollständig Auskunft, kann die Auskunft
zwar im späteren Wettbewerbsprozess ergänzt werden. Die unvollständige bzw.
verspätete Auskunftserteilung belastet den Schutzrechtsinhaber allerdings
grundsätzlich mit einem Kostenrisiko (vgl. BGH, GRUR 1954, 391, 392 - Prahlmühle;
Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 146 Rdnr. 17; Benkard/Ullmann, a.a.O., § 146 Rdnr. 6
u. 7). Das bedeutet aber nicht, jedenfalls nicht zwingend, dass dem
Auskunftsverpflichteten, der zunächst unvollständig Auskunft erteilt, in dem
Wettbewerbsprozess die Kosten aufzuerlegen sind. Insbesondere ist eine solche
Kostenauferlegung in dem Wettbewerbsprozess, wie die 4. Zivilkammer des
Landgerichts Düsseldorf in dem im Verfahren 4 O 126/00 der Parteien ergangenem
Beschluss vom 7. August 2000, auf den Bezug genommen wird, im Einzelnen
ausgeführt hat, nicht nach § 269 Abs. 2 S. 3 ZPO möglich und es kann insoweit auch §
93 ZPO keine "reziproke" Anwendung finden. Vielmehr kommt in einem solchen Fall ein
materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der positiven
Forderungsverletzung in Betracht, der in einem gesonderten Rechtsstreit geltend zu
machen ist. Dieser materiell-rechtliche Schadensersatzanspruch besteht dann, wenn
zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis aus § 146 PatG bestanden
hat, der Auskunftsverpflichtete dagegen schuldhaft durch die Erteilung einer falschen
oder unvollständigen Auskunft verstoßen hat und dem Gläubiger des
Auskunftsanspruchs (Berechtigten) dadurch ein Schaden entstanden ist. Dies ist hier
der Fall.
Zwar muss im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten davon ausgegangen werden,
dass das von den Beklagten im Verfahren 4 O 70/00 überreichte Werbeblatt, in welchem
das von der Beklagten zu 2. in Deutschland vertriebene Produkt "Feather Styling Razor"
mit dem Hinweis "patented/brevetatto/patentiert" beworben wurde, zu keinem Zeitpunkt
Gegenstand einer Werbemaßnahme in Deutschland gewesen sei und sie die
Werbebroschüre lediglich im Rahmen des vorgenannten gerichtlichen Verfahrens der
Parteien überreicht habe. Die Beklagte zu 2. wäre damit an sich nicht nach § 146 PatG
auskunftspflichtig gewesen, weil diese Vorschrift einen öffentlichen Hinweis verlangt
und insbesondere nicht die Bekanntgabe des Patentschutzes an Einzelne erfasst (vgl.
Benkard/Ullmann, a.a.O., § 146 Rdnr. 2 u. 3). Im Streitfall ist allerdings zu beachten,
dass die Beklagte zu 2. mit ihrem Antwortschreiben vom 14. April 2000 ausdrücklich
eingeräumt hat, dass sie das Produkt "Feather Styling Razor" mit dem Zusatz
"Patented/Brevettato/Patentiert" bewirbt, und in ihrem anwaltlichen Antwortschreiben
ferner ausdrücklich und unmißverständlich erklärt hat, dass die von ihr erteilte Auskunft
als Auskunft im Sinne von § 146 PatG zu betrachten ist. Hieran muss sie sich im
vorliegenden Rechtsstreit festhalten lassen. Was ihre Auskunftsverpflichtung anbelangt,
kann sie sich jedenfalls nach Treu und Glauben (§ 242) nicht darauf berufen, mangels
Verwendung der Bezeichnung "Patented/Brevettato/Patentiert" in öffentlichen
Kundgebungen im Inland nicht zur Auskunftserteilung nach § 146 PatG verpflichtet
gewesen zu sein. Denn sie hat auf das Auskunftsverlangen der Klägerin ausdrücklich
zugestanden, ihr Produkt mit dieser Bezeichnung zu bewerben, was aus Sicht eines
objektiven Erklärungsempfängers nur so verstanden werden konnte, dass sie das
Produkt in Deutschland so bewirbt, zumal sie die von ihr erteilte Auskunft auch
ausdrücklich als "Auskunft i.S.v. § 146 PatG" bezeichnet hat.
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Die weiteren Voraussetzungen für eine Auskunftsverpflichtung der Beklagten zu 2. nach
§ 146 PatG sind erfüllt gewesen. Denn die Klägerin hat ein Auskunftsverlangen an die
Beklagte zu 2. gerichtet und die Klägerin hat als Vertreiberin von Rasiermessern auch
ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage gehabt, weil sie Gefahr
gelaufen ist, in den von der Beklagten zu 2. behaupteten Patentschutz einzugreifen.
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Die Beklagte hat ihre als gegeben anzusehende Auskunftsverpflichtung auch
schuldhaft, zumindest fahrlässig im Sinne von § 276 BGB, verletzt. In ihrem
Antwortschreiben vom 14. April 2000 hat sie lediglich zwei japanische Patente
angeführt. Das deutsche Patent 42 25 197 der Beklagten zu 1., auf das sie den
Patenthinweis in ihrer Werbung stützen konnte, hat die Beklagte zu 2. hingegen nicht
mitgeteilt; dies hat sie vielmehr erstmals in ihrer Begründung des Widerspruchs gegen
die von der Klägerin gegen sie erwirkte Beschlussverfügung vom 27. April 2000
genannt.
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Der Umstand, dass die Beklagte zu 2. das vorgenannte deutsche Patent in ihrem
Antwortschreiben vom 14. April 2000 nicht angeführt hat, hat dazu geführt, dass die
Klägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen sie beantragt hat. Denn da die
Beklagte zu 2. sich gemäß ihren Ausführungen nur auf japanische Patente berufen hat
und sie ferner ausdrücklich eingeräumt hat, das von ihr vertriebene Produkt "Feather
Styling Razor" mit dem Zusatz "Patented/Brevettato/Patentiert" zu bewerben, musste
und durfte die Klägerin im Hinblick auf die Beantwortung ihres Auskunftsverlangen vom
Vorliegen einer unzulässigen, gegen § 3 UWG verstoßenden Patentberühmung
ausgehen. Dementsprechend hat auch die 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
im Verfahren 4 O 126/00 entsprechend dem Antrag der Klägerin vom 26. April 2000
zunächst eine entsprechende Beschlussverfügung gegen die Beklagte zu 2. erlassen.
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Im Hinblick auf das in der Widerspruchsbegründung erstmals genannte deutsche
Patent, welches die Werbung der Beklagten zu 2. gerechtfertigt hat, ist die Klägerin
gezwungen gewesen, ihren Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung im Verfahren
4 O 126/00 zurückzunehmen, woraufhin die 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
ihr mit Beschluss vom 7. August 200 die Kosten des Verfahrens auferlegt hat.
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Durch die unvollständige Auskunft der Beklagten zu 2. sind der Klägerin folgende -
unstreitigen - Kosten entstanden: Entstandene Gebühren Gegenstandswert: 250.000,--
DM
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10/10 Prozessgebühr nebst Auslagen Verfahrensbevollmächtigte
Antragstellerin (= Klägerin)
2.165,00
DM
10/10 Prozessgebühr nebst Auslagen Mitwirkung Patentanwalt
(Antragstellerin)
2.165,00
DM
10/10 Prozeßgebühr nebst Auslagen Verfahrensbevollmächtigte
Antragsgegnerin (= Beklagte zu 1.)
2.165,00
DM
Gerichtsgebühren
1.955,00
DM
Übersetzungskosten
1.200,00
DM
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Gesamtbetrag:
9.650,00
DM
Hätte die Beklagte zu 2. von Anfang an zutreffend und vollständig Auskunft erteilt, wären
der Klägerin diese Kosten nicht entstanden. Die Beklagte zu 2. hat der Klägerin deshalb
den hierin liegenden Schaden zu ersetzen.
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Mit dem ihr somit zustehenden Schadensersatzanspruch hat die Klägerin wirksam
gegen die den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Düsseldorf
vom 15. März 2001 und vom 29. März 2001 zugrundeliegenden prozessualen
Kostenerstattungsansprüche der Beklagten aufgerechnet.
44
Der Wirksamkeit der Aufrechnung steht nicht entgegen, dass gegen eine Forderung
aufgerechnet worden ist, die der Beklagten zu 2. und der Beklagten zu 1. gegen die
Klägerin zusteht. Die Beklagten sind als Kostengläubiger aus einem
Kostenfestsetzungsbeschluss Gesamtgläubiger im Sinne von § 428 BGB. Erwirken
nämlich - wie hier - Streitgenossen, die in einem Rechtsstreit obsiegen und dabei
denselben Anwalt hatten, gemeinsam ohne Angabe eines Beteiligungsverhältnisses
einen Kostenfestsetzungsbeschluss über einen einheitlichen Betrag, so sind sie
hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruches Gesamtgläubiger (vgl. BGH, Rpfleger
1985, 321; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 428 Rdnr. 1). Die Aufrechnung gegen eine
Gesamtforderung mit einer Forderung gegen einen Gesamtgläubiger ist zulässig (vgl.
BGHZ 55, 20, 33; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 387 Rdnr. 6). Die von der Klägerin mit
ihrem anwaltlichem Schreiben vom 31. Januar 2001 (Anlage K 2) erklärte Aufrechnung
hat deshalb auch gegenüber der Beklagten zu 1. in voller Höhe Tilgungswirkung.
45
II.
46
Die Klägerin ist mit der Geltendmachung des Aufrechnungseinwandes nicht gemäß §
767 Abs. 2 ZPO, wonach gegen einen durch rechtskräftiges Urteil festgestellten
Anspruch mit der Vollstreckungsgegenklage nur Einwendungen geltend gemacht
werden können, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses
entstanden sind, ausgeschlossen.
47
Wie das Landgericht Düsseldorf in seinem im Verfahren 4 O 126/00 ergangenem
Beschluss vom 7. August 2000 ausgeführt hat, konnte die Klägerin in diesem Verfahren
aus Rechtsgründen nicht damit gehört werden, dass ihr ein materiell-rechtlicher
Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 2. zusteht, weshalb das Landgericht
Düsseldorf es auch ausdrücklich dahinstehen ließ, ob der Klägerin gegen die Beklagte
zu 1. ein solch materiell-rechtlicher Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten
zusteht.
48
Die Präklusion des § 767 Abs. 2 ZPO greift im Übrigen nicht - auch nicht analog - ein,
wenn sich die Vollstreckungsgegenklage gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss
richtet, weil im Kostenfestsetzungsverfahren (von der hier nicht vorliegenden
Festsetzung nach § 19 BRAGO abgesehen) keine Gelegenheit besteht, solche
Einwendungen wie den Aufrechnungseinwand geltend zu machen (BGHZ 3, 381 =
NJW 1952, 144; NJW 1994, 3292, 3293 Rpfleger 1995, 375; Musielak, ZPO, 2. Aufl., §
767 Rdnr. 31; Thomas-Putzo, ZPO, § 767 Rdnr. 25; Zöller/Herget, ZPO, 20. Aufl., § 767
49
Rdnr. 20).
III.
50
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
51
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1
ZPO. Bei der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist zu beachten
gewesen, dass das stattgebende (Gestaltungs-)Urteil nach § 767 ZPO nicht nur
hinsichtlich der Kosten, sondern - wie geschehen - auch hinsichtlich des Ausspruchs in
der Hauptsache vorläufig vollstreckbar zu erklären ist (vgl. Brox/Walker,
Zwangsvollstreckungsrecht, 5. Aufl., Seite 746 Rdnr. 1371; Rosenberg,
Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Auflage, Seite 644).
52
Der Streitwert beträgt 6.818,11 DM.
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