Urteil des LG Düsseldorf vom 29.10.1998

LG Düsseldorf (gebäude, bundesrepublik deutschland, vgb, wohnung, verletzung, kontrolle, verbindung, versicherungsvertrag, halten, kenntnis)

Landgericht Düsseldorf, 11 O 191/98
Datum:
29.10.1998
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
11.Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 O 191/98
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 3.000,00
vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische
Bürgschaft einer großen Bank oder Sparkasse mit Sitz in der
Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks G 7 in F. Für das auf diesem
Grundstück befindliche Wohngebäude unterhielt die Klägerin bei der Beklagten eine
Wohngebäudeversicherung auf der Grundlage der VGB 88 (Bl. 31 ff. GA).
1
Am 15.01.1997 platzte infolge des zu der damaligen Zeit: herrschenden Frostes eine
Leitungswasserzuleitung zu dem in diesem Gebäude im 1. Obergeschoß befindlichen
Badezimmer. Hierdurch kam es zu einem Leitungswasserschaden in dem Gebäude,
dessen Umfang und Ausmaß zwischen den Parteien im einzelnen streitig ist.
2
Bei zwei Längswänden des in Rede stehenden Badezimmers handelt es sich um
Außenwände. Die Beheizung des Badezimmers erfolgt mittels eines Heizstrahlers mit
Heizspirale. Die Wohnräume des Gebäudes - im Obergeschoß - sowie die neben dem
Badezimmer befindliche Diele - im Obergeschoß -werden mittels
Nachtstromspeicheröfen beheizt. Zum Schadenszeitpunkt war das Gebäude seit
Frühjahr 1996 unbewohnt. Der Wasserschaden wurde am 15.01.1997 von einer
Nachbarin entdeckt.
3
Mit Schadenanzeige vom 16.01.1997 teilte die Klägerin der Beklagten den
Wasserschaden mit (Bl. 37 GA). Die Beklagte beauftragte daraufhin den
Sachverständigen E als Schadensregulierer mit einer Ortsbesichtigung, die dieser am
12.02.1997 durchführte.
4
In der Folgezeit lehnte die Beklagte die Erbringung von Versicherungsleistungen mit
Schreiben vom 28.02.1997 (Bl. 42 f. GA) ab und kündigte den Versicherungsvertrag.
5
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Leistungen aus dem
Versicherungsvertrag für den Wasserschaden von Januar 1997. Sie trägt im
wesentlichen vor:
6
Entgegen der Auffassung der Beklagten habe sie den Versicherungsfall nicht grob
fahrlässig herbeigeführt, indem sie es unterlassen habe, das zum Zeitpunkt des
Schadensfalles leerstehende Wohngebäude ordnungsgemäß zu beheizen. Richtig sei
vielmehr, daß das Badezimmer durch den in der davorliegenden Diele befindlichen
Nachtstromspeicherofen durchgängig beheizt worden sei; diese Beheizung sei
ausreichend. Zudem sei die Betreuung der Wohnung einmal wöchentlich durch die von
ihr, die Klägerin, beauftragte Frau G erfolgt. Da auch ein unbewohntes Haus regelmäßig
sauber zu halten gewesen sei und von ihr, der Klägerin, nicht habe verlangt werden
können, daß sie tageweise immer das Wasser absperre und die Leitungen entleere, um
sie sodann wenige Tage später wieder neu zu befüllen, führten die entsprechenden
Vorwürfe der Beklagten an der Realität vorbei (Bl. 67/68 GA). Durch das austretende
Leitungswasser seien nach näherer Maßgabe der Klageschrift Schäden in der
Gesamthöhe von 17.901,78 DM entstanden.
7
Die Klägerin beantragt,
8
die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 17.901,78 nebst 4 % Zinsen seit dem
11.04.1997 zu zahlen.
9
Die Beklagte beantragt,
10
die Klage abzuweisen.
11
Sie trägt im wesentlichen vor:
12
Die Klägerin habe den Versicherungsfall gemäß § 61 WG grob fahrlässig herbeigeführt.
Obwohl das Gebäude unbewohnt gewesen sei, habe sie - unstreitig - die
wasserführenden Leitungen nicht entleert. Die von ihr angeführte "Betreuung" durch
Frau G sei unzureichend. Dies gelte insbesondere angesichts der allgemein bekannten
hohen Minustemperaturen im Januar 1997.
13
Aus den gleichen Gründen sei sie, die Beklagte, wegen Verletzung von
Sicherheitsvorschriften gemäß § 11 Ziffer 1 c VGB 8 8 in Verbindung mit § 6 Abs. 1, 2
WG leistungsfrei.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
15
Entscheidungsgründe
16
Die Klage ist nicht begründet.
17
Der Klägerin steht gegen die Beklagte schon dem Grunde nach kein Anspruch auf
Versicherungsleistung aus der - gekündigten - Wohngebäudeversicherung für den
Leitungswasserschaden von Januar 1997 gemäß §§ 1 Abs. 1, 49 WG in Verbindung mit
den Regelungen der VGB 88, die Vertragsbestandteil sind, zu.
18
Die Beklagte ist gemäß § 11 Nr. 1 c) und d) , Nr. 2 VGB 88 in Verbindung mit §§ 6 Abs.
1 und 2 WG leistungsfrei.
19
Die Klägerin hat gegen die vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften des § 11 Nr.
1 c) und d) VGB 88 verstoßen.
20
Nach § 11 Nr. 1 c) VGB 88 hat der Versicherungsnehmer nicht genutzte Gebäude oder
Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen
und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Gegen diese
Verpflichtung hat die Klägerin verstoßen. Obwohl das Gebäude (jedenfalls die in Rede
stehende Wohnung im Obergeschoß) seit Frühjahr 1996 nicht mehr bewohnt war, hat
die Klägerin die wasserführenden Leitungen - unstreitig - nicht entleert und entleert
gehalten.
21
Nach § 11 Nr. 1 d) VGB 88 hat der Versicherungsnehmer in der kalten Jahreszeit alle
Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies genügend häufig zu kontrollieren
oder dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren
und entleert zu halten. Auch gegen diese Verpflichtung hat die Klägerin verstoßen. Die
wasserführenden Leitungen waren - wie schon erwähnt - im Januar 1997 nicht entleert.
Das Gebäude (jedenfalls die in Rede stehende Wohnung im Obergeschoß) war im
Januar 1997 auch nicht - genügend - beheizt. Unstreitig ließ sich das Badezimmer
selber lediglich mittels einer elektrischen Heizspirale beheizen, die naturgemäß zu der
in Rede stehenden Zeit nicht in Betrieb war, weil die Wohnung überhaupt nicht bewohnt
wurde. Das - jedenfalls von der Klägerin geltend gemachte - "mitbeheizen" des
Badezimmers durch den in der angrenzenden Diele befindlichen
Nachtstromspeicherofen war nicht genügend, was sich schon daran zeigt, daß es bei
dem im Januar 1997 - wie allgemein bekannt - herrschenden tiefen Minustemperaturen
zum Einfrieren der Wasserleitungen gekommen ist. Die Klägerin hat auch nicht dafür
Sorge getragen, daß das Beheizen der Wohnung genügend häufig kontrolliert wurde.
Die von ihr angeführte wöchentliche Kontrolle durch Frau G war ebenfalls angesichts
der schon erwähnten tiefen Minustemperaturen im Januar 1997 in diesem Zeitraum
nicht ausreichend. Vielmehr hätte die Klägerin die Kontrollperson (Frau G) anweisen
müssen, je nach Außentemperatur so häufig zu kontrollieren, daß selbst nach einem
möglichen Heizungsausfall zeitlich unmittelbar nach der letzten Kontrolle ein Einfrieren
als normalerweise ausgeschlossen erscheint. Dies bedeutet, daß bei Temperaturen
auch tagsüber um oder unter 0 Grad die Kontrollen verschärft werden müssen. Dafür hat
die Klägerin nicht Sorge getragen.
22
Angesichts der Umstände (unbewohntes Gebäude, starke Minustemperaturen) wäre die
Klägerin vielmehr gehalten -gewesen, für eine Entleerung der wasserführenden
Leitungen zu sorgen.
23
Die Verletzung der genannten Sicherheitsvorschriften durch die Klägerin war auch
ursächlich für den eingetretenen Schaden, denn bei Entleerung der wasserführenden
Leitungen und/oder ausreichender Beheizung und genügender Kontrolle derselben
wäre es nicht zu dem Einfrieren der Wasserleitung, die dann zu dem
Leitungswasserschaden geführt hat, gekommen.
24
Die Klägerin hat auch grob fahrlässig gehandelt. Sie hat einfache, naheliegende
Überlegungen nicht angestellt und nicht das beachtet, was unter den gegebenen
25
Umständen sich aufdrängte; vielmehr hat sie leichtfertig gehandelt. Das Gebäude (die in
Rede stehende Wohnung) war zum Schadenszeitpunkt schon seit vielen Monaten nicht
mehr bewohnt. Der Klägerin war bekannt, daß das Badezimmer nicht über einen
Heizkörper verfügte, der ständig in Betrieb gehalten werden konnte. Die starken
Minustemperaturen im Januar 1997 waren augenfällig und allgemein, so auch für die
Klägerin, erkennbar. Dennoch hat die Klägerin nicht dafür Sorge getragen, daß die
wasserführenden Leitungen entleert wurden und/oder daß das Gebäude (die Wohnung)
genügend beheizt wurde und diese genügende Beheizung durch häufigere Kontrollen
der von ihr beauftragten Kontrollperson überwacht wurde. Dieses Verhalten der
Klägerin ist zur Überzeugung des Gerichts sowohl objektiv als auch subjektiv als grob
fahrlässig zu bewerten.
Wie für eine Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Sicherheitsvorschriften erforderlich,
hat die Beklagte schließlich auch den Versicherungsvertrag gemäß § 6 Abs. 1 WG
innerhalb eines Monats, nachdem sie von der Verletzung der Sicherheitsvorschrift
Kenntnis erlangt hat, gekündigt. Unstreitig erlangte die Beklagte Kenntnis von den
näheren Schadensumständen durch die Ortsbesichtigung des von ihr beauftragten
Sachverständigen E, die dieser am 12.02.1997 durchführte. Daraufhin hat die Beklagte
mit Schreiben vom 28.02.1997 (Bi. 42/43 GA) , welches der Klägerin offensichtlich
wenige Tage später zuging, die Kündigung des Versicherungsvertrages - fristegerecht -
erklärt.
26
Nach alledem bleibt der Klage schon dem Grunde nach der Erfolg versagt.
27
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
28
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
29
Streitwert: DM 20.901,78.
30