Urteil des LG Düsseldorf vom 18.08.2008

LG Düsseldorf: berufsunfähigkeit, zusatzversicherung, erblindung, risikoverteilung, rente, beitragsbefreiung, vertragsabschluss, auszahlung, lebensversicherung, diskontsatz

Landgericht Düsseldorf, 11 O 385/02
Datum:
18.08.2008
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richterin am Landgericht Wolks-Falter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 O 385/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Kapital-Lebensversicherung mit
eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Versicherungsbeginn war der
01.07.1998. Für den Fall der Berufsunfähigkeit ist eine Barrente von 3.625,74 DM
(1.853,81 Euro) vereinbart, die monatlich im Voraus gezahlt werden soll. Außerdem ist
für diesen Fall die Beitragsbefreiung vorgesehen. Die monatlich im Voraus zu
entrichtende Versicherungsprämie beträgt seit dem 01.09.2000 2.137,20 DM (1.092,73
Euro). Neben den Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die kapitalbildende
Lebensversicherung gelten die Besonderen Bedingungen der Beklagten für die
Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K1
zur Klageschrift (Bl. 30 ff. d.A.) Bezug genommen wird.
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Im Jahr 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Wiederinkraftsetzung seines
zwischenzeitlich beitragsfrei gestellten Versicherungsvertrages. Dabei gab er an, an
einer Sehschwäche des rechten Auges zu leiden (vgl. Anlage B3, Bl. 134 d.A.),
bezüglich dessen – so behauptet der Kläger heute – als Folge einer Opticusathrophie
seit 1984 bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrages ein gänzlicher Sehverlust
bestanden habe. Unter dem 19.06.2000 unterzeichnete der Kläger eine ihm von der
Beklagten vorgelegte Erklärung mit folgendem Wortlaut (Anlage K4, Bl. 47 d.A.): "Es gilt
als vereinbart, daß Sehminderungen des rechten Auges gleich welchen Grades und
medizinisch nachweisbare Folgen eine Leistung aus der Berufsunfähigkeits-
Zusatzversicherung nicht bedingen und bei der Festsetzung des Grades der
Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt bleiben."
Der Versicherungsvertrag wurde mit diesem Zusatz wieder in Kraft gesetzt. Ausweislich
des Versicherungsscheins aus dem Jahr 1998 galt, dass die in der im Zusammenhang
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mit der Antragstellung abgegebenen besonderen Erklärung genannte Vorerkrankung
und deren unmittelbare Folgen keine Leistung aus der Berufsunfähigkeits-
Zusatzversicherung begründe (vgl. S. 2 des Versicherungsscheins, Anlage K1, Bl. 15
d.A.).
Der Kläger, der den Beruf des Werkzeugmachers erlernt hat, war zuletzt als
Geschäftsführer im ehemals elterlichen Betrieb, der X, tätig, deren Inhaber er 1997
geworden war. Bei dem Betrieb handelte es sich um ein kleines, auf dem in X
traditionellen Gebiet der Werkzeugherstellung tätiges Unternehmen. Seit Beginn des
Jahres 2001 sah sich der Kläger wegen zunehmender Wirbelsäulenbeschwerden und
einem von ihm beklagten Sehverlust auf dem linken Auge nicht mehr in der Lage,
seinen Beruf auszuüben. Durch Abhilfebescheid des Versorgungsamtes Wuppertal vom
11.06.2001 (Anlage K9, Bl. 53 f. d.A.) wurde der Grad der Behinderung des Klägers mit
60% festgestellt.
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Am 19.06.2001 beantragte der Kläger, der zwischenzeitlich seinen Betrieb veräußert
hatte, bei der Beklagten unter Vorlage augenärztlicher und orthopädischer
Befundberichte aus dem Jahr 2001 (Anlagen K5 bis K8, Bl. 48 ff. d.A.) die vereinbarten
Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Beklagte trat daraufhin
in eine Leistungsprüfung ein, in deren Rahmen sie ein augenärztliches und ein
orthopädisches Fachgutachten zu den vom Kläger beklagten Beschwerden in Auftrag
gab. Mit Schreiben vom 12.02.2002 (Anlage K12, Bl. 57 d.A.) lehnte die Beklagte,
gestützt auf die Auskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte und insbesondere die
ärztlichen Feststellungen in den von ihr beauftragten Gutachten (vgl. Anlagen B13 und
B14, Bl. 192 ff. d.A.), die Leistungserbringung mit der Begründung ab, es liege keine
dauerhafte Berufsunfähigkeit von über 50% vor.
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Mit der am 12.08.2002 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger für
Vergangenheit und Zukunft die für den Fall der Berufsunfähigkeit vereinbarten
Leistungen (Rente und Beitragsbefreiung) aus der Berufsunfähigkeits-
Zusatzversicherung geltend.
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Er behauptet, vor Eintritt der Berufsunfähigkeit sei er sowohl im kaufmännischen als
auch im handwerklichen Bereich seines Betriebes tätig gewesen. Die von ihm
ausgeübten Tätigkeiten und deren Umfang stellten sich typischer Weise so dar, wie er
dies in seiner Anlage zum Schriftsatz vom 02.04.2003 (Bl. 255 ff. d.A.) aufgelistet habe.
Aufgrund des Sehverlusts auf dem linken Auge von mindestens 60% und der schweren
Schädigung seiner Wirbelsäule sei er seit Februar 2001 zu mindestens 50%
berufsunfähig.
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Der Kläger vertritt die Ansicht, bei der Ermittlung des Grades der Berufsunfähigkeit dürfe
die volle Sehkraft des rechten Auges nicht unterstellt werden. Nach der Regelung vom
19.06.2000 gelte lediglich, dass er allein mit der Begründung, wegen der Erblindung auf
dem rechten Auge könne er seinen Beruf zu 50% nicht mehr ausüben, nicht gehört
werden könne. Die Beklagte habe ihn mit der Maßgabe versichert, dass er trotz der
Erblindung des rechten Auges zu 100% berufsfähig sei. Die nach Vertragsschluss
eingetretene Einbuße der Berufsfähigkeit sei durch die anderen körperlichen
Gebrechen, nämlich das Wirbelsäulenleiden und den Sehkraftverlust auf dem bis dato
gesunden linken Auge, verursacht und damit keine unmittelbare Folge der
Vorerkrankung des rechten Auges im Sinne der vertraglichen Ausschlussregelung. Die
Richtigkeit der von ihm vertretenen Auffassung werde auch dadurch verdeutlicht, dass
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eine Leistungsverpflichtung der Beklagten außer Frage stehe, wenn er auf dem linken
Auge erblinde, weil die Beklagte das Risiko seiner Erblindung nicht ausgeschlossen
habe. Er sei – so behauptet der Kläger – von seinem Versicherungsmakler bei den
Vertragsverhandlungen dahin belehrt worden, dass das Risiko der Erblindung des
linken Auges nicht ausgeschlossen sei.
Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.953,34 Euro rückständige Rente nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des
Diskontsatz-Überleitungsgesetzes von 1.853,81 Euro seit dem 01.07.01, weiteren
1.853,81 Euro seit dem 01.08.01, weiteren 1.853,81 Euro seit dem 01.09.01,
weiteren 1.853,81 Euro seit dem 01.10.01, weiteren 1.853,81 Euro seit dem
01.11.01, weiteren 1.853,81 Euro seit dem 01.12.01, weiteren 1.853,81 Euro seit
dem 01.01.02, weiteren 1.853,81 Euro seit dem 01.02.02, weiteren 1.853,81 Euro
seit dem 01.03.02, weiteren 1.853,81 Euro seit dem 01.04.02, weiteren 1.853,81
Euro seit dem 01.05.02, weiteren 1.853,81 Euro seit dem 01.06.02, weiteren
1.853,81 Euro seit dem 01.07.02 und von weiteren 1.853,81 Euro seit dem
01.08.02 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn seit dem 01.07.01 bis zum Zeitpunkt der
Klageeinreichung gezahlte Versicherungsprämien in Höhe von insgesamt
15.298,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungsgesetzes von 1.092,73 Euro seit
dem 01.07.01, von weiteren 1.092,73 Euro seit dem 01.08.01, von weiteren
1.092,73 Euro seit dem 01.09.01, von weiteren 1.092,73 Euro seit dem 01.10.01,
von weiteren 1.092,73 Euro seit dem 01.11.01, von weiteren 1.092,73 Euro seit
dem 01.12.01, von weiteren 1.092,73 Euro seit dem 01.01.02, von weiteren
1.092,73 Euro seit dem 01.02.02, von weiteren 1.092,73 Euro seit dem 01.03.02,
von weiteren 1.092,73 Euro seit dem 01.04.02, von weiteren 1.092,73 Euro seit
dem 01.05.02, von weiteren 1.092,73 Euro seit dem 01.06.02, von weiteren
1.092,73 Euro seit dem 01.07.02, von weiteren 1.092,73 Euro seit dem 01.08.02 zu
zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01.09.02 monatlich im Voraus eine
Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.853,81 Euro, Rückstände verzinslich mit 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-
Überleitungsgesetzes, zu zahlen;
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn auch die über den
01.08.2002 hinaus monatlich unter Vorbehalt entrichteten Versicherungsprämien
von 1.092,73 Euro je Monat nebst Zinsen zurück zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte bestreitet das Vorbringen des Klägers.
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Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20.09.2004 (Bl. 297 f.
d.A.), Beschluss vom 18.05.2005 (Bl. 321 d.A.), Beweisbeschluss vom 16.11.2005 (Bl.
361 f. d.A.) und Beschluss vom 26.07.2007 (Bl. 444 f. d.A.). Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 18.05.2005 (Bl. 309 ff. d.A.)
und 14.09.2005 (Bl. 328 ff. d.A.) sowie das ophthalmologische Gutachten des Dr. X vom
14.03.2006 (Bl. 377 ff. d.A.), das arbeitsmedizinische Gutachten des Dr. X vom
12.04.2007 (Bl. 420 ff. d.A.) und dessen ergänzende Stellungnahme vom 03.12.2007
(Bl. 455 d.A.) Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen der
Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung aus § 1 Abs. 1 S. 2 VVG a.F. in Verbindung mit
dem Versicherungsvertrag und § 1 Abs. 1 lit. a) und b) der Besonderen Bedingungen
der Beklagten für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Denn der Kläger hat nicht
den ihm obliegenden Nachweis geführt, dass er seit Februar 2001 zu mindestens 50%
berufsunfähig ist.
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Nach § 2 Abs. 1 und 2 BB-BUZ liegt eine Berufsunfähigkeit des Versicherten vor, wenn
dieser infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich ganz oder
zu einem bestimmten Grad dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere
Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden
kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Die im vorliegenden Fall streitige
Frage einer mindestens 50%-igen Berufsunfähigkeit war, einem diesbezüglichen Antrag
des Klägers in der Klageschrift entsprechend, durch Einholung eines medizinischen
Sachverständigengutachtens zu klären. Dabei oblag die Leitung der Tätigkeit des
Sachverständigen nach § 404a ZPO dem Gericht. Dem Sachverständigen war insoweit,
wie im Beweisbeschluss vom 16.11.2005 geschehen, das konkrete Tätigkeitsbild des
Klägers zum behaupteten Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit vom Gericht
vorzugeben, weil nur auf dessen Grundlage festgestellt werden kann, ob und wie sich
etwaige gesundheitliche Beschwerden bei der Berufsausübung auswirken. Darüber
hinaus war der Sachverständige, wie dies ebenfalls im Beweisbeschluss vom
16.11.2005 erfolgt ist, aus Rechtsgründen darauf hinzuweisen, dass die volle Sehkraft
des rechten Auges des Klägers zu unterstellen ist.
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Die Beweisaufnahme hat das im Beweisbeschluss vom 16.11.2005 niedergelegte
Tätigkeitsbild des Klägers ergeben. Aufgrund der Aussagen der in den Terminen vom
18.05.2005 und 14.09.2005 vernommenen Zeugen steht zur Überzeugung des Gerichts
fest, dass der Kläger – der unstreitig die Ausbildung zum Werkzeugmacher erhalten hat
und im eigenen Betrieb geschäftsführend tätig war – sowohl handwerkliche, als auch
kaufmännische Tätigkeiten ausgeführt hat. Aufgrund der glaubhaften Angaben der
Zeugen, insbesondere des Zeugen X , der die Tätigkeitsaufstellung des Klägers
bestätigt hat (vgl. S. 4 der Sitzungsniederschrift vom 18.05.2005, Bl. 312 d.A.), und des
Zeugen X , nach dessen Aussage der Kläger zu mindestens 80% "mit schmutzigen
Händen" gearbeitet hat (vgl. S. 2 der Sitzungsniederschrift vom 14.09.2005, Bl. 329
d.A.), schätzt das Gericht, dass der Kläger zu 60 bis 70% seiner Arbeitszeit im
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handwerklichen Bereich und zu 30 bis 40% im kaufmännischen Bereich tätig gewesen
ist. Dabei umfasste seine Tätigkeit im handwerklichen Bereich, was sich aus den
übereinstimmenden Angaben aller Zeugen bis auf die Zeugin X , die lediglich halbtags
im Büro tätig war, ergibt, typischer Weise die Überwachung der Tätigkeiten seiner
Mitarbeiter an den Werkzeugmaschinen, eigene Tätigkeiten des Klägers an den
Maschinen, deren Instandsetzung und Arbeiten im Versandt. Im kaufmännischen
Bereich war der Kläger typischer Weise – wie sich aus den Aussagen der Zeuginnen X
und X , die hierüber aus eigener Anschauung berichten konnten, ergibt – mit der
Erstellung von Angeboten, Anwerbung von Kunden, Kundengesprächen und der
Betriebsorganisation befasst, wobei er umfassend am Computer gearbeitet hat.
Aufgrund der glaubhaften Angaben der Zeugin X (vgl. S. 8 der Sitzungsniederschrift
vom 18.05.2005, Bl. 316 d.A.) ist davon auszugehen, dass die Arbeitszeit des Klägers
zwischen 6:00 und 7:00 Uhr morgens begann und zwischen 17:00 und 18:00 Uhr
endete.
Die Vollsichtigkeit des rechten Auges ist entgegen der Ansicht des Klägers zu
unterstellen, weil dies der vertraglichen Risikoverteilung entspricht. Der Kläger hat am
19.06.2000 eine Erklärung unterzeichnet, nach der Sehminderungen des rechten Auges
eine Leistung aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht bedingen und bei
der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen
Gründen unberücksichtigt bleiben sollen. Nach dem eindeutigen, für den Kläger
verständlichen Wortlaut der Regelung wollte die Beklagte ausschließen, dass
Leistungen aus dem Umstand resultieren, dass die Sehkraft des rechten Auges
beschränkt ist. Hierdurch wurde der Risikoerhöhung, die darin liegt, jemanden zu
versichern, bei dem infolge des bereits bestehenden Sehkraftverlustes auf einem Auge
die Möglichkeit der Berufsunfähigkeit wahrscheinlicher ist als im Normalfall, für den
Kläger erkennbar entgegengewirkt und die Risikoverteilung dem Normalfall angepasst.
Diese Risikoverteilung bleibt im Streitfall über die Berufsunfähigkeit nur dann gewahrt,
wenn die Vollsichtigkeit des bereits bei Vertragsabschluss geschädigten Auges
unterstellt wird. Denn anderenfalls würde die insoweit bestehende Sehkraftminderung
notwendiger Weise entgegen den vertraglichen Vereinbarungen unmittelbare
Berücksichtigung finden. Für die dargestellte Auslegung spricht auch, dass es, würde
die Regelung in dem vom Kläger dargestellten Sinne verstanden, der Vereinbarung
eines Ausschlusstatbestandes überhaupt nicht bedurft hätte. Die Beklagte hat demnach
den Kläger nicht wie eine zu 100% berufsfähige einäugige Person versichert, sondern
sie hat den Kläger bei Vertragsabschluss einem auf beiden Augen Sehenden
gleichgestellt und die Frage, welche Auswirkungen die Vorschädigung des rechten
Auges auf die Berufsfähigkeit hat, von der Leistungsprüfung ausgenommen. Entgegen
der Ansicht des Klägers steht eine Leistungsverpflichtung der Beklagten für den Fall,
dass er auf dem linken Auge erblindet, auch nicht außer Frage. Zwar hat die Beklagte
das Risiko einer Erblindung des Klägers auf dem linken Auge – insoweit ist dem Kläger
zuzustimmen - nicht ausgeschlossen. Nach der dargestellten Risikoverteilung wäre aber
auch in diesem Fall die Vollsichtigkeit des rechten Auges zu unterstellen und zu fragen,
inwieweit unter dieser Voraussetzung eine mindestens 50%-ige Berufsunfähigkeit des
Klägers eingetreten ist, d.h. es könnte nicht ohne weitere Prüfung von einer
Berufsunfähigkeit ausgegangen werden. Eine Ausnahme für den Fall der vollständigen
Erblindung auf dem linken Auge beinhaltet die Regelung vom 19.06.2000 nämlich nicht,
anders als dies im Fall der Regelung war, die dem Oberlandesgericht Nürnberg bei
seiner Entscheidung vom 10.07.1986 (VersR 1987, 249 f.) vorlag. Da der Kläger eine
vollständige Erblindung seines linken Auges nicht behauptet, bedarf es keiner
Entscheidung, ob der Kläger bei Abschluss des Versicherungsvertrages in einer der
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Beklagten zurechenbaren Weise durch seinen Versicherungsmakler in Bezug auf die
Rechtsfolgen einer vollständigen Erblindung fehlerhaft beraten worden und deshalb im
Falle einer vollständigen Erblindung seines linken Auges so zu stellen ist, als sei für
diesen Fall eine Leistungspflicht der Beklagten (ausnahmsweise ergänzend zu der
getroffenen Regelung) vereinbart.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. X in seinem Gutachten vom
12.04.2007 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.12.2007, denen das
Gericht folgt, liegt eine mindestens 50%-ige Berufsunfähigkeit des Klägers nicht vor,
vielmehr ist aufgrund des Wirbelsäulenleidens lediglich eine solche von 10%
vorhanden. Die Feststellungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar. Der
Sachverständige hat die Berufsunfähigkeit im Einzelnen überprüft und zwar sowohl im
Hinblick auf das jeweils beklagte Leiden, als auch im Hinblick auf die einzelnen
Tätigkeitsbereiche des Klägers. Eine Berufsunfähigkeit wegen des Augenleidens
vermochte er bei unterstellter Vollsichtigkeit des rechten Auges nicht festzustellen. Im
Hinblick auf den kaufmännischen Tätigkeitsbereich des Klägers hat er eine
Berufsunfähigkeit wegen des Wirbelsäulenleidens ebenfalls verneint. Lediglich im
handwerklichen Tätigkeitsbereich des Klägers liegt nach den Ausführungen des
Sachverständigen wegen des Wirbelsäulenleidens eine teilweise Berufsunfähigkeit vor,
die mit einem Grad von 20% jedoch nicht zur Leistungspflicht der Beklagten führt. Der
Sachverständige hat bei der Begutachtung die gerichtlichen Vorgaben berücksichtigt.
Zu seiner Einschätzung ist er aufgrund einer gründlichen körperlichen Untersuchung,
wie sie im Gutachten vom 12.04.2007 dokumentiert wird, gekommen. Er hat darüber
hinaus die in der Gerichtsakte befindlichen ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten,
insbesondere auch das durch das Gericht veranlasste ophthalmologische Gutachten
des Dr. X vom 14.03.2006, berücksichtigt und in die Begutachtung einbezogen. Der
Sachverständige verfügt als Arbeitsmediziner über die erforderlichen Fachkenntnisse
zur Beantwortung der an ihn gerichteten Beweisfragen. Angesichts seiner sorgfältigen
Vorgehensweise und nachvollziehbaren Feststellungen sind Zweifel an seiner
Qualifikation nicht gerechtfertigt.
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Da nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme keine mindestens 50%-ige
Berufsunfähigkeit des Klägers besteht, hat dieser weder Anspruch auf Auszahlung
rückständiger Rente (Antrag zu 1) und Rückerstattung von aufgrund einer ihm zu
gewährenden Beitragsbefreiung zu Unrecht gezahlter Versicherungsprämien (Antrag zu
2), noch auf Auszahlung von Rente (Antrag zu 3) und Beitragsbefreiung (Antrag zu 4) für
die Zukunft. Mangels Hauptanspruch sind auch die geltend gemachten
Nebenforderungen nicht gerechtfertigt.
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