Urteil des LG Düsseldorf vom 14.10.2009

LG Düsseldorf (bundesamt für migration, bundesamt, einreise, haftgrund, antrag, prüfung, abschiebung, haftrichter, drittstaat, umstände)

Landgericht Düsseldorf, 18 T 51/09
Datum:
14.10.2009
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 T 51/09
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Betroffene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
G r ü n d e:
1
I.
2
Das Amtsgericht Düsseldorf hat durch den angefochtenen Beschluss nach mündlicher
Anhörung der Betroffenen die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung für die Dauer
von drei Monaten und die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung angeordnet (§ 62
Abs.2 S.1 Nr. 1 und 5 AufenthG).
3
II.
4
Die hiergegen gerichtete zulässige Beschwerde der Betroffenen hat keinen Erfolg; sie
ist unbegründet.
5
1.
6
Die Betroffene traf am 09.09.2009 mit dem Flug XXX aus XXX kommend am Flughafen
in XXX ein. Bei einer Kontrolle nach § 22 Abs. 1 a BPolG wies sie sich mit einem
gefälschten XXX Reisepass, ausgestellt auf den o.a. Aliasnamen aus.
7
Im Laufe der polizeilichen Befragung stellte die Betroffene einen Asylantrag.
8
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurde über den Sachverhalt unterrichtet
und es hat ein Wiederaufnahmeersuchen an XXX gerichtet.
9
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
10
2.
11
Nach dem dargestellten Sachverhalt ist die Betroffene ohne erforderlichen Pass und
Aufenthaltstitel, mithin unerlaubt, in das Bundesgebiet eingereist,
12
§ 14 AufenthG. Sie ist daher gem. §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AufenthG
vollziehbar ausreisepflichtig.
13
Es besteht mithin der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG,
14
Die Betroffene hat auch den Haftgrund des § 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG verwirklicht. Ihren
eigenen Angaben zufolge hat sie sich bei der Ausreise aus ihrem Heimatland über den
XXX, die XXX und XXX und der Einreise nach XXX der Hilfe von Schleusern bedient.
Sie verfügt über keinerlei Ausweispapiere.
15
Bereits dieses Verhalten begründet grundsätzlich – so auch vorliegend - den Verdacht,
dass sich die Betroffene der Abschiebung durch Untertauchen entziehen werde (vgl.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.09.2009- I-3 Wx 119/09 - ). Es kommt hinzu, dass
sie in der XXX keine familiären und/oder sozialen Bindungen hat. Sie hat zudem
angegeben, nicht nach XXX zurückkehren zu wollen.
16
Der Haftanordnung durch das Amtsgericht steht nicht entgegen, dass sie gegenüber der
Bundespolizei angegeben hat, einen Asylantrag stellen zu wollen.
17
Durch diesen mündlich gestellten Antrag hat der Betroffene noch keine
Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 S.1 AsylVfG erworben.
18
Im Falle der unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) setzt
diese vielmehr einen förmlichen Asylantrag im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 AsylVerfG
voraus. Grundsätzlich ist zwar die an das Asylgesuch anknüpfende
Aufenthaltsgestattung einer wirksamen Asylantragstellung zeitlich vorverlagert, doch
genießt ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat unerlaubt einreist, nach Art.16
a GG kein Asylrecht.
19
Für eine Vorverlagerung der Aufenthaltsgestattung besteht mithin keine Veranlassung
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2008 - I-3 Wx 228/08; ebenso OLG München,
Beschluss vom 30.01.2008 – 43 Wx 136/07).
20
Hiernach war der Asylantrag gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 AsylVerfG schriftlich beim
Bundesamt zu stellen. Die Aufnahme eines mündlichen Antrages zur Niederschrift und
dessen Weiterleitung durch die Polizei oder den Haftrichter ist weder im
Verwaltungsverfahrensgesetz noch im Asylverfahrensgesetz vorgesehen (OLG
Düsseldorf, a.a.O.).
21
Die Abschiebehaft endet vorliegend auch nicht vier Wochen nach Eingang des
Asylantrages bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (§ 14 Abs. 3 S. 3
AsylVfg). Das Bundesamt hat vielmehr aufgrund des völkerrechtlichen Vertrages über
die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren – hier: Verordnung (EG) Nr.
343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des
Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatenangehörigen in einem
Mitgliedsstaat gestellten Asylantrag zuständig ist vom 18.02.2003 (Dublin II-VO) - ein
22
Auf-oder Wiederaufnahmeersuchen an XXX gerichtet.
Soweit die Betroffene vorträgt, eine Zurückschiebung nach XXX sei wegen der dort
herrschenden Verhältnisse unzulässig, obliegt die Prüfung grundsätzlich nicht dem
Haftrichter, sondern ist Aufgabe der Verwaltungsgerichte (vgl. OLG Düsseldorf,
Beschluss vom 09.04.2008 – I-3 Wx 16/08). Die Betroffene hat insoweit auch (Eil-)
Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten in Anspruch genommen. .
23
Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 08.09.und 23.09.2009 (2 BvQ
56/00; 2 BvQ 68/09) rechtfertigen die Aufhebung der Haftanordnung nicht. Die hier im
Volltext vorliegenden Entscheidungen lassen nicht erkennen, welche tatsächlichen
Umstände ihr zugrunde gelegen haben. Dass der Fall der Betroffenen mit dem vom
Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall vergleichbar ist, vermag die Kammer
deshalb nicht festzustellen. Die Entscheidung betrifft im Übrigen nicht die Haftfrage,
sondern eine einstweilige Anordnung in Bezug auf die Vollziehung einer Abschiebung
und damit im Kern eine von den Verwaltungsgerichten zu entscheidende Frage.
24
Entsprechend § 62 Abs.2 Satz 4 AufenthG wäre derzeit eine Haft nur unzulässig, wenn
(bereits) feststehen würde, dass eine Zurückschiebung innerhalb der nächsten drei
Monate aus Gründen, die die Betroffene nicht zu vertreten hat, nicht durchgeführt
werden kann. Dies vermag die Kammer - auch auf der Grundlage des eigenen
Vorbringens der Betroffenen - nicht festzustellen
25
Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot oder das Vorliegen
anderer Umstände, die die Anordnung der Zurückschiebungshaft gehindert hätten,
liegen nicht vor.
26
Die Kammer hat von einer erneuten mündlichen Verhandlung (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG)
abgesehen. Die Betroffene ist im ersten Rechtszug mündlich angehört worden. Von
einer erneuten mündlichen Anhörung sind keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten.
27
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
28
Das Prozesskostengesuch der Betroffenen ist zurückzuweisen. Es bestehen und
bestanden aus Gründen dieses Beschlusses keine hinreichenden Erfolgsaussichten.
29