Urteil des LG Düsseldorf vom 13.10.2004

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Landgericht Düsseldorf, 19 T 159/04
Datum:
13.10.2004
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
19. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 T 159/04
Tenor:
In der Notarkostensache
hat die 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
auf die Beschwerde gegen die Kostenrechnung des beteiligten Notars
vom 21.06.2004
am 13.10.2004
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Wert für das Beschwerdeverfahren: 2.689,25 €
Gründe:
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I.
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Die Beschwerdeführer haben durch einen vom Beschwerdegegner beurkundeten
Vertrag vom 07.11.2003 von der ein Baugrundstück erworben. Die Veräußerin
verpflichtete sich zudem, auf diesem Grundstück ein Einfamilienhaus zu errichten. Der
Beschwerdegegner hatte am 29.09.2003 das Grundbuch einsehen lassen und unter
anderem festgestellt, dass in Abteilung III unter laufender Nr. 5 eine Buchgrundschuld
von 500.000,- € für eingetragen war. Die Kaufpreisfälligkeit war nach dem notariellen
Vertrag abhängig von der Freistellung des Grundbesitzes von allen Grundpfandrechten,
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die der Käufer nicht selbst bestellt hat und die seiner Vormerkung im Rang vorgehen
oder gleichstehen oder nicht übernommen werden sollen. Der Vertrag enthält dazu
weiter die Regelung, dass die Freistellung gesichert ist, wenn dem Notar die
Pfandfreigabeerklärung der Gläubigerin oder die Freistellungsbescheinigung gemäß § 3
MaBV vorliegt. Der Grundpfandgläubiger unterzeichnete am 07.11.2003 eine
Freistellungsverpflichtungserklärung.
Nachdem der Beschwerdegegner am 13.01.2004 eine Fälligkeitsmitteilung an die
Beschwerdeführer gesandt hatte, teilte die den Erwerb der Immobilie , mit Schreiben
vom 19.01.2004 mit, dass die von unterzeichnete Freistellungsverpflichtungs-erklärung
nicht ausreichend sei, da es sich um eine Privatperson handele und nicht – wie sonst
üblich – um ein Kreditinstitut und dass daher eine Auszahlung des Darlehens auf dieser
Grundlage nicht möglich sei. Der Beschwerdegegner vertrat in einem sich dann
ergebenden Schriftwechsel mit der die Auffassung, dass die Erklärung des hinreichend
sei und vollumfänglich den Vorgaben der MaBV entspreche, da diese nicht danach
differenziere, ob der Globalgläubiger eine natürliche oder juristische Person ist. Die
Beschwerdeführer beauftragten ihren Verfahrensbevollmächtigten mit der
Interessenvertretung. Dieser bat den Beschwerdegegner telefonisch am 30.01.2004 um
die Formulierung einer Löschungsbewilligung / Pfandfrei-gabeerklärung mit
sachgerechter Treuhandauflage, die der ausreichen sollte, um eine Auszahlung des
Darlehens vorzunehmen.
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Mit Schreiben vom 02.02.2004 informierte der Beschwerdegegner die
Beschwerdeführer darüber, dass die die ihr zustehenden, noch nicht gezahlten
Kaufpreisraten zwangsweise einfordern wolle und hierfür eine vollstreckbare
Ausfertigung des Bauträgervertrages benötige, die er erteilen werde, wenn nicht bis zum
16.02.2004 ein Zahlungsnachweis erfolge.
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Nach schriftlicher erneuter Bitte seitens des Verfahrensbevollmächtigten der
Beschwerdeführer vom 04.02.2004 entwarf der Beschwerdegegner eine
Pfandfreigabeerklärung, die der Globalpfandgläubiger am 09.02.2004 unterzeichnete.
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Der Kaufpreis wurde sodann gezahlt unter Abzug eines Teilbetrages von 50.000,- € zu
Gunsten des
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Der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer berechnete den
Beschwerdeführern für seine Tätigkeit 3.183,04 €, die diese zahlten.
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Die Kostenrechnung des Beschwerdegegners, die dieser auf die Beanstandung des
Bezirksrevisors hinsichtlich der Nichteinhaltung des Zitiergebotes am 21.06.2004
abgeändert und erneut ausgestellt hat, beläuft sich auf 2.689,25 €.
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Die Beschwerdeführer haben gegen die Kostenrechnung des Beschwerdegegners die
Aufrechnung erklärt.
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Sie sind der Auffassung, dass die Einschaltung ihres Verfahrensbevoll-mächtigten und
die Begleichung der Honorarnote nicht erforderlich gewesen wäre, wenn der
Beschwerdegegner bei der Beurkundung des Notarvertrages fehlerfrei gearbeitet hätte.
Es habe erkennen und darüber aufklären müssen, dass die
Freistellungsverpflichtungserklärung einer Privatperson von der finanzierenden Bank
als nicht ausreichend erachtet wird und diese eine Auszahlung des Darlehens auf der
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Grundlage nicht vornehmen würde. Es sei ihm daher eine Amtspflichtverletzung
vorzuwerfen. Mit dem sich daraus ergebenden Schadensersatzanspruch rechnen die
Beschwerdeführer gegen die Kostenrechnung des Beschwerdegegners auf.
Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, dass eine Pflichtverletzung seinerseits, die
eine Schadensersatzanspruch begründen könnte, nicht gegeben ist. Die
Freistellungsverpflichtungserklärung auch einer natürlichen Person sei der gesetzlich
vorgesehene, allgemein und unbeanstandet praktizierte und damit sichere und
sachgerechte Weg gewesen.
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Der Präsident des Landgerichts hat unter dem 28.05.2004 und 27.07.2004 Stellung
genommen.
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II.
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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerdeführer sind
zur Zahlung der streitgegenständlichen Kostenrechnung verpflichtet.
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Der Anspruch des Beschwerdegegners auf Zahlung seiner Kostenrechnung, die in der
Form vom 21.06.2004 nach Abänderung dem Zitiergebot gemäß § 154 KostO entspricht
und die der Höhe nach nicht beanstandet wird, ist nicht durch Aufrechnung mit einer
Gegenforderung erloschen.
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Den Beschwerdeführern steht kein Anspruch auf Schadensersatz wegen einer
Amtspflichtverletzung des Beschwerdegegners in Höhe der Gebührenrechnung ihres
Verfahrensbevollmächtigten zu.
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Eine Pflichtverletzung des Beschwerdegegners ist nicht gegeben. Es liegt weder ein
Beratungs- noch ein Beurkundungsfehler vor.
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Der von dem Beschwerdegegner beurkundete Bauträgervertrag sah hinsichtlich der
Freistellung des Grundstücks von Belastungen vor, dass diese gesichert ist, wenn
entweder die Pfandfreigabeerklärung oder die Freistellungsbescheinigung gemäß § 3
MaBV vorliegt. Damit hat der Beschwerdegegner zwei mögliche Alternativen in den
Vertrag mit aufgenommen und berücksichtigt. Der Entwurf der Vertragsurkunde wurde
der finanzierenden vor der Beurkundung zur Prüfung zugeleitet. Aus der Urkunde ergibt
sich, dass die Buchgrundschuld in Abteilung III lfd. Nr. 5 zu Gunsten einer natürlichen
Person eingetragen war. Die Bank hätte daher bei ihrer Überprüfung im Hinblick auf die
beiden vorgesehenen Alternativen darauf hinweisen können und müssen, dass ihr
hinsichtlich einer Privatperson eine Freistellungsbescheinigung nicht ausreicht. Sie hat
jedoch ohne Beanstandungen eine Finanzierungszusage erteilt.
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Der Beschwerdegegner hatte daher keine Veranlassung, über die in der
Vertragsurkunde vorgesehenen Alternativen zur Sicherstellung der Freistellung hinaus
auf eventuelle Probleme im Hinblick auf Privatgläubiger hinzuweisen und darüber
aufzuklären. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Frage danach, ob die
Freistellungsverpflichtungs-erklärung einer natürlichen Person ausreichend ist, aus
Rechtsgründen nicht eindeutig verneint werden kann. Die gesetzliche Grundlage, § 3
MaBV, unterscheidet nicht nach der Art des Gläubigers. Es ist dieser Vorschrift nicht zu
entnehmen, dass ein Freigabeversprechen ausschließlich von einer Bank oder einem
Kreditinstitut abgegeben werden kann. Grundsätzlich reicht dem Gesetzestext nach das
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schuldrechtliche Freigabeversprechen eines Privatgläubigers aus. Dies ergibt sich auch
aus dem von den Beschwerdeführern zitierten Artikel des Informationsdienstes des
Deutschen Notarinstitutes. Der Verfasser dieses Artikels erachtet es zwar für
sachgerecht, bei einem Privatgläubiger eine stärkere Sicherung der Lastenfreistellung
vorzusehen. Dies erscheint jedoch nicht zwingend notwendig, da die – auch von der
aufgeworfenen Bedenken – überwiegend theoretischer Natur sind und sich zudem im
vorliegenden Fall auch nicht verwirklicht haben. Es liegen hier weder tatsächliche noch
durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Möglichkeit einer
Freistellungsverpflichtungserklärung einer natürlichen Person vor. Eine ausreichende
Sicherung war durch das schuldrechtliche Freigabeversprechen gegeben, da kein
Anlass für Zweifel daran bestand, dass der Globalpfandgläubiger seine Verpflichtungen
zu gegebener Zeit erfüllen würde. Der Beschwerdegegner musste daher nicht vorab
berücksichtigen, dass die finanzierende Bank, die den Vertrag vor der Beurkundung
überprüft und ihre Finanzierungszusage gegeben hat, im Nachhinein der Ansicht ist,
dass die Erklärung des nicht ausreichend ist. Mit Aufnahme der beiden Alternativen
Pfandfrei-gabeerklärung und Freistellungsbescheinigung nach § 3 MaBV in den
Bauträgervertrag ist der Beschwerdegegner seiner Pflicht zur sachgerechten und
sicheren Gestaltung des Vertrages nachgekommen. Der Beschwerde-gegner hat eine
materiell-rechtlich ordnungsgemäß gestaltete Vertrags-urkunde beurkundet.
Schwierigkeiten bei der abschließenden Abwicklung des Vertrages können nicht zu
Lasten des Beschwerdegegners gehen. Die Einschaltung des
Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer aufgrund der aufgetretenen
Schwierigkeiten kann nicht auf das Verhalten des Beschwerdegegners zurückgeführt
werden. Dieser hat zwar auf die Mitteilung der dass die Freistellungsbescheiniung nicht
ausreichend sei, an seiner Auffassung, dass dies sehr wohl der Fall sei, zunächst
festgehalten. Dies ist jedoch im Hinblick auf den Gesetzestext des § 3 MaBV und die
bisher nicht entschiedene Frage, ob eine Freistellungsbescheinigung einer Privatperson
ausreicht, nicht zu beanstanden. Eine Verletzung der sich aus dem Notarvertrag
ergebenen Pflichten liegt darin nicht. Die Einschaltung des Verfahrensbevollmächtigten
durch die Beschwerdeführer mag zwar aus ihrer Sicht veranlasst gewesen sein. Die
Grundlage dafür war jedoch nicht eine Pflichtverletzung des Beschwerdegegners,
sondern vielmehr die Zahlungsweigerung der Streithelferin, die ohne begründete
Zweifel die Freistellungserklärung des Globalpfandgläubigers nicht für ausreichend
erachtet hat.
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Demnach liegen keine Umstände vor, die einen Schadensersatzanspruch bezüglich der
zur Aufrechnung gestellten Honorarforderung rechtfertigen.
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Die weitere Beschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit
zugelassen, § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO.
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