Urteil des LG Düsseldorf vom 06.04.2004

LG Düsseldorf: gegen die guten sitten, geschäftsführung ohne auftrag, pct, verpfändung, objektive unmöglichkeit, gebrauchsmuster, anteil, darlehen, inhaber, rückübertragung

Landgericht Düsseldorf, 4a O 212/03
Datum:
06.04.2004
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 212/03
Tenor:
I.
Der Beklagte wird unter dem Vorbehalt der Ausführung seiner Rechte im
Nachver-fahren verurteilt,
an den Kläger 115.187,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 12% p.a. seit
dem 1. Ja-nuar 2003 auf einen Betrag in Höhe von 113.949,90 Euro und
Zinsen in Höhe von 5% p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
22. Februar 2003 auf einen Betrag in Höhe von 1.237, 45 Euro zu zahlen
Zug um Zug gegen Aushändigung folgender Übertragungserklärung:
„Der unterzeichnende xx,
überträgt im folgenden seine Anteile
an den als Anlage 1 dieser Erklärung (= Anlage 1 zur Vereinbarung
zwischen Herrn x und Herrn xx vom 12.05. 2001, Auflistung
„Schutzrechte x“ vom 11.05. 2001 ver-fasst von Herrn Patentanwalt
xxxxxxx) ersichtlichen Schutzrechte, insbesondere Gebrauchsmuster,
Patente sowie Patentanmeldungen im In- und Ausland sowie sonstiger
von Herrn x angemeldeter und/oder für ihr eingetragener Schutzrechte
im In- und Ausland
mit allen Rechten und Pflichten
an Herrn xx, xxxxxxxxxxxxxx in xxxxxxxxxxxx
und erklärt sich mit der Umschreibung auf den Erwerbenden
einverstanden.
Die Übertragung bezieht sich insbesondere auf den Anteil an der
Schutzrechtsan-meldung internationale Patentanmeldung Nr.
PCT/xxxxxxxxx (= Erstanmeldung Ankerwache) und den Anteil an der
Schutzrechtsanmeldung internationale Patentanmeldung Nr.
PCT/xxxxxxxxxxx „Automatische Anker- und Krängungswache“.
Soweit der Unterzeichnende durch die am 12. Mai 2001 erfolgte
Abtretung Inhaber weiterer Rechte von Herrn xx geworden ist, so bezieht
sich diese Übertragungserklärung ebenfalls darauf, d.h. Herr xx wird
wieder alleiniger und ausschließlicher Inhaber.
Der Unterzeichnende ist über den derzeitigen Bestand der von der
Vereinbarung vom 12. Mai 2001 umfassten Schutzrechte von Herrn xx
nicht informiert worden. Die Erklärungen zur Rückübertragung gelten nur
in dem Umfang, als der Unterzeichnende überhaupt Schutzrechte etc.
von Herrn xx erworben hat bzw. soweit diese noch Bestand haben.
Herr xx bevollmächtigt Herrn xx hiermit - unter Befreiung von den
Beschränkungen des § 181 BGB - die Erklärungen abzugeben, die zur
anteiligen Übertragung der jeweiligen Rechte auf Herrn xx erforderlich
sind. Eventuell notwendige Genehmigungen für die erforderlichen
Änderungen und Eintragungen werden, soweit möglich, hiermit erteilt.
Xx, den ... ”
und Aushändigung einer schriftlichen Erklärung, in der der Kläger
gegenüber dem Beklagten auf alle ihm in der Anlage 2 zur Vereinbarung
vom 12.05. 2001 unter der Überschrift „Verpfändung von gewerblichen
Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen“ eingeräumten Rechte
verzichtet und in die Löschung der zu seinen Gunsten eingetragenen
Pfändungsvermerke betreffend die in vorste-hend wiedergegebener
Anlage 1 zur Vereinbarung vom 12.05. 2001 aufgeführten
Vertragsschutzreche und bzw. Vertragsschutzrechtsanmeldungen -
insbesondere betreffend die Gebrauchsmuster xxxxxxxx und xxxxxx
sowie die Patente bzw. Patentanmeldungen xxxxxxxx und xxxxxxxxxxx -
einwilligt.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte, mit Ausnahme
derjenigen Mehrkos-ten, die durch die Anrufung des funktionell
unzuständigen Landgerichts Dortmund entstanden sind. Diese
Mehrkosten trägt der Kläger.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger und der Beklagte dürfen die gegen sie gerichtete
Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
ihnen gegenüber zwangsweise durchzusetzenden Betrages abwenden,
wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheiten können auch durch die unbedingte, unbefristete,
selbschuldneri-sche Bürgschaft einer in der Europäischen Union als
Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht
werden.
Tatbestand:
1
Der Kläger verlangt im Urkundsprozess Rückzahlung eines Darlehens.
2
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber diverser in Anlage I-C zur vorliegenden
Klageschrift aufgelisteter deutscher Gebrauchsmuster, deutscher Patente und deutscher
sowie internationaler Patentanmeldungen für "xx-xx x zur xxxxxxxxx".
3
Um die Fortentwicklung und die Vermarktung seiner Erfindungen durch die Gründung
einer oder mehrerer gemeinsamer Gesellschaften voranzutreiben, traf er unter dem 12.
Mai 2001 mit dem Kläger eine schriftliche Vereinbarung (Anlage I-C), in der es unter
anderem wie folgt heißt:
4
Kaufgegenstand:
5
Herr xx verkauft und tritt an Herrn xx 10% aller bereits bestehenden, noch
einzutragenden oder im Eintragungsverfahren befindlichen Rechte ab. Die als Anlage 1
dieser Vereinbarung beigefügte Auflistung im Schreiben der Patentanwälte xxxxxxxx
vom 15.05.2001 hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, d.h., auch eventuell nicht
erwähnte Rechte werden von dieser Vereinbarung erfasst.
6
Darüber hinaus wird Herr xx ab jetzt an allen Projekten, zu gründenden Unternehmen,
Patenten, Schutzrechten, Folgeentwicklungen etc., die Herr xx entwickelt, anmeldet
oder ggf. treuhänderisch anmelden lässt, jeweils in Höhe von 10% beteiligt sein.
7
...
8
Gegenleistung
9
Herr xx zahlt an Herrn xx am heutigen Tag einen Betrag in Höhe von 200.000,00 DM (in
Worten: zweihunderttausend Deutsche Mark)...
10
...
11
Die Vertragsparteien legen dem Kaufgegenstand einen derzeitigen Gesamtwert in Höhe
von 2.000.000,00 (zwei Millionen Deutsche Mark) bei.
12
Rücktrittsklausel
13
Herr xx darf diese Vereinbarung bis spätestens 30.09.2002 (Poststempel) durch
Rücktrittserklärung per Einschreiben rückgängig machen. Der Kaufpreis wird in diesem
Falle als Darlehen behandelt. Der Gesamtbetrag ist spätestens am 31.12.2002 zzgl. 7%
Zinsen p.a. seit 12.05.2001 zurückzuzahlen. Sollte das Darlehen nicht rechtzeitig
zurückgezahlt werden, wird es ab Fälligkeit mit 12% p.a. verzinst.
14
Verpfändung der Rechte als Sicherheit, Bestimmungsrecht
15
Bis zur vollzogenen Gründung eines oder mehrerer Unternehmen werden sämtlich
16
bereits existenten Rechte von Herrn xx gemäß anliegendem Vertrag (Anlage 2) an
Herrn xx verpfändet. ...
Herr xx räumt Herrn xx darüber hinaus ein einseitiges Bestimmungsrecht ein, den
Verkauf des Großschiff-Patents an Dritte einzufordern und durchzusetzen. Mindesterlös:
10 Mio. DM.
17
In der formularmäßig vorgegebenen Zusatzvereinbarung zur Verpfändung der
Schutzrechte finden sich unter anderem folgende Abreden:
18
§ 1 Pfandgegenstand
19
Der Sicherungsgeber ist eingetragener Inhaber oder Anmelder der in der Anlage 1
aufgelisteten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen.
20
§ 2 Sicherungsabrede
21
Alle den Sicherungsnehmer in diesem Vertrag bestellten Sicherheiten dienen zur
Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten, auch
gesetzlichen Ansprüche des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsgeber, die sie
im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung erwirbt. ...
22
§ 3 Verpfändung
23
1. Der Sicherungsgeber bestellt dem Sicherungsnehmer ein Pfandrecht an allen
gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf Erteilung der sowie Rechten an und aus
den in § 1 aufgeführten Patenten und Gebrauchsmustern.
24
...
25
3. Darüber hinaus verpfändet er auch seine Ansprüche auf Erteilung oder Eintragung
sowie seine Rechte an und aus Patenten, Gebrauchsmustern und Marken, die er künftig
beantragt, bzw. die ihm künftig erteilt oder für ihn eingetragen werden.
26
...
27
§ 4 Übertragung sonstiger Rechte
28
1. Der Sicherungsgeber tritt alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche, die ihm aus
der Verletzung der gemäß § 3 verpfändeten Ansprüche und Rechte zustehen, an den
Sicherungsnehmer ab.
29
2.
30
Der Sicherungsgeber tritt alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus mit Dritten
abgeschlossenen und künftige abzuschließenden Lizenzverträgen, die sich auf die
gemäß § 3 verpfändeten Ansprüche und Rechte beziehen, an den Sicherungsnehmer
ab.
31
Die auf DM 200.000,00 festgelegte Gegenleistung wurde von dem Kläger mit
Vertragsabschluss an den Beklagten gezahlt.
32
In zwei Schreiben vom 17. und 18. Oktober 2001 (Anlagen II-I) widerrief der Beklagte
gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt seine Bewilligung in eine
Umschreibung vom 3 Gebrauchsmustern, 3 Patenten/Patentanmel-dungen und einer
PCT-Anmeldung, woraufhin das Deutsche Patent- und Markenamt in einem Bescheid
vom 11. März 2002 (Anlage II-K) feststellte, dass die betreffenden Schutzrechte nicht auf
den Kläger umgetragen werden könnten.
33
Mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 (Anlage B4) zeigte der Kläger dem Deutschen
Patent- und Markenamt an, dass der Beklagte drei deutsche Gebrauchsmuster, 2
deutsche Patente bzw. Patentameldungen und die Rechte aus zwei PCT-Anmeldungen
an ihn verpfändet habe.
34
Zu der Verpfändung von zwei der Gebrauchsmuster (Anlage II-F) und den beiden
Patenten / Patentanmeldungen (Anlagen II-G, B6 und B7) teilte das Deutsche Patent-
und Markenamt dem Kläger mit, dass es die betreffenden Verfügungen in den Akten
vermerkt habe.
35
Nach Abschluss der zuvor wiedergegebenen Vereinbarungen gerieten die Parteien
über deren Rechtswirksamkeit in Streit.
36
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 14. März 2002 (Anlage B2) erklärte
der Beklagte, die Übereinkunft vom 12. Mai 2001 vorsorglich außerordentlich und
hilfsweise ordentlich zu kündigen, weil aufgrund der unterschiedlichen beiderseitigen
Vorstellungen eine erfolgreiche Zusammenarbeit nicht absehbar sein.
37
Weil der Beklagte die von ihm versprochene und geschuldete Mitarbeit verweigert habe,
erklärte der Kläger in einem Einschreiben vom 27. September 2002 (Anlage I-D)
vorsorglich den Rücktritt von der eingangs beschriebenen Vereinbarung.
38
Die Parteien versuchten sodann, ihre Übereinkunft im Wege einer vergleichsweisen
Einigung rückabzuwickeln. Hierzu bot der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 5.
Februar 2002 (Anlage I-F) die Rückübertragung der Schutzrechte und Aufhebung von
hieran bestehenden Sicherungsrechten an. Zugleich forderte er den Beklagte dazu auf,
das Darlehen nebst Zinsen und weitere DM 2.420,25 an verauslagten
Patentanwaltshonoraren, zu denen der Beklagte in einem anwaltlichen Schreiben vom
23. September 2002 (Anlage I-L) ausgeführt hatte, diese Kosten seien in eine
vergleichsweise Regelung mit einzubeziehen, bis zum 21. Februar 2003 auf sein Konto
zu überweisen.
39
Hierauf anwortete der Beklagte in einem anwaltlichen Schreiben vom 14. Februar 2003
(Anlage I-E):
40
...
41
Bei den von Ihnen beigefügten beiden Entwürfen ("Erklärung über die Aufhebung von
Sicherungsrechten", "Übertragungserklärung") sind unseres Erachtens keine
Änderungen notwendig. Herr xx ist ferner grundsätzlich bereit, den von ihnen
geforderten Betrag zu zahlen. ...
42
In einem weiteren Schreiben vom 25. Februar 2003 (Anlage I-G) führte der Beklagte
43
aus:
Auf Grund dieser Verzögerung benötige ich nun nicht nur das Dir zustehende Geld, es
drückt auch an mehreren anderen Stellen. Meine Kapitalgeber wünschen bei der nun
erhöhten Summe doch noch eine Rücksprache mit meinem Patentanwalt und einem
namhaften Schiffstechniker. Hiernach würde einer baldigen Rückabwicklung nichts
mehr im Wege stehen und ich möchte Dich bis dahin noch um Geduld bitten – gerne
auch zu deinem Tageszins. Alle Bemühungen hierfür laufen unter Hochdruck.
44
Die Vergleichsverhandlungen führten zu keinem Ergebnis.
45
Der Kläger, der von dem Beklagten vorrangig Zahlung aus der eingangs
wiedergegebenen Vereinbarung und hilfsweise aus ungerechtfertigter Bereicherung
verlangt, sieht in den Schreiben des Beklagten vom 23. September 2002 und 14. sowie
25. Februar 2003 (Anlagen I-L, I-E und I-G) ein Anerkenntnis.
46
Der Kläger hat von dem Beklagten ursprünglich uneingeschränkt Rückzahlung seiner
auf die Vereinbarung vom 12. Mai 2001 geleisteten Zahlung und hilfsweise eine
entsprechende Verurteilung des Beklagten Zug-um-Zug gegen Erfüllung der im Tenor
bezeichneten Gegenrechte verlangt.
47
In der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004 hat er seinen Hauptantrag
zurückgenommen.
48
Der Kläger beantragt nunmehr,
49
zu erkennen, wie geschehen.
50
Der Beklagte beantragt,
51
die Klage abzuweisen;
52
hilfsweise,
53
ihm die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.
54
Er wendet ein, die Vereinbarung vom 12. Mai 2001 sei rechtsunwirksam, weil sie nicht
hinreichend bestimmt sei. Dessen ungeachtet stelle sie eine sittenwidrige
Benachteiligung zu seinen Lasten dar.
55
Hilfsweise beruft er sich auf Zurückbehaltungsrechte, zu denen er geltend macht, der
Kläger habe die Rückübertragung der an ihn abgetretenen Schutzrechte und die
Löschung der Verpfändungsvermerke beim Deutschen Patent- und Mar-kenamt zu
bewirken. Auch habe er seine Rechte und Pflichten als Mitanmelder der PCT-
Anmeldung xxxxxxx zu übertragen und die Umschreibung auf eigene Kosten
herbeizuführen. Seine im Zuge der Vergleichsverhandlungen mit Schreiben vom 5.
Februar 2003 zeitlich befristeten Erklärungen (Anlage I-F) reichten hierzu nicht aus.
56
Weiter habe der Kläger ihm Auskunft über eventuelle weitere, nicht beim Deutschen
Patent- und Markenamt vermerkte Maßnahmen zu erteilen. Dies gelte insbesondere
auch im Hinblick auf die ausländischen Schutzrechte.
57
Überdies könne er von dem Kläger die Herausgabe einer Originalvollmacht zu der
Vereinbarung vom 12. Mai 2001 (Anlage B17) verlangen.
58
Hierauf erwidert der Kläger, die beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen
Verpfändungsvermerke würden den Beklagten in seiner Verfügungsberechtigung nicht
einschränken. Eine Übertragung seiner Rechte als Mitanmelder der PCT-Anmeldung
xxxxxxxxx habe er dem Beklagten wiederholt angeboten mit der Folge, dass sich der
Beklagte insofern in Annahmeverzug befinde. Über den Akteninhalt des Deutschen
Patent- und Markenamtes hinausgehende Maßnahmen habe er nicht veranlasst. Die
vom Beklagten herausverlangte Originalvollmachtsurkunde stehe nicht in einem
Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 12. Mai 2001. Es handele sich um eine
eigenständige, für einen konkreten Auftrag erteilte anwaltliche Handlungsvollmacht.
59
Das vom Kläger ursprünglich angerufene Landgericht Dortmund hat sich mit Beschluss
vom 13. Mai 2003 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an die funktionell
zuständige Kammer für Patent- und Gebrauchsmusterstreitigkeiten bei dem Landgericht
Düsseldorf verwiesen.
60
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze und de zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.
61
Entscheidungsgründe:
62
Die Klage hat in dem vom Kläger nunmehr geltend gemachten Umfang vorbehaltslos
Erfolg.
63
I.
64
Der Beklagte ist nach § 607 BGB i.V.m. der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 (Anlage I-
C) dazu verpflichtet, die von dem Kläger empfangenen DM 200.000,00 nebst Zinsen in
der hier geltend gemachten Höhe zurückzuzahlen.
65
1.
66
Die Parteien sind unter dem 12. Mai 2001 schriftlich darin übereingekommen, dass der
Kläger für die Abtretung eines Anteils von 10% an einer Anzahl näher bezeichneter
gewerblicher Schutzrechte an den Beklagten DM 200.000,00 leisten soll.
67
Für den Fall, dass der Kläger die Vereinbarung bis zum 30. September 2002 kündigen
sollte, haben die Parteien vereinbart, dass die vom Kläger geleistete Zahlung als ein
zum 31. Dezember 2002 fällig werdendes, näher zu verzinsendes Darlehen zu
behandeln ist.
68
Diese Voraussetzung ist eingetreten, nachdem der Kläger mit Einschreiben vom 27.
September 2002 (Anlage I-D) seinen Rücktritt von der Vereinbarung vom 12. Mai 2001
erklärt hat.
69
a)
70
Gegenüber seiner hieraus hervorgehenden Rückzahlungspflicht wendet der Beklagte
71
ohne Erfolg ein, die in Vereinbarung vom 12. Mai 2001 geregelte
Schutzrechtsübertragung sei nicht hinreichend bestimmt, mit der Folge, dass die
Übereinkunft insgesamt rechtsunwirksam sei.
Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die nach dem Vertrag vom 12. Mai 2001 auf den
Kläger zu übertragenden Schutzrechte hinreichend konkret bezeichnet werden und ob
es - entsprechend dem Vertragsverständnis des Beklagten - rechtlich unmöglich ist,
einen näher bezeichneten Anteil dieser Schutzrechte an den Kläger abzutreten.
72
Für eine hinreichend konkrete Bezeichnung der zu übertragenden Schutzrechte spricht
der aus der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 hervorgehende Wille, alle Schutzrechte des
Beklagten, durch welche die Erfindung "xx-xx xx zur xxx" geschützt werden, anteilig auf
den Kläger zu übertragen.
73
Der Rechtswirksamkeit dieser Vereinbarung steht nicht entgegen, dass es unmöglich
ist, gewerbliche Schutzrechte realiter aufzuspalten (Busse/Keukenschrijver, PatG, 5.
Aufl., § 15 PatG, Rz. 18).
74
Ein solcher Wille, einen realen Anteil an den bezeichneten Schutzrechten zu
übertragen, geht aus der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 nicht hervor. Eine Aufspaltung
der Schutzrechte wird hierin nicht erklärt. Bei verständiger Würdigung und unter
Berücksichtigung des Vertragszweckes ging es den Parteien vielmehr darum, den
Kläger im Sinne einer Bruchteilsgemeinschaft an den gewerblichen Schutzrechten
quotenmäßig zu beteiligen. Einer so verstandenen Verfügung stehen rechtliche
Hindernisse nicht entgegen.
75
Selbst wenn man dem Verständnis des Beklagten im Sinne einer realen Teilung der
betroffenen Schutzrechte folgt, führt dies nicht dazu, dass die Vereinbarung vom 12. Mai
2001 rechtsunwirksam ist. Denn die rechtliche Unmöglichkeit, gewerbliche Schutzrechte
realiter aufzuspalten, betrifft nicht den Rechtsbestand einer hierauf gerichteten
Übereinkunft, sondern allein deren Vollzug. Nach dem § 311a BGB n.F., der gemäß Art.
229 § 5 EGBGB auf die vorliegende Rechtsbeziehung Anwendung findet, führt der
Umstand, dass ein Vertrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, entgegen dem
früheren § 306 BGB a.F. nicht mehr zur Nichtigkeit der betreffenden Vereinbarung. Die
anfängliche objektive Unmöglichkeit stellt einen Fall schuldrechtlicher Leistungsstörung
dar, die auf den Bestand einer entsprechenden Vereinbarung keinen Einfluss nimmt.
76
b)
77
Entgegen dem weiteren Einwand des Beklagten ist die Vereinbarung vom 12. Mai 2001
auch nicht wegen Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.
78
Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten
verstößt. Ein entsprechender Sittenverstoß kann in einem Verhalten gegenüber dem
Geschäftspartner bestehen. Neben dem in § 138 Abs. 2 BGB hervorgehobenen Fall des
Wuchers, soll auch der § 138 Abs. 1 BGB den Schwächeren gegen wirtschaftliche und
intellektuelle Übermacht schützen (BGH, NJW 1981, 1206). Zum Anwendungsbereich
des § 138 Abs. 1 BGB gehören in dieser Hinsicht Knebelungs- oder wucherähnliche
Verträge, Verträge mit übermäßigen Freiheitsbeschränkungen, Verträge, die unter
Ausnutzung wirtschaftlicher Übermacht zustande gekommen sind oder den
Schwächeren in eine ausweglose Lage bringen (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., §
79
138 BGB, Rz. 24). Einen solchen Tatbestand hat der Beklagte nicht schlüssig dargetan.
Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien in der Vereinbarung vom 12.Mai
2001 die Gesamtheit der auf den Beklagten zurückzuführenden Schutzrechte mit DM
2.000.000,00 bewertet haben, oder lediglich den auf den Kläger zu übertragenden
10%igen Anteil, mit der Folge, dass der Kläger diese Verfügung mit lediglich 10% des
ihm zugedachten Vermögenszuwachses vergüten sollte. Allein aus einem solchen
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung lässt sich hier nicht herleiten, dass
der Beklagte sich bei Vertragsabschluss einem in seiner Verhandlungsposition
übermächtigen Geschäftspartner gegenüber sah und von diesem in die Vereinbarung
vom 12.Mai 2001 hineingedrängt worden ist. Dies gilt auch deshalb, weil es sich in der
mit DM 2.000.000,00 vorgenommenen Bewertung der sich zum Teil noch im
Anmeldestadium befindlichen Schutzrechte nach dem erkennbaren Willen der Parteien
um eine unverbindliche Bemessungsgrundlage handeln sollte.
Auch das Ausmaß der an den Kläger zu Sicherungszwecken verpfändeten
Schutzrechte und das ihm im Hinblick auf einen Verkauf des sog. Großschiffpatents
zugesagte Bestimmungsrecht vermögen nicht die Annahme zu rechtfertigen, die
Vereinbarung vom 12.Mai 2001 stelle eine sittenwidrige Benachteiligung zulasten des
Beklagten dar. Wie bereits ausgeführt, war es zwischen den Parteien nicht gewollt und
ihnen auch nicht möglich, den Wert der auf den Kläger zu übertragenden Schutzrechte
verbindlich festzulegen. Daher lässt der Umfang der dem Kläger gewährten
Sicherheiten keinen zwingenden Rückschluss auf ein Missverhältnis der
auszutauschen Leistungen zu. Auch hat der Beklagte nicht dargetan, von dem Kläger
infolge wirtschaftlicher Unterlegenheit zu der Verpfändung der Schutzrechte gedrängt
worden zu sein. Seine Behauptung, die Vereinbarung vom 12.Mai 2001 sei durch den
Kläger vorgegeben worden besagt hierzu nicht. Sie ist im übrigen nicht urkundlich
belegt, so dass der Beklagte hiermit in der gewählten Prozessart nicht gehört werden
kann.
80
c)
81
Rechtlich unerheblich schließlich ist die von dem Beklagten zu der Vereinbarung vom
12. Mai 2001 mit Schreiben vom 14. März 2002 (Anlage B2) ausgesprochene
Kündigung.
82
Ein entsprechendes Kündigungsrecht für Beklagten ist in der Vereinbarung vom 12. Mai
2001 nicht vorgesehen. Auch war der Beklagte nicht dazu berechtigt, die vorstehend
bezeichnete Vereinbarung außerordentlich zu kündigen. Die Ausübung eines solchen
Gestaltungsrechts setzt in der Regel ein pflichtwidriges Verhalten des Vertragspartners
voraus, aufgrund dem es der anderen Partei unter Berücksichtigung der wechselseitigen
Interessen nicht zuzumuten ist, an der getroffenen Übereinkunft gebunden zu bleiben
(vgl. Palandt/Putzo, Kommentar zum BGB, 60. Aufl., § 626 BGB, Rz. 37-41). Wegen der
weitreichenden Folgen ist es im Allgemeinen erforderlich, den Vertragspartner vor
Aussspruch der außerordentlichen Kündigung abzumahnen und ihm so Gelegenheit zu
geben, sich fortan vertragsgemäß zu verhalten.
83
Ausgehend von diesen Voraussetzungen vermag die von dem Beklagten mit Schreiben
vom 14. März 2002 ausgesprochene Kündigung bereits in Ermangelung eines
vorgetragenen Kündigungsgrundes keine Rechtswirkungen zu erzeugen. Eine
vorhergehende Abmahnung des Klägers ist nicht zu ersehen und von dem Beklagten
auch nicht dargetan worden.
84
2.
85
Die an den Kläger zurückzuleistende Zahlung vermag der Beklagte nach §§ 273, 346
BGB solange zu verweigern, bis ihm die Rückübertragung der auf den Kläger
umgetragenen Schutzrechte und der Verzicht des Klägers auf die in der Anlage 2 zur
Vereinbarung vom 12. Mai 2001 unter der Überschrift "Verpfändung von gewerblichen
Schutzrechen und Schutzrechtsanmeldungen" ihm eingeräumten Rechte erklärt worden
ist.
86
Solchen Gegenansprüchen des Beklagten ist der Kläger in der mündlichen
Verhandlung vom 4. März 2004 zutreffend nicht mehr entgegengetreten, so dass es
hierzu keiner näheren Erläuterungen bedarf.
87
a)
88
In Ermangelung einer tauglichen Anspruchsgrundlage kann der Beklagte allerdings
nicht verlangen, dass der Kläger die Umschreibung der auf seinen Namen lautenden
PCT-Anmeldung xxxxxxxx bei dem Deutschen Patent- und Markenamt bewirkt. Sowohl
im Hinblick auf eine Übertragung wie auch eine Verpfändung der dem Kläger
zugesagten Schutzrechte haben die Parteien keine Absprache zu deren Anzeige beim
Deutschen Patent- und Markenamt und den hiermit verbundenen Verfahrenskosten
getroffen. Nach dem Grundsatz, dass der Veräußerer dem Erwerber im Zweifelsfall nur
eine solche Rechtsposition zusagen will, wie sie für den mit dem Vertrag verfolgten
Zweck erforderlich ist (vgl. BGH, GRUR 1981, 281, 288 -Honorar-vereinbarung; BGH,
GRUR 1996, 121, 122 -pauschale Rechtseinräumung), hat des dem Willen der Parteien
entsprochen, dass Anzeigen, die mit einer Umsetzung der Vereinbarung vom 12. Mai
2001 zusammenhängen, ohne Anspruch auf Kostenerstattung von demjenigen
vorzunehmen sind, der durch die anzuzeigende Verfügung begünstigt ist. Für die
Rückabwicklung des streitgegenständlichen Vertrages hat dies zur Folge, dass sich
auch der Kläger darauf beschränken kann, dem Beklagten die für eine (Rück-)
Übertragung der ihm zuteil gewordenen Rechte erforderlichen Erklärungen zu erteilen.
89
b)
90
Wegen weiterer Schutzrechte vermag der Beklagte von dem Kläger keine (Rück-
)Übertragung verlangen, weil er nicht dargetan hat, ob und ggf. welche seiner
Gebrauchsmuster, Patente und Rechte aus PCT-Anmeldungen neben der PCT-
Anmeldung xxxxxxxx auf den Kläger ein- bzw. umgetragen worden sind. Wie sich aus
einem Bescheid des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. März 2002 (Anlage
II-K) ersehen lässt, ist es zu einer Umschreibung der Gebrauchsmuster xxxxxxxx,
xxxxxxxx und xxxxxxxx, der Patente bzw. Patentanmeldungen xxxxxxxxxx, xxxxxxx und
xxxxxxxx und der Rechte aus der PCT-Anmeldung xxxxxxauf den Kläger nicht
gekommen, weil der Beklagte mit Schreiben vom 17. Oktober 2001 (Anlage II-I) seine
Umschreibungsbewilligung zurückgenommen hatte.
91
c)
92
Der Beklagte vermag die von ihm geschuldete Zahlung auch nicht nach § 273 BGB
solange zu verweigern, bis der Kläger ihm Auskunft über weitere Maßnahmen erteilt, die
er in Umsetzung der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 veranlasst hat. Eine solche im
93
nach dem §242 BGB obliegende Auskunftspflicht hat der Kläger dadurch erfüllt (§ 362
BGB), dass er mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2003 dargetan hat, über den dem
Beklagten bekannten Akteninhalt des Deutschen Patent- und Markenamtes hinaus
keine Maßnahmen in die Wege geleitet zu haben. Zu diesem Vorbringen hat der Kläger
in der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004 präzisiert, dass es zu
Auskunftszwecken gegenüber dem Beklagten erfolgt ist.
d)
94
Auch wegen der von ihm herausverlangten Originalvollmachtsurkunde (Anlage B17)
schließlich kann der Beklagte schließlich keine Zahlung nach § 273 BGB verweigern.
95
Denn es ist nicht einzusehen, warum der Kläger diese Urkunde an den Beklagten
herausgeben soll. Eine entsprechende Pflicht folgt nicht aus § 346 BGB in
Rückabwicklung der Vereinbarung vom 12. Mai 200. Die von dem Beklagten zu der
Vollmacht vorgelegte Kopie enthält keinen Hinweis, wonach das Schriftstück den Kläger
dazu ermächtigen sollte, die in der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 enthaltenen
Abreden umzusetzen. Für eine Übertragung der dem Kläger zugesagten Rechte war die
Vollmacht nicht erforderlich, weil der Kläger bereits in der Vereinbarung vom 12. Mai
2001 von dem Beklagten dazu ermächtigt worden ist, die hierfür erforderlichen
Erklärungen abzugeben. Das in der Kopie wiedergegebene Schriftstück stellt eine
allgemeine Handlungsvollmacht für prozessuale und außerprozessuale
Angelegenheiten zum Betreiben aller mit den "xx-xx-Systemen" zusammenhängenden
Angelegenheiten dar. Ein berechtigtes Interesse an einer Rückgabe dieser
Vollmachtsurkunde ist nicht zu ersehen und von dem Beklagten auch nicht geltend
gemacht worden.
96
II.
97
Die von ihm verauslagten Patentanwaltskosten kann der Kläger von dem Beklagten aus
Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 670, 677, 683 BGB ersetzt verlangen.
98
Maßgebende Einwendungen hiergegen hat der Beklagte nicht geltend gemacht.
99
Ein Zurückbehaltungsrecht zur Durchsetzung der von ihm einredeweise erhobenen
Gegenansprüche steht ihm aus den vorstehend dargelegten Gründen auch gegenüber
dieser Verbindlichkeit nur in dem im Tenor zuerkannten Ausmaß nach § 273 BGB zu.
100
III.
101
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. den in der
Vereinbarung vom 12. Mai 2001 vereinbarten Zinssätzen.
102
IV.
103
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3, 281 Abs. 3 ZPO.
104
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 4 und 11, 711,
108 ZPO.
105
V.
106
Der Streitwert wird auf 115.187,35 Euro festgesetzt.
107