Urteil des LG Düsseldorf vom 25.01.2007

LG Düsseldorf (anschlussberufung, verjährung, höhe, wohnung, zpo, beschädigung, bezeichnung, sache, einrede, betrag)

Landgericht Düsseldorf, 21 S 430/05
Datum:
25.01.2007
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
21. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
21 S 430/05
Vorinstanz:
Amtsgericht Düsseldorf, 20 C 15983/04
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.9.2005 verkündete Urteil
des Amtsgerichts Düsseldorf - 20 C 15983/04 - teilweise abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 23.9.2005
verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf - 20 C 15983/04 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist - wegen der Kosten - vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung der Beklagten
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in
gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
1
I.
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Die Beklagten mieteten mit schriftlichem Mietvertrag vom 8.11.1999 ab dem 1.12.1999
ein Wohnung im Haus X in Düsseldorf. Die Klägerin trat zu einem späteren Zeitpunkt als
Eigentümerin und Vermieterin in das Mietverhältnis ein. Das Mietverhältnis endete zum
31.1.2004. Mit der Klage macht die Klägerin Schadensersatz geltend, unter anderem
wegen der angeblichen Beschädigung von Holzwerk in der Mietwohnung, wegen
Beschädigung von Türdrückern, Waschbecken , Badewanne, Bodenbelag und anderem
und wegen der unzureichenden Reinigung der Wohnung. Die Klägerin errechnet dabei
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einen Gesamtschadensbetrag von 2.251,31 €. Mit der Klage geltend gemacht hat sie
einen Betrag von 2.000 €. Durch das den Parteien am 29. bzw. 30.9.2005 zugestellte
Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 23.9.2005 – 20 C 15983/04 - , auf das zur
näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Klage
teilweise, und zwar wegen der Schadensposten Holzwerk (teilweise),
Wohnungsreinigung, Waschbecken und Bodenbelag in der Küche in Höhe von 719,68
€ stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen. Hiergegen richtet sich die am
21.10.2005 eingelegte und mit am 21.11.2005 eingegangen Schriftsatz begründete
Berufung der Beklagten. Diese erheben, wie bereits in erster Instanz geschehen,
insbesondere erneut die Einrede der Verjährung. Die Beklagten und Berufungskläger
beantragen, das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 23.9.2005 aufzuheben und die
Klage insgesamt abzuweisen. Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt, die
Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin hat, im Hinblick auf den Schadensposten
"Steckdosenüberprüfung" mit Schriftsatz vom 4.1.2006, eingegangen beim Landgericht
am 5.1.2006 innerhalb der bis zum 27.1.2006 verlängerten Berufungserwiderungsfrist,
Anschlussberufung eingelegt. Sie beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf
vom 23.9.2005 - 20 C 15983/04 – teilweise abzuändern und die Beklagten als
Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 120, 00 € nebst Zinsen in Höhe von 5%
über dem Basiszinssatz seit dem 2.7.2004 zu zahlen. Die Beklagten beantragen, die
Anschlussberufung zurückzuweisen.
II.
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage
ist allerdings nicht als unzulässig abzuweisen. Die Klägerin hat nunmehr mit Schriftsatz
vom 2.1.2007 klargestellt, dass sie , soweit es die – angeblichen – Schäden am
Holzwerk betrifft, auf der Grundlage des Angebots der Malerwerkstatt X GmbH – dort die
Position 1.6.- lediglich einen Teilbetrag von 417,60 € netto geltend gemacht werde.
Damit addiert sich die Summe aller geltend gemachten Schadensposten auf 2.000 €, so
dass nun, anders als zuvor, keine unzulässige Teilklage vorliegt. Die Klage ist
allerdings auf die entsprechende Einrede der Beklagten abzuweisen, da die geltend
gemachten Schadensersatzansprüche verjährt sind. Alle geltend gemachten
Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs.1 BGB unterliegen der kurzen
sechsmonatigen Verjährung aus § 548 BGB. Die Verjährungsfrist beginnt mit der
Rückgabe der Mietsache, hier am 31.1.2004. Die Frist endet demgemäß mit Ablauf den
31.7.2004. Die Verjährung ist vorliegend auch nicht durch den am 20.7.2004 erlassenen
und am 22.7.2004 zugestellten Mahnbescheid des Amtsgerichts Hagen, AZ 04-
2082116-2-3 , gem. § 204 Abs.1 Ziffer 3 BGB gehemmt worden. Eine Hemmung der
Verjährung durch die Zustellung eines Mahnbescheides tritt nur ein, wenn die
streitgegenständliche Forderung durch den Mahnbescheid hinreichend individualisiert
wird. Der Anspruch muss so gegenüber anderen Ansprüchen abgegrenzt werden, dass
er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungsbescheides sein
und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn
geltend gemacht werden, damit er erkennen kann, ob und in welchem Umfang er sich
zur Wehr setzen will. (vgl. BGH, MDR 2006, 689 ff. m.w.N.) Dabei gilt auch für das
automatisierte Mahnverfahren, dass die Individualisierung der geltend gemachten
Ansprüche aus dem Mahnbescheid selbst möglich sein muss. (vgl. LG Köln, WuM 1997,
632 ff.) Vorliegend fehlt es zum einen im Mahnbescheid an der erforderlichen
Individualisierung des Mietvertrages der Parteien. Angegeben wird lediglich
"Mietnebenkosten … für die Wohnung in 40215 Düsseldorf". Um welche Wohnung es
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sich handelt wird nicht gesagt. Weiterhin ist die Bezeichnung der geltend gemachten
Schadensersatzansprüche als "Mietnebenkosten – auch Renovierungskosten – " falsch
und somit für die Beklagten als Adressaten verwirrend. Rechtlich handelt es sich bei
den streitgegenständlichen Forderungen sämtlich um Schadensersatzforderungen gem.
§ 280 Abs.1 BGB. Es handelt sich weder um Mietnebenkosten, unter den ein juristischer
Laie eher Betriebs- oder Nebenkostenansprüche vermuten würde. Auch der Zusatz
"auch Renovierungskosten" ändert an der Beurteilung der Sachlage nichts. Die geltend
gemachten Schadensersatzansprüche, beispielsweise wegen der angeblichen
Beschädigung von Holzwerk, Bodenbelag und Sanitäreinrichtungen, stellen bereits
begrifflich keine Renovierungskosten dar. (vgl. LG Köln, aaO; LG Berlin, ZMR 2001,
970) Vorliegend reicht der Verweis im Mahnbescheid auf das Aufforderungsschreiben
vom 19.3.2004 ebenfalls nicht aus, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche
hinreichend zu individualisieren. Wenn, wie hier, mehrere Einzelansprüche unter
Zusammenfassung in einer Summe geltend gemacht werden, ist weitergehend
erforderlich, dass die Einzelforderungen nach Individualisierungsmerkmalen und Betrag
bestimmt sein müssen. Eine zusammenfassende zeitliche Eingrenzung ohne
betragsmäßige Aufteilung und Zuordnung der Gesamtsumme reicht nicht. (vgl. BGH,
NJW 2001, 305 ff.) Eine hinreichende Individualisierung könnte hier allenfalls durch das
Aufforderungsschreiben vom 19.3.2004 – Bl. 143-147 der GA- erfolgt sein, auf das im
Mahnbescheidsantrag verwiesen wird. Im oben genannten Aufforderungsschreiben
werden weiterhin aber auch Mietrückstände in Höhe von 345 € verlangt; die Beklagten
werden zur Zahlung eines Gesamtbetrages von 2.345,00 € aufgefordert. Da, wie oben
ausgeführt, die nun streitgegenständlichen Schadensersatzforderungen im
Mahnbescheidsantrag unzutreffend als "Mietnebenkosten – auch Renovierungskosten
–" bezeichnet worden sind, konnten die Beklagten nicht eindeutig erkennen, welche der
Forderungen aus dem Aufforderungsschreiben vom 19.3.2004 nun Gegenstand des
Mahnbescheids sein sollten und welche nicht. Vorliegend kann es auch keine Rolle
spielen, dass im Rahmen des automatisierten Mahnverfahrens den Antragstellern und
ihren Prozessbevollmächtigten Vordrucke und Forderungsformulierungen angeboten
werden, die zur nicht hinreichend genauen Bezeichnung der Forderungen verleiten.
(vgl. auch LG Köln, aaO) Durch die Einreichung und Zustellung der
Anspruchsbegründung mit Schriftsatz vom 8.10.2004 konnte keine Hemmung der
Verjährungsfrist mehr eintreten; diese war zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichen. Dass
die den Streitgegenstand bildenden einzelnen Forderungen in der oben genannten
Klagebegründung genau aufgeführt sind, ändert an der Verjährung nichts. (BGH, NJW
2001, 305 ff.)
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III.
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Die Anschlussberufung der Klägerin mit Schriftsatz vom 4.1.2006 ist zulässig; sie ist
insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat die
Anschlussberufung keinen Erfolg, da der geltend gemachte Schadensersatzanspruch
wegen der Steckdosenüberprüfung jedenfalls verjährt ist.
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IV.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in den §§ 91 Abs.1 , 97,
708 Nr.11, 711 ZPO. Die Revision wird zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543
Abs.2 ZPO vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da , soweit
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ersichtlich, noch nicht höchstrichterlich darüber entschieden worden ist, ob die
Verwendung der in den amtlichen Vordrucken für das Mahnbescheidsverfahren
vorgesehen Formulierungen zu einer hinreichend genauen Bezeichnung der geltend
gemachten Forderungen im Sinne der §§ 204 Abs.1 Ziffer 3 BGB, 690 Abs.1 Ziffer 3
ZPO führen oder nicht.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 839,68 €
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