Urteil des LG Dortmund vom 30.01.2003

LG Dortmund: versicherungsnehmer, heilbehandlung, kur, ausschluss, versicherungsschutz, sklerose, versicherungsvertrag, klinik, datum, avb

Landgericht Dortmund, 2 S 27/02
Datum:
30.01.2003
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 S 27/02
Vorinstanz:
Amtsgericht Dortmund, 135 C 11313/01
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. Juni 2002
verkündete Urteil des Amtsgerichts Dortmund abgeändert
und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 971,45 €
- i. B.: neunhunderteinundsiebzig 45/100 Euro - nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.06.2001 zu
zahlen.
Der weitergehende Zinsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
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Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des
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angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat gegen
die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag in Verbindung mit § 1 Abs. 1 WG einen
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Anspruch auf Zahlung von Krankenhaustagegeld in der geltend gemachten Höhe für die
ersten 19 Tage der stationären Behandlung in der T-Klinik , die vom 27.12.2000 bis zum
30.1.2001 andauerte.
Die stationäre Heilbehandlung der Klägerin war medizinisch notwendig. Dies ist
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durch das erstinstanzlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. U
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vom 2.5.2002 bewiesen. Der Sachverständige hat ausgeführt, daß durch die stationären
Behandlungsmaßnahmen eine Stabilisierung bzw. eine partielle Verbesserung der
klinischen Symptomatik bei der Klägerin erreicht wurde. Da
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hierdurch das verlaufstypische Fortschreiten der sekundär chronisch progredient
verlaufenden multiplen Sklerose, an der die Klägerin leidet, ohne Zweifel zumindest
abgebremst werden könne, sei die medizinische Notwendigkeit einer stationären
Heilbehandlung in Abständen von etwa 1 Jahr bei der Klägerin gegeben. Eine
ambulante Heilmaßnahme könne die Progredienz nicht so wirkungsvoll vermindern.
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Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Kammer
an.
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Der Anspruch der Klägerin ist nicht nach § 5 Nr. 1 d AVB ausgeschlossen. Zwar
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handelte es sich um eine stationäre Rehabilitationsbehandlung, wie der
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Sachverständige ausgeführt hat, die Rehabilitationsmaßnahme war aber nicht von
einem Sozialversicherungsträger bewilligt worden. Die Klausel führt daher von ihrem
Wortlaut her nicht zu einem Ausschluss des Krankenhaustagegeldanspruchs. Auch von
ihrem objektiven Erklärungswert her kann die Klausel von einem durchschnittlichen
Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger
Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren
Sinnzusammenhangs nur so verstanden werden,
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dass für sonstige Rehabilitationsmaßnahmen, die nicht von einem
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Sozialversicherungsträger bewilligt wurden, Versicherungsschutz besteht (vgl. zum
Auslegungskriterium BGH VersR 1993, 957; VersR 1999, 1224). Für eine
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erweiternde Auslegung zu Gunsten der Beklagten als Klauselverwenderin ist
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mangels Unklarheit der Regelung oder Regelungslücke kein Raum. Im Übrigen wäre
eine ergänzende Auslegung zu Gunsten des Verwenders wegen seiner
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Formulierungsverantwortung nur ausnahmsweise zulässig (Palandt-Heinrichs, BGB, 61.
Aufl. § 5 AGBG Rn 11). Es ist nicht erkennbar, dass die einschränkende Auslegung zu
Gunsten des Versicherungsnehmers, die der Bundesgerichtshof vorgenommen hat
(BGH VersR 1983, 677), wonach auch bei einer von einem Sozialversicherungsträger
bewilligten Rehabilitationsmaßnahme entscheidend ist, ob die Behandlung, die dem
Versicherungsnehmer gewährt wird, eher einer Krankenhausbehandlung
herkömmlicher Art oder einem Kur- oder Sanatoriumsaufenthalt entspricht, hier zu
Lasten des Versicherungsnehmers anzuwenden ist. Dies verbietet sich schon wegen
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des Wortlauts der Klausel.
Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf
der Grundlage anerkannter Auffassungen in der Rechtsprechung, der keine
grundsätzliche Bedeutung zukommt ( § 543 ZPO)
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