Urteil des LG Dortmund vom 29.01.1987

LG Dortmund (kläger, höhe, betrag, mwst, rückgabe, ersatzbeschaffung, kaufpreis, nummer, zpo, vorschrift)

Landgericht Dortmund, 8 O 517/86
Datum:
29.01.1987
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
8. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 O 517/86
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.077,30 DM
- i.W. eintausendsiebenundsiebzig 30/100 Deutsche Mark - nebst 9,25 %
Zinsen seit dem 15. Ju1i 1986 sowie 4,30 DM vorgerichtliche Kosten zu
zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 16 % dem Beklagten und zu 84
% dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers
gegen Sicherheitsleistung von 1.350,-- DM abzuwenden, falls nicht der
Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen
Sicherheitsleistung von 750,-- DM abzuwenden, wenn nicht der
Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin betreibt ein Video-Studio. Sie vermietet gegen Entgelt Video-Kassetten. In
ihren Geschäftsbedingungen heißt es:
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"Bei Beschädigung wird der Kaufpreis + Leihgebühr erhoben. Bei Nichteinhaltung des
Rückgabetermins wird eine Nachgebühr berechnet. Diese richtet sich nach dem
Leihpreis und der Dauer des Überzuges. Bei Rückgabe überzeugt sich der Kunde von
der Austragung."
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Der Beklagte mietete unter Zugrundelegung dieser Geschäftsbedingungen am 11.
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Januar 1985 bei der Klägerin vier Videokassetten mit den Nummern 77, 174, 339 und
418. Als Rückgabetag war der 12.1.1985 vereinbart. Der Beklagte hat bis heute die
Videokassetten nicht zurückgegeben. Die Klägerin erwirkte unter dem 12. Juli 1985
beim Amtsgericht Castrop Rauxel einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid
(Aktenzeichen 3 B 1066/85) über eine Hauptforderung von 648,--DM, mit der die
Überziehungsgebühr für die Zeit vom 12. Januar 1985 bis zum 15. März 1985
abgegolten sein sollte.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin für die Zeit vom 16.3.1985 bis zum 15.
Juli 1986 weitere Nutzungsentschädigung. In dem Schreiben der Klägerin vom
10.7.1986 an den Beklagten heißt es insoweit wie folgt:
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"Die Leihgebühr errechnet sich pro Tag und pro Videokassette mit 3,--DM. 12,--DM x
487 Tage ergibt 5.814,--DM.
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Ich setze Ihnen hiermit ... eine letzte Frist zur Rückgabe der oben genannten
Videokassetten bis zum 21.7.1986. Falls Sie die Kassetten bis zum vorgenannten
Zeitpunkt nicht in ordnungsgemäßem Zustand zurückgegeben haben sollten, lehnt mein
Mandant die Rücknahme der Kassetten ab und verlangt Schadensersatz in Höhe des
Kaufpreises. Der Kaufpreis für die Kassette Nr. 77 beträgt 249,--DM + MwSt., für die
Nummer 174 198,--DM + MwSt, für die Nummer 339 249,--DM + MwSt. und für die
Nummer 418 249,--DM + MwSt.
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Der Gesamtbetrag einschließlich Mehrwertsteuer beträgt 1.077,30 DM. ... "
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Der Kläger nimmt Bankkredit in Anspruch, dessen Höhe die Klageforderung Übersteigt
und für den er 9,25 % Zinsen zu zahlen hat. Der Kläger ist der Ansicht, daß er neben der
Nutzungsentschädigung den vollen Kaufpreis der Kassetten verlangen kann.
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Er beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.891,30 DM nebst 9,25 % Zinsen seit dem 15. Juli
1986 und 10,--DM vorgerichtlicher Kosten zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat seine schriftsätzlich vorgetragene Behauptung, den Mietvertrag nicht selbst
abgeschlossen zu haben, in der mündlichen Verhandlung vom
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29. Januar 1987 fallengelassen. Er behauptet weiter, über den Verbleib der Kassetten
keine
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Angaben Machen zu können. Er habe sie zu keiner Zeit in Besitz gehabt. Außerdem
bestreitet er die Berechnung des Schadens durch den Kläger.
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Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist zum Teil begründet.
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Anspruchsgrundlage für das Verlangen des Klägers nach Schadensersatz ist § 557
Abs. 1 BGB. Zwischen den Parteien bestand unstreitig ein Mietvertrag über die
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4 Kassetten .
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Dieser hat die Beklagte über die vereinbarte Rückgabezeit hinaus nicht zurückgegeben.
Daß die Rückgabe dem Beklagten subjektiv oder objektiv unmöglich geworden ist, hat
dieser jedenfalls nicht unter Beweis gestellt. Daher besteht dem Grunde nach ein
Anspruch des Klägers, die geltend gemachte Nutzungsentschädigung zu verlangen.
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Eine Nutzungsentschädigung steht dem Kläger jedoch über den bereits rechtskräftig
gegen den Beklagten festgesetzten Betrag von 648,--DM nicht mehr zu. Da der
Anspruch des Vermieters gem. § 557 Abs. 1 BGB als Schadensersatzanspruch
anzusehen ist (vgl. hierzu Palandt-Putzo, Anm. 3 zu § 557 BGB) gilt auch die
Schadensminderungspflicht des Geschädigten gem. § 254 BGB.
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Nach Absatz 2 dieser Vorschrift hat der Geschädigte alles zu tun, keinen
unangemessen hohen Schaden entstehen zu lassen.
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Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall mit der Folge anwendbar, daß dem Kläger
über den bereits entschädigten Zeitraum von mehr als 2 Monaten kein weiterer
Nutzungsentschädigungsanspruch mehr zusteht.
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Nach einem Zeitraum von mehr als 2 Monaten, in dem üblicherweise auch
außergewöhnliche Verhinderungen eines Mieters, die etwa durch Urlaub veranlasst
sein können, beendet sind, war der Kläger gehalten, sich die Nutzungsmöglichkeit der
nicht zurückgegebenen Videokassetten durch Ersatzbeschaffung zu verschaffen und
somit einen weiteren Schaden durch Vorenthaltung der vermieteten Kassetten zu
begrenzen. Diese Bewertung folgt aus dem, dem Schadensersatzrecht allgemein
zugrundeliegenden Rechtsgedanken, daß niemand infolge eines Schadens bereichert
werden darf. Der vorliegende Fall zeigt deshalb besonders deutlich, daß dem Kläger
durch die Nichtrückgabe der Videokassetten ein ungleich höherer Vorteil zuteil würde
als die Gewinnansprüche es zuließen, wenn der Beklagte sich vertragstreu verhalten
und die Kassetten pünktlich zurückgegeben hätte. Wie die Kammer mit den Parteien im
Termin erörtert hat, ist es gerichtsbekannt, daß eine lückenlose Vermietung von
Videokassetten über mehrere Monate hinaus nicht möglich ist. Besteht indes der
Wunsch nach Anmietung der Kassetten, die trotz Ablaufs des Rückgabetags nicht
zurückgegeben worden sind kann der Vermieter solcher Kassetten nicht auf
unabsehbare Zeit Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Miete verlangen,
sondern ist gehalten, alsbald eine Ersatzbeschaffung zu tätigen. Gem. § 287 ZPO hält
die Kammer einen Zeitraum von 2 Monaten für angemessen. Nach Ablauf dieses
Zeitraumes entfällt eine Schadensersatzpflicht gem. § 557 Abs. 1 BGB bezogen auf die
eigentliche Nutzungsentschädigung.
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Begründet ist jedoch die Klage in Höhe von 1.077,30 DM. Dies ist der Betrag, den der
Kläger für die Ersatzbeschaffung aufzuwenden hatte. Dieser Anspruch folgt aus §§ 557
Abs.1 Satz 2, 286 BGB.
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Der Zinsanspruch ist aus §§ 284, 286, 288 Abs. 2 BGB begründet. Zur Höhe der
vorgerichtlichen Kosten hat der Kläger ( schriftsätzlich nichts vorgetragen. Insoweit hat
die Kammer einen Betrag von 4,30 DM für nachgewiesen angesehen. Dies ist der
Betrag, der durch Portokosten für das Schreiben vom 10. Juli 1986 entstanden ist (Blatt
21 der Akten).
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Die weitergehende Klageforderung ist unbegründet und war daher abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11 und 711
ZPO.
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