Urteil des LG Dortmund vom 18.06.2008

LG Dortmund: inkasso, wiederbeschaffungswert, versicherungsnehmer, vorteilsausgleichung, berechtigung, versicherer, verzug, teilklage, vollstreckung, verzicht

Landgericht Dortmund, 22 O 189/07
Datum:
18.06.2008
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
22. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 O 189/07
Leitsätze:
Ist ein Versicherungsnehmer gezwungen, wegen verspäteter
Regulierung eines Schadensfalles durch seinen Versicherer ein
Darlehen aufzunehmen, so sind auf den daraus resultierenden Anspruch
aus Verzug im Wege der Vorteilsausgleichung Zinsen anzurechnen, die
ihm bereits in einem Vorprozeß gegen den Versicherer zugesprochen
wurden.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages
abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit
in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger, der von der Beklagten – seiner Fahrzeugversicherung – in einem
Vorprozess (2 O 446/05 LG Dortmund) eine Entschädigungsleistung für den
versicherten Pkw erstritt, macht gegen diese nunmehr weitere Ansprüche, insbesondere
solche aus Verzug, geltend.
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Der Pkw C wurde dem Kläger am 19./20.05.2005 entwendet. Mit Schreiben vom
15.08.2005 und 26.06.2005 lehnte die Beklagte ihre Eintrittspflicht ab und berief sich auf
Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung. Ferner sah sie das
Entwendungsereignis als nicht nachgewiesen an.
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Die Beklagte setzte mit dem Schreiben vom 15.08.2005 eine Frist gemäß § 12 Abs. 3
VVG. Daraufhin erhob der Kläger mit Klageschrift vom 30.09.2005 Klage vor dem
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Landgericht Dortmund zu oben genanntem Aktenzeichen. In der Klageschrift des
Vorprozesses wird hinsichtlich der Höhe des Anspruches ausgeführt:
"Ist die Beklagte somit nicht leistungsfrei, hat sie nach § 13 Abs. 1 AKB den
Wiederbeschaffungswert zu erstatten.
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Dieser entspricht
mindestens
Rückkaufswert von 20.008,00 €.
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Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens
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Er lag zum maßgeblichen Zeitpunkt im Mai eher höher denn niedriger.
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Beweis: wie vor
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Unter Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung von 150,00 € ergibt sich somit die
Klagesumme zu Ziffer 1."
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Der Kläger hatte den Pkw über die D-Bank GmbH (im Folgenden: D-Bank) finanziert.
Das Darlehn war beginnend mit dem 15.10.2003 in 23 Raten à 299,89 €
zurückzuführen. Die am 15.09.2005 fällig werdende Schlussrate ("Ballonrate") betrug
20.008,00 €. Der Kläger konnte diese Rate bei Fälligkeit nicht aufbringen, da er zum
einen wegen der Nichtleistung der Beklagten und auch im Übrigen über keine
hinreichenden liquiden finanziellen Mittel verfügte und zum anderen aufgrund des
Verlustes des Pkws das Autohaus T nicht aus einer mit diesem vereinbarten
Rückkaufsgarantie in Höhe der Ballonrate von 20.008,00 € in Anspruch nehmen konnte.
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Am 15.11.2005 stellte der Kläger einen Darlehnsantrag über eine Umfinanzierung bei
der D-Bank, wegen dessen näheren Inhalts auf die Anlage K 9 zur Klageschrift,
Blatt 28 ff. d. A., Bezug genommen wird. Dieser lag einige Tage nach dem 15.11.2005
dem zuständigen Sachbearbeiter bei der D-Bank in N vor, der zu diesem Zeitpunkt die
Abwicklung hinsichtlich der noch nicht beglichenen Ballonrate bereits an die Info Score
M Inkasso GmbH (im Folgenden: M-Inkasso) weitergegeben hatte. Das beantragte
Darlehn wurde mit Schreiben vom 28.11.2005 durch die D-Bank bestätigt. Ungeachtet
dessen nahm die N-Inkasso den Kläger mit Schreiben vom 29.11.2005 auf Zahlung der
Ballonrate, Verzugszinsen und Inkassokosten (letztere: 922,43 €) in Anspruch. Unter
Vorlage dieses Schreibens wandte sich der Kläger an seinen jetzigen
Prozessbevollmächtigten und beauftragte ihn mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen
Interessen. Rechtsanwalt I riet dem Kläger, sich unmittelbar mit der D-Bank in
Verbindung zu setzen, damit diese das Inkassounternehmen "zurückpfiff". Der Kläger
wandte sich in Befolgung dieses Rates mit Schreiben vom 05.01.2006 (Anlage K 4 zur
Klageschrift, Blatt 22 d. A.) an die M-Inkasso und nach Erhalt einer Aufforderung für
einen Rückzahlungsvorschlag von dieser mit Schreiben vom 30.01.2006 an die D-Bank
(Anlage K 5 zur Klageschrift, Blatt 23 d. A.). Die M-Inkasso machte nunmehr mit
weiterem Schreiben vom 29.03.2007 unter Fristsetzung und Androhung eines
gerichtlichen Mahnverfahrens nur noch einen Betrag in Höhe von 1.091,68 € geltend
(offenbar nicht näher bezifferten Zinsen und im Wesentlichen Inkassokosten). Mit
diesem Schreiben wandte sich der Kläger erneut an seinen Prozessbevollmächtigten.
Dieser wies mit Schreiben vom 12.04.2006 gegenüber der M-Inkasso die Forderung
zurück. Nach einer längeren Korrespondenz machte die M-Inkasso einen
Vergleichsvorschlag, den der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom
12
17.05.2006 ablehnte. Danach hat die M-Inkasso den Anspruch gegenüber dem Kläger
bis zuletzt nicht weiterverfolgt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers rechnete seine
Tätigkeit in dieser Forderungsangelegenheit nach einem Streitwert in Höhe von
21.084,78 € mit 997,37 € ab. Wegen des weiteren Inhalts der Kostennote vom
06.11.2006 wird auf die Anlage K 8 zur Klageschrift, Blatt 27 d. A., Bezug genommen.
Mit erstinstanzlichem Urteil vom 31.10.2006 wurden dem Kläger in dem Vorprozeß
19.858,04 € (20.008,04 € abzüglich Selbstbeteiligung) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-
Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.09.2005 zuerkannt. Hinsichtlich
der Höhe des Anspruches führte das Gericht in den Urteilsgründen aus:
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"Die Beklagte ist nach alledem zur Entschädigung gemäß §§ 12, 13 AKB
verpflichtet, wobei das Gericht den Widerbeschaffungswert des Fahrzeuges in
Anwendung des § 287 ZPO auf den Betrag schätzt, welcher dem Kläger aus der
zwischen ihm und dem Autohaus T vereinbarten Rückkaufgarantie im September
2005 jedenfalls zugeflossen wäre. Davon in Abzug zu bringen war die vereinbarte
Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 €."
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Das Urteil wurde rechtskräftig, nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.07.2007 die
Berufung zurücknahm. Die Beklagte rechnete daraufhin mit Schreiben vom 20.07.2007
(Anlage K 1 zur Klageschrift, Blatt 17 d. A.) den Schaden entsprechend dem Urteil ab.
Die kapitalisierten Zinsansprüche beliefen sich auf 2.564,17 €. Der Gesamtbetrag wurde
an den Kläger über dessen Prozessbevollmächtigten ausgekehrt. Nach Eingang der
Urteilssumme bat der Kläger die D-Bank um Unterbreitung eines Angebotes für eine
vorzeitige Kreditablösung. Mit Schreiben vom 03.08.2007 (Anlage K 11 zur Klageschrift,
Blatt 32 d. A.) bot die D-Bank die Ablösung des Darlehnsvertrages gegen Zahlung eines
Betrages in Höhe von 15.877,70 € an. Dieses Angebot nahm der Kläger nicht wahr, weil
er anders disponierte.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers machte mit Schreiben vom 16.08.2007
(Anlage K 12 zur Klageschrift, Blatt 33 ff. d. A.) gegen die Beklagte weitere Ansprüche
geltend. Mit beigefügter Kostennote vom 16.08.2007 (Anlage K 13 zur Klageschrift,
Blatt 36 d. A.) wurden ferner in Verfolg vorgenannter Ansprüche entstandene
außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,69 € geltend gemacht.
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Der Kläger behauptet, er habe die Kostennote vom 06.11.2006 durch "Umbuchung einer
in einem anderen Verfahren eingezogenen Forderung per 16.07.2007" bezahlt. Seine
Rechtsschutzversicherung habe insoweit keine Leistungen erbracht. Rechtsanwalt I sei
nicht nur mit der Abwehr der Inkassokosten, sondern auch mit der Prüfung der
Berechtigung der Forderung hinsichtlich der Ballonrate von ihm beauftragt worden.
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Der Kläger behauptet, der tatsächliche Wiederbeschaffungswert des Pkws liege um
1.014,85 € höher als 20.008,04 €, wie von dem Landgericht im Vorprozess festgestellt.
Der tatsächliche Wiederbeschaffungswert umfasse die Beträge der Darlehnsrate nach
Entwendung des Pkws (Mai 2005 anteilig: 106,41 €; Juni bis August 2005 899,67 €,
insgesamt 1.006,08 €).
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Der Kläger meint, er sei nicht gehindert, die Differenz zu dem tatsächlichen
Wiederbeschaffungswert geltend zu machen, da es sich bei der Klage den
Vorprozesses um eine offene Teilklage gehandelt habe.
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Der Kläger meint, er habe ein Interesse feststellen zu lassen, dass die Beklagte
verpflichtet sei, auch weitere Schäden zu erstatten, da mögliche weitere Schäden
dadurch entstehen könnten, dass die M-Inkasso noch nicht verjährte Ansprüche auf
Erstattung von Inkassokosten weiter verfolge. Im Übrigen würden höhere Belastungen
durch die Weiterzahlung der Raten auf den zweiten Darlehnsvertrag entstehen, die noch
zu erstatten wären.
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Der Kläger meint, er habe auch einen Anspruch auf Zahlung des Betrages aus der
Kostennote vom 16.08.2007 über 546,69 €, obwohl er diese noch nicht beglichen habe.
Aufgrund der Zahlungsverweigerung der Beklagten habe sich der Befreiungsanspruch
in einen Zahlungsanspruch ungewandelt.
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Insgesamt beziffert der Kläger seine Ansprüche wie folgt:
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In 2005 gezahlte Kreditraten 1.006,08 €
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zzgl. Kreditraten 1/06 bis 8/07 6.889,40 €
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zzgl. Anwaltskosten 997,37 €
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zzgl. Ablösebetrag 15.877,70 €
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Summe 24.770,52 €
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abzgl. Zahlung Beklagte - 19.858,94 €
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4.912,48 €
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Der Kläger behauptet, er habe die Darlehnsraten bis August 2007 gezahlt.
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Er meint, die ausgeurteilten und von der Beklagten erstatteten Verzugszinsen seien
nicht anzurechnen, da die Beklagte sonst für ihr vertragswidriges Verhalten noch
honoriert würde. Ihm sei die Möglichkeit genommen worden, durch eine Anlage des
Betrages Zinseinkünfte zu erzielen.
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Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.921,25 € nebst Zinsen
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in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
25.08.2007 zu zahlen,
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2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger
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sämtliche weiteren über den vorstehenden Antrag zu Ziffer 1 hinausgehenden
Schäden aus Anlass des Versicherungsfalles vom 19.05.2005 zu der
Kraftfahrtversicherung Nr. ######## zu erstatten,
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3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weiteren Schadenser-
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satz in Höhe von 546,69 € (Honorarrechnung vom 16.08.2007) nebst Zinsen
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in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
25.08.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie meint, ein Verzugsschaden könne hinsichtlich der Finanzierungskosten allenfalls in
der Differenz zu den ausgeurteilten Zinsen liegen, welcher nicht Gegenstand der Klage
sei. Die bereits ausgeurteilten Verzugszinsen entsprächen in etwa dem effektiven
Jahreszinssatz des 2. Kreditvertrages mit der D-Bank.
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Hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten über 997,37 € gemäß Honorarrechnung vom
06.11.2006 ist die Beklagte der Auffassung, die Forderung der D-Bank gegenüber dem
Kläger sei ohne weiteres berechtigt gewesen, so dass es einer anwaltlichen
Beauftragung nicht bedurft hätte. Die geltend gemachte 1,3-Gebühr sei zudem überhöht,
da lediglich der Rat erteilt worden sei, sich mit der D-Bank gütlich zu einigen.
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Die Beklagte meint, der Kläger habe auf einen weiteren Betrag in Höhe von 1.014,85 €
für einen höheren Wiederbeschaffungswert keinen Anspruch, weil im Vorprozess
rechtskräftig über dessen Höhe entschieden worden sei. In der Geltendmachung nur
eines Mindestschadens läge jedenfalls ein Verzicht auf eine weitergehende
Kaskoentschädigung. Daneben beruft sie sich insoweit auf Leistungsfreiheit wegen § 12
Abs. 3 VVG.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Klage ist mit sämtlichen Anträgen unbegründet.
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I.
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Der Klageantrag zu 1.) ist unbegründet, da dem Kläger weitere Ansprüche aus Verzug
oder §§ 1, 49 VVG, §§ 12 Abs. 1, Abs. 5 lit. b), 13 AKB nicht zustehen. Dabei kann offen
bleiben, ob dem Kläger der Beklagten gegenüber Ansprüche aus § 280 Abs. 1 und 2
BGB in Verbindung mit § 286 BGB dem Grunde nach zustehen, wobei allerdings für
eine Einstandspflicht der Beklagten insoweit spricht, dass diese nach der Sach- und
Rechtslage ernstlich mit der Möglichkeit ihres Unterliegens im Deckungsprozess
rechnen musste (vgl. zu diesem Kriterium BGH NJW-RR 1991, 537). Denn wie das
Oberlandesgericht mit Beschluss vom 27.06.2007 in Vertiefung des Urteils des
Landgerichts Dortmund ausführte, lagen eine Reihe von unstreitigen Anzeichen vor, die
darauf schließen ließen, dass die Falschangabe hinsichtlich des Kaufpreises auf einem
Versehen beruhte. Auch war die flüchtige Bekanntschaft des Klägers zu einer Person,
welche wegen einer Straftat im Zusammenhang mit der Verschiebung eines Pkws
verurteilt worden war, ersichtlich ungeeignet, als Indiz für die erhebliche
Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles herangezogen zu
werden.
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Jedenfalls steht dem Kläger aber der geltend gemachte Anspruch der Höhe nach nicht
zu.
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1. Soweit der Kläger weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit der notwendig
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gewordenen Umfinanzierung hinsichtlich der Ballonrate geltend macht, hat er einen
Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Ausgangspunkt für die rechtliche
Beurteilung des Vermögensschadens ist die Differenzhypothese. Ein Schaden besteht
in der Differenz zwischen zwei Güterlagen: Der tatsächlich durch das Schadensereignis
geschaffenen und der unter Ausschaltung dieses Ereignis gedachten. Ein
Vermögensschaden ist gegeben, wenn der jetzige tatsächliche Wert des Vermögens
des Geschädigten geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne dass die
Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde (Palandt, BGB, 66. Aufl., vor § 249,
Rn. 8). Danach ist zu fragen, wie sich die Vermögenslage des Klägers bei einer
rechtzeitigen Erfüllung seiner berechtigten Ansprüche durch die Beklagte entwickelt
hätte. Diese Vermögenslage ist mit der tatsächlich eingetretenen Vermögenslage zu
vergleichen. Danach ist festzustellen, dass bei einer rechtzeitigen Zahlung durch die
Beklagte die Aufnahme eines weiteren Darlehns bei der D-Bank nicht erforderlich
geworden wäre, weil der Kläger die Ballonrate mit dem Entschädigungsbetrag,
jedenfalls annähernd (wegen der in Abzug zu bringenden Selbstbeteiligung) hätte
ablösen können. Aufgrund des Verzuges der Beklagten war der Kläger jedoch
gezwungen ein weiteres Darlehn aufzunehmen. Soweit er hieraus mit Zinsen belastet
wird, so kommen die sich ergebenden Beträge zunächst als Schadensposition
grundsätzlich in Betracht. Einen solchen Zinsschaden hat der Kläger jedoch noch nicht
beziffert. Vielmehr hat er lediglich die angefallenen Kreditraten des zweiten
Kreditvertrages und den Ablösebetrag der Zahlung der Beklagten gegenübergestellt.
Einem Anspruch des Klägers auf Erstattung der mit dem Abschluss des zweiten
Kreditvertrages verbundenen Zinsnachteile steht aber auch entgegen, dass diese durch
eine vorzunehmende Vorteilsausgleichung kompensiert werden. Denn der Kläger muss
sich im Wege der Vorteilsausgleichung die im Vorprozess titulierten und von der
Beklagten kapitalisiert ausgezahlten Verzugszinsen entgegenhalten lassen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind dem Geschädigten zufließende Vorteile
unter folgenden Voraussetzungen anzurechnen. Zwischen dem seiner Art nach dem
Schadensposten entsprechenden Vorteil und dem Schadensereignis muss ein
adäquater Zusammenhang bestehen. Die Anrechnung muss mit dem Zweck des
jeweiligen Ersatzanspruches übereinstimmen. Ferner muss die Anrechnung für den
Geschädigten zumutbar sein und darf den Schädiger nicht unangemessen entlasten
(BGH NJW 1984, 2457; 1990, 1360; NJW-RR 2002, 905; Münchener Kommentar, BGB,
5. Aufl., § 249, Rn. 227 ff.).
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Die Anrechnung stimmt mit dem Zweck des Ersatzanspruches vorliegend überein.
Durch den Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB sollen die Nachteile
ausgeglichen werden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstehen, dass sein
Versicherer verspätet geleistet hat. Die Zinsbestimmung des § 288 BGB, die in dem
Vorprozess der Zuerkennung von Verzugszinsen zugrunde lag, dient dazu, in
pauschalierter Form die Nachteile auszugleichen, die dem Versicherungsnehmer
dadurch entstehen, dass er die ihm zustehende Entschädigungssumme nicht alsbald
nach dem Schadensereignis bzw. nicht unverzüglich erhält (OLG Hamburg, NJW-RR
1989, 680; BGH VersR 1984, 1137 (1139 f). Danach kann es nicht zweifelhaft sein, dass
es geradezu dem Zweck des Ersatzanspruches des Klägers entspricht, die im
Vorprozess zuerkannten und zur Auszahlung gebrachten Verzugszinsen auf seinen
Anspruch anzurechnen. Mit der Neuregelung des § 288 sollte mit der Erhöhung des
gesetzlichen Zinssatzes auf 5 %-Punkte über dem jeweiligen Basiszinssatz eine
Verbindung zum Marktzins hergestellt werden (Palandt, a.a.O., § 288, Rn. 2). Damit soll
gerade der Nachteil erfasst werden, dass ein auf Zahlung wartender Gläubiger
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gezwungen ist, zu marktüblichen Konditionen ein Darlehn aufzunehmen.
Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass die Anrechnung für den Geschädigten zumutbar
ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Ähnliche Wertungen außerhalb
des Bereiches der Vorteilsausgleichung liegen den Entscheidungen des OLG Hamburg
(a.a.O.) und des BGH (VersR 1984, 1137) zugrunde, wonach sich ein
Versicherungsnehmer auf einen Verzugsschaden Vertragszinsen nach § 17 AFB
anrechnen lassen muss und ein Feuerversicherer Verzugszinsen gemäß § 288 BGB
und Zinsen gemäß § 94 VVG nicht nebeneinander schuldet.
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Fehl geht letztlich auch das von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung
vorgebrachte Argument, er habe zur Finanzierung eines Ersatz-Pkws ein weiteres
Darlehn aufnehmen müssen. Denn die Notwendigkeit hierzu folgt bereits aus dem
Verlust des Pkws selbst. Der Verlust des Pkws ist jedoch nicht das vorliegend
schadensauslösende Ereignis. Dieses ist allein in der verspäteten Zahlung der
Entschädigungssumme zu sehen. Als Folge der verspäteten Zahlung kann danach die
Notwendigkeit zur Darlehnsaufnahme zwecks Begleichung der Ballonrate gesehen
werden, nicht jedoch die Aufnahme eines weiteren Darlehns. Soweit der Kläger geltend
macht, er habe durch die Nichtzahlung der Beklagten die Möglichkeit verpasst, das Geld
gewinnbringend anzulegen, fehlt es an einem konkreten Vortrag, zu welchem Zinssatz
eine solche Anlage hätte erfolgen können. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die
Anlage des Geldbetrages gegenüber einer Tilgung des Darlehns wirtschaftlich sinnvoll
gewesen wäre.
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2. Rechtsanwaltskosten in Höhe von 997,37 € stehen dem Kläger unter
Verzugsgesichtspunkten nicht zu. Es handelt sich insoweit nicht um einen adäquaten
Schaden. Denn die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten zur Prüfung der
Berechtigung der Forderung der D-Bank in Höhe der Ballonrate war nicht erforderlich.
Die Berechtigung der Forderung als solcher war für den Kläger erkennbar außer Streit.
Fraglich war allenfalls, ob die D-Bank berechtigt war, die Forderung weiterhin geltend
zu machen, nachdem diese das beantragte Darlehn, welches zur Umfinanzierung
dienen sollte, bestätigt hatte. Dass diese rechtliche Frage jedoch nur akademischer
Natur war, und nur eine praktisch zu lösende Verwerfung durch eine – wohl vorzeitige –
Abgabe des Falles an die M-Inkasso vorlag, musste der geschäftserfahrene Kläger
erkennen. Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes insoweit kann nicht dazu führen,
dass die Beklagte mit diesen Kosten belastet wird. Etwas anderes mag hinsichtlich der
späteren Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Inkassounternehmen
gelten, welches dann noch die Inkassokosten isoliert weiter verfolgte. Ein
Honoraranspruch, basierend auf einem dementsprechenden Streitwert ist jedoch nicht
Gegenstand der vorliegenden Klage.
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3. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß §§ 1, 49 VVG, 12 Abs. 1, Abs. 5 lit. b), 13
AKB auf Zahlung einer weitergehenden Diebstahlsentschädigung. Dem steht die
Rechtskraft des Urteils aus dem Vorprozess entgegen. Die 2. Zivilkammer hat in dem
Vorprozess den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges auf 20.008,04 € geschätzt.
Diese Ausführungen in dem Urteil sind tragend und nehmen daher an der Rechtskraft
des Urteils teil. Für eine Nachforderung bleibt daher kein Raum.
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Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, so ist der Kläger jedenfalls mit einer
Nachforderung gemäß § 12 Abs. 3 VVG ausgeschlossen. Der Kläger hat den Lauf der
Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG durch die gerichtliche Geltendmachung nur
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insoweit unterbrochen, als er wegen eines Betrages in Höhe von 19.858,04 € Klage
erhoben hatte. Grundsätzlich muss der gesamte abgelehnte Anspruch geltend gemacht
werden um die Ausschlussfrist zu wahren. Wird der Anspruch nur teilweise eingeklagt,
so wird die Ausschlussfrist auch nur insoweit gewahrt (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl.,
§ 12 Rn. 66 m.w.N.). Jedoch kann eine Teilklagung zur Wahrung der Klagefrist des § 12
Abs. 3 VVG für den gesamten Leistungsanspruch ausreichen, wenn sich jedenfalls aus
den Gesamtumständen ergibt, dass der Versicherungsnehmer eine solche erheben
wollte und der Versicherer dadurch erkennen kann, dass der Kläger auf seinem
Gesamtanspruch beharrt (BGH NversZ 2002, 58 m.w.N.). Vorliegend kann den
Gesamtumständen nicht entnommen werden, dass der Kläger mit der Klageschrift vom
30.09.2005 eine Teilklage erheben wollte. Der eingeklagte Betrag wird nicht
ausdrücklich als Teilbetrag bezeichnet. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, der
Wiederbeschaffungswert habe mindestens dem Rückkaufswert von 20.008,04 €
entsprochen, er habe zum Zeitpunkt der Entwendung eher höher denn niedriger
gelegen, folgt hieraus auch nicht die konkludente Geltendmachung nur eines
Teilbetrages. Denn der – rechtsschutzversicherte - Kläger war ersichtlich nicht
gehindert, einen höheren Wiederbeschaffungswert zu behaupten und geltend zu
machen. Aus Sicht der Beklagten mussten die Ausführungen in der Klageschrift ohne
ausdrückliche Erhebung einer Teilklage eher den Eindruck vermitteln, der Kläger wolle
die Berechtigung des bezifferten Klageantrages lediglich unterstreichen.
Dahinstehen kann, ob wegen vorstehender Erwägungen auch von einem konkludenten
Verzicht des Klägers auf weitergehende Ansprüche auszugehen ist.
57
II.
58
Auch der Antrag zu 2. ist unbegründet. Denn es spricht keine Wahrscheinlichkeit für den
Eintritt weiterer Schäden. Soweit der Kläger sich darauf beruft, die M-Inkasso könne ihre
Forderungen weiter geltend machen, so ist diese Besorgnis in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht unbegründet. Nach der Rechtsprechung des OLG Hamm (NJW-
RR 2006, 242) wird die M-Inkasso den Anspruch, dessen sie sich berühmt, nicht mit
Erfolg geltend machen können. In tatsächlicher Hinsicht ist aufgrund des Zeitablaufes
auch nicht mehr mit einer Geltendmachung des Anspruches gegenüber dem Kläger zu
rechnen. Dies, zumal der Prozessbevollmächtigte des Klägers die M-Inkasso auf
vorgenannte Rechtsprechung bereits hingewiesen hat.
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Soweit der Kläger geltend macht, es kämen höhere Belastungen durch die
Weiterzahlung der Raten auf den zweiten Darlehnsvertrag in Betracht, die noch zu
erstatten wären, so geht diese Auffassung fehl. Denn der Kläger war im Rahmen der
Schadensminderungspflicht gehalten, den Betrag zur vorzeitigen Tilgung des zweiten
Darlehns einzusetzen. Jedenfalls kann der Kläger die Beklagte nicht mit weiteren
Zinsforderungen belasten, nachdem diese durch die – wenn auch verspätete – Zahlung
ihm die Möglichkeit gegeben hat, das Darlehn vorzeitig abzulösen.
60
III.
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Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass dem Kläger auch kein Anspruch auf Ausgleich
der Honorarnote über 546,69 € zusteht (Klageantrag zu 3.)).
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Nach alledem war zu erkennen wie geschehen.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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