Urteil des LG Dortmund vom 22.07.2005

LG Dortmund: gerichtshof der europäischen gemeinschaften, wirtschaftliche einheit, darlehensvertrag, rückzahlung, wohnung, gesellschaft, willenserklärung, auszahlung, anteil, erwerb

Landgericht Dortmund, 3 O 90/05
Datum:
22.07.2005
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 90/05
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an den Kläger 16.808,46 € (in Worten: sechzehntausendachthunder-
tundacht 46/100 Euro) nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basis-
zinssatz aus 13.797,31 € seit dem 25.02.2005 zu bezahlen,
2. die von dem Kläger an die Rechtsvorgängerin der Beklagten abgetre-
tene und auf die Beklagte übergegangene Sicherheit durch Rückab-
tretung der aus dem Lebensversicherungsvertrag mit der Nr. 7711490.4
bei dem E2 Lebensversicherungsverein a.G. bestehenden Ansprüche
an den Kläger freizugeben,
Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile des Klägers an der
H GbR, X, F a. N.
Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem von dem Kläger am
27.11.1992 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen
und auf die Beklagte übergegangenen Darlehensvertrag Nr. 60405309
keine Ansprüche mehr zustehen, insbesondere eine Rück-zahlung der
Darlehensvaluta an die Beklagte nicht geschuldet ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte nach einem Streitwert in
Höhe von 32.792,05 €.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizu-
treibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der W-bank F.
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Unter dem 03.11.1992/27.11.1992 schlossen der Kläger und die Rechtsvorgängerin der
Beklagten einen schriftlichen Darlehensvertrag mit folgenden Konditionen:
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Darlehenssumme : 35.238,00 DM.
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Verwendungszweck: ..."Erwerb BGB-Anteil an Objekt X, F a. N.
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Ein Darlehensteilbetrag von 26.000,00 DM ent-
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fällt auf die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten"
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Verzinsung : 7,95 %, Festschreibung bis 31.12.2002
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Disagio : 2.819,00 DM
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Widerrufsbelehrung : ..."Hat der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen,
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gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er das Darlehen
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nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung
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des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens
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zurückzahlt..."
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 143 bis 145 verwiesen.
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Zur Sicherheit trat der Kläger Ansprüche aus einer Lebensversicherung bei der E2 ab.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 19.11.1992 (Blatt 134 bis 142) beteiligte sich der
Kläger, vertreten durch M, auf Grund der notariell beglaubigten Vollmacht vom
22.10.1992 (Blatt 132 und 133), mit einem Anteil in Höhe von 30.650,00 DM an der H
GbR, X, in F a.N. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte den Nettokreditbetrag an
den Treuhänder aus. Unter dem 18.02.2003/27.02.2003 schlossen der Kläger und die
Rechtsvorgängerin der Beklagten einen schriftlichen Darlehensvertrag, der die
Prolongation des Vertrages vom 03.11.1992/27.11.1992 zum Gegenstand hatte
(Einzelheiten Blatt 146 bis 148 der Akten). Der Kläger hielt darin seinen bereits erklärten
Widerruf ausdrücklich aufrecht.
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Mit Schreiben vom 07.03.2002 hatte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages
erklärt. Mit der vorliegenden Klage begehrt er die Rückgabe seiner Leistungen
einschließlich Zinsen (Einzelheiten Blatt 20, 150 bis 152, 220, 221 der Akten) und
Feststellung, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche zustehen.
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Er behauptet, Anfang 1992 habe der Zeuge G unaufgefordert angerufen und
interessante Anlagemöglichkeiten angeboten. Es sei ein Besuchstermin in der
Wohnung des Klägers vereinbart worden. G habe ihm daraufhin Mitte Oktober 1992 in
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seiner Wohnung aufgesucht und ihm die streitgegenständlichen Fondbeteiligung
angeboten und dabei den Prospektteil 1) und Teil 2) (Blatt 36 ff.) vorgelegt. Er habe u. a.
erklärt, dass es sich um eine Kapitalanlage ohne finanzielles Risiko mit hohen
Steuervorteilen handele und eine Finanzierung vorgeschlagen. Er habe zugesichert,
dass die Fondanteile jederzeit mit Gewinn veräußert werden könnten. Daraufhin habe er
am 20.10.1992 den formularmäßigen Eintrittsantrag (Blatt 131 der Akten) und am
03.11.1992 den Darlehensvertrag in seiner Wohnung unterschrieben. Der Wert der
Fondanteile betrage heute 20 bis 30 % des Beteiligungsbetrages. Mieteinnahmen
würden derzeit nicht erzielt.
Der Kläger beantragt,
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I.
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die Beklagte zu verurteilten, an ihn 16.808,46 € nebst 5 % Zinsen über dem
jeweiligen Basiszinssatz aus 13.797,31 € seit Rechtshängigkeit (25.02.2005)
zu bezahlen,
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II.
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festzustellen, dass der Beklagte aus dem von dem Kläger am 27.11.1992 mit
der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen und auf die Beklagte
übergegangenen Darlehensvertragnummer 60405309, keine Ansprüche mehr
zustehen, insbesondere eine Rückzahlung der Darlehensvaluta an die
Beklagte nicht geschuldet ist,
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III.
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die Beklagte zu verurteilen, die von dem Kläger an die Rechtsvorgängerin der
Beklagten abgetretene und auf die Beklagte übergegangene Sicherheit durch
Rückabtretung der aus dem Lebensversicherungsvertrag mit der Nr.
7711490.4 bei dem E Lebensversicherungsverein a. G. bestehenden
Ansprüche an den Kläger freizugeben, Zug um Zug gegen Übertragung der
Anteile des Klägers an der H GbR
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X, F a. N..
26
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte beruft sich auf die Einrede der Verjährung und bestreitet die
Haustürsituation und deren Kausalität für die Vertragsschlüsse. Hilfsweise beruft sich
die Beklagte auf die Gesellschafterhaftung des Klägers.
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Die Beklagte behauptet, bei der Beurkundung des Fondbeitritts habe das Original der
Vollmacht des Klägers vorgelegen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G und T. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.07.2005
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm unstreitig erbrachten
Zahlungen auf das Darlehen der Beklagten zuzüglich Zinsen und Rückübertragung der
Ansprüche aus der im Tenor genannten Lebensversicherung Zug um Zug gegen
Abtretung seiner Anteile an der im Tenor genannten Gesellschaft.
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Der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten ist unwirksam. Der
Kläger hat seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung am 07.03.2002
wirksam nach § 1 Abs. 1 Haustürwiderrufsgesetz (in der bis zum 30.09.2000 geltenden
Fassung, jetzt § 312 Abs. 1 S. 1 BGB) widerrufen.
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Das Haustürwiderrufsgesetz ist auf den Darlehensvertrag anwendbar. Insbesondere ist
die Anwendung des Gesetzes nicht gemäß § 5 Abs. 2 Haustürwiderrufsgesetz
ausgeschlossen. Danach ist zwar das Haustürwiderrufsgesetz grundsätzlich auf den
Verbraucherkreditvertrag nicht anzuwenden. Der Wortlaut dieser Norm berücksichtigt
aber nicht, dass mit dem Haustürwiderrufsgesetz die Richtlinie 85/577/EWG des Rates
vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von
Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen umgesetzt worden ist. Dazu hat der
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 13.12.2001 (NJW
2002, 281) entschieden, dass der Anwendungsbereich der Haustürgeschäfte –
Richtlinie durch die Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22.12.1986 zur Angleichung
der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den
Verbraucherkredit nicht dahin begrenzt wird, dass ihr Schutz nicht auch für
Realkreditverträge gilt.
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Die Voraussetzungen für einen Widerruf des Darlehensvertrages liegen vor.
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Bei dem verzinslichen Darlehen handelt es sich um ein entgeltliches Geschäft im Sinne
des § 1 Haustürwiderrufsgesetz (BGH II ZR 395/01).
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Zum Abschluss dieses Vertrages wurde der Kläger auch durch Verhandlungen in seiner
Privatwohnung im Sinne des § 1 Abs. 1 Haustürwiderrufsgesetz bestimmt.
"Verhandlungen" im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Haustürwiderrufsgesetz beginnen nicht
erst dann, wenn es um Einzelheiten der Vertragsgestaltung geht. Der Begriff umfasst
vielmehr schon jedes werbemäßige Ansprechen eines Kunden, jede anbieterinitiierte
Kontaktaufnahme, die auf einen späteren Vertragsschluss abzielt. § 1 Abs. 1 Nr. 1
Haustürwiderrufsgesetz kann schon dann eingreifen, wenn bei dem Gespräch am
Arbeitsplatz oder in der Privatwohnung lediglich der Besuch des Kunden in den
Geschäftsräumen der anderen Vertragspartei vorbereitet oder verabredet wird, der
Geschäftsabschluss aber erst dort erfolgt. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Haustürwiderrufsgesetz setzt
lediglich voraus, dass der Kunde durch die mündlichen Verhandlungen am Arbeitsplatz
oder in seiner Privatwohnung zu einer späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist.
Mitursächlichkeit ist jedoch ausreichend. Es ist nicht erforderlich, dass die besonderen
Umstände der ersten Kontaktaufnahme die entscheidende Ursache darstellen. Es
genügt, dass sie einen unter mehreren Beweggründen ausmachen, sofern nur ohne sie
der später geschlossene Vertrag nicht oder nicht so wie geschehen zu Stande
gekommen wäre. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den mündlichen
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Verhandlungen gemäß
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Haustürwiderrufsgesetz und der Vertragserklärung wird vom Gesetz
nicht gefordert (BGH NJW 1996, Seite 926 ff., Palandt 58. Aufl., § 1
Haustürwiderrufsgesetz Rdnr. 5).
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Die vorgenannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Auf Grund der
glaubhaften Aussage der Zeugen G und T stehen zweifelsfrei fest, dass der Zeuge G
den Kläger Anfang oder Mitte Oktober 1992 angerufen und sodann in seiner
Privatwohnung aufsuchte und für den Erwerb des Fondanteils warb. Wenn der Zeuge
den Kläger nicht in seiner Wohnung aufgesucht hätte und für den Fondbeitritt geworben
hätte, dann wäre der Kläger, der den Fond zuvor nicht kannte, auch nicht beigetreten
und hätte im November 1992 auch keinen Darlehensvertrag mit der Rechtsvorgängerin
der Beklagten geschlossen. Das Gericht hatte keinerlei Zweifel an der Wahrheit der
Aussage der Zeugen. Ihre Aussage war detailreich und in sich schlüssig. Sie deckte
sich mit den Angaben des Klägers im Rahmen seiner Anhörung. Objektive Umstände,
die gegen die Wahrheit der Aussagen der Zeugen sprechen, waren weder erkennbar
noch dargelegt.
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Dahinstehen kann, ob der Beklagten die Haustürsituation entsprechend § 123 Abs. 2
BGB zuzurechnen ist. Das Haustürwiderrufsgesetz ist bereits dann anwendbar, wenn
der Abschluss bzw. die Anbahnung eines Vertrages in einer Haustürsituation im Sinne
des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Haustürwiderrufsgesetz erfolgte. Nach der vierten
Begründungserwägung der Richtlinie 85 / 577 sind Verträge, die außerhalb der
Geschäftsräume eines Gewerbetreibenden abgeschlossen werden, dadurch
gekennzeichnet, dass der Verbraucher auf die Vertragsverhandlungen nicht vorbereitet
ist und häufig keine Möglichkeit hat, Qualität und Preis des Angebotes mit anderen
Angeboten zu vergleichen. Deshalb sollte dem Verbraucher nach der fünften
Begründungserwägung dieser Richtlinie das Recht eingeräumt werden, innerhalb von
mindestens 7 Tagen vom Vertrag zurückzutreten, um ihm die Möglichkeit zu geben, die
Verpflichtungen aus dem Vertrag noch einmal zu überdenken. Folglich steht das in der
Richtlinie 85 / 577 vorgesehene Rücktrittsrecht dem Verbraucher schon dann zu, wenn
der objektive Tatbestand des Artikels 1 der Richtlinie erfüllt ist. Ein bestimmtes
Verhalten des Gewerbetreibenden ist dagegen nicht erforderlich (Urteil des EuGH vom
22.04.1999 in der Rechtssache C – 423/97 Rdziff. 42 und 43, Schlussantrag des
Generalanwaltes vom 02.06.2005 in der Rechtssache C – 229 / 04 Rdnr. 31 – 36).
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Der Kläger konnte den Widerruf unbefristet erklären und hat dies mit Schreiben vom
07.03.2002 auch getan. Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht durch Fristablauf
erloschen. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 Haustürwiderrufsgesetz hat
mangels ordnungsgemäßer Belehrung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3
Haustürwiderrufsgesetz nicht zu laufen begonnen.
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Das von dem Kläger unterzeichnete Darlehensformular enthielt eine Belehrung im
Sinne des § 7 Verbraucherkreditgesetz und die zusätzliche Erklärung, dass nach
Auszahlung des Darlehens ein Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn der
Darlehensnehmer nicht binnen 2 Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder
Auszahlung des Darlehens das Darlehen zurückzahlt. Eine derartige
Widerrufsbelehrung genügt nicht den Anforderungen des § 2 Haustürwiderrufsgesetz,
weil sie eine "andere" Erklärung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 Haustürwiderrufsgesetz
enthält. Das gilt auch dann, wenn eine Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz nur
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wegen der in der Vergangenheit herrschenden Auslegung des § 5 Abs. 2
Haustürwiderrufsgesetz unterblieben war (BGH NJW 2003, Seite 424 ff. (425)).
Als Rechtsfolge des Widerrufes sind die Vertragspartner gemäß § 3 Abs.1 Satz 1
Haustürwiderrufsgesetz (jetzt §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1 Satz 1 BGB) verpflichtet, dem
jeweils anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Danach hat die
Beklagte dem Kläger Zug um Zug gegen Übertragung des Fondanteils die von ihm
gezahlten Zinsen zurückzuzahlen und ihm die Rechte aus der Lebensversicherung
zurückzuübertragen (BGHZ 152, 331 ff. (336), Urteil vom 14.06.2004, II ZR 395/01).
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Die Beklagte kann nicht aufrechnen, weil ihr keine aufrechenbaren Ansprüche
zustehen. Der Kläger haftet nicht für Ansprüche der Beklagten gegen die BGB-
Gesellschaft, denn die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind bei der
vorliegenden Fallkonstellation - Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz - allenfalls
eingeschränkt anwendbar. Die wechselseitigen Rechte richten sich nach den §§ 3
Haustürwiderrufsgesetz und 9 Verbraucherkreditgesetz.
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Eine Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung des Nettokreditbetrages gemäß § 3
Abs. 1 Haustürwiderrufsgesetz besteht nicht, so dass auch der Feststellungsantrag
begründet ist. Welches die von dem Darlehensnehmer empfangene und damit dem
Darlehensgeber zurück zu gewährende Leistung im Sinne des § Abs. 3 Abs. 1
Haustürwiderrufsgesetz ist, ist unter anderem davon abhängig, ob es sich bei dem
Darlehen und dem damit finanzierten Geschäft um verbundene Geschäfte im Sinne des
§ 9 Verbraucherkreditgesetz handelt (BGHZ 152, 331 ff. (336 ff.), BGHZ 133, 254 ff.).
Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Verbraucherkreditgesetz (jetzt § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB) wird die
auf den Abschluss des verbundenen Geschäftes gerichtete Willenserklärung des
Verbrauchers erst wirksam, wenn die auf den Abschluss des Darlehensvertrages
gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen wird. Dies gilt wegen des Schutzzweckes
des Haustürwiderrufsgesetzes in gleicher Weise für einen Widerruf des
Darlehensvertrages nach diesem Gesetz (BGHZ 133, 254 ff. (259 ff.), BGHZ 152, 331
(337), Urteil vom 14.06.2004, II ZR 395/01).
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Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag und der Vertrag über den
Fondbeitritt des Klägers stellen zusammen ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9
Verbraucherkreditgesetz in der Fassung vor dem 01.10.2000 dar. Zwar ist der Eintritt in
eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht als Kaufvertrag zu qualifizieren. Doch sieht
§ 9 Abs. 4 Verbraucherkreditgesetz eine entsprechende Anwendung vor, wenn mit dem
Kredit das Entgelt einer anderen Leistung als die Lieferung einer Sache beglichen
werden soll. Dazu zählt auch die Finanzierung von Anteilen im geschlossenen
Immobilienfond, die wegen des wirtschaftlichen Zweckes und der Schutzbedürftigkeit
des Anlegers einem auf entgeltliche Leistungen gerichteten Geschäft gleichzustellen ist
(Palandt, 59. Aufl., § 9 Verbraucherkreditgesetz, Rdnr. 2, BGH NJW 2003, 2821, Urteil
vom 14.06.2004, II ZR 395/01).
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Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Verbraucherkreditgesetz sind vorliegend erfüllt.
Der Darlehensvertrag diente der Finanzierung des Gesellschaftsbeitritts. Beide Verträge
sind als wirtschaftliche Einheit anzusehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Kreditgeber
und der Vertragspartner des Verbrauchers aus dem anderen Geschäft
zusammenwirken, wobei es genügt, dass beide Verträge aufeinander Bezug nehmen
(Palandt, 59. Aufl., § 9 Verbraucherkreditgesetz, Rdnr. 4 ff.). Im Darlehensformular der
Rechtsvorgängerin der Beklagten wird ausdrücklich Bezug auf den Zweck des
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Darlehens, nämlich die Finanzierung des Fondbeitritts, genommen. Auch aus der Sicht
der Kläger handelte es sich um einen einheitlichen Vorgang. Dies zeigt auch die
zeitliche Nähe zwischen der Unterzeichnung des Eintrittsantrages und des
Darlehensvertrages.
Schließlich wird nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Verbraucherkreditgesetz die wirtschaftliche
Einheit unwiderleglich vermutet, wenn sich der Kreditgeber bei der Vorbereitung oder
dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient, was im Fall
des Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfond der Mitwirkung der
Fondgesellschaft entspricht. Von einer Mitwirkung der Fondgesellschaft ist auszugehen,
wenn der Kreditvertrag nicht auf Grund eigener Initiative des Kreditnehmers zu Stande
kommt, der von sich aus um eine Bank um Finanzierung seines Gesellschaftsbeitritts
ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Fondvertreibers dem
Interessenten zugleich mit den Beitrittsunterlagen einen Kreditantrag des
Finanzierungsinstitutes vorgelegt hat, dass sich zuvor dem Fondvertreiber gegenüber
zur Finanzierung bereit erklärt hatte. Dies war vorliegend der Fall.
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Da ein verbundenes Geschäft gegeben ist, kann die Beklagte von dem Kläger nicht die
Rückzahlung der Darlehensvaluta verlangen. Dies folgt aus dem Schutzzweck der
gesetzlichen Widerrufsbestimmung, da diese dem Verbraucher die Möglichkeit geben
soll, die Entscheidung über das Fortbestehen des Vertrages frei von finanziellen
Zwängen zu treffen (BGH NJW 1996, 3414). Auch beim finanzierten Haustürgeschäft
kann dieser Schutzzweck des Widerrufsrechtes nur erreicht werden, wenn der
Darlehensnehmer nicht befürchten muss, nach dem Widerruf dem
Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers ausgesetzt zu sein, ohne Rücksicht
darauf, ob der Rückgriffsanspruch gegen den Partner des finanzierten Geschäftes
durchsetzbar ist (BGH NJW 1996, 3414). Die Beklagte muss daher die Darlehensvaluta
von der Fondgesellschaft zurückverlangen, der Kläger muss nur seine Fondanteile an
die Beklagte abtreten (BGH, Urteil vom 14.06.2004, II ZR 395/01).
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Die Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Der Anspruch aus § 3
Haustürwiderrufsgesetz entstand erst mit dem Widerruf. Frühestens zu diesem Zeitpunkt
kann also die Verjährung beginnen mithin im Jahr 2004. Zudem gilt die vierjährige
Verjährungsfrist des § 197 BGB alte Fassung für Verbraucherkredite nicht (§ 11 Abs. 3
Satz 3 Verbraucherkreditgesetz).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 BGB und berücksichtigt, dass die
Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig geringfügig war und keine Mehrkosten
verursacht hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709
ZPO.
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