Urteil des LG Dortmund vom 19.03.2007

LG Dortmund: unternehmen, grundsatz der gleichbehandlung, umwandlung der gesellschaft, gesellschafter, corporate governance, holding, vorzugsaktie, rendite, durchschnitt, grundkapital

Landgericht Dortmund, 18 AktE 5/03
Datum:
19.03.2007
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
IV. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 AktE 5/03
Tenor:
Die den Anteilsinhabern der früheren H AG, I, die gegen den
Umwandlungsbeschluss vom 24.02.2000 Widerspruch zur Niederschrift
des Protokolls der Hauptversammlung erklärt haben, gem. § 207 Absatz
1 Satz 1 UmwG zu gewährende Barabfindung wird auf
25,41 €
je Vorzugs-Stückaktie im rechnerischen Nennwert von 1,00 €
festgesetzt.
Die Barabfindung ist ab dem 14.04.2000 bis zum 11.04.2002 mit Zinsen
in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank und ab dem 12.04.2002 mit Zinsen in Höhe
von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB zu
verzinsen.
Ein Ausgleich durch bare Zuzahlung gem. § 196 UmwG findet nicht statt.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten
der Antragsteller trägt die Antragsgegnerin, die auch die Vergütung und
die Auslagen der gemeinsamen Vertreter der außenstehenden
Aktionäre zu tragen hat.
Der Geschäftswert für die gerichtlichen Gebühren und die Vergütung der
gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre wird auf
16.585.787,40 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1
A.
2
Das vorliegende Spruchstellenverfahren betrifft die Festsetzung der angemessenen
Barabfindung gemäß § 207 UmwG und eines Ausgleichsanspruchs durch bare
Zuzahlung gem. § 196 Umwandlungsgesetz der Anteilsinhaber der früheren H AG, I aus
Anlass der am 24.02.2000 beschlossenen Formumwandlung in die H AG & Co. KG.
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1. Unternehmensgeschichte und -struktur
4
Die frühere H Aktiengesellschaft war ein Komplettanbieter sanitärtechnischer Produkte
und Systeme. Zum Produktprogramm des Unternehmens gehörten und gehören
Sanitärarmaturen, Brausen und Zubehör, ferner Spül- und Installationssysteme,
Spezialarmaturen sowie Wasserbehandlungs- und Wassermanagementsysteme.
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In ihrem Ursprung ging die H AG auf die 1911 in I (T) gegründete Metallgießerei C& Q
zurück. 1936 wurde diese Unternehmung von H erworben. Die Umfirmierung in "H
Armaturenfabrik" erfolgte im Jahre 1948. 1976 wurde der Betrieb in die neu gegründete
H Armaturenfabrik GmbH & Co. eingebracht. Die Umwandlung in die H
Aktiengesellschaft geschah im Jahre 1991.
6
Schon seit den fünfziger Jahren war das Unternehmen durch die Übernahme
verschiedener anderer Gesellschaften expandiert. So wurde im Jahre 1956 die heutige
H Thermostat GmbH übernommen, was dazu führte, dass die H AG zu einem national
bedeutenden Armaturen-Hersteller aufstieg. Das Unternehmen internationalisierte sich:
1961 wurde die erste ausländische Tochtergesellschaft in Frankreich gegründet. 1976
wurde die Präsenz mit der Gründung von H America Inc., Bloomingdale /USA auf
Nordamerika ausgeweitet. Die Expansion nach Fernost geschah durch die Gründung
von H Japan K.K., Tokio/Japan in 1991 und der H Pacific Pte. Ltd., Singapur, in 1995.
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Mit dem Erwerb der E/S - Gruppe im Jahre 1994 und 70 % der Anteile an der S2 GmbH
& Co. KG Berlin im Jahre 1997 erwuchs das Unternehmen zu einem der führenden
Anbieter wassertechnologischer Gesamtlösungen.
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Unter den Konzerntöchtern ist die H Thermostat GmbH, M, das größte Werk und
produziert Sanitärarmaturen und Brausen. Die I2 Armaturen GmbH, I3, produziert
Sanitärarmaturen vorwiegend für das obere Preissegment. Die E/S - Gruppe produziert
an den Standorten X und I4 Spül- und Selbstschlussarmaturen. Sie ist nach der H
Thermostat GmbH die bedeutendste operative Tochtergesellschaft des Konzerns.
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Der Vertrieb der H AG erfolgt in Deutschland über eine eigene Vertriebsorganisation. Im
Ausland wird er über eigene Vertriebstochtergesellschaften durchgeführt, so in
Österreich, Frankreich, Italien, Belgien, Japan, Dänemark, Singapur, Polen,
Niederlande, Großbritannien, Spanien, USA, Kanada, Zypern und in der Türkei.
10
In Europa ist die H AG der führende Hersteller von Sanitärtechnik. Weltweit zählt die
Gesellschaft zu den größten drei Anbietern der Branche. In fast allen europäischen
Märkten hat die H AG eine herausragende Marktposition. In einzelnen überseeischen
Märkten, wie in den USA, ist H in dem sog. "Europäischen Marktsegment" führend. Der
Konzernumsatz der H -Gruppe in 1999 betrug 1,45 Milliarden DM. Der Auslandsumsatz
hat darin einen Anteil von ca. 62 %. Im Stichtagsjahr 1999 hatte der Weltmarkt für
Sanitärarmaturen ein Umsatzvolumen von rund 13 Milliarden DM. Der Marktanteil der H
AG lag bei ca. 9 %. In Europa ist das Unternehmen mit rund 15 % Marktanteil der
Marktführer.
11
Die Produktpalette ist so strukturiert, dass unter dem 1993 neu eingeführten Markendach
"H Wassertechnologie" drei Programmmarken geschaffen wurden, die jeweils
Art
Tec
Dal
gewerblich-öffentlichen Bereich hergestellt und vermarktet.
12
Die H-Gruppe verfügt über 12 Produktionsstandorte, davon 9 in Deutschland mit ca.
3.500 Mitarbeitern und 3 im Ausland (Kanada, Portugal und Thailand) mit ca. 400
Mitarbeitern. Das tägliche Produktionsvolumen umfasst rund 74.000 Armaturen und
13.000 Brausen. Insgesamt beschäftigte die Gesellschaft zum Jahresende 1999
konzernweit 5.748 Mitarbeiter, davon 971 im Ausland.
13
Der Absatz erfolgt im Inland an den Sanitärgroßhandel und von diesem an die
Installateure. Daneben werden die Produkte auch durch Bau- und Heimwerkermärkte
sowie vom Fliesen-, Möbel- und Fachmöbelhandel vertrieben.
14
2. Kapital- und Aktionärsstruktur
15
Das Grundkapital der H AG betrug ursprünglich 150 Mio. DM. Es war in Stammaktien
und stimmrechtslose Vorzugsaktien mit einem Nennbetrag von je 50,00 DM aufgeteilt.
Durch Beschluss der Hauptversammlung der H AG vom 9. Juni 1999 wurde das
Grundkapital von 150.000.000,00 DM auf 76.694.000,00 € umgestellt. Durch eine
Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und Ausgabe neuer Aktien wurde das
Grundkapital auf 78 Mio. Euro erhöht. An die Stelle der 1.700.000 Stammaktien und
1.300.000 stimmrechtslosen Vorzugsaktien traten nun 44.200.000 Stamm-Stückaktien
und 33.800.000 Vorzugs-Stückaktien mit einem rechnerischen Nennbetrag von
1,00 Euro. Das Umtauschverhältnis Nennwertaktie zu Stückaktie betrug mithin 1 : 26.
Die Stammaktien befanden sich bis Juli 1999 zu 100 % im Besitz der Familien H und S.
Die Hauptaktionäre hielten ferner 28,8 % der Vorzugsaktien der H AG. Mitte 1999
übertrugen die Familien H und S ihren Aktienbesitz, der ca. 69,1 % des Grundkapitals
der H AG ausmachte, kaufweise auf die H Holding GmbH, I. Gesellschafter der H
Holding GmbH sind verschiedene Investoren unter Leitung der G .
16
Hierbei handelt es sich um einen sogenannten private equity fonds unter dem Dach der
G mit Sitz in Guernsey, die zu den erfolgreichsten europäischen Eigenkapital-Investoren
gezählt werden.
17
In der Folgezeit, vom 11. bis 29. Oktober 1999, erwarb die H AG im Rahmen eines
öffentlichen Rückkaufsangebots 211.000 Stück börsennotierter Vorzugsaktien im
Nennbetrag von 50,00 DM (entsprechend 5.486.000 Vorzugsaktien mit dem
rechnerischen Nennbetrag von 1,00 €). Das Rückkaufvolumen betrug 63 Millionen Euro.
Der Rückkaufkurs pro Aktie betrug mithin 300,00 € pro Nennbetragsaktie. Diese Aktien
wurden eingezogen. Das gezeichnete Kapital wurde um 5.486.000,00 € auf
72.514.000,00 € herabgesetzt. Infolge eines freiwilligen öffentlichen Kaufangebots in der
Zeit vom 11. Oktober bis 3. Dezember 1999 erwarb die H Holding GmbH weitere
307.234 Stück Vorzugsaktien im Nennbetrag von jeweils 50,00 DM (entsprechend
7.988.084 Stück Vorzugs-Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital
von jeweils 1,00 €) hinzu. Zusammen mit zwischenzeitlich über die Börse erworbenen
Aktien hielt die H Holding GmbH am 31. Dezember 1999 mithin 100 % der Stammaktien
18
der Gesellschaft sowie 92,06 % der Vorzugsaktien und damit insgesamt rund 96,9 %
des Grundkapitals an H. Die restlichen Anteile, mithin ca. 2.248.130 Vorzugsstückaktien
befanden sich in Streubesitz.
Der Ausgabepreis für die Vorzugsaktie hatte im Jahre 1991 355,00 DM pro Stück im
Nennbetrag von 50,00 DM betragen. Die Vorzugsaktien waren zum amtlichen Handel in
Frankfurt und Düsseldorf sowie zum Freiverkehr in Berlin, Bremen, Hamburg, München
und Stuttgart zugelassen. Die Stammaktien nahmen dagegen nicht am Börsenhandel
teil. Das Unternehmen war seit 1992 im MDAX notiert. Weil sich zu diesem Zeitpunkt
nur noch ca. 8 % der börsennotierten Aktien in Streubesitz befanden, wurde die H -
Vorzugsaktie am 20. Dezember 1999 aus dem MDAX herausgenommen. Im Zeitraum
von drei Monaten vor dem Tag der Veröffentlichung des öffentlichen Aktienrückkauf-
Angebotes vom 07. Oktober 1999 lag der Börsenkurs der H -Vorzugsaktie im
Durchschnitt bei (gerundet) ca. 279,00 €, was einem Kurs der Stückaktie im
rechnerischen Nennwert von 1,- € in Höhe von 10,73 € entspricht.
19
§ 21 Abs. 1 der Satzung der H AG sah vor, dass den Inhabern von Vorzugsaktien ohne
Stimmrecht eine Mehrdividende von 2 % des rechnerischen Nennwertes sowie eine
Mindestdividende von 5 % des rechnerischen Nennwertes als Ausgleich für das
fehlende Stimmrecht zu gewähren war.
20
3. Die Strukturmaßnahme
21
Die Hauptversammlung der H AG beschloss am 24.02.2000 die Umwandlung der
Gesellschaft in die H AG & Co. KG, I, die später in H Water Technology AG & Co. KG
umfirmierte. Dieser Beschluss wurde am 13.04.2000 im Bundesanzeiger bekannt
gemacht. Die Eintragung in das Handelsregister des AG Iserlohn erfolgte am
28.03.2000. Den Umwandlungsbericht gemäß § 192 Abs. 1 UmwG erstattete der
Vorstand der H AG unter Mitwirkung der früheren T Steuerberatungsgesellschaft mbH,
jetzt Z AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, F. Das Prüfgutachten gemäß § 30 Abs. 2
UmwG, das sich dem Bericht des Vorstands anschloss, erstattete die U, I5. Darauf
basierend sah der Umwandlungsbeschluss vor, dass jeder ausscheidende Aktionär
gemäß § 207 Abs. 1 Satz 1 UmwG eine Barabfindung von 12,70 € für jede Vorzugs-
Stückaktie im rechnerischen Nennbetrag von 1,00 € sowie von 14,91 € für jede Stamm-
Stückaktie im rechnerischen Nennbetrag von 1,00 € erhalten sollte. Umgerechnet auf
die vormals bestehenden Nennbetragsaktien mit Nennbeträgen von 50,00 DM
entspricht dies 330,20 € je Vorzugsaktie und 387,53 € je Stammaktie. Einen Ausgleich
durch bare Zuzahlung gemäß § 196 UmwG sah der Umwandlungsbeschluss nicht vor.
22
Das Festkapital der durch den Umwandlungsbeschluss entstandenen
Kommanditgesellschaft sollte 7.251.400,00 € betragen. Daran sollten gemäß § 4 des
Gesellschaftsvertrages die Aktionäre der früheren H AG in dem Verhältnis beteiligt sein,
in dem sie im Zeitpunkt der Eintragung der neuen Rechtsform in das Handelsregister am
Grundkapital der früheren H AG beteiligt waren. Aus einem Grundkapitalanteil an der H
AG in Höhe von 1,- Euro wurde ein Festkapitalanteil an der H Water Technology AG &
Co. KG in Höhe von 0,10 Euro. Die Festkapitalanteile sollten den Pflichteinlagen der
Gesellschafter entsprechen, welche durch die Umwandlung als in voller Höhe erbracht
gelten sollten. Persönliche Gesellschafterin (Komplementärin) wurde die H
Geschäftsführungs- AG mit Sitz in I, die mit einem Festkapitalanteil in Höhe von € 2,60
am Festkapital der KG beteiligt war. Alle übrigen Anteilseigner der H AG erhielten den
Rechtsstatus eines Kommanditisten.
23
Wegen der Gewinnbeteiligung der Kommanditisten enthält § 11 Abs. 5 des
Gesellschaftsvertrages folgende Sonderregelung:
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"Die Kommanditisten, die im Zeitpunkt der Eintragung des Formwechsels im
Handelsregister an der früheren Friedrich H AG mit Vorzugs-Stückaktien beteiligt
waren, erhalten aus dem Jahresüberschuss der KG einen um 20 % ihres
Festkapitalanteils - soweit diese aus Vorzugsstückaktien hervorgegangen ist -
höheren Gewinnanteil als die Gesellschafter, die zu diesem Zeitpunkt mit Stamm-
Stückaktien an der früheren H AG beteiligt waren, ("Mehrgewinnanteil"),
mindestens jedoch einen Gewinnanteil in Höhe von 50 % ihres Festkapitalanteils
soweit dieser aus Vorzugs-Stückaktien hervorgegangen ist
("Vorzugsgewinnanteil")."
25
In § 11 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages heißt es weiter:
26
"Soweit der auf die außenstehenden Kommanditisten (§ 9 Abs. 4 Buchstabe e)
entfallende Gewinnanteil einschließlich Mehrgewinnanteil und
Vorzugsgewinnanteil weniger als Euro 0,20 pro Euro 0,10 Festkapitalanteil beträgt,
verpflichtet sich die H Holding GmbH, zu Lasten ihres eigenen Gewinnanteils für
die Dauer von drei Jahren beginnend in dem Jahr, in dem die Umwandlung in das
Handelsregister eingetragen wird den Gewinnanteil auf Euro 0,20 pro Euro 0,10
Festkapitalanteil aufzustocken. Die Verpflichtung zur Aufstockung besteht immer
nur dann und auch nur insoweit, als in dem jeweiligen Geschäftsjahr ein
Gewinnanteil auf die H Holding GmbH entfällt."
27
Für den Fall des späteren Ausscheidens eines Gesellschafters enthielt § 16 Absatz 2
folgende Abfindungsregelung:
28
"Der ausscheidende Gesellschafter hat als Abfindung Anspruch auf den Wert des
auf seinen Festkapitalanteil entfallenden anteiligen Vermögens der Gesellschaft.
Der anteilige Wert des Vermögens wird in einem pauschalierten Verfahren wie folgt
ermittelt:
29
Der ausscheidende Gesellschafter erhält als Abfindung das zehnfache des anteilig
auf seinen Festkapitalanteil entfallenden durchschnittlichen Ergebnisses der
gewöhnlichen Geschäfttätigkeit im Konzernabschluss der KG der letzten drei
Geschäftsjahre vor dem Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters
abzüglich der Entnahmen zulasten des Rücklagenkontos des Gesellschafters, die
zu einer Verminderung des Habensaldos auf dem Rücklagenkonto nach dem
Formwechsel geführt haben, mindestens jedoch den anteilig auf seinen
Festkapitalanteil entfallenden bilanziellen Buchwert des Eigenkapitals gemäß dem
festgestellten Jahresabschluss, der auf den letzten vor dem Zeitpunkt des
Ausscheidens des Gesellschafters liegenden Bilanzstichtag aufzustellen ist.
30
Sofern der Gesellschafter die im pauschalierten Verfahren ermittelte Abfindung als
zu niedrig erachtet, bleibt es ihm unbenommen, auf eigene Kosten ein
Wertgutachten von einer anerkannten großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über
seinen Kommanditanteil erstellen zu lassen. Macht der Gesellschafter hiervon
Gebrauch, steht dem Gesellschafter eine Abfindung nach Maßgabe des
Wertgutachtens zu. § 319 BGB bleibt unberührt."
31
Die Antragsteller halten den Abfindungsbetrag von 12,70 Euro für zu niedrig bemessen
und machen zudem geltend, es müsse ein Ausgleich durch bare Zuzahlung gemäß §
196 UmwG gewährt werden, weil der Wert des Kommanditanteils wegen verschiedener
rechtlicher und tatsächlicher Nachteile hinter dem Wert der Beteiligung durch Aktien
zurückbleibe. Von Seiten der Antragsteller wird geltend gemacht, der im
Umwandlungsbericht für die "ewige Rente" angesetzte zu kapitalisierende Ertrag sei zu
niedrig bemessen. Die im Ausland erzielten Erträge seien unzutreffend bzw. in
unzulässiger Weise berücksichtigt worden. In der Folge würden sie von der
Gewinnbeteiligung insoweit ausgeschlossen. Mit 6,5 % sei der Basiszinssatz im
Umwandlungsbericht zu hoch angesetzt worden. Auch der im Umwandlungsbericht
gewählte Risikozuschlag von 3,5 % sei nicht angemessen. Ein Wachstumsabschlag in
der "ewigen Rente" von nur 1 % sei ebenfalls nicht gerechtfertigt. Für die Jahre ab 2004
müsse ferner ein angemessener Inflationsausgleich berücksichtigt werden. Hinsichtlich
der prognostizierten Erträge sei der gewählte Planungszeitraum falsch gegriffen. Bei
einem Bewertungsstichtag am 24. Februar 2000 sei es unzulässig, die "Phase 1" bereits
im Jahr 1999 beginnen zu lassen. Jedenfalls hätte für das Jahr 1999 auf das Ist-
Ergebnis statt eines Planergebnisses zurückgegriffen werden müssen, weil dieses zum
Bewertungsstichtag bereits bekannt gewesen sei. Von Antragstellerseite wird ferner
vorgebracht, ein Bewertungsabschlag auf die Vorzugsaktien von 15 % sei unzulässig.
Dies gelte jedenfalls vor dem Hintergrund, dass zum Bewertungsstichtag 100 % der
stimmberechtigten Stammaktien in der Hand des Mehrheitsaktionärs lagen. Die
Anwendung eines typisierten Einkommenssteuersatzes von 35 % sei nicht
gerechtfertigt. Es wird die Auffassung vertreten, die von den Familien H und S erzielten
Kaufpreise im Rahmen der Veräußerung an die H Holding GmbH müssten
berücksichtigt werden. Der Ausgleich durch bare Zuzahlung gemäß § 196 UmwG habe
sich daran zu orientieren, dass die Aktionäre nun aufgrund des zwangsläufigen
Einstellens eines Börsenhandels und aufgrund steuerlicher Regelungen schlechter
gestellt seien.
32
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen gutachterlichen
Stellungnahme des Sachverständigen N vom 15. Januar 2004; auf ihren Inhalt wird
verwiesen. Gegen dieses Gutachten sind verschiedene Beweiseinreden erhoben
worden, zu denen sich der Sachverständige in einer ergänzenden gutachterlichen
Stellungnahme vom 10. Oktober 2005 geäußert hat. Auch hierauf wird Bezug
genommen.
33
B.
34
I. Zulässigkeit:
35
Die Anträge sämtlicher Antragsteller sind zulässig. Alle Antragsteller haben ihre
Antragsberechtigung hinreichend dargetan und nachgewiesen. Soweit einzelne
Antragsteller sowohl die Festsetzung einer anderen, höheren Abfindung gemäß
36
§ 207 UmwG für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft und kumulativ dazu
auch einen Ausgleich durch bare Zuzahlung gemäß § 196 UmwG verlangen, ist dies
unschädlich. Denn insoweit steht den Antragstellern ein Wahlrecht zu, das sie nicht vor
Ablauf der in § 209 UmwG genannten Frist auszuüben verpflichtet sind (OLG Schleswig,
ZIP 2004, Seite 2433; Klöcker, EWiR 2005, Seite 321; Weingärtner in Heidel, Aktien-
und Kapitalmarktrecht, 2 Aufl., § 4 SpruchG, Fn 1)).
37
II. Begründetheit:
38
In der Sache haben die Anträge teilweise Erfolg.
39
1. Abfindungsanspruch
40
Den Antragsstellern, die gegen den Umwandlungsbeschluss der Hauptversammlung
vom 24.02.2000 Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben, steht aus Anlass der an
diesem Tag beschlossenen Formumwandlung der H AG in die H Water Technology AG
& Co. KG gemäß § 207 UmwG nach Schätzung der Kammer gemäß § 287 Absatz 2
ZPO ein Abfindungsanspruch in Höhe von 25,41 € pro Vorzugsaktie im rechnerischen
Nennwert von 1,00 € zu.
41
Dieses Schätzergebnis beruht auf folgenden Schätzgrundlagen:
42
Die den fakultativ ausscheidenden Anteilsinhabern gemäß § 207 UmwG zu
gewährende Abfindung muss ihrem Anteil am wahren Wert des Unternehmens
entsprechen. Nur die volle Entschädigung ist angemessen im Sinne des Gesetzes
(BVerfG NZG 2000, 1117).
43
Mathematisch oder naturwissenschaftlich anerkannte Verfahren zur Ermittlung dieses
Unternehmenswertes existieren nicht. Entscheidend für die Findung der
Unternehmenswerte können auch keine subjektbezogenen Determinanten
(Mindestverkaufspreis einerseits/Höchstkaufpreis andererseits) sein (Großfeld,
Unternehmens- und Anteilsbewertung, 4. Aufl., Seite 25). Auf die individuellen
Entscheidungs-Grenzwerte von potentiellen Kaufvertragsparteien des Unternehmens
(auch Abbruchpunkte genannt) kann es deshalb nicht ankommen. Unmaßgeblich und
allenfalls als Plausibilitäts- oder Kontrollerwägung geeignet sind deshalb sowohl die
Kaufpreise, die für die Mehrheitsbeteiligung der Beteiligungen der Familien H und S wie
auch für den im Verlaufe des Verfahrens erfolgten Weiterverkauf der
Mehrheitsbeteiligung an das Konsortium V/D gezahlt worden sind. Für die Berechnung
des Abfindungsbetrages ausscheidender Anteilseigner ist vielmehr ein objektivierter
Unternehmenswert zu finden. Es ist der Unternehmenswert festzusetzen, der aus Sicht
eines objektiv-vernünftigen dritten Betrachters als "angemessen" gelten kann. Deshalb
müssen bei der Wertfindung solche Vorgehensweisen angewendet werden, die in der
betriebswirtschaftlichen Lehre weitgehend anerkannt und akzeptiert sind und für die
mehr Argumente existieren als dagegen. Auch bei diesen betriebswirtschaftlichen
Ansätzen handelt es sich vielfach um Verfahren, die rein subjektive Einschätzungen und
Prognosen zur Grundlage haben und deshalb mit erheblichen Unsicherheiten behaftet
sind. Auch sie können keinesfalls für sich in Anspruch nehmen, den "wahren"
Unternehmenswert mathematisch exakt zu bestimmen (OLG Stuttgart, AG 2004, 45).
Letztendlich können sie nur zu einer tauglichen Schätzgrundlage im Sinne von § 287
Abs. 2 ZPO führen (BGH, NZG 2001, 603 = DB 2001, 969; Pilz, ZGR 2001, 185; Bilda
JR 2002, 17; BayObLG, DB 2001, 36).
44
a)
45
In Rechtsprechung und Lehre (OLG Hamburg, NZG 2001, 471; OLG Düsseldorf, AG
1999, 321, BayObLG, AG 1995, 509, Großfeld a.a.O., Seite 203) ist anerkannt, dass der
sogenannte Liquidationswert die Untergrenze des Unternehmenswertes darstellt.
46
Hierbei handelt es sich um den Erlös, der sich erzielen lässt, wenn sämtliche
Gegenstände des Unternehmens veräußert werden (Summe der
Einzelveräußerungspreise nach Abzug von Schulden, Liquidationskosten und
eventuellen Steuern). Auf ihn abzustellen kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn es
sich nicht lohnt, das Unternehmen fortzuführen. Dem ist nach den Ausführungen des
Sachverständigen, denen insoweit niemand entgegen getreten ist, nicht so:
Das Unternehmen arbeitete sehr profitabel. Der Ertragswert ist offensichtlich deutlich
höher als der Liquidationswert, so dass auf letzteren nicht abzustellen ist.
47
b)
48
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 100, 289) ist es
mit Artikel 14 GG unvereinbar, bei der Bestimmung der Abfindung oder des Ausgleichs
den Börsenkurs der Aktien eines Unternehmens außer Betracht zu lassen. Im
vorliegenden Fall kommt die Anwendung dieses (Mindest-) Wertmaßstabs nicht in
Betracht, weil der Börsenwert der Aktie der H AG im Stichtag deutlich niedriger war, als
der nachfolgend nach der Ertragswertmethode festgesetzte Abfindungsanspruch. Nach
den Ausführungen des Sachverständigen N, denen auch insoweit kein
Verfahrensbeteiligter entgegengetreten ist, lag der Börsenkurs der H-Vorzugsaktie im
Nennwert von 50,00 DM in den letzten 3 Monaten vor dem Tag der Veröffentlichung des
öffentlichen Aktienrückkauf-Angebotes am 07.10.1999 im Durchschnitt bei 278,92 €.
Umgerechnet auf die daraus entstandenen Vorzugs-Stückaktien ergibt sich daraus ein
Börsenpreis von (278,92 € : 26 =) 10,73 € je Stück im rechnerischen Nennbetrag von 1,-
Euro. Dies liegt deutlich unterhalb der nach der Ertragswertmethode errechneten
Abfindung.
49
c)
50
Als bester und plausibelster Weg zur Ermittlung des objektivierten Unternehmenswertes
gilt nach wie vor die sogenannte Ertragswertmethode. Sie ist in Rechtsprechung und
Schrifttum allgemein anerkannt (OLG Zweibrücken, WM 1995, 980; OLG Stuttgart, AG
2004, 43; OLG Düsseldorf, AG 2003, 688). Dabei wird der Unternehmenswert nach den
erwarteten Gewinnen in der Zukunft bestimmt; sie werden auf den Bewertungsstichtag
abgezinst und dadurch zum Ertragswert kapitalisiert.
51
Maßgeblich ist das sogenannte Stichtagsprinzip. Denn der formwandelnde Rechtsträger
hat den Anteilsinhabern gemäß § 207 Abs. . 1 UmwG ein Abfindungsangebot zu
machen, das den Wert ihrer Aktien gerade an dem Tag widerspiegelt, an dem die
Beschlussfassung stattfindet (§ 30 Abs. 1 UmwG). Infolge dessen ist die
Ertragsentwicklung aus der Sicht des Stichtages zu prognostizieren. Spätere
Entwicklungen und Erkenntnisse können nur berücksichtigt werden, wenn sie in ihren
Ursprüngen bereits am Stichtag angelegt und erkennbar waren (sog. Wurzeltheorie).
Zusätzlich zum Ertragswert ist das nicht betriebsnotwendige Vermögen mit dem
Substanzwert (Liquidationswert) anzusetzen.
52
Für den Abfindungsanspruch ergibt sich danach im vorliegenden Fall folgendes:
53
aa)
54
Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens (erwartete Nettoausschüttungen).
55
(1) Zutreffend hat der Sachverständige zunächst ermittelt, welche Beträge zukünftig aus
Sicht des Bewertungsstichtags voraussichtlich für die Ausschüttung zur Verfügung
stehen werden. Methodengerecht hat er dieser Überlegung die erwirtschafteten Erträge
der Vergangenheit zugrunde gelegt. Hierfür eine Referenzperiode von 3 Jahren (1996
bis 1998) zuzüglich der feststellbaren Ergebnisse bis einschließlich zum 3. Quartal des
Jahres 1999 zu greifen, ist nicht zu beanstanden. Regelgerecht hat der Sachverständige
von den erwarteten Nettoausschüttungen die Anteile Dritter abgezogen, da diese Mittel
nicht zur Ausschüttung an die Aktionäre der H AG zur Verfügung stehen.
56
Es entspricht der allgemein anerkannten Methodik der Unternehmensbewertung, bei der
auf den Vergangenheitsergebnissen aufbauenden Prognosenerstellung so vorzugehen,
dass zwei Planungsphasen gebildet werden. Keinen Bedenken begegnet es hier, die
Planungsphase I auf den Zeitraum von 5 Jahren (1999 bis 2003) und den
Prognosezeitraum II für alle danach folgenden Jahre (ab 2004) festzusetzen. Entgegen
den von einigen Antragstellern hiergegen vorgebrachten Einwendungen hat der
Sachverständige N auch zutreffend das Geschäftsjahr 1999 als erstes Jahr des
Prognosezeitraums I festgesetzt, obwohl die Hauptversammlung, in der die
Formumwandlung beschlossen wurde, erst am 24.02.2000, mithin in einem darauf
folgenden Jahr stattgefunden hat. Denn der handelsrechtliche Jahresabschluss für das
Jahr 1999 lag am Bewertungsstichtag noch nicht vor und musste nach gesetzlichen
Vorgaben zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht vorliegen, § 264 Abs. 1 S. 2 HGB.
Deshalb waren weiterhin die für 1999 prognostizierten Zahlen zugrunde zu legen. Auch
insoweit ist das Stichtagsprinzip konsequent anzuwenden. Es hat zur Folge, dass
hinsichtlich des Kenntnisstandes für die Unternehmensbewertung zu unterstellen ist,
dass das gesamte gerichtliche Spruchverfahren nur eine "juristische Sekunde"
andauert. Spätere, nach dem Stichtag sich ergebende Kenntnisse bleiben grundsätzlich
unberücksichtigt. Die Gegenauffassung würde dazu führen, dass sich die
Ertragswertberechnung bei längerer Verfahrensdauer stets selbst überholen würde, weil
mit jedem festgestellten Jahresabschluss dessen Zahlen an die Stelle der
prognostizierten Erträge zu treten hätten. Dies entspräche dem Stichtagsprinzip
offensichtlich nicht.
57
Bei der Bestimmung der sich auf der Grundlage der Daten des Referenzzeitraums für
die Planungsphase I voraussichtlich erwarteten Erträge hat der Sachverständige N
methodisch zutreffend die Unternehmensplanung berücksichtigt.
58
Die Kammer folgt den von ihm insoweit ermittelten Zahlen, mit Ausnahme jedoch einer
Abweichung in zwei Punkten:
59
(a)
60
Die H AG hatte in den Jahren 1996 12,1 Mio. DM, in 1997 13,1 Mio. DM und in 1998
13,4 Mio. DM an Währungsgewinnen erzielt. Im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor
Beginn der Phase I betrugen die Währungsgewinne mithin (12,1 + 13,1 + 13,4 : 3 =)
12,87 Mio. DM, was 6,58 Mio. Euro entspricht. Diese Währungsgewinne hat der
Sachverständige für seine Ertragswertberechnung im Planungszeitraum (Phase 1)
stufenweise auf Null zurückgenommen. Dies erachtet die Kammer nicht als
sachgerecht. Angemessen erscheint es vielmehr, in den Jahren der Planungsphase I an
Währungsgewinnen jeweils die Hälfte des Durchschnitts der voraufgegangenen drei
Jahre anzusetzen, mithin (ca.) 6,4 Mio. DM. Dies beruht auf der Erwägung, dass das
61
Risiko der Erwirtschaftung weiterer Währungsgewinne zwar ungewiss ist. Dem Prinzip
des vorsichtigen Kaufmanns wird es aber entsprechen, auch in Zukunft Budgetraten
festzulegen, nach denen Währungsverluste eher unwahrscheinlich sind. Gleichwohl
hängt die Frage, ob Währungsgewinne realisiert werden können oder nicht, von völlig
unbeherrschbaren Faktoren ab, nämlich der Entwicklung des Wechselkurses des Euro
zum US-Dollar und ggf. anderen Weltwährungen. Im Ergebnis kann es deshalb ebenso
gut so sein, dass Währungsverluste realisiert werden, wie auch der Fall eintreten kann,
dass die Währungsgewinne der Vorjahre noch übertroffen werden. Auch jedes
Jahresergebnis zwischen diesen Extremen ist denkbar. Die Auswertung der
Vorjahresergebnisse ergibt allerdings, dass die Annahme der Erwirtschaftung von
Währungsgewinnen statt Währungsverlusten durchaus gerechtfertigt ist. Der gerechten
Verteilung der Risiken auf alle Beteiligten des Spruchverfahrens entspricht es deshalb,
für die Zukunft davon auszugehen, dass die Hälfte des Durchschnitts der
Währungsgewinne der Vorjahre realisierbar sein wird.
(b)
62
Nicht gefolgt werden konnte dem Sachverständigen auch insoweit, als er die erwartete
Nettoausschüttung für die Jahre ab 2004 mit 186,6 Mio. DM unterhalb der erwarteten
Ausschüttungen des Planjahres 5 (2003) mit 208 Mio. DM angesetzt hat. Die Kammer
geht vielmehr davon aus, dass für die "ewige Rente" ab dem Jahre 2004 derselbe
Betrag anzusetzen ist, wie er im Planjahr 2003 nach den Unternehmungsplanungen zur
Ausschüttung bereitstand. Zwar gilt es grundsätzlich als regelgerecht, wenn überdacht
wird, ob die Annahmen der Phase I weitergeführt werden können (Großfeld a.a.O., Seite
95). In der Regel wird jedoch der Endwert, der sich aus der auf den
Unternehmensplanungen fußenden Phase ergibt, als durchschnittlicher Ertragwert für
die Phase der "ewigen Rente" anzunehmen sein (OLG Zweibrücken, WM 1995, 980,
982). Hiervon abzuweichen bedarf es besonderer Begründung, die hier nicht ersichtlich
ist.
63
So beruhen die prognostizierten Umsatz- und Gewinnsteigerungen der H AG für die
Jahre der Planungsphase I nicht etwa auf einem vorübergehenden Neubau- und
Renovierungsboom, wie er etwa in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung in
der Bundesrepublik ausgelöst worden ist. Das Argument der hohen
Marktdurchdringungsrate (Gutachten Seite 38) überzeugt ebenfalls nicht. Zwar kommt
der H-Gruppe in bestimmten Bereichen eine Marktführerstellung zu. Gleichwohl betrug
der Marktanteil der H AG am Weltmarkt nur ca. 9 %. Im europäischen Bereich sind es
gerade 15 %. Es kann deshalb definitiv nicht davon gesprochen werden, dass
Wachstumschancen deshalb nicht bestünden, weil der Markt bereits vom Unternehmen
weitgehend besetzt sei. Das weitere vom Sachverständigen angeführte Argument des
wachsenden Margendrucks im unteren Preissegment überzeugt ebenfalls nicht. Denn
an anderer Stelle (Blatt 45, 46 des Gutachtens) geht der Sachverständige grundsätzlich
davon aus, dass das Unternehmen auch in der Zukunft nicht nur die Inflation
wettmachen, sondern darüber hinaus auch noch ein Wachstum von ca. 2 % p. a.
erzielen können wird.
64
Es ist mithin kein Grund ersichtlich, warum im vorliegenden Fall der Ertrag des
Unternehmens in den Jahren ab 2004 hinter die prognostizierten Ergebniszahlen des
Jahres 2003 wieder zurückfallen sollte.
65
(c)
66
Gegen die Ansätze des Sachverständigen im Übrigen ist nichts zu erinnern.
67
So begegnet es zunächst keinen Bedenken, wenn er das Zinsergebnis mit einem
Fremdkapital- und Anlagezinssatz von 4,5 % und damit unterhalb des von ihm selbst
angesetzten Basiszinses von 5,9 % ermittelt hat. Denn der Basiszins bildet die Erträge
langfristiger Kapitalanlagen ab. Finanzergebnisse von Unternehmen ergeben sich
regelmäßig aber nur aus kurzfristigen Anlagen, deren Erträge in der Regel darunter
liegen.
68
Die Kammer folgt dem Sachverständigen auch, soweit er als Durchschnittssteuersatz für
im Ausland erzielte Erträge 40 % ansetzen will. Dem ist auch niemand mit beachtlichen
Argumenten entgegen getreten. Auch ist es mit der vom Sachverständigen auf Bl. 67, 68
seines Gutachtens gegebenen Begründung sachgerecht, nicht von einer
Vollausschüttung der im Ausland erzielten Gewinne auszugehen, sondern diese als
thesauriert zu behandeln.
69
Richtigerweise ist bei der Unternehmenswertberechnung auch eine sogenannte
Vorsteuerbetrachtung anzunehmen. Dies folgt bereits daraus, dass der vom
Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer empfohlene
Bewertungsstandard HFA 2/83 die Berücksichtigung von persönlichen Ertragssteuern
grundsätzlich nicht vorsah. So geht der Standard HFA 2/83 in Abschnitt C. 2. b, 5,4)
davon aus, dass die individuelle Steuersituation des Anteilseigners grundsätzlich nicht
zu berücksichtigen ist. In Abschnitt C. 2. d. des HFA 2/83 wird ausgeführt, dass
abweichend davon ein Bewertungsauftrag aus einer bestimmten Sichtweise heraus es
gebieten kann, die individuellen steuerrechtlichen Verhältnisse gleichwohl zu
berücksichtigen, nämlich wenn es z.B. darum geht, einen Grenzpreis für eine Investition
oder Deinvestition aus der Sicht eines konkreten Steuersubjekts unter Berücksichtigung
seiner speziellen steuerrechtlichen Situation zu ermitteln. Dabei weist der HFA 2/83
ausdrücklich darauf hin, dass eine solche Bewertung aus Anteilseignersicht unter
Berücksichtigung der konkreten steuerlichen Merkmale zu jeweils unterschiedlichen
Unternehmenswerten führen muss. Dieser Ansatz taugt zur Festlegung der
angemessenen Abfindung gem. § 207 UmwG offensichtlich nicht.
70
Erst mit dem Bewertungsstandard IdW S1 wurde die Berücksichtigung von
Ertragssteuern auf Unternehmens- und Anteilseignerseite empfohlen. Der IdW S 1 ist
am 28.06.2000 und damit erst nach dem hier maßgeblichen Bewertungsstichtag
verabschiedet worden. Dem Stichtagsprinzip entspricht es, seine Grundsätze auf das
vorliegende Verfahren nicht anzuwenden (so auch: Großfeld, NZG 2004, 74, 75).
71
In der Rechtsprechung (LG Bremen, AG 2003, 214) und Literatur (Lenz, WPg 2006,
1160; Dörschell/Franken, DB 2005, 2257; Wasmann/Gayk, BB 2005, 955)) herrscht
zwar Einigkeit darüber, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse in Abweichung vom
Stichtagsprinzip Anwendung zu finden haben, wenn dies zu zutreffenderen Ergebnissen
führt. Der Umstand, dass auf Unternehmens- und auf Anteilseignerebene Ertragssteuern
anfallen, ist aber keine neue wissenschaftliche Erkenntnis, sondern kann als
allgemeinbekannt gelten. Was mit dem IdW S1 als "Nachsteuerbetrachtung" eingeführt
wurde, ist deshalb nichts anderes, als eine neue Betrachtungsweise, ein anderes Kalkül
(vgl. auch BayObLG AG 2006, 41; OLG München, Beschluss vom 30.11.2006, 31 Wx
59/06). Auch die erkennende Kammer sieht davon ab, dieses neue Kalkül gegen den
Grundsatz der Stichtagstreue anzuwenden, denn seine Vorzüge sind fraglich. Das sog.
72
Halbeinkünfteverfahren, dessen Besonderheit zu berücksichtigen die
Nachsteuerbetrachtung besonders geeignet sein soll, war am Stichtag noch nicht
eingeführt. Ferner eignet sich die Nachsteuerbetrachtung, wie oben schon ausgeführt
wurde, eher für Bewertungsanlässe aus konkret-individuellem Anlass. Gegen die
Nachsteuerbetrachtung spricht auch, dass schon die empirische Datenbasis für die
Annahme eines typisierten Steuersatzes von 35 Prozent auf Anteilseignerebene
fragwürdig ist (vgl. Peemöller, BB 2005, 90; Großfeld, a.a.O., S. 103). Ferner ergeben
sich Ungleichbehandlungen zwischen inländischen und ausländischen Anteilseignern
sowie solchen, die die Aktie im Privat- und Betriebsvermögen halten. Dies widerspricht
dem im Aktienrecht fest verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung aller
Anteilsinhaber. Sachgerecht ist es daher jedenfalls für den Fall des fakultativen
Ausscheidens aus dem Unternehmen, die dem die Abfindung wählenden Anteilinhaber
zustehenden Beträge als Bruttobeträge abzubilden und die sich aus seiner besonderen
persönlichen Situation jeweils ergebende Steuerlast seiner eigenen Sphäre
zuzuweisen.
Damit ergeben sich folgende zu kapitalisierende Ergebnisse, jeweils in Mio. DM:
73
1999
2000
2001
2002
2003
ab
2004
Umsatz
1.460,9 1.548,5 1.620,0 1.717,0 1.820,0
Herstell- und sonstige Kosten
- 879,3 - 925,1 - 986,3 -
1.037,5
-
1.095,0
Bruttogewinn
581,6
623,4
633,7
679,5
725,0
Entwicklungskosten
- 36,3
- 40,1
- 38,9
- 40,4
- 42,1
Vertriebskosten
- 332,7 -345,9 - 348,2 - 362,6 - 378,6
Verwaltungskosten
- 51,0
- 52,9
- 52,7
- 54,3
- 56,0
sonstige Erträge
7,3
5,5
4,1
3,9
3,7
Währungsgewinne
6,4
6,4
6,4
6,4
6,4
Ergebnis vor Zinsen und Steuern 175,3
196,4
204,4
232,5
258,4
258,4
Zinsertrag/-aufwand
5,9
1,6
1,7
2,2
3,0
2,9
Ergebnis vor Steuern
181,2
198,0
206,1
234,7
261,4
261,3
Ergebnisanteile Dritter
-1,2
- 2,1
- 2,2
-2,2
- 2,3
- 2,2
Ergebnis vor Steuern nach
Anteilen Dritte
180,0
195,9
203,9
232,5
259,1
259,1
Gewerbeertragssteuern
- 22,5
- 24,3
- 24,6
- 27,7
- 30,5
- 28,5
Ausländische Ertragssteuern
- 14,6
- 13,2
- 14,7
- 17,3
- 20,7
- 20,0
Körperschaftssteuer auf nicht
abzugsfähige Aufwendungen
- 0,6
- 0,6
- 0,6
- 0,6
- 0,6
- 0,6
Erwartete Nettoausschüttungen
nach Steuern
142,3
157,8
164,0
186,9
207,3
210,0
74
bb) Kapitalisierungszinssatz
75
Nach der Ertragswertmethode waren diese fiktiv errechneten zukünftigen Erträge auf
eine Größe zum Bewertungsstichtag zu reduzieren. Dieser Abzinsung auf den Stichtag
legt die Vorstellung zugrunde, den Betrag zu ermitteln, der bei einem realistischen Zins
(Kapitalisierungszins) Erträge bringt, die dem zu erwartenden Unternehmensgewinnen
entsprechen (OLG Düsseldorf, ZiP 1988, 1560).
76
(1)
77
Ausgangspunkt zur Findung des Kapitalisierungszinssatzes ist der Basiszinssatz. Der
Basiszinssatz bezieht sich auf die aus der Sicht des Stichtags auf Dauer erzielbare
Rendite öffentlicher Anleihen. Abzustellen ist nach ständiger Rechtsprechung auf die
durchschnittliche Rendite öffentlicher Anleihen oder langfristiger festverzinslicher
Wertpapiere. Dabei ist nicht auf das Zinsniveau am Stichtag, sondern auf die aus der
Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende Verzinsung abzustellen. Dies hat der
Sachverständige bei der Ermittlung des von ihm zu Grunde gelegten Basiszinssatzes
vom Ansatz her beachtet, wenn er einen Basiszins von 5,9 % zum Ansatz bringen will.
Diese Größe bedarf nach Auffassung der Kammer lediglich geringfügiger Korrektur. Der
im Bericht des Hauptaktionärs an die Hauptversammlung der H AG für die Bemessung
des Abfindungsbetrages angesetzte Basiszins von 6,5 % entsprach den zu dieser Zeit
beobachteten Renditen für langfristige Anleihen erstklassiger Bonität. Für den Basiszins
ist aber nicht die am Stichtag zu erzielende Rendite zugrunde zu legen. Anzunehmen
sind vielmehr langfristig im Durchschnitt erreichbare Erträge. Dabei ist insbesondere
eine Prognose hinsichtlich der Zinsentwicklung anzustellen.
78
Im Jahre 2000 befand sich der Kapitalmarkt in einer Phase voraufgegangener
Senkungen der Leitzinsen. Es entsprach allgemeiner Erwartung, dass sich das
Zinsniveau auch in den Folgejahren noch weiter senken können werde. Dies hat der
Sachverständige berücksichtigt, wenn er von einem langfristig erzielbaren Basiszins
von 5,9 % ausgegangen ist. Der Arbeitskreis Unternehmensbewertung (AKU) des
Instituts der Wirtschaftsprüfer hat seine Empfehlung, die zuvor bei 6 % gelegen hatte,
erst Anfang 2003 auf 5,5 % abgesenkt. In der Rechtsprechung ist der Abfall des
Zinsniveaus ebenfalls eher zurückhaltend bewertet worden: So hat das OLG Düsseldorf
(AG 2004, 324) für den Stichtag 01.09.1997 noch einen Basiszins von 6,5 % für
angemessen erachtet. Noch für das Jahr 2002 (Stichtag: 15.07.2002) hat das OLG Celle
(6 W 154/04, nicht veröffentlicht) einen Basiszins von 6,0 % angenommen. Auch das
OLG München (Beschluss vom 19.10.2006, 31 Wx 92/02) ist für den Stichtag
09.04.2001 von einem Basiszins von 6 % ausgegangen. Dem schließt sich die
erkennende Kammer für das vorliegende Verfahren an und legt der Berechnung des
Kapitalisierungszinssatzes als Ausgangswert einen Basiszins von
79
6 % zugrunde.
80
(2)
81
Methodengerecht war es weiter, diesen Basiszinssatz um einen Risikozuschlag zu
korrigieren. Dies soll der Erfahrungstatsache Rechnung tragen, dass die Anlage in
Kapital in einem Unternehmen mit größeren Risiken behaftet ist, als die Anlage in
öffentlichen Anleihen. Anders als der Sachverständige leitet die Kammer im
82
vorliegenden Fall den Risikozuschlag jedoch nicht aus Kapitalmarktdaten nach dem
sogenannten CAPM-Modell ab.
Neben den in der Literatur (statt vieler: Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung,
4. Aufl. S. 136; zuletzt: Reuter AG 2007, S. 1 (5)) und in der neueren Rechtssprechung
(BayObLG AG 2006, S. 41; LG Frankfurt AG 2007, S. 42, 45 f; OLG München, Beschluss
vom 30.11.2006, AZ: 31 Wx 59/06)) bereits geäußerten Bedenken sieht die Kammer
bereits die grundsätzliche Geeignetheit des Denkansatzes des CAPM für die
Bemessung von Risikozuschlägen als zweifelhaft an:
83
Der Risikozuschlag soll einen gerechten Ausgleich dafür schaffen, dass die Geldanlage
in Aktien mit größeren Risiken behaftet ist, als die in z.B. festverzinslichen
Wertpapieren. Der Volksmund spricht insofern von "gutem" und von "schlechtem" Geld.
In festverzinslichen Staatsanleihen angelegtes Geld gilt insoweit als "gutes" Geld, als
der Anleger (von der Möglichkeit des Staatsbankrotts abgesehen) sicher davon
ausgehen kann, es nach Zeitablauf nebst im vorhinein festgelegtem Zinsertrag zurück
zu erhalten.
84
Anlagen in Aktien tragen hingegen einerseits die Chance in sich, darüber
hinausgehende, außerordentliche Erträge durch Dividendenausschüttungen und
Kursgewinne zu erzielen, andererseits aber auch das Risiko, durch ausbleibende
Dividenden und Kursverluste Einbußen hinnehmen zu müssen, bis hin zum Totalverlust
der Anlage im Insolvenzfall; wegen dieser Unsicherheit ist es "schlechteres" Geld.
85
Die Kunst der Bemessung des Risikozuschlages liegt darin, die Quote zu ermitteln bzw.
zu beziffern, um wieviel die konkrete Anleihe als "schlechter" anzusehen ist.
86
Hierfür erscheint das Kapitalkostenmodell nur bedingt geeignet. Was sich aus Sicht des
Unternehmens als Kapitalkosten darstellt, ist aus Sicht der Anleger die Rendite, oft als
"Marktrisikoprämie" bezeichnet. Wird Rendite erzielt, haben sich auf der einen Seite
Chancen verwirklicht und sind andererseits –aus Sicht des Unternehmens-
Kapitalkosten entstanden. Beinahe alle in diesem Zusammenhang angestellten
Marktuntersuchungen kommen (wenn auch je nach Kalkül, gegriffenen Zeiträumen und
Märkten in unterschiedlicher Höhe) zu dem Ergebnis, dass Anlagen in Aktien in der
Vergangenheit deutliche Mehr- oder Überrenditen erzeugt haben. Das würde bedeuten,
dass sich bisher langfristig und im Durchschnitt nicht die aktienimmanenten Risiken,
sondern im Gegenteil die Chancen des Anlegers verwirklicht haben. Tragfähige
Begründungen, warum sich der in der Vergangenheit beobachtete Erfolg der
Aktienanlage gegenüber anderen Anlageformen zukünftig allgemein oder für die
betroffene Sparte in das genaue Gegenteil zu verkehren drohen sollte, liefert das
Kapitalkostenmodell nicht. Denn den Grad der Riskanz einer Anlage reziprok aus dem
Umfang der in der Vergangenheit beobachteten Verwirklichung von Chancen
abzuleiten, ist logisch in sich nicht stimmig. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
der Höhe der erzielten Überrendite und der Höhe des Risikos besteht nicht. Da in der
Vergangenheit verwirklichte Chancen, mithin erzielte Renditen einerseits und das
Risiko der Vermögenseinbuße andererseits nicht untrennbar in der Art
kommunizierender Röhren, erst recht nicht synallagmatisch in Verhältnis stehen, sind
Denkansätze, wonach der Anleger " eine Risikoprämie fordert" nur eingeschränkt
überzeugend; auf die "Forderung" eines Anlegers kommt es für die Höhe seiner Rendite
definitiv nicht an. Gleiches gilt für die oft benutzte Wendung, wonach sich Anleger das
Risiko mit der Mehrrendite "abgelten lassen" (vgl. IdW S 1 2000, Randziffer 94).
87
Nimmt man die in den oben zitierten Entscheidungen weiter aufgeführten Defizite des
Kapitalkostenmodells, wie mangelnde Praktikabilität, Unschärfen in den verschiedenen
Berechnungsweisen mit erheblich differierenden Ergebnissen und mangelnde
gerichtliche Überprüfbarkeit (die Aussagen zu den sog. "peer-groups" stellen sich z.B.
bei näherem Hinsehen als gerichtlich nicht überprüfbare, von gewerblichen
Informationsdiensten gewonnene "Tatsachen vom Hörensagen" dar, deren Verität
zweifelhaft ist) hinzu, so ist schwerlich ein überzeugender Grund erkennbar, das CAPM-
Modell anderen Verfahren zur Bemessung des Risikozuschlags vorzuziehen.
88
Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass die Anwendung des
Kapitalkostenmodells in anderem Zusammenhang durchaus sinnvoll sein kann. Der
Bewertungsstandard IdW S1 wurde –wie schon der Standard HFA 2/83- für
Bewertungen aus vielfältigem Anlass und verschiedener Sicht geschaffen (Vgl. IdW S 1
2000, Randziffern 1, 8 bis 11, 17 und HFA 2/83, Abschnitt B. 4). Für den potentiellen
Erwerber eines Unternehmens sind die Kapitalkosten/Rendite sicher von erheblicher
Bedeutung. Ausscheidende Anteilsinhaber sind hingegen "angemessen abzufinden", §
207 Absatz1 Satz 1 UmwG, wobei im Rahmen der "Angemessenheit" Berücksichtigung
zu finden hat, ob und in welchem Umfang es sich bei seiner Anlage wegen des
generellen Unternehmerrisikos um "schlechtes" Geld im Sinne obiger Definition
gehandelt hat. Dies aus beobachteten Mehrrenditen ableiten zu wollen, erscheint kaum
tragfähig.
89
Stattdessen ist für die Quantifizierung des Anlagerisikos auf die speziellen Eigenheiten
der Kapitalanlage in Aktien, die Kapitalstruktur des Unternehmens und auf seine
Stellung im Markt und in seinem spezifischen Marktumfeld abzustellen.
90
(a) Untersuchungen darüber, in welchem Umfang in der Vergangenheit
insolvenzbedingte Totalverluste von in Aktien angelegtem Kapital im Verhältnis zum
gesamten solchermaßen angelegtem Kapital stattgefunden haben, existieren nicht, sind
jedenfalls der Kammer nicht bekannt. Die Kammer schätzt die Quote auf unter 0,5 %.
91
(b) Das in Aktienkapital angelegte Geld stellt in jedem Falle deshalb eine "schlechtere"
Geldanlage dar, wenn und weil sich die Herrschaftsmacht über die
Unternehmensleitung und -philosophie dem Anteilsinhaber entzieht, er also praktisch
keine Möglichkeit hat zu beeinflussen, wie mit dem von ihm angelegten Kapital
verfahren wird. Beim hier zu bewertenden Unternehmen war es so, dass sich am
Stichtag sämtliche stimmberechtigenden Stammaktien in der Hand eines einzigen
Hauptaktionärs befanden. Damit waren alle im Streubesitz befindlichen Anteile faktisch
von der Unternehmensleitung völlig ausgeschlossen. Zwar würde der Streubesitz nach
jetziger Rechtslage theoretisch ausreichen, ein Klagezulassungsverfahren gem. § 148
AktG in Gang zu setzen. Diese Vorschrift ist aber erst am 01.11.2005 in Kraft getreten.
92
(c) Auch der corporate governance codex existierte zum Bewertungszeitpunkt noch
nicht, so dass die Frage, ob das Unternehmen konform handelte oder nicht, für die
Bewertung der Riskanz der Anlage außer Betracht zu bleiben hat.
93
(d) Einer der entscheidenden Faktoren für den Grad der Insolvenzanfälligkeit ist der
Umfang der Eigenkapitalisierung. Die Eigenkapitalquote der H AG lag im Durchschnitt
der Jahre 1996 bis 1998 bei knapp über 50 % und war damit für bundesdeutsche
Verhältnisse sehr gut. Das langfristig gebundene Vermögen war in diesen Jahren im
94
Schnitt zu ca. 140 % mit Eigenkapital gedeckt. An Bankguthaben wies die Bilanz in
diesen Jahren Beträge von im Durchschnitt ca. 225 Mio. DM aus, denen
Bankverbindlichkeiten von (im Schnitt) ca. 70 Mio. DM gegenüberstanden. Das
Unternehmen war damit wie wenige andere in der Lage, Schwächeperioden zu
durchzustehen.
(e) Bei den Produkten der H-Gruppe handelt es sich nicht um eine schnelllebige
Technologie, sondern um klassische "old economy". Es spricht nichts dafür, dass sie
durch technischen Fortschritt demnächst überholt und überflüssig werden könnten.
95
(f) Die demographische Entwicklung wird sicherlich Einfluss auf die zukünftige
Nachfrage der Produkte der H AG haben. Denn mit dem Bevölkerungsschwund wird auf
lange Sicht weniger Wohnraum und damit auch weniger an Sanitärartikeln benötigt
werden. Indes begrenzt sich diese Entwicklung auf die Bundesrepublik Deutschland.
Praktisch alle europäischen Nachbarländer haben die Problematik des
Geburtenrückganges besser bewältigt. Die Weltbevölkerung insgesamt wächst. Nach
dem Sachverständigengutachten (Bl. 28, Rz 82) generierte der H-Konzern ca. 40 %
seines Umsatzes in Deutschland, weitere ca. 40 % im restlichen Europa und ca. 20 % in
Amerika und Asien. Mit dem zunehmenden Grad an Wohlstand, Technisierung und
Zivilisierung in den Entwicklungs- und Schwellenländern wird die Nachfrage nach
Sanitärartikeln dort weiter ansteigen. In der Gesamtbetrachtung kann deshalb
hinsichtlich der demographischen Entwicklung wohl von einer kompensierten Situation
ausgegangen werden.
96
(g) Der Globalisierung hat sich das Unternehmen ebenfalls gestellt. Es ist schon jetzt auf
3 Kontinenten präsent und mit eigenen Vertriebsgesellschaften in 15 verschiedenen
Ländern präsent. Die H AG hat in der Vergangenheit in erheblichem Umfang (vgl. Rz 75
des Gutachtens) Mittel für eigene Forschung und Entwicklung aufgebracht und damit in
die Zukunft der Produkte investiert.
97
Schwachpunkt ist die zukünftige Entwicklung der Preise der im wesentlichen
metallischen Werkstoffe und des Energiebedarfs. Hier bestehen Unwägbarkeiten.
98
Mangels Feststellung einer besonderen, überdurchschnittlichen Risikostruktur für das
hier zu bewertende Unternehmen (vgl. hierzu auch: OLG München, Beschluss vom
19.10.2006, 31 Wx 92/05) kommt daher zur Zeit die Zugrundelegung eines höheren
Risikozuschlags als 1 % (vgl. hierzu auch Luttermann, EWIR 2007, S. 33, 34) nicht in
Betracht.
99
(3) Da bei der Ermittlung der erwarteten Nettoausschüttungen des Unternehmens die
Ertragssteuer außer Betracht blieb, müssen nach dem Prinzip der Methodengleichheit
auch bei der Berechnung des Kapitalisierungszinses die persönlichen
Ertragungssteuern der Anlieger unbeachtet bleiben.
100
(4) Regelgerecht war der Kapitalisierungszinssatz in der Phase II um einen
Wachstumsabschlag zu korrigieren. Diesen hat der Sachverständige mit überzeugender
Begründung auf 2 % beziffert. Seinen Ausführungen ist nach Auffassung der Kammer
nichts hinzuzufügen.
101
Nach allem errechnet sich ein Kapitalisierungszinssatz für die Phase 1 von (6 % + 1 %=)
7 % und für die Phase 2 von (6 % + 1 % - 2 %=) 5 %. Danach errechnet sich folgender
102
Barwert:
zu kapitalisierende Ergebnisse
(Millionen DM)
Abzinsungsfaktor Barwert (Millionen
DM)
1999
142,3
0,9346
133,0
2000
157,8
0,8734
137,8
2001
164,0
0,8163
133,9
2002
186,9
0,7623
142,6
2003
207,3
0,7130
147,8
ab
2004
210,0
14,2597
2.994,5
103
Daraus ergibt sich ein abgezinster Barwert der zukünftigen Erträge in Höhe von (leicht
gerundet)
104
3.689.600.000,00 DM.
105
cc) Abzinsung zum Stichtag
106
Wenngleich die Phase I bereits mit dem 01.01.1999 begann, so galt es hinsichtlich der
Abzinsung noch zu berücksichtigen, dass im Geschäftsjahr 1999 bereits eine
Ertragsausschüttung stattgefunden hat. Die nächste Ausschüttung steht
annahmegemäß Mitte 2000 bevor. Folgerichtig und konsequent ist deshalb die
Vorgehensweise des Sachverständigen, vom Ausschüttungstag (30.06.2000) auf den
Bewertungsstichtag (24.02.2000) abzuzinsen. Bei 127 Zinstagen und einem
Kapitalisierungszins von 7 % ergibt sich ein Abzinsungsbetrag von (leicht gerundet)
91.000.000,00 DM. Der abgezinste Ertragswert des Unternehmens beträgt deshalb
107
3.598.600.000,00 DM.
108
dd) Nicht betriebsnotwendiges Vermögen
109
Die H AG verfügte über Grundvermögen, dessen Veräußerung am 30.06.2000 zu einem
(um den Veräußerungsverlust nach Steuern korrigierten) Netto-Veräußerungserlös von
28,830 Mio. DM geführt hätte. Mit einem Kapitalisierungszins von 7 % zum 24.02.2000
abgezinst ergibt sich eine Nettoausschüttung in Höhe von (gerundet) 28.100.000,00 DM.
110
Die H AG verfügte darüber hinaus über ein EK 45 in Höhe von 98,9 Mio. DM. Bei einer
Ausschüttung im Wege der "Schütt-aus-hol-zurück-Maßnahme" und einem
angenommenen Steuersatz von 35 % auf Anteilseignerebene ergibt sich ein
Vermögensvorteil in Höhe von 27,7 Mio. DM, der den Aktionären zufließen muss.
111
Abzusetzen ist der Sonderwert der Pensionsverpflichtungen, die mit 74,6 Mio. DM zum
Stichtag unterbewertet sind. Die Ausführungen des Sachverständigen, die sich insoweit
mit dem Bericht des Unternehmens an die Hauptversammlung decken, sind plausibel
112
und nachvollziehbar. Die mangelnde Verität der Heubeck-Tafeln, die sich an § 6 a EStG
anlehnen und dabei die tatsächliche demografische Entwicklung aus dem Blick verloren
haben, ist gerichtsbekannt und ein allgemeines Problem, dem sich zur Zeit sehr viele
Unternehmen zu stellen genötigt sehen.
Nach alledem ergibt sich ein negatives nicht betriebsnotwendiges Vermögen in Höhe
von (gerundet) –18.800.000,00 DM.
113
Der Gesamtwert des Unternehmens H AG zum Stichtag 24.02.2000 belief sich damit auf
(leicht gerundet)
114
3.579.800.000,00 DM
115
oder
116
1.830.322.600,00 €.
117
Würde man diesen Aspekt zur Plausibilitätskontrolle zulassen und die Richtigkeit der
journalistischen Mitteilungen wie Ablichtungen Blatt 716 GA. unterstellen, so müsste an
dieser Stelle festgehalten werden, dass dieser vom Gericht errechnete
Unternehmenswert nahe bei dem im Rahmen des Weiterverkaufs im Jahre 2005 an das
Konsortium V/D erzielten Kaufpreis von ca. 1,8 Milliarden € liegt.
118
Auf jeden einzelnen der 72.514.000 Kapitalanteile der H AG mit dem Nennbetrag von
1,00 € entfällt danach ein anteiliger Unternehmenswert von
119
25,24 €.
120
e. Wertverhältnis Vorzugsaktien zu Stammaktien
121
Zur Überzeugung der Kammer kommt den in Vorzugsaktien ausgedrückten Anteilen am
Unternehmen im vorliegenden Fall ein höherer Wert zu, als den in Form von
Stammaktien definierten Anteilen.
122
Zur Bemessung des Wertverhältnisses zwischen den Stamm- und den Vorzugsaktien
kann ein konkretes Börsenkursverhältnis nicht herangezogen werden, weil nur die
Vorzugsaktien der H AG am Börsenhandel teilnahmen.
123
Der Umstand, dass den Stammaktien anders als den Vorzugsaktien (§ 17 Abs. 1 der
Satzung der H AG) ein Stimmrecht zukam, kann im vorliegenden Fall für die
Bestimmung des Wertverhältnisses ebenfalls nicht herangezogen werden. Entgegen
der Auffassung der Antragsgegnerin ist hier keine allgemein-generalisierende
Betrachtung angezeigt. Vielmehr sind die konkreten Verhältnisse der
Anteilsinhaberschaft des jeweils zu bewertenden Unternehmens zu berücksichtigen
(vgl. OLG Düsseldorf, DB 2002, 781 einerseits und OLG Düsseldorf, DB 2003, 1941
andererseits).
124
Im vorliegenden Fall befanden sich sämtliche stimmberechtigten Stammaktien in der
Hand eines einzigen Großaktionärs, der nicht zur - auch nur teilweisen - Abgabe von
Anteilen gewillt war. Sämtliche strategischen Überlegungen, die potentielle Erwerber im
Hinblick auf ein Interesse der Möglichkeit der Einflussnahme auf die
125
Hinblick auf ein Interesse der Möglichkeit der Einflussnahme auf die
Unternehmenspolitik haben könnten und die deshalb preis- bzw. wertsteigernd sein
könnten, entfallen vorliegend deshalb vollständig. Folgerichtig kann nach den
überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen auch beobachtet werden, dass
die Attraktivität von börsennotierten Stammaktien umso mehr sinkt, als diese
weitgehend in einer Hand sind oder sich in einem festen Stimmenpool befinden. Denn
auch in einem solchen Fall degradiert sich der Wert der stimmberechtigenden
Stammaktie auf eine reine Finanzanlage. Irgend ein Anlass, den Wert der Stammaktien
wegen des ihnen zukommenden Stimmrechtes in diesem Fall höher zu bewerten als
den der Vorzugsaktien, ist nicht ersichtlich.
Umgekehrt wurde den Vorzugsaktionären für das fehlende Stimmrecht gemäß § 21 Abs.
1 der Satzung der H AG eine Mehrdividende von 2 % des rechnerischen Nennwertes
gewährt. Bei einem rechnerischen Nennwert von 1,00 € entspricht dies 0,02 € pro Jahr.
Unter Zugrundelegung des von der Kammer identifizierten Kapitalisierungszinssatzes
von 7,0 % (ohne Berücksichtung eines Wachstumsabschlags, da als feste Größe
definiert) ergibt sich bei Abzinsung nach den für die Berechnung der "ewigen Rente"
aufgestellten Grundsätzen eine Mehrdividende von (gerundet) 0,28 €.
126
Bei der Festlegung des Wertverhältnisses der Stamm- und Vorzugsaktien bei
gleichbleibendem Unternehmenswert war zu berücksichtigen, dass das Kapital der H
AG zu rd. 61 % (44.200.000 Stück) in Stammaktien und zu rd. 39 % (28.314.000 Stück)
in Vorzugsaktien aufgeteilt war. Deshalb war, um die Kontinuität des Gesamt-
Unternehmenswertes zu wahren, der rechnerische Wert pro Anteil von 25,24 €
hinsichtlich der Stammaktien um 0,11 € auf 25,13 € zu vermindern. Der Wert der
Vorzugsaktie war um 0,17 € zu erhöhen.
127
Ihr Wert war deshalb auf
128
25,41 €
129
zu bemessen.
130
2. Zuzahlungsanspruch gemäß § 196 UmwG
131
Bieten die Anteile an dem Rechtsträger neuer Rechtsform dem Anteilseigner keine
vollständige Kompensation seiner früheren Eignerstellung, so ist ihm gemäß § 196 S. 1
UmwG ein billiger Ausgleich durch bare Zuzahlung zu gewähren.
132
Eine quantitative Benachteiligung der früheren Aktionäre der H AG ist nicht eingetreten,
denn die Festkapitalanteile der H KG entsprechen exakt dem Verhältnis, in dem sie im
Zeitpunkt der Eintragung der neuen Rechtsform in das Handelsregister am Grundkapital
der Aktiengesellschaft beteiligt waren. Ihre Pflichteinlagen als Gesellschafter der
Kommanditgesellschaft gelten als erbracht. Stimmrecht, Vermögensbeteiligung,
Gewinnbezug und die Berechtigung an einem etwaigen Liquidationserlös sind
identisch.
133
Ob in dem Verlust der Börsennotierung und der damit einhergehenden Einschränkung
der Verkehrsfähigkeit der Gesellschaftsanteile, die Regelung der
Anteilswertberechnung in § 12 der Satzung der H KG und der durch den
Sachverständigen auf Blatt 62/63 seines Gutachtens aufgezeigten, allein durch den
Rechtsformwechsel veranlassten Steuerschuld ein qualitativer Unterschied des
134
Kommanditanteils im Vergleich zu früheren Aktionärsstellung liegt, kann unentschieden
bleiben. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung des zuständigen
Obergerichts (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.02.2004, 19 W 3/00 AktE) und der
herrschenden Meinung in der Literatur (Semler/Stengel-Bärwaldt, UmwG, § 296, Rn. 13;
Decher in Lutter, UmwG, § 196, Rn. 10) an. Danach stehen Ansprüche auf bare
Zuzahlung nur solchen Anteilsinhabern zu, die infolge eines Formwechsels eine
individuelle Benachteiligung erleiden, z. B. durch den Verlust von Sonderrechten. Nicht
ausgleichspflichtig sind hingegen solche qualitativen Nachteile, die infolge des
Formwechsels jeden Anteilsinhaber schlechthin treffen. Dies entspricht bereits dem
Gebot der Gleichbehandlung aller Anteilsinhaber im Aktienrecht. Es entspricht ferner
dem systematischen Verhältnis von § 196 UmwG zu § 207 UmwG (Oberlandesgericht
Düsseldorf, a.a.O.). Solche Nachteile liegen in der Natur der Mitgliedschaft nach dem
Formwechsel. Sie können vermieden werden, in dem der Anteilseigner die Abfindung
gemäß § 207 UmwG wählt. Eben dies gilt auch, soweit die Formel zur Berechnung des
Kaufpreises in § 16 der Satzung der H KG, die im Falle der Andienung der
Gesellschaftsanteile bei Ausscheiden eines Gesellschafters Anwendung findet, nicht
den wahren Wert des Kommanditanteils definiert. Ob mit dieser Formel überhaupt eine
Abfindung unterhalb des tatsächlichen Anteilswerts stattfindet, steht allerdings nach den
Ausführungen des Sachverständigen in seinem Ergänzungsgutachten (dort Bl. 24 ff.)
schon nicht fest; dies hängt vom Verhältnis des in der Berechnungsformel statisch
festgeschriebenen Multiplikators zur aktuellen Höhe des schwankenden, weil von der
jeweiligen Kapitalmarktsituation abhängenden Kapitalisierungszinses ab. Diese für den
Fall des Ausscheidens eines Kommanditisten vorgesehene formelhafte Berechnung
des Wertes seines Kommanditanteils ist jedoch nicht zwingend. Die Satzung der H KG
lässt daneben ausdrücklich eine andere Möglichkeit der Wertfindung, nämlich durch
Begutachtung, vor. Entscheidend ist letztendlich aber, dass von dieser Regelung
sämtliche früheren Anteilseigner gleichermaßen betroffen sind. Bei systematischer
Betrachtung der Regelung in § 196 UmwG einerseits und § 207 UmwG andererseits ist
festzuhalten, dass dem durch den Formwechsel betroffenen Anteilseigner wegen
solcher Nachteile als Kompensation die Möglichkeit gegeben werden sollte, gegen
Abfindung aus dem Unternehmen auszuscheiden.
3. Verzinsung der Barabfindung
135
Gemäß §§ 208, 30 Abs. 1 S. 2, 15 Abs. 2 UmwG ist die Barabfindung nach Ablauf des
Tages, an dem die Eintragung des Formwechsels nach § 201 S. 2 UmwG als bekannt
gemacht gilt, mit jährlich 2 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu
verzinsen. An die Stelle des Basiszinssatzes der Europäischen Zentralbank ist durch
Artikel 5 der Verordnung über die Ersetzung von Zinssätzen vom 05.04.2002 (BGBL I,
Seite 1250) der jeweilige Basiszinssatz nach § 247 BGB getreten.
136
4. Kosten und gerichtlicher Geschäftswert
137
Die Kostenentscheidung beruht auf § 312 Abs. 4 S. 1 UmwG a. F.. Billigkeitsgründe, die
es rechtfertigen, die Kosten einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, sind nicht
ersichtlich. Es entspricht insoweit auch der Billigkeit, dass die Antragsgegnerin
außergerichtlichen Kosten der Antragsteller trägt. Die Verpflichtung der
Antragsgegnerin, die Vergütung und den Ersatz angemessener barer Auslagen der
Vertreter der außenstehenden Aktionäre zu tragen, ergibt sich aus § 308 Abs. 2 UmwG
a. F..
138
Der gerichtliche Geschäftswert ist gemäß § 30 Abs. 1 KostO, auf den § 312 Abs. 3
UmwG a. F. verweist, nach freiem Ermessen zu bestimmen. Als Geschäftswert ist
danach der Betrag anzunehmen, der von allen Antragsberechtigten auf Grund der
Entscheidung über die angebotene Abfindung hinaus verlangt werden kann. Angeboten
wurde eine Abfindung in Höhe von 12,70 € für jede Vorzugs-Stückaktie im Nennwert
von 1,00 €. Festgesetzt wurde eine angemessene Abfindung in Höhe von 25,41 €. Die
Differenz beträgt 12,71 € pro Anteil.
139
Im Falle des Formwechsels ist jedoch weiter zu beachten, dass nicht alle
außenstehenden Aktien am wirtschaftlichen Erfolg des Spruchverfahrens teilhaben. Die
Abfindung in der festgesetzten Höhe zu verlangen berechtigt sind gem. § 207 UmwG
nur diejenigen Anteilsinhaber, die gegen den Umwandlungsbeschluss Widerspruch zu
Protokoll der Hauptversammlung erklärt haben. Nach der Anlage 3 zum Protokoll der
Hauptversammlung vom 23./24.02.2000 (UR ###/2000 des Notars X2, J) ist
Widerspruch für insgesamt 1.304.940 Aktien eingelegt worden. Durch Multiplikation
dieser Summe mit dem Erhöhungsbetrag pro Aktie errechnet sich der Geschäftswert für
die gerichtlichen Gebühren auf
140
16.585.787,40 €.
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Er ist nicht um den Betrag der angefallenen Zinsen zu erhöhen. Sie stellen nur eine
Nebenforderung dar, die nicht in den Geschäftswert eingeht.
142
Dieser Geschäftswert gilt gemäß § 9 Abs. 1 BRAGO auch als Grundlage für die
Bemessung der Rechtsanwaltsgebühren der Vertreter der außenstehenden Aktionäre,
wobei insoweit trotz Erfolglosigkeit des Antrags auf Festsetzung einer baren Zuzahlung
von einem einheitlichen Geschäftswert auszugehen ist.
143