Urteil des LG Dortmund vom 20.11.2009

LG Dortmund (fristlose kündigung, kläger, wichtiger grund, kündigung, berufliche tätigkeit, unwirksamkeit der kündigung, gutachten, höhe, grund, arbeitsunfähigkeit)

Landgericht Dortmund, 2 O 71/07
Datum:
20.11.2009
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 O 71/07
Schlagworte:
Krankentagegeldversicherung, Kündigung, wichtiger Grund
Leitsätze:
1. Zu den Voraussetzungen für die Begründetheit der fristlosen
Kündigung einer Krankentagegeldversicherung durch den Versicherer (
Anschluß an BGH NJW-RR 2007, 1624; 2009 1189).
2. Eine fristlose Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn der
Versicherungsnehmer zwar während einer behaupteten
Arbeitsunfähigkeitszeit tatsächlich an wenigen Tagen
( nicht vollschichtig ) arbeitete, dass Vertragsverhältnis jedoch seit
Jahrzehnten störungsfrei verlief und der Versicherer sich selbst
unredlich verhielt, weil er Detektive beauftragte, ohne zuvor stichhaltige
Anhaltspunkte für eine Arbeitsaufnahme des Versicherungsnehmers zu
haben.
Tenor:
I. Es wird festgestellt, dass der Tarif TNC 7 zum Versicherungsvertrag
Versicherungsschein-Nr. 1 nicht durch die fristlose Kündigung der
Beklagten vom 20.10.2006 beendet wurde, sondern fortbesteht.
II. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit wegen des Fest-
stellungsantrages hinsichtlich des Fortbestehens der Tarife KN 500,
KHT und SG 5 erledigt ist.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.073,73 € nebst 5
Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
22.07.2008 zu zahlen.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Die Widerklage wird abgewiesen.
VI. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 9/10 die Beklagte und 1/10
der Kläger. Hiervon ausgenommen sind die Kosten der
Beweisaufnahme; von diesen Kosten tragen 7/10 der Kläger und 3/10
die Beklagte.
VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Für den Kläger ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120
% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der
Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht
die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten über den Fortbestand eines von der Beklagten fristlos gekündigten
Krankenversicherungsverhältnisses, um Ansprüche des Klägers auf Leistung eines
Krankentagegeldes für zwei Zeiträume sowie seitens der Beklagten widerklagend
geltend gemachte Detektivkosten.
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Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung unter
Einschluss einer Krankentageldversicherung sowie einer Pflegepflichtversicherung
nach den Tarifen KN 500, KHT, TNC 7, SG 5 und PVNA. In den Versicherungsvertrag
sind nach gesonderten Tarifen als mitversicherte Personen seine Ehefrau und sein am
##.##.1980 geborener Sohn E einbezogen. Versichert ist im Rahmen der von dem
Kläger bestehenden Krankentagegeldversicherung im gewählten Tarif ein
kalendertägliches Krankentagegeld in Höhe von 51,13 € nach Ablauf einer vertraglich
bedungenen Karenzzeit von 7 Tagen. Für das Versicherungsverhältnis gelten u. a. die
Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Krankheitskosten- und
Krankenhaustagegeldversicherung sowie die Allgemeinen Versicherungsbedingungen
für die Krankentagegeldversicherung, letztere bestehend aus den Rahmenbedingungen
RB/KT 94 und den Tarifbedingungen TB/KT 99. Wegen der Einzelheiten der
vertraglichen Vereinbarungen der Parteien wird auf den in Ablichtung bei den
Gerichtsakten befindlichen Nachtragsversicherungsschein vom 23.10.2004 nebst dem
Bedingungswerk der Beklagten (Anlagen K 1 und 2 zur Klageschrift) verwiesen.
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Der Kläger, der Inhaber eines Reparaturbetriebes ist und zwei Mitarbeiter, namentlich
seine Ehefrau und seinen Sohn, beschäftigt, machte gegenüber der Beklagten im
August 2006 Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung geltend, nachdem ihn
sein Hausarzt ab dem 07.08.2006 wegen Beschwerden im rechten Arm arbeitsunfähig
krankengeschrieben und am 14.08.2006 eine operative Versorgung stattgefunden hatte,
die einen stationären Krankenhausaufenthalt des Klägers bis zum 19.08.2006 bedingte.
Die Beklagte erbrachte nach Vorlage entsprechender
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes für Orthopädie X in F Leistungen
bis einschließlich 30.09.2006 und stellte ihre Zahlungen alsdann ein. Die Beklagte
bezweifelte, dass der Kläger nach medizinischem Befund nicht im Stande war, seinen
Beruf auszuüben und beauftragte eine Detektei mit der Überprüfung des Klägers im
Hinblick auf eine tatsächliche Berufsausübung. Zu diesem Zeitpunkt lagen der
Beklagten keine Anwaltspunkte dafür vor, dass der Kläger derzeit seinen Beruf ausübte.
Zwei Mitarbeiter der Detektei nahmen Kontakt mit dem Kläger auf und gaben sich als
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Kunden aus, die einen Pkw reparieren lassen wollten. Der Kläger nahm den
Reparaturauftrag an. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger auch selbst an
dem Pkw und einem weiteren Kraftfahrzeug arbeitete. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Sachvortrages der Beklagten wird auf deren Schriftsatz vom 16.03.2007 (Blatt 21 f
der Akten) Bezug genommen.
Die Detektei stellte der Beklagten gemäß Rechnung vom 12.10.2006 Kosten in Höhe
von 2.030,00 € brutto in Rechnung. Hierin enthalten waren Überprüfungskosten in Höhe
von 1.500,00 € netto und anteilige verauslagte Reparaturkosten in Höhe von 250,00 €
netto. Nach Erhalt des Abschlussberichtes der Detektei erklärte die Beklagte gegenüber
dem Kläger mit Schreiben vom 20.10.2006 die fristlose Kündigung des gesamten
Vertragsverhältnisses mit allen Tarifen. Zur Begründung führte sie an, der Kläger habe
während angezeigter Arbeitsunfähigkeit seine berufliche Tätigkeit ausgeübt. Zugleich
forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung der Detektivkosten auf.
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Der Kläger trat dem mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2006
entgegen, mit dem er geltend machte, ab September 2006 lediglich des Öfteren das
Betriebsgelände aufgesucht zu haben, um etwa mit seiner Ehefrau Kaffee zu trinken,
ferner an einzelnen Tagen im September und Oktober 2006 verschiedentlich
Arbeitsversuche unternommen zu haben, wobei er jedoch jedes Mal habe feststellen
müssen, dass eine Ausübung der Tätigkeit auf Grund noch bestehender
gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht möglich gewesen sei.
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Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 02.11.2006, das sich ihre Kündigung vom
20.10.2006 nicht auf die mitversicherten Personen erstrecke und hielt im Übrigen an
einer Beendigung des gesamten Vertragsverhältnisses zum Kläger fest.
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Der Kläger hält die außerordentliche Kündigung für unwirksam. Er macht geltend, er
habe nur vereinzelte Arbeitsversuche unternommen. Jedenfalls sei bei einer
Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen eine fristlose Kündigung durch die
Beklagte nicht berechtigt.
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Der Kläger hat zunächst beantragt, festzustellen, dass der Versicherungsvertrag mit den
Tarifen KN 500, KHP, TNC 7, SG 5, PVNA zwischen dem Kläger und der Beklagten
durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 20.10.2006 nicht beendet wurde,
sondern fortbesteht. Der Kläger hat sodann die Feststellung hinsichtlich der
Pflegepflichtversicherung aus dem Antrag "ausgeklammert". Die Beklagte hat im Laufe
des Rechtsstreits die Tarife KN 500, KHT, SG 5, PVNA wieder in Kraft gesetzt.
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Der Kläger hat früher bedingungsgemäße vollständige Arbeitsunfähigkeit für die
Zeiträume 01.10.2006 bis 27.11.2006 sowie 06.11.2007 bis 04.01.2008 behauptet und
beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 3.681,36 € zu verurteilen.
Nunmehr – nach Vorliegen der in dem Rechtsstreit durch das Gericht eingeholten
Gutachten – macht der Kläger noch Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 01.10.2006 bis zum
19.10.2006 (= 19 Tage á 51,13 € = 971,47 €) und vom 19.11.2007 bis zum 16.12.2007
(= 28 Tage á 51,13 € = 1.431,64 €) geltend (insgesamt 2.403,11 €). Er behauptet, er sei
in der Werkstatt ausschließlich handwerklich tätig und habe während des Zeitraumes,
für den er Leistungen beansprucht, krankheitsbedingt keine der anfallenden Tätigkeiten
ausüben können.
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Der Kläger beantragt nunmehr noch,
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1. festzustellen, dass der Tarif TNC 7 zum Versicherungsvertrag
Versicherungsschein-Nr. 325/13473943 nicht durch die fristlose Kündigung der
Beklagten vom 20.10.2006 beendet wurde, sondern fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.403,11 € nebst 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz aus 971,47 € seit dem 28.11.2006 und aus 1.431,64 €
seit dem 22.07.2008 sowie vorgerichtlich angefallene auf den Rechtsstreit nicht
anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.505,35 € zu zahlen.
12
13
Im Übrigen hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
14
Die Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
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Sie beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält an der außerordentlichen Kündigung fest. Die Beklagte meint, aufgrund der
Vertragsverletzung des Klägers sei sie nicht nur berechtigt, den Krankentagegeldtarif zu
kündigen; vielmehr könne sie das Vertragsverhältnis mit allen Tarifen, insbesondere
auch mit der Krankenkostenversicherung kündigen. Sie behauptet, der Kläger sei – wie
es sich aus den Ermittlungsergebnissen der von ihr beauftragten Detektei ergebe –
während behaupteter Arbeitsunfähigkeit beruflich tätig geworden. Sie beansprucht mit
ihrer Widerklage Erstattung der aufgewendeten Ermittlungskosten aus dem
Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung und einer Vertragspflichtverletzung.
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Die Beklagte beantragt widerklagend,
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den Kläger zu verurteilen, an sie 1.740,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über
dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.04.2007 zu zahlen.
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Der Kläger beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
22
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin K. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen
Verhandlung vom 04.10.2007 (Blatt 64 ff. der Akten) Bezug genommen. Das Gericht hat
ferner Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des
Sachverständigen L auf Grund des Beweisbeschlusses vom 04.10.2007. Wegen des
Beweisergebnisses insoweit wird auf das Gutachten L / M vom 11.04.2008 Bezug
genommen. Das Gericht hat ferner noch Beweis erhoben durch Einholung eines
weiteren schriftlichen Sachverständigengutachtens auf Grund des Beschlusses vom
05.11.2008. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf das
Gutachten des Sachverständigen M vom 18.12.2008 Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24
Die zulässige Klage ist im erkannten Umfange begründet. Im Übrigen ist sie
unbegründet.
25
I.
26
Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 1. begründet. Denn das Versicherungsverhältnis
mit dem Tarif TNC 7 besteht fort. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 20.10.2006
entfaltet mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung
keine Wirksamkeit.
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Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung setzt gemäß § 314 Abs. 1 Satz 2
BGB voraus, dass Tatsachen vorliegen, die dem Kündigenden unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die
Fortsetzung des Vertrages unzumutbar machen. Im Hinblick auf die soziale Funktion der
privaten Krankenversicherung ist anerkannt, dass ein wichtiger Grund zur
außerordentlichen Kündigung erst dann gegeben ist, wenn der Versicherungsnehmer in
besonders schwerwiegender Weise die Belange des Versicherers seinem Eigennutz
hinten anstellt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn er sich Versicherungsleistungen
erschleicht oder zu erschleichen versucht. Übt der Versicherte seine Tätigkeit im
geringen Umfange tatsächlich aus, so ist es eine Frage der Gesamtabwägung, ob dies
einen wichtigen Grund zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zur Folge hat (BGH,
NJW-RR 2007, 1624; 2009, 1189).
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Hieran gemessen kann ein wichtiger Grund nicht festgestellt werden. Auch wenn man
zu Gunsten der Beklagten annimmt, dass der Kläger seine berufliche Tätigkeit an drei
Tagen, wie von den Detektiven in ihrem Abschlussbericht festgestellt, ausgeübt hat, so
reicht dies alleine zur Begründung eines wichtigen Grundes im Sinne von § 314 Abs. 1
Satz 2 BGB nicht. Es ist mildernd zu berücksichtigen, dass der Kläger nur an wenigen
Tagen arbeitete, ohne dass für diese Tage eine vollschichtige Arbeitsleistung
festgestellt werden kann. Es ist dabei zu seinen Gunsten einzustellen, dass er
vorliegend Krankentagegeld für diese Tage noch nicht erhalten hatte.
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Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung spricht gegen die Annahme eines
wichtigen Grundes zur fristlosen Kündigung das Bestehen des Vertrages seit 1975 bei
einem – soweit ersichtlich – störungsfreien Verlauf. In diesem Zusammenhang kann
auch nicht unbeachtet bleiben, dass der Kläger, der am 08.02.1948 geboren wurde,
angesichts seines Alters und seiner gesundheitlichen Vorbelastungen vergleichbaren
Versicherungsschutz kaum noch zu tragbaren Konditionen erlangen können wird.
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Nicht zuletzt ist für den Kläger in die Gesamtabwägung einzustellen, dass die Beklagte
die Erkenntnisse zur tatsächlichen Berufsausübung durch unzulässigen Einsatz der von
ihr beauftragten Detektive als Testkunden gewonnen und sich daher selbst unredlich
verhalten hat. Ein solcher Einsatz von Detektiven, der veranlasst wird, bevor
tatsächliche Anhaltspunkte für eine Berufsausübung des Versicherungsnehmers
vorliegen, stellt sich als unredliches Verhalten der Versicherung dar; allein die
bestehenden Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeit des Versicherungsnehmers lassen
dabei nicht darauf schließen, dass die Person ihren Beruf ausübt. Mangels eines
entsprechenden Verdachts ist die Beauftragung von Detektiven als auf die Verschaffung
eines Kündigungsgrundes gerichtet und damit als unlauter anzusehen (BGH, a. a. O.).
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Die Beklagte behauptet vorliegend nicht, vor der Beauftragung der Detektive stichhaltige
Anhaltspunkte für ein vertragswidriges Verhalten des Klägers gehabt zu haben.
Nach alledem ergibt die Gesamtabwägung, dass der Beklagten ein wichtiger Grund zur
Kündigung nicht zur Seite stand.
32
II.
33
Soweit der Kläger den Feststellungsantrag hinsichtlich der Unwirksamkeit der
Kündigung bezogen auf die Tarife KN 500, KHT und SG 5 einseitig für erledigt erklärt
hat, so war in diesem Umfange mit dem Tenor zu II. die Erledigung des Rechtsstreits
festzustellen. Denn die Klage war auch insoweit zunächst zulässig und begründet. Sie
wurde durch ein späteres Ereignis – nämlich die "Wiederinkraftsetzung der Tarife" durch
die Beklagte gegenstandslos. Dass die Klage vor dem erledigenden Ereignis begründet
war, folgt bereits aus den vorstehenden Ausführungen zu I. Daneben hält die Kammer
dafür, dass selbst bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung des
Krankentagegeldtarifes nicht ohne weiteres auch die Kündigung eines daneben
bestehenden Krankenkostentarifs möglich ist (Kammer, NOJZ 2007, 385 m. w. N. auch
zu der Gegenauffassung; OLG Karlsruhe, r+s 2007, 24).
34
III.
35
Zahlungsansprüche sind nur im erkannten Umfange begründet.
36
1.
37
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld, §§ 1(2) RB/KT 94, 1
VVG a.F., für den Zeitraum vom 19.11.2007 bis zum 16.12.2007, wobei jedoch die
Karenzzeit von 7 Tagen zu berücksichtigen ist (im Ergebnis 21 Tage á 51,13 € =
1.073,73 €). Nach dem Gutachten des Sachverständigen M steht fest, dass der Kläger
handwerkliche Tätigkeiten im vorgenannten Zeitraum wegen einer Aktivierung seines
Kniegelenkverschleißleidens rechts mit gezielter, engmaschiger
Behandlungsbedürftigkeit in keiner Weise ohne die Gefahr einer weiteren
Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes ausführen konnte. Das Gericht folgt
dem plausiblen und überzeugenden Gutachten des Sachverständigen, welches auch
von den Parteien inhaltlich nicht angegriffen wurde.
38
Dem Sachverständigen war die Tätigkeitsbeschreibung des Klägers als Grundlage für
sein Gutachten vorzugeben, da der Kläger bewiesen hat, dass er in dem Betrieb
lediglich handwerklich tätig ist. Die Zeugin K, die für die Bürotätigkeiten im Betrieb
zuständig ist, hat glaubhaft bekundet, dass der Kläger nur handwerklich tätig ist.
39
Die Berücksichtigung der Karenztage folgt aus dem Vorliegen eines neuen
Versicherungsfalles. Denn im Zusammenhang mit dem Knieleiden wurde erstmalig eine
Arbeitsunfähigkeit geltend gemacht (zur Abgrenzung neuer/andauernder
Versicherungsfall vgl.: Beckmann / Matusche-Beckmann, VersR-Handbuch, 2. Aufl., §
45, Rn. 90).
40
2.
41
Soweit der Kläger Krankentagegeldansprüche noch für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum
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19.10.2006 geltend macht, ist die Klage unbegründet. Zunächst hat der
Sachverständige in seinem Gutachten vom 11.04.2008 – worauf die Beklagte zu Recht
hinweist – lediglich festgestellt, dass für den Zeitraum vom 13.10.2006 bis zum
19.10.2006 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat. Das Gericht schließt
sich insoweit dem überzeugenden Gutachten an, welches auch insoweit von den
Parteien nicht angegriffen worden ist. Der danach festzustellende Zeitraum bestehender
Arbeitsunfähigkeit von 7 Tagen wird jedoch vollständig durch die vereinbarten 7
Karenztage aufgezehrt. Die Karenztage sind vorliegend in Ansatz zu bringen, weil ein
neuer Versicherungsfall vorliegt. Denn der Sachverständige hat nicht festgestellt, dass
der Kläger in dem vorgenannten Zeitraum wegen des vorbestehenden
Engpasssyndroms seines rechtsseitigen Nervus ulnaris arbeitsunfähig war, sondern auf
dem Boden einer vorgelegen akuten Schmerzhaftigkeit im unteren
Lendenwirbelsäulenbereich mit begleitender Blockierung der Darmkreuzbeinfuge. Es ist
nicht ersichtlich, dass der Kläger auf der Grundlage dieser Krankheitserscheinungen
bereits zuvor arbeitsunfähig war.
3.
43
Soweit dem Kläger aus Ziffer 1. Ansprüche zustehen, waren ihm Verzugszinsen gemäß
§§ 286, 288 Abs.1 BGB zuzusprechen.
44
IV.
45
Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
46
1.
47
Soweit der Kläger den über die letzte diesbezügliche Antragstellung hinausgehenden
Zahlungsantrag für erledigt erklärt hat, konnte eine Erledigung des Rechtsstreits zu
seinen Gunsten nicht festgestellt werden. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klage
insoweit begründet war. Weitergehende Arbeitsunfähigkeitszeiten sind durch die
Gutachten nicht bewiesen worden.
48
Die Klage war ferner abzuweisen, soweit der Kläger mit seinem zuletzt gestellten
Zahlungsantrag hinsichtlich des Krankentagegeldes in weiten Teilen nicht durchdringen
konnte (vgl. oben III.).
49
2.
50
Die Klage war auch abzuweisen, soweit der Kläger vorgerichtliche
Rechtsanwaltskosten geltend macht. Der Zahlungsanspruch setzt voraus, dass die
Rechtsanwaltskosten bereits durch den Kläger an seinen Prozessbevollmächtigten
erstattet wurden, da anderenfalls lediglich ein Freistellungsanspruch in Betracht kommt.
Der Kläger hat jedoch lediglich vorgetragen, die Kosten seien "angefallen". Damit fehlt
es an einer Darlegung des Zahlungsausgleichs. Die Formulierung "angefallen" lässt
auch offen, ob der Kläger ggf. rechtsschutzversichert ist, was einer
Anspruchsberechtigung ebenfalls entgegenstehen kann.
51
V.
52
Auch die Widerklage war abzuweisen. Ein Anspruch der Beklagten auf Ersatz der im
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Hinblick auf die eingeschaltete Detektei gemachten Aufwendungen folgt nicht aus der
hier allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 280 Abs. 1 BGB. Denn
ein adäquat kausaler Schaden konnte der Beklagten durch die Beauftragung der
Detektei nicht entstehen, nachdem sich die Beauftragung der Detektei als unredliches
Verhalten der Beklagten darstellte (siehe oben I.).
VI.
54
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 96 ZPO. Die Kosten der
Beweisaufnahme waren gesondert zu tenorieren. Die Beweisaufnahme bezog sich
allein auf die Frage der Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Insoweit hatte die Klage jedoch
nur in einem vergleichsweise geringen Umfang Erfolg. So konnten lediglich 1.073,73 €
zugesprochen werden, während der Kläger in der Spitze Zahlungsansprüche in Höhe
von 3.681,36 € erhoben hatte.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711,
709 ZPO.
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