Urteil des LG Dortmund vom 05.06.2007

LG Dortmund: käufer, schuldübernahme, vertragsschluss, eigentumswohnung, kaufpreis, rückabwicklung, insolvenz, geschäftsführer, belastung, anwaltskosten

Landgericht Dortmund, 3 O 14/03
Datum:
05.06.2007
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 14/03
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Dieses Urteil ist für den Beklagten in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger und seine Ehefrau, die Zeugin V, waren Eigentümer einer im
Wohnungsgrundbuch von C Blatt #### eingetragenen, vermieteten Eigentumswohnung
in C, D-weg, Wohnung ##. Belastet war die Eigentumswohnung mit einer Grundschuld
für die B- Bank in Höhe von 167.155,00 DM zuzüglich Nebenleistungen und Zinsen.
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Spätestens im Jahre 2000 hatten die Eheleute V, dass das erworbene Objekt nicht
werthaltig war. Zudem war die seinerzeitige Verwaltungsgesellschaft wie auch die
Mietgarantin ausgefallen. Der Kläger und seine Ehefrau waren an einem Verkauf des
Objekts schon ob der monatlichen Belastung wie auch der sich für sie schwer
darstellenden Verwaltung der Wohnung von ihrem Wohnort in G aus interessiert. In
dieser Situation erreichte sie ein Angebot der Firma Dr. F und Partner, deren
Geschäftsführer Herr T war. Offeriert wurde ihnen die Vermittlung eines Erwerbers,
nämlich eines Herr X2, der jedoch zur Übernahme nur gegen Zuzahlung eines Betrages
von 53.766,97 DM bereit sei.
3
Für die Beurkundung des Geschäfts wurde seitens des Vermittlers - wie in einer
Vielzahl von anderen Fällen - durch die Firma Dr. F und Partner bzw. für deren
Geschäftsführer T bzw. dessen Vater - von der Firma Dr. F und Partner Beklagte
benannt.
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Am 27.12.1999 beurkundete der Beklagte einen Kaufvertrag zwischen dem Kläger und
seiner Frau auf der einen Seite und Herrn X2, der seinerzeit durch eine Frau X vertreten
wurde (Einzelheiten Bl. 22 bis 31 d. A.). Der Kaufpreis betrug 167.000,00 DM. Der
Kaufpreis sollte ausschließlich durch schuld-befreiende Übernahme der durch die
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vorgenannte Grundschuld gesicherten Darlehen bei der B- Bank erfolgen, wobei
vorgesehen war, dass sich der Kaufpreis bei niedrigerem Valutenstand des Darlehens
automatisch verringern sollte, während bei einem den vereinbarten Kaufpreis
übersteigenden Valutenstand der Kläger und seine Frau zur Zahlung des
Differenzbetrages an die Bank verpflichtet waren.
Ziffer 10 der Vertragsurkunde (Bl. 28 d. A.) enthält folgende Regelung:
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"Der Käufer erhält vom Verkäufer zum Ausgleich von Kosten, Beiträgen,
Provisionen und dem für das Darlehen zu zahlenden Zins- und Tilgungsaufwand
einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 53.766,79 DM (i. W.: Deutsche Mark
dreiundfünfzigtausendsieben-hundertsechsundsechzig 79/100) durch heute zu
übergebenden Euro-Scheck.
7
Im Falle einer Rückabwicklung des o. g. Kaufvertrages ist der Käufer verpflichtet,
diesen Betrag abzüglich der bis zum Eintritt der Wirksamkeit einer solchen
Vereinbarung/Willenserklärung angefallenen Aufwendungen (Kosten, Steuern,
Gebühren, angefallener Zins- und Tilgungsaufwand), an Verkäufer
zurückzuzahlen. . . .
8
Käufer unterwirft sich hinsichtlich der Rückzahlung des Ausgleichs-betrages von
DM 53.766,79 gegenüber Verkäufer - ggf. als Gesamtgläubiger - der sofortigen
Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. . . ."
9
Der Kläger und seine Frau übergaben am 27.12.1999 einen Scheck über 53.766 DM vor
Unterschriftsleistung an die Zeugin X, den der Erwerber X2 einlöste.
10
Die beidseits beabsichtigte Schuldübernahme mit vollständiger Entlassung der
Eheleute V aus der Verbindlichkeit gegenüber der Bank kam in der Folgezeit nicht
zustande. Mit Schreiben vom 17.02. und 02.04.2002 (Bl. 39, 40 d. A.) lehnte die B-Bank
die Zustimmung zur befreienden Schuldübernahme ab. Zur Begründung teilte sie mit,
dass nach Bonitätsprüfung des Erwerbers eine nachhaltige Darlehensrückführung in der
gewünschten und erforderlichen Höhe nicht gewährleistet sei.
11
Der Kläger und seine Frau wandten sich an das Notariat des Beklagten. Sowohl von
dessen Mitarbeiterin wie auch von der Zeugin X, an die sie sich gleichfalls gewandt
hatten, wurden sie darauf verwiesen, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen. Der Kläger
und seine Frau schalteten daraufhin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten ein.
Obschon der Erwerber X2 seinen monatlichen Verpflichtungen aus den übernommenen
Kredit der B- Bank gegenüber bis dahin nachgekommen war und diese auch noch bis
zum sogleich zu schildernden Vergleichsabschluss weiter vertragsgerecht erfüllte,
bemühten sich die Eheleute V um Rückabwicklung des vor dem Beklagten
geschlossenen Vertrages. Nach Schriftwechsel mit dem gleichfalls anwaltlich
vertretenen Käufer X2 schlossen die Parteien des Kaufvertrages zur UR-Nr. ###/###
des Notars C2 in C eine Rückübertragungsvereinbarung. Im Zuge der vereinbarten
Rückübertragung der Wohnung an die Kläger verpflichtete sich der vormalige Erwerber
X2 an die Kläger im Hinblick auf die zusätzlich seinerzeit gezahlten 53.766,79 lediglich
17.023,90 € (umgerechnet 33.295,86 DM) zurückzuzahlen. Die Eheleute hatten zudem
ihre eigenen Anwaltskosten nach der vertraglichen Vereinbarung zu tragen. Wegen der
Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages (Bl. 107 bis 114 d. A.) Bezug genommen.
12
Mit vorliegender Klage nimmt der Kläger, der sich mit Vertrag vom 30.09.2002 die
Ansprüche seiner Frau gegenüber dem Beklagten hat abtreten lassen (Bl. 32/33 d. A.),
den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch.
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Der Kläger meint, der Beklagte habe seine Amtspflichten verletzt, weil er die Eheleute
nicht auf die Notwendigkeit der Absicherung des im Rahmen des Ursprungsvertrages
an den Erwerber gezahlten Ausgleichsbetrages von 53.766,79 DM hingewiesen habe.
Der Kläger behauptet, es habe keinerlei Hinweise des Notars auf die von einer
Insolvenz des Erwerbers drohenden potentiellen Auswirkungen und die damit
verbundenen Gefahren insbesondere auch für die Realisierung eines potentiellen
Rückzahlungsanspruches gegeben. Der Beklagte sei ob der gegebenen Umstände zu
einer weiteren Beratung über eine Sicherstellung der Kläger vor entsprechenden
Risiken verpflichtet gewesen. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Inhalt des
Vortrags Bl. 15 ff. d. A. Bezug genommen. Der Beklagte habe zum Zeitpunkt der
Beurkundung ob der Erfahrungen, die er in anderen Fällen bei vergleichbaren
Vertragsabwicklungen, die an ihn über den Geschäftsführer T oder dessen Vater
herangetragen worden sei, gewusst, dass insbesondere durchaus die Gefahr des
Scheiterns der Schuldübernahme durch die Gläubigerbank bestanden habe. Wären er,
der Kläger, und seine Ehefrau entsprechend belehrt worden hätten sie auf weitere
Absicherung im Vertrages bestanden. Im Falle einer entsprechenden Weigerung seitens
des Erwerbers wären sie hinsichtlich dessen Seriosität des Erwerbers stutzig geworden
und hätten vom Vertragsschluss Abstand genommen.
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Der Kläger nimmt den Beklagten nicht auf die Zahlung der unmittelbar an X2
geflossenen 53.766,79 DM in Anspruch, sondern meint, ihm stünden als
Schadensersatz die Minderbeträge und Aufwendungen zu, die zu seinen Lasten im
Zuge der Rückabwicklung des Kaufs angefallen seien. Angesichts der Vermögenslage
des Erwerbers X2 seien er und seine Frau nicht verpflichtet gewesen, ihre Ansprüche
gegen diesen geltend zu machen oder einen Verzug ihres Schuldners mit der
übernommenen Zahlung der monatlichen Kreditzins- und Tilgungsbeträge abzuwarten.
Der Beklagte schulde daher die mit der Klage geltend gemachten 28.146,78 €
(umgerechnet = 55.059,31 DM).
15
Dieser Betrag setzt sich aus folgenden DM-Beträgen zusammen:
16
17
a. Differenz gegenüber dem Erwerber X2 durchgesetzten
Ausgleichsbetrag
18
20.470,93
DM
19
b. Anwaltskosten zwecks Rückabwicklung (Anlage K 10 = Bl. 55 d. A.)
20
25
10.773,85
DM
21
c. Finanzierungsschaden X3 (Bl. 56 d. A. = Anlage K 11)
22
4.114,03
DM
23
d. Finanzierungskosten L-Bank
24
19.651,50
DM.
Der geltend gemachte Zinsanspruch ergebe sich, da der Beklagte die Fristsetzung zum
07.02.2002 im Anwaltsschreiben vom 25.01.2001 unbeachtet gelassen habe.
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Mit insoweit nicht nachgelassenem Vortrag im Schriftsatz vom 22.5.2007 hat er die
Forderung hinsichtlich der Position a) statt der Differenz zum Ausgleichsbetrag die
Zahlung des Ausgleichsbetrages selbst in Höhe von 53.766,79 DM angesetzt. Im
Hinblick auf den gewährten Schriftsatznachlass beziffert er einen auf diesen Betrag
anrechenbaren auszugleichenden Vorteil auf insgesamt 5.884,98 €, so dass sich sogar
ein Schaden von 39.285,70 errechne (Einzelheiten Bl. 240- 246 d.A.).
27
Der Kläger beantragt,
28
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 28.146,78 € zzgl. Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2002 zu zahlen.
29
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
31
Er behauptet, der Kläger und seine Frau seien im Rahmen der Beratung auf das
generelle Insolvenzrisiko hinsichtlich der Rückzahlung des "Ausgleichsbetrages"
hingewiesen worden. Aufgrund der Neutralitätspflicht treffe ihn als seinerzeit
amtierender Notar keinerlei weitergehende Hinweispflichten zur Zahlungsfähigkeit und
Zahlungsbereitschaft über eine mögliche Sicherung der Ausgleichszahlung. Er
behauptet, er habe den Kläger und seine Ehefrau eingehend darüber belehrt, dass bei
Scheitern der Schuldübernahme die Freistellungspflicht des Herrn X2 eingreife. Eine
Bonitätsschwäche des Erwerbers sei ihm nicht bekannt gewesen. Er behauptet, die
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Kläger hätten die streitgegenständliche Ausgleichszahlung auch geleistet, wenn sie auf
das Risiko einer Absicherung hingewiesen worden wären. Maßgebend sei für diese die
Hoffnung gewesen, aus der Darlehenshaftung entgültig entlassen zu werden, wobei sie
dieses - aus damaliger Sicht minimale - Risiko in Kauf genommen haben. Im Übrigen
zeige sich die Richtigkeit seiner Einschätzung auch darin, dass X2 die Darlehensraten
vollständig getilgt habe, soweit dieser dazu verpflichtet gewesen sei. Dass die
Beklagten im jeden Falle zum Verkauf an X2 entschlossen gewesen wären, erweise
bereits der Umstand, dass sie zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung bereits den
Scheck über den Ausgleichsbetrag unterzeichnet mitgebracht hätten. Der Beklagte ist
der Ansicht, seine Inanspruchnahme scheide bereits deshalb aus, da die Ansprüche
ihm gegenüber verjährt seien.
Das Ersatzbegehren sei auch deshalb abzuweisen, da durch das eigene Verhalten
Ansprüche gegen X2 ausgeschlossen worden seien, und daher der Kläger somit
Regressansprüche des Beklagten gegen diesen vereitelt habe.
33
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug
genommen.
34
Das Gericht hat die Beweisaufnahme hinsichtlich der tatsächlichen Verletzung der
Aufklärungspflicht des Beklagten die erfolgte Beweisaufnahme in dem zwischen dem
Beklagten und seiner Haftpflichtversicherung vor der 2. Kammer des Landgerichts
Dortmund geführten Verfahren - Aktenzeichen 2 O 342/03 - im Wege des
Urkundsbeweises verwertet. Wegen des Inhalts der diesbezüglichen Beweisaufnahme
wird auf dessen Inhalt Bl. 182-184 der beigezogenen Akten Bezug genommen.
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Des Weiteren hat die Kammer Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin V im
Termin am 24.04.2007. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme
wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift (Bl. 209 - 215 d. A.) Bezug genommen.
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Das Gericht hat den Vortrag aus dem nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom
22.5.2007 (Bl.237 ff d.A.) und des Beklagten vom 17.5.2007 (Bl.231 ff d.A.)
berücksichtigt.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I)
39
Dem erneuten Verlegungsantrag hinsichtlich des Verkündungstermins war nicht zu
entsprechen.
40
Gründe für eine erneute Terminverlegung sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat
ausweislich des Inhalts des Terminsprotokolls eine vergleichsweise Beilegung aus
Rechtsgründen zurückgewiesen. Das nunmehrige Bestreben des Klägervertreters –
Wochen nach dem Termin in Verhandlungen mit dem Schadenfonds der Notarkammer
eintreten zu wollen, rechtfertigt angesichts der Entscheidungsreife der Sache keine
erneute Terminverlegung. Denn auch innerhalb der verlängerten Frist hat der
Klägervertreter das Schweben erfolgversprechender Vergleichsverhandlungen
zwischen den Parteien nicht dargetan.
41
II)
42
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
43
Entgegen der beklagtenseits vertretenen Auffassung scheitert die Klage weder an einer
Verjährung des Anspruches (dazu unter Ziffer 1) noch mangelt es vorliegend an einer
groben Verletzung der ihm als ehemaligen Notar seinerzeit obliegenden
Belehrungspflicht im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Beurkundungsgesetz (dazu im
Folgenden unter Ziffer 2). Der Ersatzverpflichtung steht auch nicht entgegen, dass der
Kläger und seine Ehefrau vorliegend durch Abschluss der
Rückübertragungsvereinbarung nicht den an den Erwerber X2 geleisteten
Ausgleichsbetrag als Grundlage ihrer Schadensersatzberechnung genommen haben,
sondern insoweit ihren Anspruch auf Grundlage des später mit dem Erwerber 2002
geschlossenen Vergleichs unter Einstellung auch der insoweit aufgewandten
Anwaltskosten berechnen. Insoweit war das Verhalten der Kläger durch die
Pflichtverletzung des Beklagten "herausgefordert" und im Rahmen einer gegebenenfalls
gegebenen Ersatzverpflichtung generell erstattungsfähig (dazu im Folgenden unter
Ziffer 3).
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In diesem Zusammenhang kann schließlich dahinstehen, in welchem Umfang dem
geltend gemachten Zahlungsanspruch die in der Schadensberechnung unberücksichtigt
gebliebenen ersparten Aufwendung hinsichtlich des eigenen Darlehens bei der B- Bank
aufgrund der durch den Erwerber geleisteten Zahlungen bis Ende 2002 im Wege der
Vorteilsausgleichung noch Anrechnung finden müssen.
45
Denn vorliegend scheidet ein Anspruch bereits dem Grunde nach letztlich deshalb aus,
da der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen hat, dass die
Pflichtverletzung des Beklagten tatsächlich kausal für den ihm und seiner Ehefrau
entstandenen streitgegenständlichen Schaden geworden ist. Er hat nicht bewiesen,
dass er bei pflichtgemäßerer Belehrung durch den Beklagten tatsächlich vom
Vertragsschluss am 27.12.1999 Abstand genommen hätte (dazu im Folgenden unter
Ziffer 4).
46
1.)
47
Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten ist der Anspruch des Klägers nicht verjährt.
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Sowohl hinsichtlich der Verletzung der Pflicht aus § 17 Beurkundungsgesetz wie unter
dem Gesichtspunkt einer möglicherweise gegebenen Haftung des Beklagten aus § 823
Abs. 2 BGB i. V. m. § 263, 27 StGB greift gemäß § 852 a. F. BGB i. V. m. § 199 Abs. 1
BGB sowie Artikel 229, § 6 EGBGB die 3-jährige Verjährungsfrist. Die Amtshandlung
datiert vom 27.12.1999, Fristablauf war zunächst der 31.12.2002. Diese Frist ist durch
den hier erfolgten Klageeingang am 18.12.2002 gewahrt worden. Ob der bereits an
diesem Tage erfolgten Zahlung des Gerichtskostenvorschusses gilt § 167 Abs. 2 ZPO.
Dass Zustellung seinerzeit dem Beklagten gegenüber erst am 21.01.2003 erfolgte,
beruht auf vom Kläger nicht zu vertretenen gerichtsinternen Gründen, nämlich ersichtlich
der Weihnachtszeit und der erfolgten Abgabe im Hause (Bl. 58 d. A.). Die Verjährung
war durch die Klage zunächst gehemmt, nämlich zunächst gemäß § 204 Abs. 1 BGB
durch die Klage bis zur Insolvenzeröffnung und dann ab erfolgter Insolvenzeröffnung
über das Vermögen des Beklagten am 14.03.2003 im Verfahren 257 IN 21/03
Amtsgericht Dortmund gemäß § 240 Abs. 2 Satz 1 BGB bis zur Beendigung des
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Insolvenzverfahrens. Da das Insolvenzverfahren am 26.10.2005 mit Wirksamkeit des
Ein-stellungsbeschlusses geendet hat, galt gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB die 6
Monatsfrist, die am 26.04.2006 endete. Damit endete die Hemmung und somit lief der
bis dahin nicht abgelaufene Lauf der Verjährungsfrist ab diesem Zeitpunkt bis zum
Antrag auf weitere Betreibung des Verfahrens am 25.08.2006 (Bl. 124 d. A.). Der
Beklagte hat aber nicht dargetan, dass bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt die 3
Jahresfrist verstrichen war. Denn als frühester hier vorgetragener Zeitpunkt einer
Kenntnis des Kläger von der Pflichtwidrigkeit des Beklagten kommt die sich aus dem
Anwaltsschreiben des Klägers vom 25.01.2002 ergebende Kenntnis in Betracht. Der
insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat frühere Kenntnis vom Lauf der
Frist – und damit die Voraussetzungen der Verjährung - nicht dargetan.
2.)
50
Der Beklagte hat vorliegend in einer generell die Notarhaftung gemäß § 19 Abs. 1
Bundesnotarordnung auslösenden Weise gegen die ihm gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1
Beurkundungsgesetz obliegende Pflicht zur Belehrung der Parteien des von ihm
beurkundeten Vertrages verstoßen.
51
Nach der genannten Norm hat sich der Notar darüber zu vergewissern, dass sich die
vertragsschließenden Parteien über die rechtliche Tragweite der von ihnen
abgegebenen Erklärungen bewusst sind. Insbesondere dann, wenn er wie hier
unstreitig und gerichtsbekannt mit dem Geschäftsführer T bzw. dessen
Unternehmensgruppe in vielfacher Weise zusammenarbeitet, hat er sich kraft seiner
Neutralitätspflicht als Notar in besonderer Weise zu vergewissern, dass deren
Vertragspartner - hier der Kläger und dessen als Zeugin gehörte Ehefrau - sich über die
rechtliche Tragweite des Geschäfts bewusst gewesen sind. Dazu gehört insbesondere
die Rechtsbelehrung über die Gefahren einer ungesicherten Vorleistung. Der Beklagte
war in seiner Funktion aber nicht nur insoweit generell zur Belehrung über die Risiken,
sondern darüber hinaus auch dazu verpflichtet, Hinweise zur Gefahrenvermeidung zu
erteilen (vgl. BGH NJW 1989, 102, BGH NJW 1985, 330, BGH NJW 1999, 2188 und
DNotZ 1998, 627; vgl. auch Palandt-Sprau, § 839, Rdnr. 156 - 158). Dabei kann
dahinstehen, inwieweit der Beklagte vorliegend überhaupt - wie er geltend gemacht hat
- auf das Risiko einer Insolvenz des Erwerbers X2 hingewiesen hat. Einer Aufklärung
insoweit bedarf es nicht, obschon die Kammer insoweit an nicht der Richtigkeit der
Bekundungen der Zeugin V in ihrer Vernehmung am 28.04.2005 im Verfahren 2 O
342/03 (Bl. 182-188 der dortigen Akte) ebenso wenig zweifelt, wie sie sich auch
insoweit der Beweiswürdigung der 2. Zivilkammer in ihrem Urteil vom 28. April 2005 mit
den überzeugenden Darlegungen zur tatsächlich ganz unterbliebenen Risikobelehrung
Bl. 8-11 der dortigen Urteilsgründe vollinhaltlich anschließt (Bl. 138-141 der hiesigen
Akten). Letztlich kann das sogar dahinstehen, da selbst nach eigenem Vorbringen dem
Kläger von dem Beklagten keinerlei Wege aufgezeigt wurden, das Risiko einer
möglichen Insolvenz vertraglich anderweitig Regelungen zu vermeiden. Als
Sicherheiten in Betracht gekommen wären die Zahlung des Ausgleichsbetrages auf ein
Notaranderkonto bis zur Haftentlassung des Klägers durch die finanzierende Bank oder
eine Sicherheitsleistung des Käufers X2 durch eine Bankbürgschaft bis zur
Haftentlassung oder etwa eine unmittelbare Auszahlung des Ausgleichsbetrages an die
kreditgebende B-Bank. Die hier allein in Nr. 10 Absatz 3 des notariellen
Vertrages aufgenommene Unterwerfungserklärung unter die sofortige
Zwangsvollstreckung ist keine hinreichende Sicherheit, weil der Käufer X2 in
Vermögensverfall geraten konnte und ein solcher Titel dann wertlos ist. Dies zeigt
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gerade auch der vorliegende Fall, in dem nämlich die Vollstreckung der Ansprüche aus
dem im Jahre 2002 abgeschlossenen weiteren Vergleich mit dem Erwerber X2 nicht zur
Befriedigung der in gleicher Weise titulierten Ansprüche des Klägers und seiner Frau
geführt hat.
3.)
53
Schließlich steht der Inanspruchnahme des Beklagten durch den Kläger in der erfolgten
Weise auch nicht entgegen, dass vorliegend der Kläger sich mit Abschluss der
Rückauflassungsvereinbarung vom 23.12.2002 selbst im Sinne der Vereinbarung vom
27.11.2002 nicht vertragskonform insoweit verhalten hat, als bis zu diesem Zeitpunkt der
Erwerber X2, jeder seinen Pflichten aus dem Vertrag nachgekommen ist, da er die
monatlichen Raten an die kreditgebende Bank wie vereinbart gezahlt hat. Denn
insoweit war angesichts der Vermögensverhältnisse des Erwerbers X2 und dessen
durch die Schreiben der B-Bank bezüglich der verweigerten Vertragsübernahme
ersichtlich nicht gegebenen Bonität der Abschluss der Rückauflassungsvereinbarung
vom 23.12.2002 zwecks Vermeidung eines weitergehenden noch größeren Schadens
im schadensersatzrechtlichen Sinne "herausgefordert". Damit unterfielen – lägen die
sonstigen Voraussetzungen einer Haftung gleichfalls vor – die seitens des Klägers
geltend gemachten Schadenspositionen sämtlich dem Schutzbereich der vom
Beklagten verletzten Norm.
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Die Schadensberechnung des Klägers war – wie im Termin ausdrücklich auch
angesprochen – zunächst unschlüssig, weil ein Vortrag zu den von Amts wegen zu
berücksichtigenden Vorteilsausgleichung fehlet. Der Kläger hatte nämlich insoweit nicht
vorgetragen, in welcher Höhe er durch den Zeugen X2 auf die eigene umfassende
Darlehensverpflichtung geleisteten Zahlungen anrechenbare Vorteile erlangt hat, die er
hier bei seiner Darstellung der ihm aus dem Vertragsabschluss erwachsenen Schäden
gänzlich außer Acht gelassen hat. Inwieweit dieser von ihm in jedem Fall selbst
vorzutragenden Schadensausgleichung möglicherweise weitere Schadenspositionen
gegenüber stehen – etwa der Ausfall mit dem gegenüber dem Erwerber X2 titulierten
Zahlungsbetrag [wie nunmehr mit insoweit auf Bl. 4 des insoweit nicht nachgelassenen
Schriftsatzes zur Begründung nachgeschoben (Bl. 240 d.A.)], den er nicht hat beitreiben
können, kann letztlich ebenso dahinstehen wie die Richtigkeit des nunmehrigen
Vortrags zur Vorteilsausgleichung Bl. 241-246 d.A.). Denn die Ersatzpflicht des
Beklagten scheitert bereits an fehlender Kausalität der Pflichtverletzung, wie sogleich
aufzuzeigen sein wird.
55
4.)
56
Die Klage war nämlich letztlich abzuweisen, da der Kläger nicht zur Überzeugung des
Gerichts hat beweisen können, dass die Pflichtverletzung des Beklagten tatsächlich
kausal für den Eintritt des streitgegenständlichen Schadens geworden ist. Dies hat der
insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme durch Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin nicht zu führen
vermocht.
57
Besteht nämlich wie im vorliegenden Fall die Pflichtverletzung des Beklagten als Notar
in einem Unterlassen, so muss der Kläger darlegen, wie sich die Dinge bei
ordnungsgemäßem Verhalten des Notars entwickelt hätten. Hat der Notar demnach im
Rahmen seiner Urkundstätigkeit eine notwendige Belehrung unterlassen, so ist
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entscheidend, wie die Beteiligten des notariellen Geschäfts sich bei Vornahme dieser
Belehrung verhalten hätten. Dabei obliegt es dem Kläger als Geschädigten, den
Ursachen- und Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung und
dem eingetretenen Schaden darzulegen und ggf. zu beweisen. Dabei wird die
Beweislast des Geschädigten durch die Regeln über den Beweis des ersten Anscheins
zwar im Einzelfall erleichtert. Ein solcher Anscheinsbeweis kommt insbesondere dann
in Betracht, wenn die Amtspflichtverletzung in einer unterlassenden Belehrung besteht
und die Lebenserfahrung dafür spricht, dass sich der Beteiligte belehrungsgemäß
verhalten hätte. Diese Vermutung belehrungsgerechten Verhaltens gilt aber nur, wenn
für den Betroffenen, hier den Kläger, nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit
in Betracht kommt. Stehen dagegen mehrere Handlungsweisen als naheliegend offen
und bergen sie alle Risiken oder Nachteile, die zu gewichten und gegenüber dem
Vorteil abzuwägen sind, so scheidet ein Anscheinsbeweis aus [Vgl. BGHZ 123, 311,
BGHZ 160, 58 ff) 66), OLG-Beschluss vom 14.08.2006 in einem gegen den Beklagten
vor der Kammer geführten Parallelverfahren 3 O 41/03, jüngst noch BGH, Urteil vom 17.
April 2007, XI ZR 130/05, www.BGH.de, Seite 10 des Originalurteils (Rn. 20)].
Der Kläger kann sich vorliegend danach hier nicht auf die Vermutung
belehrungsgerechten Verhaltens berufen. So steht nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung keinesfalls mit hinreichender
Sicherheit fest, dass der Kläger und seine damalige Ehefrau das Risiko, dass sich aus
der Vertragsgestaltung ergab und sich später auch verwirklicht hat, nicht eingegangen
wäre, wenn der Beklagte sie über das Risiko einer möglichen Insolvenz des Erwerbers
X2 informiert und/oder sie über die Möglichkeiten zur Sicherung ihrer
Ausgleichszahlung an jenen aufgeklärt hätte.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verkennt die Kammer zwar nicht, dass der
Kläger und seine Ehefrau sich seinerzeit nicht in einer Situation befanden, da sie sich
"um jeden Preis" von ihrer Eigentumswohnung hatten trennen wollen, um die damit
verursachten Belastungen wieder loszuwerden. Eine solche Situation, in der die
seinerzeit drängenden monatlichen Belastungen etwa ein Ausmaß angenommen
hätten, dass sie für sie derart untragbar gewesen wären, dass sie in jedem Falle
kurzfristig hätten verkaufen und allein deshalb jedes Risiko hätten eingehen müssen,
lag nicht vor. Ausweislich der Bekundung der Zeugin hatten beide zusammen ein
Monatseinkommen von rd. 5.000,00 DM netto und beteiligten sie sich lediglich mit
200,00 DM an den Unkosten des elterlichen Hauses, in dem sie lebten. Auch sieht die
Kammer, dass tatsächlich das mit einer ungesicherten (Rück)Zahlung von rund
60.000,00 DM angesichts ihrer Einkommensverhältnisse durchaus ein erhebliches war,
so dass ja nicht angenommen werden kann, dass sie leichten Herzens einen solchen
Betrag ohne weiteres auf’s Spiel gesetzt hätten. All dies scheint auf den ersten Blick
dafür zu sprechen, dass sie ein bei einer Belehrung in der geschilderten Form erkanntes
Risiko nicht eingegangen wären und trotz eines schon ausgefüllten Schecks noch vom
Vertragsschluss mit X2 Abstand genommen hätten. Andererseits ist vorliegend nicht
eine Betrachtung im Nachhinein, sondern "ex ante" aus dem damaligen Sicht
vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund waren sich die Eheleute, wie dies die Zeugin V
auch eingeräumt hat, Ende 1999 im Klaren, dass sich die mit dem Erwerb des Objekts in
C seinerzeit verbundenen Hoffnungen auf eine lukrative Geldanlage nicht nur nicht
erfüllt hatten, sondern das Objekt auch künftig keine Perspektive bot, sondern für sie ein
unabsehbares Risiko in sich barg. Sie waren sich bewusst, dass das Objekt bei weitem
nicht zu dem Preis am Markt absetzbar war, der dem Betrag ihrer diesbezüglich
aufgenommenen Darlehn entsprach. Hinzu kam, dass nach Ausfall der früheren
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Verwaltungsgesellschaft und Mietgarantin aus ihrer damaligen Sicht bereits die
Notwendigkeit einer Vermietung von ihrem Wohnort in G mit weiteren Schwierigkeiten
verbunden war. Vor diesem Hintergrund suchten sie nach einem Käufer, wobei sie sich
auch im Klaren darüber waren, dass der Verkauf insgesamt mit einem Minusgeschäft
enden würde. Wie die Zeugin V in aller Offenheit eingeräumt hat war aus ihrer
damaligen Sicht der Ende Dezember 1999 an X2 erfolgte Verkauf trotz des
Zuzahlungsbetrages von rund 60.000,00 DM durchaus ein wirtschaftlich vorteilhaftes
Geschäft. Diese Hoffnung auf ein lukratives Geschäft hätte sich verwirklicht, wäre – wie
tatsächlich in mindestens vier anderen Fällen bei diesem Erwerber unstreitig geschehen
– so abgewickelt, wie im Vertrag in erster Linie vereinbart; nämlich durch mit
Zustimmung der Bank erfolgender befreiender Schuldübernahme des Erwerbers. Die
Kammer ist sich nach dem von der Zeugin in Ihrer Bekundung gewonnenen Eindruck
gewiss, dass es den Eheleuten V im Dezember 1999 darum ging, die als Fehlinvestition
erkannte Anlage "Eigentumswohnung C" abzustoßen und damit so diese
Angelegenheit ein für allemal im Sinne eines "Ende mit Schrecken" abzuschließen, statt
sich durch die monatlichen Darlehensbelastungen gleichsam als "Schrecken ohne
Ende" allmonatlich an diese Fehlspekulation erinnern lassen zu müssen. Vor diesem
Hintergrund waren der Kläger und seine Frau im Dezember 1999 an einem
Geschäftsabschluss nicht nur deshalb interessiert, um so durch eine Festschreibung der
noch abzutragenden Darlehensverpflichtung in Zukunft die finanziellen Belastungen
kalkulieren zu können, so dass sie in keinem Falle ein über die damit verbundene
Belastung hinausgehendes Risiko Fall in Kauf genommen hätten. Letzteres wäre etwa
anzunehmen gewesen, wenn angesichts ihrer Vermögenssituation jedwede höhere als
die damals bestehende Belastung wirtschaftlich nicht tragbar gewesen wäre. Dies
ist aber gerade nicht der Fall. Vielmehr zeigen die damaligen Einkommensverhältnisse
von rund 5.000,00 DM bei bestehenden damaligen Belastungen aus dem
Ursprungsdarlehen von 800,00 DM und nur 200,00 DM Aufwendungen für die eigene
Wohnung auf, dass die Eingehung eines weiteren – aus damaliger Sicht für sie
kalkulierbaren – Risikos nicht von vornherein ausschied. Insoweit war es so nicht nur
das Ziel der Kläger, sich generell durch den Verkauf der Eigentumswohnung von der
monatlichen Belastung unter Eingehung einer sicher kalkulierbaren finanziellen
Einbuße zu lösen, sondern sie sahen vielmehr seinerzeit die Chance, diese finanzielle
Einbuße durch den hier konkret abgeschlossenen Verkauf in geringerem als
genommenen Rahmen zu halten. Insoweit kann schon von daher nicht angenommen
werden, dass sie in keinem Falle irgendein Risiko hingenommen hätten. Vielmehr stand
ihnen das Risiko durchaus vor Augen, dass die Bank würde möglicherweise die
Übernahme verweigern und sie insoweit auf die Zahlung des Erwerbers würden
vertrauen müssen.
Die Zeugin V hat dann – und darauf allein bezog sich die vom nicht im Termin
anwesenden Verfasser des Schriftsatzes vom 22.05.07 zitierte Bemerkung des Gerichts
hinsichtlich des Bemühens der Zeugin um eine wahrheitsgemäße Aussage - in ihrer
Bekundung tatsächlich eingeräumt, dass sie nicht sicher sagen könne, dass sie und ihr
Mann vom Vertragsschluss Abstand genommen hätten, hätte der Beklagte zunächst
einen Vorschlag zur Absicherung des Risikos verbreitet und dies daraufhin der
Erwerber X2 abgelehnt.
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Wie die Niederschrift der Zeugenanhörung vor Augen führt, hat sich die Zeugin insoweit
durchaus in bemerkenswerter Weise bemüht, hier wahrheitsgemäß zu bekunden.
Insoweit hat sie dann zunächst auch deutlich gemacht, dass sie an einer
größtmöglichen Absicherung hypothetisch interessiert gewesen wäre. In ihrem
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gesamten Aussage-verhalten haben ihre Antworten dann aber zunächst deutlich
gemacht, dass sie in Zweifel ist, ob sie dieses – aus damaliger Sicht bestehende
Restrisiko – nicht doch in Kauf genommen hätte. Insoweit stand ihr bei ihrer
Vernehmung deutlich sichtbar vor Augen, dass die insoweit nicht bestätigende
Bekundung zu ihrem Nachteil gereichen würde. Insoweit hat sie sich zunächst bemüht,
sich nicht festzulegen, sondern ausweichend unter Hinweis, dass dann der Vertrag
"wahrscheinlich nicht zustande gekommen wäre" aus der für sie ersichtlich
beklemmenden Situation zu retten. Die bestehenden Konflikte belegen plastisch die
protokollierten Erklärungen unmittelbar vor der zwischenzeitlich Unterbrechung der
Beweisaufnahme (vgl. Bl. 11 des Protokolls = 213 d.A.). Die aufgenommene Bekundung
nach Wiederaufnahme der Sitzung beruhte nach sicherer Überzeugung des
erkennenden Richters nicht auf einem Missverständnis wie der nachfolgende Versuch
einer Korrektur auf nachhaltigen Vorhalt des Klägervertreters Glauben machen will (vgl.
Bl. 12 des Protokolls = 214.d.A.). Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie
auch den hier doch deutlich für eine größeren Risikobereitschaft des Klägers und seiner
Ehefrau sprechenden objektiven Umstände eingeräumten gesehenen Schwierigkeiten
angesichts der fehlenden Wohnortnähe wie auch der durchaus bestehenden
wirtschaftlichen Möglichkeiten, vermag die Kammer sich keine sichere Überzeugung
dahin verschaffen, dass der Kläger und seine Frau seinerzeit bei ordnungsgemäßer
umfassender Belehrung den Vertrag nicht gleichwohl in der geschehenen Weise
abgeschlossenen hätten. Insoweit handelt es sich bei dem hier seitens des Klägers und
seiner Ehefrau getätigten Vertragsschluss keinesfalls nur um eine Handlungs-
alternative, die bei ordnungsgemäßer Belehrung theoretisch denkbar aber fernliegend
gewesen wäre. Vielmehr handelt es sich um eine durchaus realistische
Handlungsalternative.
Angesichts der seitens der obergerichtlichen Rechtsprechung in ständiger
Rechtsprechung zunehmend restriktiveren Handhabung der Vermutung
belehrungsgerechten Verhaltens vermag daher ob der durchaus mehreren, hier in
nahezu in gleicher Weise naheliegenden Handlungsweisen eine Kausalität der
Pflichtverletzung für die Vertragunterzeichnung nicht bejaht werden.
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Die Klage war deshalb bereits dem Grunde nach abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 ZPO.
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