Urteil des LG Dortmund vom 05.10.2007
LG Dortmund: zwangsversteigerung, vwvg, grundstück, öffentlich, ermessen, zivilprozessordnung, versuch, zwangsverwaltung, eigentümer, beschlagnahme
Landgericht Dortmund, 9 T 120/07
Datum:
05.10.2007
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
9. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 T 120/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Dortmund, 271 K 44/05
Tenor:
Der Beschluss vom 30.03.2007 wird teilweise abgeändert und wie folgt
neu gefasst:
Aufgrund des vollstreckbaren Antrags vom 20.03.2007 wird der Beitritt
der Gläubigerin zu der angeordneten Zwangsversteigerung wegen eines
1. bevorrechtigten dinglichen Anspruchs (Rangklasse 3 des § 10 ZVG)
auf 571,26 € Grundsteuern (III/2004 - I/2007) und auf 93,50 €
Säumniszuschläge bis zum 15.04.2007 und weiteren Säumniszu-
schlägen von 1% pro Monat von 550,00 € ab dem 16.04.2007
2. nicht bevorrechtigten, persönlichen Anspruchs (Rangklasse 5 des §
10 ZVG) auf Kosten der bisherigen Rechtsverfolgung in Höhe von 12,00
€
zugelassen.
Dieser Beschluss gilt zugunsten der Gläubigerin als Beschlagnahme
des Versteigerungsobjekts.
Der weitergehende Antrag der Gläubigerin vom 20.03.2007 wird zurück-
gewiesen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
1
I.
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Der Beteiligte zu 2) ist Eigentümer der oben näher bezeichneten Eigentumswohnung.
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Durch Beschluss vom 01.12.2005 ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung
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dieses Objekts an.
Mit Schriftsatz vom 20.03.2007 beantragte die Beteiligte zu 1), den Beitritt zur
Zwangsversteigerung wegen bevorrechtigter Forderungen gem. § 10 Abs. 1 Nr.3 ZVG in
Höhe von 676,76 € sowie Kosten der Rechtsverfolgung zuzulassen. Die Forderung in
Höhe von 676,76 € setzt sich dabei aus rückständigen Grundsteuern in Höhe von
571,26 €, Säumniszuschlägen in Höhe von 93,50 € sowie Kosten der
Mobiliarvollstreckung in Höhe von 12,00 € zusammen.
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Durch Beschluss vom 30.03.2007 ließ das Amtsgericht Dortmund den Beitritt der
Beteiligten zu 1) zu, ordnete jedoch die Säumniszuschläge in Höhe von 93,50 € und die
Kosten der Mobiliarvollstreckung in Höhe von 12,00 € als persönliche Forderung gegen
den Beteiligten zu 2) nicht der Rangklasse 3 des § 10 ZVG zu.
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Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer sofortige Beschwerde.
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Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat diese der Kammer zu
Entscheidung vorgelegt.
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II.
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Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet, soweit damit die Zuordnung der
Säumniszuschläge zu der Rangklasse 5 des § 10 ZVG beanstandet wird.
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Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind auch die erhobenen
Säumniszuschläge ebenso wie die rückständigen Grundsteuern bevorrechtigt (Stöber,
ZVG, § 10 Rdn. 6.14, 6.18; LG Ansbach, Rpfleger 1999, 141; Storz, Praxis des
Zwangsversteigerungsverfahrens, B 4.4.2). Zwar fehlt für die Säumniszuschläge eine
Vorschrift, die ausdrücklich anordnet, dass diese Zuschläge auf dem Grundstück als
öffentliche Last ruhen. Jedoch werden in § 10 Abs. 1 Nr. 3 die Grundsteuern und die
Zuschläge, zu denen dann auch die Säumniszuschläge zählen, als wiederkehrende
Leistungen, die im Rang bevorrechtigt sind, ausdrücklich genannt. Insoweit
unterscheidet sich § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG von der Regelung des § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO.
Dort wurden lediglich die öffentlichen Abgaben im Rang bevorrechtigt. Steuerliche
Nebenleistungen wurden dort nicht erwähnt, so dass die zu dieser Vorschrift ergangene
Rechtsprechung nicht auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 KO übertragen werden kann.
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Die Säumniszuschläge, die ohnehin vom Bestand und der Fälligkeit der Hauptforderung
abhängig sind, teilen damit bei der Zwangsversteigerung das rechtliche Schicksal der
Grundsteuern.
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Darüber hinaus ist die Beschwerde jedoch unbegründet.
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Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung die Kosten der Mobiliarvollstreckung
nicht der Rangklasse 3 des § 10 ZVG zugeordnet.
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Zwar handelt es sich bei der Hauptforderung um rückständige Grundsteuern, die gem. §
10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG bevorrechtigt sind, da sie gem. § 12 GrStG auf dem Grundstück als
öffentliche Last ruhen. Die geltend gemachten Kosten der Mobiliarvollstreckung gehören
jedoch zu den persönlichen Ansprüchen, die unter § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG fallen.
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Kosten der Rechtsverfolgung können nur dann gem. § 10 Abs. 2 ZVG den Rang der
Hauptforderung teilen, wenn sie der Befriedigung aus dem Grundstück dienen. Dies ist
bei Kosten der Mobiliarvollstreckung nicht der Fall (Stöber, ZVG, § 10 Rdn. 15.4; Storz,
Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, B 8.3.2.1.).
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Zu den gem. § 10 Abs. 2 ZVG privilegierten dinglichen Rechtsverfolgungskosten zählen
die durch die Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung veranlassten notwendigen
Aufwendungen. Bei der Mobiliarvollstreckung hingegen wird aus der persönlichen
Forderung die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen betrieben. Dies stellt
ein von der Zwangsversteigerung unabhängiges Verfahren zur Befriedigung der
Forderung dar.
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Soweit die Beteiligte zu 1) geltend macht, dass gem. § 51 Abs. 2 VwVG NW die
Zwangsversteigerung wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen nur betrieben werden
solle, wenn festgestellt sei, dass der Geldbetrag durch die Vollstreckung in das
bewegliche Vermögen nicht beigetrieben werden könne, so dass die
Mobiliarvollstreckung der Vorbereitung der Zwangsversteigerung diene, rechtfertigt dies
keine andere Entscheidung.
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Bei § 51 Abs. 2 VwVG NW handelt es sich nämlich um eine Sollvorschrift, die den
Schuldner vor unbilligen Härten schützen und der Vermeidung einer
Zwangsversteigerung dienen soll. Die Mobiliarvollstreckung hat damit eine
eigenständige Funktion und dient nicht nur der Vorbereitung der Zwangsversteigerung.
Die erfolglose Mobiliarvollstreckung ist auch keine unabdingbare Voraussetzungen für
die Zwangsversteigerung. § 51 VwVG lässt vielmehr in Ausnahmefällen auch die
Zwangsversteigerung ohne vorherigen Versuch der Vollstreckung in das bewegliche
Vermögen zu. Der Vollstreckungsbehörde steht insoweit Ermessen zu.
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Zur weiteren Begründung wird insoweit auf die zutreffenden Gründe des
Nichtabhilfebeschlusses Bezug genommen.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Wegen des überwiegenden Erfolgs der
Beschwerde wird von der Erhebung der Beschwerdegebühr abgesehen. Die Beteiligten
stehen sich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber.
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